Rn 168

Im Zusammenhang mit der Freigabe des schuldnerischen Vermögens kommt eine Haftung des Insolvenzverwalters nach § 61 grundsätzlich nicht in Betracht, selbst wenn der Insolvenzverwalter die Freigabeerklärung nicht abgibt. Denn etwaige Masseverbindlichkeiten werden insofern nicht allein durch das Unterlassen des Insolvenzverwalters begründet, so wie dies bei unterlassener Kündigung von Dauerschuldverhältnissen der Fall sein kann. Hinzu kommt, dass der Schuldner selbstständig tätig ist und daher selbst einen Kausalbeitrag für die Entstehung der Masseverbindlichkeiten setzt. Vor diesem Hintergrund konzentrieren sich die Haftungsfragen auf den Tatbestand des § 60. Dabei geht es zum einen um die Frage, ob der Insolvenzverwalter die Freigabe erklärt und wie er seinen Mitteilungspflichten gegenüber dem Insolvenzgericht entspricht.

 

Rn 169

Vorzeitig erteilte Generalfreigaben bei nicht sorgfältig geprüftem Sachverhalt bedeuten regelmäßig ein gewisses Haftungsrisiko nach § 60. Das Haftungsrisiko des Insolvenzverwalters dürfte zumindest dann steigen, wenn er vorzeitig eine Freigabe erklärt, ohne entsprechende Unterlagen geprüft zu haben.[384] Gleiches gilt, wenn der Insolvenzverwalter trotz aussagekräftiger Zahlen die Freigabe verzögert oder gar nicht abgibt.[385] Insoweit kann auch eine faktische Pflicht des Insolvenzverwalters zur Freigabe bestehen. Ein pflichtwidriges Unterlassen wird man dem Insolvenzverwalter aber nur dann vorwerfen können, wenn er vom Schuldner überhaupt entsprechendes Zahlenmaterial erhalten hat, das er seiner Entscheidung hätte zugrunde legen können.[386] Weiß der Insolvenzverwalter aber um die selbstständige Tätigkeit des Schuldners, so sollte er zumindest die Durchsetzung von dessen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach §§ 97, 98 beim Insolvenzgericht in die Wege leiten, um sich später nicht den Vorwurf der Untätigkeit vorhalten zu lassen.

 

Rn 170

Da die Unterlassung der Anzeige gegenüber dem Insolvenzgericht für Neugläubiger des Schuldners ggf. Vermögensschäden nach sich ziehen kann und sich daraus womöglich Haftungsrisiken für den Insolvenzverwalter nach § 60 Abs. 1 ergeben,[387] sollte der Insolvenzverwalter darauf achten, die Anzeige der Erklärung gegenüber dem Insolvenzgericht unverzüglich und schriftlich vorzunehmen und den Zugang bei Gericht zu dokumentieren.

[384] So auch Runkel, ZVI 2007, 45 (53).
[385] Holzer, ZVI 2007, 289 (291).
[386] Holzer, ZVI 2007, 289 (293).
[387] So auch Haarmeyer, ZInsO 2007, 696 (697).

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