Leitsatz (amtlich)

Das Gewaltschutzgesetz enthält ausschließlich Verfahrensrecht. Es begründet keinen Anspruch, sondern es setzt einen Unterlassungsanspruch zum Schutz der im § 1 GewSchG genannten Rechtsgüter auf Grund materiellen bürgerlichen Rechts voraus.

Das besondere Verfahrensrecht des Gewaltschutzgesetzes steht nur zur Durchsetzung der Abwehransprüche gegen Gewalt, Drohung und Nachstellung zur Verfügung, nicht auch für andere Ansprüche zwischen den Beteiligten. Liegt im Streit um ein vertragliches oder gesetzliches Schuldverhältnis und die aus ihm folgenden Ansprüche bei einer wertenden Betrachtung das Schwergewicht der tatsächlichen und rechtlichen Auseinandersetzungen nicht beim Schutz von Körper, Gesundheit und Freiheit des Gläubigers (§ 1 I 1 GewSchG), so stehen ihm die Verfahrenserleichterungen des Gewaltschutzgesetzes nicht zu.

Aus der rechtswegübergreifenden Entscheidungskompetenz des im zulässigen Rechtsweg angegangenen Gerichts (§§ 17 II 1, 17a VI GVG) folgt nicht, dass die Unterscheidung zwischen verschiedenen Verfahrensarten innerhalb desselben Rechtswegs unmaßgeblich wird. Verfahren verschiedener Verfahrensarten können nicht miteinander verbunden werden.

 

Verfahrensgang

AG Nauen (Beschluss vom 02.12.2015; Aktenzeichen 18 F 85/15)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG Nauen vom 2.12.2015 abgeändert:

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.

Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller wird zugelassen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die Antragsteller nehmen den Antragsgegner im Gewaltschutzverfahren in Anspruch.

I.1. Die Antragstellerin ist die Tochter des Antragsgegners. Sie und ihr Ehemann, der Antragsteller, haben zwei 2014 geborene Kinder. Die Antragsteller bewohnen mit ihren Kindern ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück, das im Miteigentum des Antragsgegners und seiner von ihm getrenntlebenden Ehefrau steht, der Mutter der Antragstellerin.

2. Die Antragsteller behaupten, der Antragsgegner habe das von ihnen bewohnte Grundstück am 12., 20., 21. und 24.8.2015 betreten, obwohl er zum Verlassen aufgefordert worden sei. Der Antragsgegner habe gedroht, dem Antragsteller den Kiefer zu brechen und ihn totzuschlagen, und die Antragsteller würden nicht mehr aufstehen, wenn er mit ihnen fertig sei. Der Antragsgegner habe an eine Fensterscheibe geklopft und beim Gehen gedroht, mit einer Waffe wiederzukommen. Er habe angekündigt, das Grundstück zu betreten, wann er wolle.

Über die Alleinnutzung des Grundstückes durch die Antragstellerin und ihre Familie bestehe seit 2007 Einigkeit mit dem Antragsgegner und dessen Ehefrau. 2011 sei darüber ein schriftlicher Mietvertrag abgefasst worden, weil die Antragstellerin die Höhe der Miete gegenüber einem Gericht und einer Behörde habe nachweisen müssen. Die Gartennutzung sei dabei ausdrücklich in die Beschreibung des Mietgegenstandes aufgenommen worden. Das einzige Original des schriftlichen Vertrages besitze der Antragsgegner. Über die Gartennutzung habe bis zur Trennung des Antragsgegners von seiner Ehefrau stets Einvernehmen zwischen allen Beteiligten bestanden.

Die Antragsteller haben beantragt, dem Antragsgegner zu untersagen, die Antragsteller sowie die gemeinsamen Kinder der Antragsteller,... und..., beide geb..., zu bedrohen, zu belästigen, zu verletzen oder sonst körperlich zu misshandeln, sich in einem Umkreis von 100 Metern der Wohnung der Antragsteller in... zu nähern, § 1 Abs. 1 Ziff. 2 GewSchG, ein Zusammentreffen mit den Antragstellern sowie deren Kindern herbeizuführen, § 1 Abs. 1 Ziff. 5 GewSchG; sollte es zu einem zufälligen Zusammentreffen kommen, hat der Antragsgegner sofort einen Abstand von mindestens 100 Metern herzustellen, Verbindung mit den Antragstellern aufzunehmen, auch nicht unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln.

Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag abzuweisen.

Er hat bestritten, die Antragsteller jemals bedroht oder verletzt zu haben. Deren Kinder kenne er nicht persönlich; von anderen Kindern könne er sie nicht unterscheiden. Selbst die gewalttätigen Angriffe der Antragstellerin und einer Gruppe von Unbekannten, die vermutlich von seiner Ehefrau gedungen worden seien, habe er ohne Gegenwehr hingenommen. Sein von den Antragstellern bewohntes Grundstück habe er betreten, um ein nicht an die Antragsteller vermietetes Nebengelass zu erreichen. Er habe zudem den Zustand des Grundstücks kontrollieren müssen, da die Antragsteller den Garten ohne mietvertragliche Grundlage nutzten. Insoweit stimme die von den Antragstellern vorgelegte Vertragskopie nicht mit dem Original überein.

3. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG dem Antragsgegner untersagt, sich in einem Umkreis von 50 m der Wohnung der Antragsteller zu nähern. Es hat ihm aufgegeben, sofort einen Abstand von 50 m herzustellen, wenn es zu einem zufälligen Zusammentreffen mit den Antragstellern und deren Kindern komme. Im Übrigen hat es den Antrag abgewiesen. Es ...

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