Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert im isolierten Sorgerechtsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Herabsetzung des Regelwertes erfolgt nicht allein deshalb, weil statt über die gesamte elterliche Sorge nur über das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entscheiden ist.

2. Es ist nicht gerechtfertigt, regelmäßig eine geringere Bewertung des Umgangsverfahrens im Vergleich zum Sorgerechtsverfahren vorzunehmen.

3. Einer gesonderten Wertfestsetzung für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in sorgerechtlichen Angelegenheiten scheidet grundsätzlich aus.

 

Normenkette

KostO § 30 Abs. 2, § 94 Abs. 1 Ziff. 4, Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Cottbus (Beschluss vom 04.03.2005; Aktenzeichen 51 F 80/04)

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert, dass der Gegenstandswert für das Hauptsacheverfahren und für den Vergleich jeweils auf 3.000 EUR festgesetzt wird. Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gem. § 31 Abs. 3 KostO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde hat teilweise Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Im isolierten sorgerechtlichen Verfahren bestimmt sich die Höhe des Gegenstandswertes nach den §§ 94 Abs. 1 Ziff. 4, Abs. 2 S. 1, 30 Abs. 2 KostO. Hiernach ist in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung regelmäßig von einem Wert von 3.000 EUR auszugehen, § 30 Abs. 2 S. 1 KostO. Eine Abweichung von diesem Regelwert ist dann vorzunehmen, wenn der Fall von einem Durchschnittsfall nach oben oder nach unten abweicht. Zu berücksichtigen sind hierbei die Bedeutung der Sache, das Interesse sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beteiligten (Hartmann, KostG, 34. Aufl., 2004, § 30 KostO Rz. 62). Eine Herabsetzung des Regelwerts wird jedoch angesichts der ohnehin geringen Höhe gerade im Hinblick auf den mit derartigen Verfahren für alle Beteiligten, insb. Rechtsanwälte und Gerichte verbundenen Aufwand nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen (FamVerf/Gutjahr, 2001, § 2 Rz. 263).

2. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen ist eine Herabsetzung des Regelwerts, wie durch das AG vorgenommen, nicht angezeigt.

a) Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien sind im Einzelnen nicht bekannt. Der Umfang des Verfahrens mit etwa 70 Aktenseiten bis zum Abschluss des Vergleiches in der mündlichen Verhandlung vom 14.4.2004 stellt sich jedenfalls nicht als unterdurchschnittlich dar, zumal das Verfahren im Anschluss daran noch nicht beendet war.

b) Auch der Umstand, dass hier die Verteilung des streitgegenständlichen Aufenthaltsbestimmungsrechts im Vordergrund steht, begründet keine die Herabsetzung rechtfertigende Besonderheit. Entgegen der Auffassung des AG führt nicht allein die Tatsache, dass mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht lediglich ein Teilbereich elterlicher Sorge, nicht jedoch die vollständige elterliche Sorge streitgegenständlich ist, zu einer Herabsetzung des Regelwerts. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht einen wesentlichen, wenn nicht gar den bedeutendsten Teil des elterlichen Sorgerechts darstellt und in der Praxis häufig lediglich über diesen Teilbereich elterlicher Sorge gestritten wird, wohingegen im Übrigen die den gesetzlichen Regelfall bildende gemeinsame elterliche Sorge fortgeführt wird. Eine Herabsetzung des Regelwertes allein deshalb, weil statt über die gesamte elterliche Sorge nur über das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entscheiden ist, sollte deshalb grundsätzlich ausscheiden, da der Aufenthalt des Kindes auch dann, wenn die Eltern wechselseitig die elterliche Sorge insgesamt beantragen, im Vordergrund steht (OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.12.2002 - 9 WF 216/02; Beschl. v. 10.12.2002 - 9 WF 217/02; FamVerf/Gutjahr, 2001, § 2 Rz. 264).

Zudem ist zu berücksichtigen, dass für die Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts dieselben sorgerechtlichen Kriterien zu prüfen sind, die bei der vollständigen Zuweisung elterlicher Sorge die Grundlage der Entscheidung bilden (OLG Brandenburg NJWE-FER 2001, 230). Der Prüfungsumfang ist daher regelmäßig identisch, wenn über die elterliche Sorge insgesamt oder lediglich das Aufenthaltsbestimmungsrecht gestritten wird. Daran ändert sich auch nichts im Verfahren einstweiliger Anordnung auf Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, auch insoweit sind sämtliche sorgerechtlichen Kriterien zu überprüfen (OLG Brandenburg ZfJ 2005, 26).

c) Hinsichtlich der im Vergleich zum Umgangsrecht getroffenen Regelung ist ebenfalls keine Abweichung vom Regelwert angezeigt. Zwar betrifft auch das Umgangsrecht einen Teilbereich der elterlichen Sorge. Letztendlich handelt es sich jedoch um einen selbständigen Verfahrensgegenstand im Verhältnis zum elterlichen Recht der Personen- und Vermögenssorge. Mag auch im Durchschnitt der Aufwand geringer als in sorgerechtlichen Verfahren sein, so stellen sich dabei im umgangsrechtlichen Verfahren anderweitige Probleme, die mit der Ausgestaltung des Umganges unter Berücksichtigung des ki...

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