Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe: Darlegungspflicht des Antragstellers hinsichtlich einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse bei gesteigerter Erwerbsobliegenheit im Rahmen einer Unterhaltsabänderungsklage

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Mangels Erfolgsaussicht ist für eine Unterhaltsabänderungsklage Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen, wenn die Angaben des Antragstellers es nicht ermöglichen, eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse feststellen zu können.

2. Bei bestehender gesteigerter Erwerbsobliegenheit gem. § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB hat der Unterhaltsschuldner darzulegen, dass er dieser nachgekommen ist bzw. dass er seine Arbeitskraft im Rahmen des ihm Möglichen eingesetzt hat.

 

Normenkette

BGB § 1603 Abs. 2 S. 1; ZPO §§ 114, 323 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Beschluss vom 27.12.2006; Aktenzeichen 35 F 350/06)

 

Tenor

Die als sofortige Beschwerde geltende Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Oranienburg vom 27.12.2006 - Az. 35 F 350/06 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die als sofortige Beschwerde gem. §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das AG hat Prozesskostenhilfe aus den im Wesentlichen zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses sowie des Beschlusses vom 30.1.2007 zutreffend versagt.

Prozesskostenhilfe kann nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, § 114 ZPO. Das ist nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht der Fall, weil der Kläger für die begehrte Abänderung des Unterhaltstitels (Urkunde des Landkreises Oberhavel vom 20.3.2001, Urkundenregisternummer: 336/2001; Az.: 5141.7.200586) keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen hat.

Wie das AG zutreffend ausgeführt hat, fehlt es an substantiiertem Sachvortrag des Antragstellers zu seiner behaupteten herabgesetzten Leistungsfähigkeit. Der Antragsteller ist auf Grund der Urkunde vom 20.3.2001 zur Zahlung von 105,5 % des jeweiligen Regelbetrags entsprechend § 2 Regelbetragverordnung - unter Anrechnung des jeweiligen Kindergeldanteils - verpflichtet. Die behauptete Änderung der dieser Urkunde zugrunde liegenden Verhältnisse ist Voraussetzung für die Zulässigkeit der Abänderungsklage und vom Antragsteller nachzuweisen. Dasselbe gilt für die behauptete Unfähigkeit, mehr als 23 % des Regelbetrags an Unterhalt leisten zu können (BGH v. 6.2.2002 - XII ZR 20/00, MDR 2002, 644 = BGHReport 2002, 323 m. Anm. Luthin = FamRZ 2002, 536; Wendl/Scholz, das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 2 Rz. 259a; OLG Brandenburg v. 17.3.2005 - 9 UF 148/04, NJW-RR 2005, 949 ff.; OLG Brandenburg v. 29.6.2000 - 9 UF 309/99, MDR 2000, 1438).

Was die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse angeht, ist der Antragsschrift lediglich zu entnehmen, dass mittlerweile weitere Unterhaltsverpflichtungen ggü. der Ehefrau und dem am ... 2004 geborenen Kind L. bestehen. Damit liegen zwar formell die Voraussetzungen für eine Abänderungsklage vor, deren Begründetheit kann aber nicht festgestellt werden.

Der Antragsteller hat nichts zu den Umständen vorgetragen, auf denen die Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt i.H.v. 105,5 % des jeweiligen Regelbetrages am 20.3.2001 beruhte. Weder zu seinen damaligen persönlichen Umständen hat er sich geäußert, noch zu seiner damaligen Vermögens- und Einkommenssituation. Es ist danach nicht einmal ersichtlich, ob der Antragsteller damals weiteren Personen gegenüber unterhaltspflichtig war. Es ist ebenso wenig vorgetragen, inwieweit eine Veränderung in seiner Vermögens- bzw. Einkommenssituation eingetreten ist. Es kann somit nicht festgestellt werden, ob eine wesentliche Änderung der Verhältnisse i.S.d. § 323 Abs. 1 ZPO vorliegt.

Außerdem hat der Antragsteller nicht dargelegt, dass er seiner ggü. der Antragsgegnerin bestehenden gesteigerten Erwerbsobliegenheit gem. § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB nachgekommen ist. Die für einen Unterhaltsanspruch vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners wird nicht allein durch das tatsächlich vorhandene Einkommen des Unterhaltsschuldners, sondern vielmehr auch durch seine Erwerbsfähigkeit bestimmt. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so trifft ihn die Obliegenheit, seine Arbeitskraft bestmöglich einzusetzen. Legt der Unterhaltsverpflichtete, der nicht bereit ist, auch nur den Regelbetrag zu zahlen, nicht dar, seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit vollständig gerecht geworden zu sein, so muss er sich fiktiv ein Einkommen zurechnen lassen, das ihm die Zahlung ermöglicht (Senat, a.a.O.; Wendl/Scholz, a.a.O., Rz. 256).

Ein gem. § 1603 Abs. 2 BGB verschärft haftender Unterhaltspflichtiger hat sich intensiv, unter Ausnutzung aller vorhandenen Möglichkeiten um eine hinreichend entlohnten Arbeitsplatz zu bemühen, alle Erwerbsmöglichkeiten auszuschöpfen und dafür ggf. auch einschneidende Veränderungen in seiner Lebensführung hinzunehmen (BVerfG v. 5.3.2003 - 1 BvR 752/02, FamRZ 2003, 661;...

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