Leitsatz (amtlich)

Im Verfahren, gerichtet auf eine Nutzungsentschädigung während der Trennung, kommt im Hinblick auf den festen Verfahrenswert von 3.000 EUR gemäß § 48 Abs. 1 FamGKG auch bei nur eingeschränkter Erfolgsaussicht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe in vollem Umfang in Betracht.

 

Normenkette

BGB § 1361b Abs. 3; ZPO § 114

 

Verfahrensgang

AG Strausberg (Beschluss vom 28.04.2017; Aktenzeichen 2.1 F 98/17)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 2. Juni 2017 wird der Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 28. April 2017 dahin abgeändert, dass der Antragstellerin zur Durchführung des Verfahrens Verfahrenskostenhilfe uneingeschränkt bewilligt wird.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Antragstellerin zog nach Trennung der Beteiligten im Oktober 2015 mit beiden Kindern aus der im gemeinsamen Haus liegenden Ehewohnung aus. Sie hat vom Antragsgegner, der das Haus seither alleine bewohnt, die Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung von 187 EUR für die Monate Juni bis September 2016 und von 300 EUR für die Zeit ab Oktober 2016 verlangt und für das insoweit beabsichtigte Verfahren die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (VKH) beantragt.

Durch Beschluss vom 27.4.2017 hat das Amtsgericht der Antragstellerin VKH bewilligt, soweit sie Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung von 225 EUR ab Oktober 2016 begehrt und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. In den Gründen hat es einen Anspruch gemäß § 1361 b Abs. 3 Satz 2 BGB bejaht und ist, wie von der Antragstellerin angegeben, von einem angemessenen Mietwert von 750 EUR während des ersten Jahres nach der Trennung und einem objektiven Mietwert von 1.200 EUR in der Zeit danach ausgegangen. Im Hinblick darauf, dass der Antragsgegner alleiniger Schuldner des zur Finanzierung des Hauses aufgenommen Kredits und die Antragstellerin nur Bürgin ist, hat es die monatliche Kreditrate von 750 EUR vom Wohnwert abgesetzt, sodass sich für die Zeit von Juni bis September 2016 kein Anspruch und für die Zeit danach ein solcher von 225 EUR [= (1.200 EUR - 750 EUR Kreditrate): 2] ergab. Das Amtsgericht hat sodann auf der Grundlage der geltend gemachten Zahlbeträge einen Verfahrenswert von 6.450 EUR und unter Berücksichtigung der teilweisen VKH-Bewilligung einen Wert von 2.175 EUR ermittelt. Letzteren hat es vom Verfahrenswert abgesetzt und nach einem Wert von 4.275 EUR (= 6.450 EUR - 2.175 EUR) einen Gerichtskostenvorschuss erfordert.

Gegen den VKH teilweise versagenden Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde und macht geltend, dass ihr im Hinblick darauf, dass der Wert für das vorliegende Verfahren gemäß § 48 Abs. 1 FamGKG mit 3.000 EUR zu bemessen sei, VKH in vollem Umfang gewährt werden müsse. Zudem habe das Amtsgericht, so die Antragstellerin, die Kreditrate auf Seiten des Antragsgegners zu Unrecht berücksichtigt, da dieser seine Zahlung nicht nachgewiesen habe. Er wolle diese Rate zudem im Rahmen des Verfahrens betreffend den Kindesunterhalt berücksichtigt wissen. Dem stehe das Doppelverwertungsverbot entgegen.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, über die der Senat nach Übertragung durch die Einzelrichterin gemäß §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2, 568 Satz 2 ZPO in der nach dem Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehenen Besetzung entscheidet, ist gemäß §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig. Sie ist auch begründet. Der Antragstellerin ist über die bereits erfolgte Bewilligung hinaus Verfahrenskostenhilfe für den ersten Rechtszug zu bewilligen. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, §§ 76 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Bei der Beurteilung der Frage der hinreichenden Erfolgsaussicht kommt es nicht darauf an, ob das Amtsgericht die Raten für den Hauskredit, die der Antragsgegner offenbar tatsächlich bedient, da die Antragstellerin selbst nicht behauptet hat, als Bürgin in Anspruch genommen worden zu sein, zu Recht vom Wohnwert abgesetzt hat. Ferner kann dahingestellt bleiben, ob die Berücksichtigung der Raten im Hinblick darauf, dass sie vom Antragsteller im Kindesunterhaltsverfahren geltend gemacht worden sind, etwa gegen das sog. Doppelverwertungsverbot verstößt (s. dazu Palandt/Brudermüller, BGB, 76. Aufl., § 1361 b Rn. 20). Denn der Antragstellerin ist ungeachtet der Frage, in welchem Umfang genau sie Nutzungsentschädigung verlangen kann, VKH zu gewähren.

Der Anspruch auf Nutzungsvergütung in der Trennungszeit ist im Ehewohnungsverfahren nach §§ 200 ff. FamFG geltend zu machen. Dieses Verfahren wird zwar durch den Antrag eines Ehegatten eingeleitet, § 203 FamFG, es gilt jedoch im Gegensatz zu den Familienstreitsachen (§ 112 FamFG) nicht die Parteimaxime, sondern der Grundsatz der Amtsermittlung (vgl. Johannsen/Henrich/Götz, Familienrecht, 6. Aufl., FamFG § 200 Rn. 8). Das Gericht ist an Verfahrensanträge grundsätzlich nicht gebunden, allerdings entscheidet es nicht mehr ausschließlich nach billigem Ermessen, sondern über das B...

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