Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 7. Oktober 2020 durch Beschluss zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.

 

Gründe

I. Der Senat hält die Berufung der Verfügungsbeklagten einstimmig für ohne Aussicht auf Erfolg. Das Rechtsmittel ist zulässig, aber unbegründet. Da der Rechtssache als Einzelfall keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, eine Entscheidung des Berufungsgerichts weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch zur Fortbildung des Rechts erforderlich erscheint und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, ist beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

II. Der Antragsteller ist Nutzer der von der Antragsgegnerin betriebenen Internetplattform "..." und begehrt die Unterlassung der Löschung eines von ihm am 31. Juli 2020 auf dieser Plattform veröffentlichten Eintrags, den die Verfügungsbeklagte am 2. August 2020 mit der Begründung, das Posting verstoße gegen ihre Gemeinschaftsstandards zu Belästigung und Bullying, löschte.

Nachdem die Verfügungsbeklagte einer Aufforderung des Verfügungsklägers zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht nachgekommen war, hat der Verfügungskläger beantragt, die Verfügungsbeklagte im Wege der einstweiligen Verfügung zu der Unterlassung der Löschung des streitgegenständlichen Inhalts, wegen dessen Einzelheiten auf das angefochtene Urteil Bezug genommen wird, zu verpflichten.

Das Landgericht hat dem Antrag mit Urteil vom 7. Oktober 2020 stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass die streitgegenständliche Äußerung des Verfügungsklägers von der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedeckt sei.

Dagegen wendet sich die Berufung der Verfügungsbeklagten, mit der sie ihr Begehren auf Zurückweisung des Antrags auf Erlass der einstweiligen Verfügung weiterverfolgt.

III. Die Berufung wird keinen Erfolg haben können.

Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten ist der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zulässig, auch wenn er zwangsläufig mit einer Vorwegnahme der Hauptsache verbunden ist. Von dem Grundsatz, dass im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen werden darf, sind die Fälle ausgenommen, in denen der Verfügungskläger dringend auf einen gerichtlichen Titel angewiesen ist und ihm ein Abwarten auf eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zugemutet werden kann; letzteres gilt für Ansprüche auf Unterlassung insbesondere in den Fällen, in denen eine Wiederholung des streitgegenständlichen Verhaltens konkret zu befürchten steht (vgl. Senat, Urteil vom 19. Februar 2007, Az.: 1 U 17/06, juris Rn. 16; Senat, NJW-RR 2002, 1127). Dies ist hier der Fall, da die Verfügungsbeklagte die Löschung des Eintrags rechtfertigt und der Verfügungskläger die von ihm betriebene ...-Seite nach wie vor nutzt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es dem Verfügungskläger in Fällen der vorliegenden Art von vornherein nur um eine eng begrenzte Art der Unterlassung geht und die Verfügungsbeklagte - im Gegensatz zum Regelfall der Leistungsverfügung - nicht zu einer umfassenden Befriedigung verpflichtet wird (LG Offenburg, Urteil vom 26. September 2018, Az.: 2 O 310/18, juris Rn. 71). Streitgegenstand eines auf ein Unterlassungsgebot gerichteten Verfügungsverfahrens ist der prozessuale Anspruch des Verfügungsklägers auf Sicherung des materiellrechtlichen Anspruchs (BGH, NJW 2004, 506, 508) und nur dieser vorläufigen Regelung eines einstweiligen Zustands dient die streitgegenständliche einstweilige Verfügung, indem sie die Unterlassung der Löschung eines von der Meinungsfreiheit geschützten Beitrags anordnet. Im Übrigen steht den Parteien eine endgültige Klärung der zwischen ihnen im Streit stehenden Fragen im Hauptsacheverfahren jederzeit offen.

Der Antrag ist zudem begründet.

Zwischen den Parteien besteht ein Vertragsverhältnis, das den Verfügungskläger berechtigt, aus Meinungen und Behauptungen bestehende Nachrichten und Kommentare sowie Geschichten, Fotos und Videos über die von der Verfügungsbeklagten betriebene Plattform zu verbreiten. Dabei geht der Senat im Einklang mit der ganz herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich davon aus, dass die Verfügungsbeklagte auf der Grundlage ihrer nach den §§ 305 ff. BGB nicht zu beanstandenden Gemeinschaftsstandards bzw. Nutzungsbedingungen (Senat, Beschluss vom 7. Januar 2020, Az.: 1 U 44/19; OLG München, Beschluss vom 17. September 2018, Az. 18 W 1383/18, juris Rn. 17) berechtigt ist, bestimmte Beiträge zu löschen, sofern sichergestellt ist, dass diese Sanktionen nicht willkürlich festgesetzt werden. Der Verfügungsbeklagten steht als Betreiberin der Plattform "..." ein virtuelles Hausrecht zu (vgl. BSG, MMR 2013, 675 Rn. 14; OLG Köln, VersR 2001, 862), das sie grundsätzlich berechtigt, rechtswidrige und den Gemeinschaftsstandards wider...

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