Rn 1

Die Eintragung eines Vermerks über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in das Grundbuch soll den gutgläubigen Erwerb eines der Insolvenzmasse zugehörigen Grundstücks oder eines Rechts an einem Grundstück oder an einem eingetragenen Recht verhindern. Rechte an dem vom Insolvenzvermerk betroffenen Gegenstand können nur noch unter Mitwirkung des Insolvenzverwalters erworben werden. Abs. 1 soll mithin dafür sorgen, dass sich eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits aus dem Grundbuch ergibt.[1] Der Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts ist für das Grundbuchamt dabei grundsätzlich bindend.[2] Das Grundbuchamt kann aber bereits aufgrund anderweitiger Kenntnis über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (und den sich aus § 80 bereits ergebenden Wirkungen) beantragte Eintragungen aufgrund fehlender materieller Verfügungsbefugnis ablehnen.[3]

 

Rn 2

Bereits durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, d.h. den Erlass des Eröffnungsbeschlusses, verliert der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen (§ 80 Abs. 1). Auf die Bekanntgabe oder gar Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses kommt es insoweit nicht an. Der Insolvenzvermerk nach § 32 ist daher ein Sicherungsmittel mit lediglich negativer Wirkung.[4] Die Eintragung nimmt nicht am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teil.

Verfügungen des Schuldners über Vermögensgegenstände, die zur Insolvenzmasse gehören, sind (absolut) unwirksam (§ 81 Abs. 1 Satz 1). Im Interesse der Rechtssicherheit bleiben jedoch die Regelungen der §§ 892, 893 BGB von der Verfahrenseröffnung unberührt (§ 81 Abs. 1 Satz 2); gleiches gilt für § 878 BGB (vgl. § 91 Abs. 2).

 

Rn 3

Da der Insolvenzbeschlag des § 80 Abs. 1 eine Verfügungsbeschränkung gem. § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB darstellt, ist diese einem Erwerber gegenüber jedoch nur wirksam, sofern sie aus dem Grundbuch ersichtlich oder dem Erwerber positiv bekannt ist.

 

Rn 4

Es ist demgemäß entscheidend, sofort nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Eintragung eines entsprechenden Vermerks beim Grundbuchamt zu veranlassen. Parallel dazu sollten die bekannten Gläubiger durch Übersendung des Eröffnungsbeschlusses – ungeachtet der Wirkungen eines § 9 – entsprechend bösgläubig gemacht werden.

 

Rn 5

Gem. Abs. 2 besteht für das Insolvenzgericht eine Amtspflicht, das zuständige Grundbuchamt um Eintragung des Eröffnungsvermerks zu ersuchen, soweit dem Insolvenzgericht Grundstücke oder Rechte i.S.d. Abs. 1 bekannt sind.

 

Rn 6

Entsprechendes gilt für den Insolvenzverwalter, der die Eintragung des Eröffnungsvermerks beim Grundbuchamt beantragen kann; unter Umständen besteht eine Antragspflicht des Insolvenzverwalters, sofern das Insolvenzgericht erkennbar ein Eintragungsersuchen nicht veranlasst hat oder der Insolvenzverwalter von der Existenz eines massezugehörigen Grundstücks oder Rechts im Sinne von Abs. 1 Kenntnis erlangt, ohne dass das Insolvenzgericht ebenfalls Kenntnis davon hat. Die schuldhafte Verletzung der Amtspflicht durch das Insolvenzgericht kann Schadensersatzansprüche gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG auslösen. Für eine mögliche Haftung des Insolvenzverwalters gilt § 60.

 

Rn 7

Mit der Eintragung eines Insolvenzvermerks nach § 32 wird der gutgläubige Erwerb im Sinne der Massesicherung verhindert.[5] Den am Rechtsverkehr mit Grundstücken teilnehmenden Personen, die im Vertrauen auf den Grundbuchinhalt rechtlich erhebliche Handlungen beabsichtigen, steht die Möglichkeit zu, durch Einsichtnahme ins Grundbuch sich Gewissheit über die von dem öffentlichen Glauben erfassten Eintragungsvorgänge zu verschaffen.[6]

Etwaige Eintragungsanträge sind vom Grundbuchamt gem. § 13 Abs. 1 GBO zurückzuweisen. Grundlage ist die Grundbuchsperre für Verfügungen des Schuldners. Streitig ist die Behandlung von Eintragungsanträgen, die bereits vor Eintragung des Insolvenzvermerks beim Grundbuchamt eingegangen sind, aber noch nicht zur Umsetzung gelangt sind. Liegen die Prämissen des § 878 BGB vor, ist der bereits anhängige Eintragungsantrag vorzunehmen. Außerhalb des Anwendungsbereichs von § 878 BGB sind keine Eintragungen mehr vorzunehmen.[7]

 

Rn 8

Die Verpflichtungen des Abs. 2 gelten nicht nur bei Verfahrenseröffnung für die zu diesem Zeitpunkt bekannten Grundstücke und Rechte, sondern auch, soweit nach Eröffnung des Verfahrens die Existenz solcher Grundstücke und Rechte erst bekannt wird oder solche Grundstücke und Rechte erst später zur Insolvenzmasse gelangen, etwa im Rahmen der Rückgewähr aufgrund einer Anfechtung nach § 143.[8] Gleiches gilt für Grundstücke, die vom Insolvenzverwalter erworben werden oder sonst wie während des laufenden Insolvenzverfahrens in das Schuldnervermögen fallen (etwa aufgrund Neuerwerbs gem. § 35 Satz 2, Erbschaft oder schwebender Rechtsgeschäfte).[9]

[1] BT-Drs. 12/2443, 120.
[3] Vgl. nur OLG Jena, Beschl. v. 26.08.2013, 9 W 323/13, BauR 2014, 1050.
[4] OL...

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