Entscheidungsstichwort (Thema)

Elternunterhalt: Unterhaltsbedarf eines in einem Alters- oder Pflegeheim lebenden Elternteils. Darlegungs- und Beweislast des Elternteils für die Notwendigkeit einer Heimunterbringung. Spielraum bei der Entscheidung für ein Pflegeheim

 

Leitsatz (amtlich)

1. Lebt ein Unterhalt begehrender Elternteil im Alten- oder Pflegeheim, bestimmt sich sein Unterhaltsbedarf nach den dadurch verursachten Heim- und Pflegekosten zzgl. eines angemessenen Taschengeldes.

2. Der Unterhalt begehrende Elternteil trägt die Darlegungs-/Beweislast dafür, dass seine kostenintensive Unterbringung in einem Altenheim zwingend notwendig war, d.h. dass ihm eine Selbstversorgung in einer eigenen Wohnung nicht mehr möglich ist.

3. Die Nichtgewährung von Pflegegeld ist ein Indiz dafür, dass eine Heimunterbringung nicht notwendig ist.

4. Bei der Wahl darüber, ob bzw. wo ein Elternteil in ein Pflegeheim einzieht, steht den Eltern auch aus unterhaltsrechtlicher Sicht ein gewisser Entscheidungsspielraum zu.

 

Normenkette

BGB § 1610 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

AG Zehdenick (Aktenzeichen 3 F 152/01)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von 3 Wochen gewährt.

 

Gründe

A. Der Kläger nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht in Anspruch. Die Mutter des Beklagten, die Zeugin HS, hat von dem Kläger in der Zeit vom 1.9.1998 bis 31.7.2000 insgesamt an ergänzender Sozialhilfe 22.435,57 DM erhalten (20.550,25 DM in der Zeit vom 1.9.1998 bis 31.5.2000, Bl. 14 d.A. und 1.885,32 DM in der Zeit vom 1.6.2000 bis 31.7.2000, Bl. 16 d.A.). Die so geleisteten Beträge begehrte der Kläger aus übergegangenem Recht von dem Beklagten.

Die am 2.6.1921 geborene Mutter des Beklagten lebt seit September 1998 in einem Altenheim in I. Auf ihren Antrag vom 27.7.1998 hin bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 24.3.1999 rückwirkend ab dem 1.9.1998 der Mutter des Beklagten für die Unterbringungskosten in dem Altenheim ergänzende Sozialhilfe. Im Gutachten vom 30.11.1998 kam der Medizinische Dienst der Krankenkasse (MDK) in B zu dem Ergebnis, dass die Mutter des Beklagten nicht pflegebedürftig i.S.d. SGB XII sei (Bl. 159 ff. d.A.).

Die Mutter des Beklagten hatte 3 Kinder, den Beklagten, dessen mittlerweile verstorbene Schwester und dessen Bruder. Im Jahr 1981 übertrug sie durch notarielle Urkunde (Notar D, Urk.-Nr ... vgl. dazu auch Bl. 142 d.A.) das bebaute Grundstück der Gemarkung M. Mit notarieller Vereinbarung vom 20.8.1981 (Urk.-Nr ... Bl. 142 d.A.) wurde zugunsten der Mutter des Beklagten hinsichtlich des vorgenannten Grundstückes eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit - Wohnungsrecht - folgenden wesentlichen Inhalts bestellt:

Ab Besitzübergabe gem. der in Ziff. I. bezeichneten Urkunde hat die Berechtigte auf ihre Lebensdauer, unabhängig von ihrem Familienstand und unentgeltlich das Recht, auf ausschließliche, alleinige Nutzung folgender Räumlichkeiten des in Ziff. I. bezeichneten Grundstücks:

Die gesamte abgeschlossene Wohnung im ersten Stock.

Diese besteht aus:

3 Zimmer, Küche, Bad/WC, und Flur.

In dieser Wohnung lebte die Mutter des Beklagten bis einschließlich August 1998. Am 1.9.1998 bezog sie ein Zimmer im Altenheim, ein Einzelzimmer im G-Stift. Das Wohnen dort verursacht Heimkosten i.H.v. monatlich etwa 2.700 DM. Den Differenzbetrag zu den Altersbezügen der Mutter des Beklagten (Altersrente von ca. 734 DM, Witwenrente von ca. 959 DM) zzgl. eines Taschengeldes von 250 DM hat der Kläger im Wege der ergänzenden Sozialhilfe geleistet. Auf die Einzelaufstellung Bl. 14 ff. d.A. wird Bezug genommen.

Die Mutter des Beklagten war vormals Eigentümerin eines in der Gemeinde F gelegenen Hausgrundstücks. Mit notariellem Vertrag vom 17.9.1992 schenkte die Mutter des Beklagten diesem das vorgenannte Grundstück. Mit Bescheid vom 21.7.1999 leitete der Kläger auf sich einen Rückforderungsanspruch der Mutter des Beklagten gegen denselben aus Schenkung wegen der Grundstückschenkung über. Insoweit errechnete der Kläger einen Rückforderungsanspruch i.H.v. 5.096,31 DM (vgl. dazu näher Bl. 47 d.A.). Das hinsichtlich der Rechtmäßigkeit dieser Überleitung eingeleitete Klageverfahren des Beklagten vor den Verwatungsgerichten blieb ohne Erfolg.

Der Beklagte war in der Zeit 1997 - 1998 selbständig tätig. Darüber hinaus erzielte er Einkünfte aus einer Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit sowie aus einer Versorgungsrente. Auf dem durch die Mutter ihm zugewandten Hausgrundstück errichtete er wohl im Jahr 1997/98 ein Mehrfamilien-Wohnhaus, aus dem er Mieteinkünfte erzielte. Der Gutachterausschuss LK hat insoweit einen Verkehrswert dieses Grundvermögens zum 1.1.1999 von 650.000 DM ermittelt (vgl. Bl. 35 ff. d.A.).

Mit Schreiben vom 17.8.1998 hat der Kläger den Beklagten darauf hingewiesen, dass die Mutter einen Antrag auf Übernahme von Kosten im Rahmen der Sozialhilfe gestellt hat. Zugleich wurde der Beklagte auf den Übergang eines eventuellen Unterhalts...

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