Entscheidungsstichwort (Thema)

Richterablehnung - regelmäßig keine Besorgnis einer Befangenheit bei Verweigerung einer Terminsverlegung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Verweigerung einer beantragten Terminsverlegung begründet regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil diese nach § 227 ZPO nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht kommt. Anders liegt es nur dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminsverlegung offensichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzte oder sich aus der Ablehnung der Terminsverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt (vgl. BGH NJW 2006, 2492 Rn. 31 m.w.N.).

2. Die Terminskollision eines sozietätsangehörigen Verfahrensbevollmächtigten begründet ohne Darlegung einer Verhinderung aller Anwälte der Sozietät keinen offensichtlich vorliegenden Grund für eine Terminsverlegung (vgl. BSG, Beschluss vom 31. Oktober 2005 - B 7a AL 134/05 B -, Rn. 8, juris).

3. Allein der Wunsch eines Beteiligten nach einer persönlichen Bearbeitung durch seinen Verfahrensbevollmächtigten begründet ohne Hinzutreten besonderer Umstände keine Unzumutbarkeit der Terminsbeibehaltung.

4. Gegen eine Unzumutbarkeit einer Terminsbeibehaltung spricht es, wenn im Terminsverlegungsgesuch eines sozietätsangehörigen Verfahrensbevollmächtigen Darlegungen fehlen, wonach es unmöglich oder unzumutbar wäre, den Mandanten im Termin persönlich zu vertreten und etwaige Kollisionstermine durch Sozietätskollegen wahrnehmen zu lassen.

5. Die Differenzierung der Terminsverlegungspraxis eines Richters zwischen Einzelanwälten und Sozietätsmitgliedern findet in den Erleichterungen und Vereinfachungen bei Vertretungsfällen innerhalb einer Mehrpersonenkanzlei einen sachlichen Grund, und gibt keinen Anlass zur Besorgnis einer Befangenheit.

6. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nach § 46 Abs. 2 ZPO sind die im Gesuch vorgetragenen Ablehnungsgründe; neue Ablehnungsgründe können im Beschwerdeverfahren nicht nachgeschoben werden (vgl. Senat FamRZ 2013, 1600 Rn. 12 m.w.N.).

 

Verfahrensgang

AG Strausberg (Aktenzeichen 29 F 103/18)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 05.11.2018 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

1. Die beschwerdeführende Antragsgegnerin wendet sich gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs in einer Familienstreitsache.

Das Ablehnungsgesuch stützt sie auf eine unterlassene Terminsverlegung, das Beschwerdevorbringen zusätzlich auf einen Verstoß gegen die Wartepflicht.

2. Die nach §§ 113 Abs. 1, 46 Abs. 2, 567 ff. ZPO statthafte sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen, § 42 Abs. 2 ZPO. Geeignet, Misstrauen gegen eine unparteiliche Amtsübung des Richters zu rechtfertigen, sind nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektiv unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden aus. Entscheidend ist, ob ein Verfahrensbeteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln (BGH NJW-RR 2003, 1220, 1221; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 42 Rn. 9). Das ist hier nicht der Fall.

Die Verweigerung einer beantragten Terminsverlegung begründet regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil diese nach § 227 ZPO nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht kommt. Anders liegt es nur dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminsverlegung offensichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzte oder sich aus der Ablehnung der Terminsverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt (vgl. BGH NJW 2006, 2492 Rn. 31 m.w.N.). Dafür ist nichts ersichtlich.

Die Terminskollision des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin begründete mangels Darlegung einer Verhinderung aller Anwälte der Sozietät keinen offensichtlich vorliegenden Grund (vgl. BSG, Beschluss vom 31. Oktober 2005 - B 7a AL 134/05 B -, Rn. 8, juris). Diese Begründung des Richters für die Terminsbeibehaltung entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung und gibt schon deshalb bei vernünftiger Würdigung keinen Anlass, an seiner Unvoreingenommenheit zu zweifeln. Allein der Wunsch der Antragsgegnerin nach einer persönlichen Bearbeitung durch ihren Verfahrensbevollmächtigten begründet ohne Hinzutreten besonderer Umstände, die im Verlegungsantrag nicht geltend gemacht waren, ebenfalls keine Unzumutbarkeit...

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