Leitsatz (amtlich)

1. Ein allgemeiner Vorrang anderweitiger Ausgaben oder Aufnahme von Schuldverpflichtungen vor der Begleichung der allein zur Überbrückung einer Bedürftigkeit geleisteten Prozess-/Verfahrenskostenhilfe existiert nicht. Anderes gilt bei unabwendbar notwendiger Schuldenaufnahmen für zwingend notwendige und anders nicht zu bewerkstelligende Anschaffungen.

2. Zum Vermögen zählt grds. auch die geltend gemachte Forderung, die spätestens im Nachverfahren zu berücksichtigen ist, soweit sie realisierbar ist.

3. Für das Verfahrenskostenhilfe-Verfahren selbst, zu dem auch das Nachverfahren zählt, kann grds. keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden.

 

Verfahrensgang

AG Cottbus (Beschluss vom 18.11.2014; Aktenzeichen 97 F 124/09)

 

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe vom 13.2.2015 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

1. Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das AG hat zutreffend die der Antragstellerin vormals bewilligte Prozesskostenhilfe dahingehend abgeändert, dass ihr eine einmalige Zahlung aus dem Vermögen im Umfange von 5.594,43 EUR aufzuerlegen ist.

Nachdem der Antragstellerin ursprünglich Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, hat diese im Rahmen der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung der Eheleute zunächst Ende 2012 einen Teilbetrag von 22.500 EUR erhalten. Dieser Teilbetrag war - nach Abzug des ihr zustehenden Schonvermögensbetrages von 2.600 EUR - zur Begleichung der Verfahrenskosten aufzuwenden. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass ein Vorrang anderweitiger Ausgaben oder Schuldverpflichtungen vor der Begleichung der allein zur Überbrückung einer Bedürftigkeit geleisteten Prozess-/Verfahrenskostenhilfe nicht existiert (Horndasch-Viefhues/Götsche, FamFG, 3. Aufl. 2014 Anhang zu § 76 Rz. 92 m. N.). Insoweit ist jede Verbindlichkeit/Aus-gabeposition daraufhin zu überprüfen, inwieweit im Einzelfall tatsächlich ein Vorrang gegenüber der Verpflichtung, die Allgemeinheit nicht ohne Grund in Anspruch zu nehmen, besteht. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen (Horndasch-Viefhues/Götsche, FamFG, 3. Aufl. 2014 Anhang zu § 76 Rz. 92). Erst recht gilt dies bei Aufnahme von Schulden nach Beginn des Verfahrens. Sind die Schulden nach Verfahrenseinleitung oder bei erkennbar bevorstehendem Verfahrensbeginn aufgenommen worden, scheidet wegen der Pflicht zur eigenverantwortlichen Bestreitung der Verfahrenskosten die Berücksichtigung regelmäßig schon deshalb aus. Eine Ausnahme gilt für unabwendbar notwendige Schuldenaufnahme (OLG Brandenburg FamRZ 2008, 158, 159; Horndasch-Viefhues/Götsche, FamFG, 3. Aufl. 2014 Anhang zu § 76 Rz. 93), z.B. für zwingend notwendige und anders nicht zu bewerkstelligende Anschaffungen (OLG Hamm FamRZ 2007, 155; Horndasch-Viefhues/Götsche, FamFG, 3. Aufl. 2014 Anhang zu § 76 Rz. 93).

Zum Verbrauch des erlangten Vermögens für die Anschaffung eines neuen Pkws sowie die Wohnungseinrichtung war die Antragstellerin nicht berechtigt. Dass sie zwingend notwendig anzuschaffen waren, hast sie nicht ausreichend dargetan. Insoweit war sie zudem gehalten, sich möglichst kostengünstig zu verhalten, um ihren Verpflichtungen gegenüber der Allgemeinheit auf Rückzahlung der gewährten Prozesskostenhilfe nachzukommen. Dazu fehlt jedenfalls jeder weitere Sachvortrag; insbesondere fehlen weiterführende Angaben dazu, inwieweit die Anschaffung einer kostengünstigeren Wohnungseinrichtung oder eines kostengünstigeren Pkws bis hin zu dem Umstand in Frage kam oder ob nicht auch gebrauchte Mobiliare angeschafft werden konnten.

Schon deshalb ist zu Lasten der Antragstellerin die vormals gewährte Prozesskostenhilfe aufzuheben. Unabhängig davon steht ihr des Weiteren eine Forderung i.H.v. 20.000 EUR aus der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung gegen den vormaligen Antragsgegner zu, die nunmehr auch fällig ist. Zum Vermögen zählt grds. auch die geltend gemachte Forderung. Spätestens im Nachverfahren des § 120 Abs. 4 ZPO a.F. ist diese zu berücksichtigen, soweit sie realisierbar ist (BGH NJW-RR 2008, 1453; Horndasch-Viefhues/Götsche, FamFG, 3. Aufl. 2014 Anhang zu § 76 Rz. 143 Stichwort Klageforderung). Die Ausführungen der Antragstellerin dazu, dass sie diesen Teil der Forderung derzeit nicht realisieren kann, tragen nicht. Vollstreckungsmaßnahmen oder dergleichen hat sie nach derzeitigem Stand nicht vorgenommen. Die Möglichkeit einer Beleihung dieser Forderung ist ebenfalls durch sie nicht näher vorgetragen worden. Nach alledem kann ihr daher nicht weiterhin Prozesskostenhilfe gewährt werden.

2. Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe vom 13.2.2015 ist zurückzuweisen, da der sachliche Anwendungsbereich der Regeln über die Verfahrenskostenhilfe (§§ 76 ff. FamFG, 114 ff. ZPO) nicht eröffnet ist. Für das Verfahrenskostenhilfe-Verfahren selbst, zu dem auch das hier betroffene Prüfungsverfahren des § 120 ZPO a.F. zählt, kann grds. keine Verfahrenskostenhilfe bew...

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