Gesetzestext

 

(1) 1Ist eine Forderung im Prüfungstermin bestritten worden oder steht die Höhe der Ausfallforderung eines absonderungsberechtigten Gläubigers noch nicht fest, so ist ein Rückstand mit der Erfüllung des Insolvenzplans im Sinne des § 255 Abs. 1 nicht anzunehmen, wenn der Schuldner die Forderung bis zur endgültigen Feststellung ihrer Höhe in dem Ausmaß berücksichtigt, das der Entscheidung des Insolvenzgerichts über das Stimmrecht des Gläubigers bei der Abstimmung über den Plan entspricht. 2Ist keine Entscheidung über das Stimmrecht getroffen worden, so hat das Gericht auf Antrag des Schuldners oder des Gläubigers nachträglich festzustellen, in welchem Ausmaß der Schuldner vorläufig die Forderung zu berücksichtigen hat.

(2) 1Ergibt die endgültige Feststellung, dass der Schuldner zuwenig gezahlt hat, so hat er das Fehlende nachzuzahlen. 2Ein erheblicher Rückstand mit der Erfüllung des Plans ist erst anzunehmen, wenn der Schuldner das Fehlende nicht nachzahlt, obwohl der Gläubiger ihn schriftlich gemahnt und ihm dabei eine mindestens zweiwöchige Nachfrist gesetzt hat.

(3) Ergibt die endgültige Feststellung, dass der Schuldner zuviel gezahlt hat, so kann er den Mehrbetrag nur insoweit zurückfordern, als dieser auch den nicht fälligen Teil der Forderung übersteigt, die dem Gläubiger nach dem Insolvenzplan zusteht.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Vorschrift des § 256 greift das Tatbestandsmerkmal des erheblichen Rückstands aus § 255 (dort Rn. 3 ff.) auf und befasst sich mit der Frage, wann bei streitigen Forderungen und Ausfallforderungen ein Rückstand des Schuldners hinsichtlich der Planerfüllung anzunehmen ist.

2. Erschwerte Voraussetzungen

 

Rn 2

Im Hinblick darauf, dass sowohl den bestrittenen Forderungen als auch den Ausfallforderungen ein erhebliches Unsicherheitsmoment innewohnt, verliert der Insolvenzschuldner die im Insolvenzplan vorgesehenen Vergünstigungen gegenüber diesen Gläubigern weniger leicht als in § 255 für die sonstigen ("normalen") Forderungen vorgesehen.

2.1 Betroffene Gläubiger

 

Rn 3

Bestritten ist eine Forderung, wenn im Prüfungstermin (§ 176) ein Widerspruch des Insolvenzverwalters, eines Insolvenzgläubigers oder auch nur von Seiten des Schuldners erhoben und dieser Widerspruch auch bis zum Zeitpunkt der nach den Regelungen des Insolvenzplans zu beurteilenden Fälligkeit der Verpflichtung des Schuldners nicht beseitigt wurde (vgl. § 178 Abs. 1 Satz 1, dort Rn. 12). Eine noch nicht endgültig geklärte Ausfallforderung ist anzunehmen, wenn der absonderungsberechtigte Gläubiger noch nicht nachgewiesen hat, dass die zu seinen Gunsten bestehende Sicherheit nicht zur Deckung seiner gesamten Forderung ausreiche. Diskutiert wird, ob § 256 auch für den verspätet anmeldenden Gläubiger Anwendung findet.[1] Dem Wortlaut des § 256 lässt sich dies nicht entnehmen. Zu § 97 VerglO hatte der BGH entschieden, dass auch Vergleichsforderungen erfasst werden, die im Vergleichsverfahren nicht geltend gemacht worden sind.[2] Entsprechendes dürfte für § 256 gelten.[3]

[1] In diesem Sinne MünchKomm-Huber, § 256 Rn. 7; HK-Flessner, § 256 Rn. 2; a.A. Otte/Wiester, NZI 2005, 70 (71 f.).
[2] BGHZ 32, 218 (223 f.). So auch Bley/Mohrbutter, § 97 Rn. 5.
[3] MünchKomm-Huber, § 256 Rn. 7; HK-Flessner, § 256 Rn. 2; Uhlenbruck/Lüer, § 256 Rn. 4, 8; a.A. Otte/Wiester, NZI 2005, 70 (71 f.).

2.2 Stimmrechtsfestsetzung

 

Rn 4

Zuständig für die Stimmrechtsfestsetzung nach § 256 Abs. 1 ist der Insolvenzrichter.[4] Denn die Stimmrechtsfestsetzung des Rechtspflegers hat nach § 18 Abs. 3 Satz 1 RPflG nicht die in § 256 bezeichneten Rechtsfolgen.[5] Die Entscheidung des Gerichts wird nicht dadurch entbehrlich, dass sich die stimmberechtigten Gläubiger nach § 77 Abs. 2 Satz 2 über das Stimmrecht geeinigt haben.[6] Hiergegen sprechen der Wortlaut des § 256 und der in § 18 Abs. 3 Satz 1 RPflG angeordnete Richtervorbehalt.

[4] Kübler/Prütting-Otte, § 256 Rn. 6, 9; HK-Flessner, § 256 Rn. 4.
[5] Uhlenbruck/Lüer, § 256 Rn. 6, 8.
[6] BGH NJW 1996, 1058 [BGH 07.12.1995 - IX ZR 250/94]; MünchKomm-Huber, § 256 Rn. 11; a.A. Schiessler, S. 199; Uhlenbruck/Lüer, § 256 Rn. 7; HK-Flessner, § 256 Rn. 5.

2.3 Erforderliche Zahlungen des Insolvenzschuldners

 

Rn 5

Abweichend von der Regelung des § 255 hat der Schuldner bei Ausfall- oder bestrittenen Forderungen nicht auf den vollen, angemeldeten Betrag zu leisten. Vielmehr wird der Unsicherheit der Forderung dadurch Rechnung getragen, dass nach § 256 Abs. 1 Satz 1 bereits eine Zahlung ausreicht, die der vom Gericht bei der Bestimmung des Stimmrechts über den Insolvenzplan (§ 237 i.V.m. § 77 Abs. 2) angesetzten Quote entspricht.[7]

 

Rn 6

Ist es im Rahmen der Abstimmung über den Plan zu keiner Entscheidung über den Umfang des Stimmrechts gekommen, so können sowohl der Schuldner als auch der Gläubiger nachträglich die gerichtliche Festsetzung (vgl. Rn. 4) eines Prozentsatzes zur Zahlung auf die bestrittene Forderung verlangen (§ 256 Abs. 1 Satz 2). Der Schuldner kann demzufolge weder bei einer bestrittenen noch mit einer absonderungsberechtigten Forderung mit der Erfüllung in Rückstand geraten, wenn das Stimmrecht nicht durch den Insolvenzrichter festgelegt wurde.[8] Dies dürfte in de...

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