Leitsatz (amtlich)

Allein die Einholung eines Sachverständigengutachtens in einer Umgangssache und die hiermit regelmäßig verbundenen mehrfachen Anhörungstermine reichen für eine Erhöhung des Verfahrenswertes (§ 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 FamGKG) im Regelfall noch nicht aus.

 

Verfahrensgang

AG Bad Liebenwerda (Beschluss vom 25.05.2016; Aktenzeichen 21 F 75/15)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gemäß §§ 57, 59 FamGKG statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das AG hat den Verfahrenswert zu Recht auf den Regelwert von 3.000 EUR festgesetzt.

Der Verfahrenswert in Kindschaftssachen, die das Umgangsrecht betreffen, beläuft sich nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG grundsätzlich auf 3.000,00 EUR. Eine Abweichung von diesem (relativen) Festwert kommt gemäß § 45 Abs. 3 FamGKG nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der Wert von 3.000,00 EUR nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig erscheint. Danach kann ein höherer oder niedrigerer Wert insbesondere dann festgesetzt werden, wenn das Verfahren besonders umfangreich und schwierig ist oder wenn die Beteiligten nur über ein geringes Einkommen verfügen und das Verfahren sich einfach gestaltet (BT-Drucks. 16/6308, S. 306). Die Abweichung von dem Festbetrag orientiert sich mithin daran, ob der konkrete Einzelfall hinsichtlich des Arbeitsaufwandes für das Gericht und die Verfahrensbevollmächtigten erheblich von einer durchschnittlichen Kindschaftssache abweicht und der Verfahrenswert deshalb zu unvertretbar hohen oder unangemessen niedrigen Kosten bzw. Gebühren führen würde.

Diese Voraussetzungen liegen für das vorliegende Verfahren über das Umgangsrecht nicht vor; insbesondere rechtfertigt die Einholung des Sachverständigengutachtens keine höhere Wertfestsetzung. Dies folgt schon daraus, dass dem Regelwert von 3.000,00 EUR auch solche Verfahren unterfallen, welche den Ausschluss oder zumindest die erhebliche Einschränkung des Umgangsrechts zum Gegenstand haben. In diesen Verfahren kommt es regelmäßig zur Einholung eines Sachverständigengutachtens und zumeist auch mehreren, mindestens zwei Anhörungsterminen. Auch in anderen Sorgerechts- oder Umgangsregelungsverfahren ist die Einholung von Sachverständigengutachten üblich, wenn die Verfahren streitig geführt werden und das Kindeswohl betreffende Fragen entscheidungserheblich sind, für deren Klärung das Gericht nicht über die erforderliche Sachkenntnis verfügt. Allein die Einholung eines Sachverständigengutachtens in einer Umgangssache und die hiermit regelmäßig verbundenen mehrfachen Anhörungstermine reichen für eine Erhöhung des Verfahrenswertes im Regelfall noch nicht aus (vgl. auch OLG Koblenz, FamRZ 2015, 1751; OLG Düsseldorf, FamRZ 2015, 953; OLG Hamm, FamRZ 2012, 1971).

Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die Festsetzung auf 3.000 EUR dem Regelwert entspricht und daher regelmäßig auch - wenn nicht besondere Umstände eine anderweitige Bestimmung nahelegen - zu erfolgen hat. Mit hier bis zum Verfahrensende unterhalb von 200 Seiten nimmt die Sache keinen besonderen Umfang an. Die Verfahrensdauer von rd. 13 Monaten ist für eine Kindschaftssache nicht unüblich (vgl. auch OLG Koblenz, FamRZ 2015, 1751 für 15 Monate Verfahrensdauer). Besondere tatsächliche oder rechtliche Erschwernisse sind nicht erkennbar, als Umgangssache handelt es sich vielmehr um eine Sache von durchschnittlichem Aufwand, die zwar von einer erheblichen, aber für die Beteiligten in solchen Sachen stets gegebenen und demgemäß gerade nicht streitwerterhöhenden Bedeutung getragen war. Allein die Einholung eines Sachverständigengutachtens und die hier stattgefundenen 3 Termine rechtfertigen - wie zuvor ausgeführt - noch nicht eine höhere Festsetzung, da auch dies in Kindschaftsangelegenheiten durchaus der Üblichkeit entspricht, wie auch das AG in den Ausführungen in der Nichtabhilfeentscheidung zutreffend ausgeführt hat.

Zuletzt ist zu berücksichtigen, dass es nicht zu einer Kindesanhörung gekommen ist, was wiederum den Aufwand für das Verfahren eher senkt. Nach alledem ist die Festsetzung auf den Regelwert zutreffend erfolgt.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI9708618

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