Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine unterhaltsrechtlichen Konsequenzen bei Abschluss der allgemeinen Schulausbildung eines Kindes auf Umwegen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Kommt das Kind auf Umwegen zum (Erst-)Abschluss der allgemeinen Schulausbildung, bleibt dies regelmäßig selbst bei schuldhaftem Verhalten des Kindes regelmäßig ohne Konsequenzen. Anders kann gelten, wenn nach erfolgreichem Abschluss ein noch höherwertiger Abschluss der allgemeinen Schulausbildung angestrebt wird.

2. Der Besuch eines Volksschulkurses zwecks Erlangung des Realschulabschlusses, obgleich bereits ein Hauptschulabschluss vorliegt, zählt noch zur allgemeinen Schulausbildung. Dies gilt auch dann, wenn die Schule in der Tages- oder Abendform als Erwachsenenschule besucht wird.

 

Normenkette

BGB §§ 1610, 1603 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Beschluss vom 23.03.2007; Aktenzeichen 34 F 2/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das AG hat mit zutreffenden Erwägungen ausgeführt, dass der Antragstellerin kein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt gem. §§ 1601 ff., 1610 BGB mehr zusteht.

1. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Antragstellerin mit ihrer Teilnahme an der Abend- und Realschule einen höheren allgemeinen Abschluss der Schulausbildung anstrebt.

a) Im Rahmen der allgemeinen Schulausbildung gelten für das Kind regelmäßig nur geringe Anforderungen an die Erfüllung von Obliegenheiten. Kommt das Kind auf Umwegen zum Abschluss der allgemeinen Schulausbildung, bleibt dies angesichts der hohen Bedeutung des allgemeinen Schulabschlusses regelmäßig selbst bei schuldhaftem Verhalten des Kindes ohne Konsequenzen. Ausbildungsumwege spielen daher grundsätzlich nur beim Ausbildungsunterhaltsanspruch nach Abschluss der allgemeinen Schulausbildung eine Rolle, nicht dagegen, soweit das Kind auf Umwegen zum Abschluss der allgemeinen Schulausbildung kommt.

b) Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn das Kind nach erfolgreichem Abschluss einer der allgemeinen Schulausbildung unterfallenden Schulform einen höherwertigen Abschluss anstrebt. Will das Kind also nach Abschluss der Hauptschule die Realschule besuchen bzw. nach Abschluss der Realschule die allgemeine Hochschulreife erreichen, besteht der Ausbildungsanspruch nur fort, soweit die Fortsetzung der allgemeinen Schulausbildung angesichts der gezeigten Leistungen angemessen erscheint (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 2002, 1648; Soyka, Die Berechnung des Volljährigenunterhalts, 3. Aufl., S. 47).

2. Die Antragstellerin nimmt, nachdem sie in 2002 erfolgreich die Hauptschule abgeschlossen hat, mit dem seit August 2006 erfolgenden Besuch der Abendschule zwecks Erreichens des Realschulabschlusses an der allgemeinen Schulausbildung teil. Der Besuch eines Volksschulkurses zwecks Erlangung des Realschulabschlusses, obgleich bereits ein Hauptschulabschluss vorliegt, zählt noch zur allgemeinen Schulausbildung (BGH NJW 2001, 2633). Dies gilt auch dann, wenn die Schule in der Tages- oder Abendform als Erwachsenenschule besucht wird (OLG Naumburg FamRZ 2007, 497).

Damit ist die Antragstellerin an sich auch von einer Erwerbsobliegenheit, auch im Sinne der Ausübung von Nebentätigkeiten, befreit. Die Teilnahme an der allgemeinen Schulausbildung erfordert auch unter Berücksichtigung ihrer hohen Bedeutung die volle Arbeitskraft des Schülers, weshalb ihm insoweit Nebentätigkeiten regelmäßig nicht zuzumuten sind.

Jedoch hat die Antragstellerin bislang in keiner Weise dargetan, dass die Fortsetzung der allgemeinen Schulausbildung angesichts ihrer bislang gezeigten Leistungen angemessen erscheint. Dazu hätte es eines Vortrages dazu bedurft, dass die bislang gezeigten Leistungen tatsächlich die Fortführung rechtfertigen würden. Insoweit muss aber angesichts der aus dem vorgelegten Abschlusszeugnis der Klasse 10 der Hauptschule hervorgehenden durchschnittlichen Leistungen der Antragstellerin eher davon ausgegangen werden, dass dies eine Weiterführung der allgemeinen Schulausbildung nicht rechtfertigt. Zumindest hätte es hierzu eines eingehenden Vortrages der Antragstellerin zu ihren Fähigkeiten und ihren besonderen Wünschen bedurft.

3. Unabhängig davon muss auch Berücksichtigung finden, dass die Antragstellerin vier Jahre lang die Weiterführung der allgemeinen Schulausbildung unterbrochen hat. Anknüpfend an die zu dem Ausbildungsweg Haupt-/Realschule-Lehre-Fachober-/Hochschule (BGH BGHReport 2006, 1101, 1102; OLG München OLGReport München 2007, 291) wird zudem zu verlangen sein, dass ein entsprechender Wille des Auszubildenden zur Weiterführung der an sich abgeschlossenen allgemeinen Schulausbildung bereits zu Beginn der Lehre nach außen erkennbar geworden ist, insbesondere durch Absprache mit zumindest einem Elternteil. Auch hierzu fehlt jeglicher Vortrag der Antragstellerin. Im Übrigen erfordern derartige Fälle in aller Regel auch einen engen zeitlichen Zusammenhang aller Ausbildungsabs...

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