Rn 8
Die Frage, ob die Insolvenzantragspflicht auch auf Auslandsgesellschaften Anwendung findet, ist an sich irrelevant; denn die (Beachtung bzw. Verletzung der) Insolvenzantragspflicht als solche zeitigt keinerlei Rechtsfolgen. Erst mit der Entscheidung über den Eröffnungsantrag (Eröffnung oder Ablehnung mangels Masse) werden strafrechtliche (Rn. 51) bzw. haftungsrechtliche (siehe Rn. 68) (Rechts-)Folgen ausgelöst (die sich dann freilich auch auf die Zeiträume vor Insolvenzeröffnung beziehen). Dann erst stellt sich die Frage, ob diese Folgen auf ausländische juristische Personen bzw. kapitalistische Personengesellschaften Anwendung finden.[13] Die Qualifikationsfrage wird folglich immer erst aus der Perspektive des eröffneten Verfahrens relevant. Unter welchen Voraussetzungen ein Verfahren in Deutschland zu eröffnen ist, richtet sich in eurointernationalen Fällen nach Art. 3 EuInsVO. Wie die zivilrechtliche Haftung wegen Insolvenzverschleppung (§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a Abs. 1) zu qualifizieren ist, ist umstritten.[14] Teilweise wird die Haftung dem Gesellschaftsstatut[15] oder Deliktsstatut,[16] teilweise kumulativ dem Gesellschafts- und dem Insolvenzstatut,[17] ganz überwiegend aber – zu Recht -[18] allein dem Insolvenzstatut[19] zugeordnet. Letzteres bestimmt sich in euro-internationalen Fällen nach Art. 4 EuInsVO (im Falle eines Hauptinsolvenzverfahrens) bzw. nach Art. 28 EuInsVO (in Sekundärinsolvenzverfahren)[20]. In der Anwendung des (deutschen) Insolvenzstatuts auf die nach ausländischem Recht gegründete Gesellschaft mit Sitz in Deutschland liegt keine unzulässige Beschränkung der europarechtlichen Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV).[21]
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