Verfahrensgang

AG Lübben (Urteil vom 29.09.1999; Aktenzeichen 30 F 105/99)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die gemeinsamen Kinder M. N., geboren … und C. N., geboren … monatlichen Kindesunterhalt zu zahlen, und zwar für die Zeit von Februar 1999 bis Juni 1999 je Kind monatlich 326,00 DM, für die Zeit von Juli 1999 und August 1999 je Kind monatlich 340,00 DM, für die Zeit von September 1999 bis Dezember 1999 für die Tochter M. monatlich 207,00 DM und für den Sohn C. monatlich 340,00 DM sowie ab 01. Januar 2000 für die Tochter M. monatlich 197,00 DM und für den Sohn C. monatlich 330,00 DM.

Die Kosten des Rechtsstreits 1. und 2. Instanz tragen zu 33 % die Klägerin und zu 67 % der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Von der Abfassung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 08. Juni 2000 auf die Zahlung der Mindestunterhaltssätze (abzüglich eigener anzurechnender Einkünfte der Tochter) begrenzte Berufung der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg.

Den Kindern steht gegen den Beklagten als ihrem Vater ein Unterhaltsanspruch gemäß §§ 1601 ff BGB zu. Beide Kinder sind bedürftig; ihr Bedarf beträgt unter Zugrundelegung der Regelunterhaltssätze der Regelunterhalts-/bedarfsverordnungen – beide Kinder befinden sich in der gleichen, d.h. in der dritten Altersstufe – für die Zeit von Februar bis Juni 1999 451,00 DM und für die Zeit danach 465,00 DM, jeweils monatlich. Von diesen Beträgen ist gemäß § 1612 b Abs. 1 BGB das hälftige, an die Klägerin gezahlte Kindergeld anzurechnen, so dass im Jahr 1999 125,00 DM und ab dem Jahr 2000 (wegen des erhöhten Kindergeldes) 135,00 DM anzurechnen sind. Damit verbleiben Mindestunterhaltsansprüche für Februar bis Juni 1999 von 326,00 DM monatlich, von Juli bis Dezember 1999 von 340,00 DM monatlich und ab Januar 2000 von 330,00 DM monatlich.

Die vorgenannten, beiden Kindern zustehenden monatlichen Unterhaltsansprüche sind hinsichtlich der Tochter M. zu kürzen, da diese seit September 1999 eine berufsvorbereitende Maßnahme ergriffen hat, für die sie Einkünfte in Form einer Berufsausbildungsbeihilfe von derzeit monatlich 341,00 DM bezieht. Zwar sind Leistungen im Rahmen der Berufsausbildungsbeihilfe grundsätzlich subsidiär, weil der Unterhaltsanspruch gegen die Eltern im Umfang der Förderung nach der Anzeige dieser Förderung an die Eltern gemäß § 72 Abs. 2 Satz 2 SGB III auf das Arbeitsamt übergeht und eine Anrechnung dieser Leistung als Kindeseinkommen grundsätzlich somit ausscheidet (Wendl/Staudigl-Haußleiter, Unterhaltsrecht, 5. Aufl. 2000 § 1 Rn. 367). Ob eine solche Anzeige an den Beklagten erfolgt ist, ist hier nicht bekannt. Zu Lasten der für ihren eigenen Bedarf darlegungs- und beweisbelasteten Tochter M. ist daher davon auszugehen, dass die insoweit erzielten Einkünfte auf ihren Bedarf anzurechnen sind.

Die bezogene Ausbildungsbeihilfe ist vor Anrechnung um den berufsbedingten Mehrbedarf der Tochter zu kürzen. Zwar gilt dies gemäß Ziff. 21 Satz 1 der Leitlinien zum Unterhaltsrecht des Brandenburgischen Oberlandesgerichts grundsätzlich nur, sofern es sich um eine Ausbildungsvergütung handelt, während hier eine staatliche Beihilfe vorliegt. Gleichwohl ist die in dieser Ziffer der Leitlinien getroffene Regelung auch auf Fälle der vorliegenden Art anzuwenden, da vom Sinn und Zweck dieser Regelung jegliche für eine Ausbildung gezahlte Vergütung erfasst werden soll und dies sowohl für die „reine” Ausbildungsvergütung als auch für die für eine Ausbildung gezahlte staatliche Beihilfe zutrifft.

Die Höhe des berufsbedingten Mehrbedarfes ist, sofern hinreichende Anhaltspunkte für eine Schätzung bestehen, grundsätzlich mit 135,00 DM monatlich anzunehmen, Ziff. 21 S. 3 der Leitlinien zum Unterhaltsrecht des Brandenburgischen Oberlandesgerichts. Anhaltspunkte für eine Schätzung in dieser Höhe fehlen aber, da die Klägerin ihre konkret angefallenen Kosten beziffert hat, die unterhalb des Pauschalbetrages von 135,00 DM liegen. Hat der Auszubildende seinen berufsbedingten Mehrbedarf konkret dargelegt, so sind die in der konkreten Höhe anfallenden Kosten zu Grunde zu legen, wie auch aus Ziff. 21 S. 2 der vorgenannten Leitlinien folgt; die Pauschale kann der Auszubildende nur dann in Anspruch nehmen, wenn er keine konkrete Abrechnung vornimmt.

Hiernach sind zunächst monatlich 65,00 DM für die Monatskarte für öffentliche Nahverkehrsmittel anzusetzen. Ferner sind die für das erste Ausbildungsjahr gekauften Bücher im Wert von insgesamt 131,00 DM zu berücksichtigen; umgelegt auf 12 Monate ergibt dies einen Monatsbetrag von 10,92 DM. Insgesamt kann daher ein monatlicher berufsbedingter Mehrbedarf von 75,92 DM angerechnet werden. Von der Berufsausbildungsbeihilfe von 341,00 DM verbleiben daher monatlich 265,08 DM, von denen die Hälfte (Ziff. 21 S. 4 der vorgenannten Leitlinien), d.h. 132,54 DM...

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