Leitsatz (amtlich)

1. Sind die Kosten nach Bruchteilen verteilt und ist Prozesskostenhilfe bewilligt worden, so sind die Parteikosten gleichwohl so zu berechnen, wie wenn keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden wäre. Es ist innerhalb eines einzigen Beschlusses eine Ausgleichung gem., § 106 ZPO vorzunehmen, dies auch dann, wenn der beigeordnete Rechtsanwalt seine Gebühren gem. § 126 ZPO beitreibt.

2. Der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt kann die Zahlungen der Staatskasse zunächst auf diejenigen Kosten verrechnen, für welche die Gegenpartei nicht haftet, wenn der von der Gegenpartei zu erstattende Betrag die gesetzliche Vergütung, die dem Rechtsanwalt als Wahlanwalt zusteht, nicht voll deckt.

3. Vertritt der beigeordnete Rechtsanwalt neben der bedürftigen Partei noch eine weitere nicht bedürftige Partei, ist für die Ermittlung seiner Wahlanwaltsvergütung zu unterstellen, dass er allein für die bedürftige Partei tätig geworden ist. Der beigeordnete Rechtsanwalt kann auf die danach ermittelte fiktive Wahlanwaltsvergütung die Zahlungen der Staatskasse verrechnen. Nur wenn die Differenz zwischen Wahlanwaltsvergütung und Zahlungen der Staatskasse den Erstattungsanspruch der bedürftigen Partei gegen den Prozessgegner übersteigt, kann ein Übergangsanspruch der Staatskasse festgestellt werden.

 

Normenkette

ZPO §§ 106, 126; RVG § 59

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 12.07.2006; Aktenzeichen 12 O 35/06)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Frankfurt (Oder) vom 12.7.2006 - 12 O 35/06 - in der Fassung des teilabhelfenden Beschlusses vom 8.9.2006 teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wie folgt neu gefasst:

Aufgrund es von den Parteien vor dem LG Frankfurt (Oder) geschlossenen Vergleichs vom 4.5.2006 sind von dem Beklagten an Kosten 1.594,37 EUR (i.B. Eintausendfünfhundertvierundneunzig und 37/100 EUR) nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 29.5.2006 an die Kläger zu erstatten.

Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger 1/5, der Beklagte 4/5 zu tragen. Eine Gerichtsgebühr gemäß Nr. 1811 KV GKG wird nicht erhoben.

Der Beschwerdewert beträgt 1.038,68 EUR.

 

Gründe

I. Die beiden Kläger, im Rechtsstreit durch einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten vertreten, nahmen den Beklagten jeweils auf Zahlung von 14.029 EUR in Anspruch. Außerdem beantragte die Klägerin zu 1.) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr entstandene anwaltliche Gebühren zu erstatten. Das LG bewilligte dem Kläger zu 2.) antragsgemäß Prozesskostenhilfe für den von ihm verfolgten Anspruch und ordnete ihm seinen Prozessbevollmächtigten zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts bei.

Die Parteien schlossen vor dem LG einen Vergleich, nach dessen Kostenregelung von den Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs der Beklagte 5/7 und die Kläger als Gesamtschuldner 2/7 tragen, sollten. Das LG setzte den Streitwert für den Rechtsstreit und den Vergleich auf bis zu 28.100 EUR fest.

Der Rechtspfleger des LG hat mit Beschluss vom 12.7.2006 die von dem Beklagten an die Kläger zu erstattenden Kosten auf 761,81 EUR festgesetzt und festgestellt, dass ein Erstattungsbetrag i.H.v. 607,42 EUR auf die Landeskasse übergegangen ist. Dabei hat er nach Ausgleichung der außergerichtlichen Kosten einen den Klägern zustehenden Erstattungsbetrag i.H.v. 1.369,23 EUR ermittelt, wobei er bei den Klägern von außergerichtlichen Kosten i.H.v. 3.197,66 EUR ausgegangen ist. Zu dem Betrag von 1.369,23 EUR hat er einen Betrag von 1.066,62 EUR hinzugerechnet, den der Klägervertreter für die Vertretung des Klägers zu 2.) aus der Staatskasse als PKH-Vergütung erhalten hat. Von der Summe hat er 2/7 der gesamten außergerichtlichen Kosten abgezogen und einen vom Beklagten zuviel zu erstattenden Betrag von 607,42 EUR ermittelt, der auf die Landeskasse übergegangen ist, diesen von 1.369,23 EUR abgezogen und daraus den zu erstattenden Betrag von 761,81 EUR errechnet.

Gegen diesen Beschluss, der ihnen am 10.8.2006 zugestellt worden ist, wenden sich die Kläger mit ihrer am 16.8.2006 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie zum einen beanstanden, dass eine Verrechnung der Gerichtskosten nicht erfolgt sei. Zum anderen meinen sie, ihr Prozessbevollmächtigter könne von jedem von ihnen die anwaltlichen Gebühren nach dem auf sie entfallenden Streitwert beanspruchen. Sie seien mit insgesamt 4.836,28 EUR an anwaltlichen Gebühren belastet.

Der zuständige Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 8.9.2006 dem Rechtsbehelf teilweise abgeholfen, soweit es von den Klägern gezahlte und beim Beklagten verrechnete Gerichtskosten i.H.v. 242,85 EUR angeht, und deshalb die von dem Beklagten zu erstattenden Kosten auf 1.004,66 EUR festgesetzt. Im Übrigen hat er dem Rechtsmittel nicht abgeholfen.

Der Beschwerdesenat hat dem Bezirksrevisor beim LG Frankfurt (Oder) als Vertreter der Landeskasse Gele...

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