Rn 16

War bereits zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner ein Rechtsstreit über die angemeldete Forderung anhängig, so kann der Gläubiger diesen Rechtsstreit gegen den Schuldner aufnehmen (§ 184 Abs. 1 Satz 2). Dadurch wird sichergestellt, dass die im Rechtsstreit bislang erzielten Ergebnisse erhalten bleiben; ferner werden Mehrfachprozesse vermieden. Gegenstand des aufzunehmenden Rechtsstreits kann eine Leistungs- oder Feststellungsklage des Gläubigers, aber auch eine negative Feststellungsklage des Schuldners sein.[26] Im zuletzt genannten Fall kommt es zu einem Wechsel der Parteirollen. Kläger ist nunmehr der die Feststellung begehrende Gläubiger.[27] Die Aufnahme geschieht mittels Schriftsatz nach § 250 ZPO. Die §§ 263, 264 ZPO stehen dem neuen Feststellungsantrag nicht entgegen.[28] Ggf. muss der Gläubiger zunächst entsprechende Rechtsbehelfe ergreifen.[29] Für Rechtsbehelfsfristen gilt § 249 ZPO.

 

Rn 17

Auch wenn § 184 Abs. 1 nur davon spricht, dass der Gläubiger einen Rechtsstreit aufnehmen "kann", so muss man davon ausgehen, dass ihm nach dem Sinn der Vorschrift, solange der andere Rechtsstreit anhängig ist, allein diese Möglichkeit zur Verfügung steht, Satz 2 also Satz 1 ausschließt. Nimmt der Gläubiger den anhängigen Rechtsstreit nicht auf, sondern erhebt er eine zusätzliche Feststellungsklage, ist diese als unzulässig abzuweisen.[30]

 

Rn 18

Eine Anhängigkeit i.d.S. liegt nicht nur dann vor, wenn der Rechtsstreit bereits gem. § 240 ZPO unterbrochen worden ist, sondern auch dann, wenn das Insolvenzverfahren in der Zeit zwischen dem Anhängigwerden der Klage und der Rechtshängigkeit eröffnet wurde.[31] Auch ein Mahnverfahren kann der Gläubiger zu einem aufnahmefähigen Prozess machen. Voraussetzung ist, dass er bereits einen Mahnbescheid erzielt hat (§ 688 Abs. 1 ZPO), der Schuldner hiergegen Widerspruch eingelegt hat (§ 694 Abs. 1 ZPO) und der Übergang ins Klageverfahren noch nicht beantragt war.[32] Allerdings ist der Gläubiger in diesem Fall nicht gezwungen, das Verfahren weiterzubetreiben. Er kann auch (neu) Feststellungsklage erheben.[33] Die Art des Rechtsstreits spielt für die Aufnahme des Rechtsstreits keine Rolle. Wie sich aus § 185 Satz 2 ergibt, gilt § 184 auch dann, wenn der Rechtsweg zu einem ordentlichen Gericht nicht gegeben ist bzw. eine Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden besteht.

[26] Nerlich/Römermann-Becker, § 184 Rn. 20.
[27] Nerlich/Römermann-Becker, § 184 Rn. 24.
[28] Nerlich/Römermann-Becker, § 184 Rn. 24 (die Umstellung rechtfertige sich aus § 184 selbst).
[29] Nerlich/Römermann-Becker, § 184 Rn. 21.
[30] MünchKomm-Schumacher § 184 Rn. 5, 3; Graf-Schlicker, § 184 Rn. 16.
[31] LG Potsdam ZInsO 2006, 615 mit zust. Anm. Biehl.
[32] So Nerlich/Römermann-Becker, § 184 Rn. 21.
[33] Nerlich/Römermann-Becker, a.a.O.

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