Leitsatz (amtlich)

1. Im Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist der Wert festzusetzen, sobald eine Entscheidung ergeht, die den gesamten in Frage stehenden Regelungsbedarf erfasst. Ob bei einer erneuten Entscheidung über eine Abänderung oder Aufhebung nach Fortsetzung des Verfahrens erneut eine Wertfestsetzung erforderlich ist, richtet sich danach, ob der Verfahrensgegenstand vor dieser weiteren Entscheidung erweitert worden ist.

2. Werden bei der Fortsetzung des Verfahrens über die einstweilige Anordnung weitere Verfahrensgegenstände eingeführt oder eingeführte erweitert, während andere nicht weiterverfolgt werden, so erhöht sich der Wert der insgesamt anhängig gewesenen Gegenstände, so dass der Wert neu festzusetzen ist.

3. Auch für den Rechtsanwalt bildet das gesamte Anordnungsverfahren einschließlich der Fortsetzung mit dem Ziel einer Aufhebung oder Änderung der ergangenen Entscheidung eine Angelegenheit.

 

Verfahrensgang

AG Nauen (Aktenzeichen 24 F 286/15)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 22. Mai 2017 aufgehoben, soweit dort ein Verfahrenswert festgesetzt worden ist.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I. 1. Dieser Beschluss betrifft ausschließlich die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Wertfestsetzung in dem Beschluß des Amtsgerichts vom 22. Mai 2017 (Bl. 1182 ff.). Nur in bezug auf diese angefochtene Wertfestsetzung hat das Amtsgericht entschieden, nicht abzuhelfen und die Beschwerde dem Oberlandesgericht vorzulegen (Beschluß vom 9. Januar 2018, Bl. 1527 ff.).

2. Über eine Abhilfe und Vorlegung der Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss für die I. Instanz (Bl. 1483 ff.,1499) hat das Amtsgericht noch nicht entschieden.

3. Zur Beschwerde (Bl. 1492) gegen die Kostenentscheidung in dem Beschluss des Amtsgerichts vom 22. Mai 2017 (Bl. 1182 ff.) wird der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass auch die Kostenentscheidung - ebenso wie die Entscheidung über die Abänderung (vgl. die Verfügung des Senats vom 25. September 2017, Bl. 1459) - nach § 57 FamFG nicht anfechtbar ist (vgl. Zöller-Feskorn, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 57 FamFG Rdnr. 5). Die Rücknahme der Beschwerde gegen die Kostenentscheidung könnte dem Antragsgegner leichtfallen, weil er die angefochtene Entscheidung selbst für wirkungslos hält (Beschwerdeschrift, S. 2 = Bl. 1493).

II. Die Beschwerde ist zulässig.

Die Beschwerdefrist ist gewahrt (§ 59 I 3 HS. 1 FamGKG). Sollte die Änderungsfrist des § 55 III 2 FamGKG im Verfahren der einstweiligen Anordnung überhaupt vor der Erledigung der Hauptsache beginnen können, so hat der Antragsgegner sie jedenfalls eingehalten. Der Beschluß des Amtsgerichts vom 22. Mai 2017, mit dem über den Abänderungsantrag des Antragsgegners entschieden worden und der mit der angefochtenen Wertfestsetzung verbunden worden ist (Bl. 1182 ff.), ist mit der Zustellung an die Beteiligten formell rechtskräftig geworden, weil eine Beschwerde nicht statthaft gewesen ist (§ 57 FamFG). Der Beschluss ist an beide Beteiligte am 30. Juni 2017 zugestellt worden (Bl. 1193 f.). Die am 24. November 2017 eingelegte Beschwerde (Bl. 1492) wahrt die Sechsmonatsfrist.

III. Die Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Wertfestsetzung, aber nicht zu der von dem Antragsgegner angestrebten Festsetzung eines geringeren Wertes.

1. Über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§§ 49, 51 FamFG) und über Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer erlassenen einstweiligen Anordnung (§ 54 FamFG) wird im selben Verfahren entschieden. Das Verfahren über die einstweilige Anordnung wird weder mit ihrem Erlass noch mit der Ablehnung des Erlasses beendet - auch dann nicht, wenn diese Entscheidungen unanfechtbar sind (§ 57 FamFG) oder nicht angefochten werden. Die erste Entscheidung, mit der eine einstweilige Anordnung erlassen oder ihr Erlass abgelehnt wird, kann aufgehoben oder geändert oder durch erneute Entscheidung bestätigt werden (§ 54 I, II FamFG). Dazu wird nicht ein neues Verfarhen begonnen, sondern das Verfahren wird fortgesetzt. Das führt dazu, dass vor dem Außerkrafttreten einer erlassenen einstweiligen Anordnung (§ 56 FamFG) ungewiss bleibt, ob das Verfahren bereits beendet ist. Eine im einstweiligen Anordnungsverfahen ergehende Entscheidung schließt das Verfahren nicht ab. Es kann auch nach formeller Rechtskraft einer ergangenen Entscheidung - also bei Unanfechtbarkeit oder nach Bestätigung einer angefochtenen Entscheidung durch das Beschwerdegericht - durch die nicht fristgebundenen Anträge auf Aufhebung, Änderung oder auf erneute Entscheidung fortgesetzt werden.

2. Die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren hängt nicht davon ab, ob das Verfahren, für das der Wert festzusetzen ist, beendet oder abgeschlossen ist. Der Wert ist festzusetzen, sobald eine Entscheidung über den gesamten Verfahrensgegenstand ergeht (§ 55 II FamGKG). Die Wertfestsetzung setzt mithin voraus, dass das Verfahren mit der Entscheidung beendet sein könnte, weil sie ...

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