Rn 20

Die gleichermaßen im Gläubigerverzeichnis darzustellenden Masseverbindlichkeiten sind zu schätzen (Abs. 2 Satz 2), denn deren Höhe steht bei Verfahrenseröffnung noch nicht (sicher) fest. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Schätzung unter der Annahme "einer zügigen Verwertung des Vermögens des Schuldners" erfolgen. In der Gesetzesbegründung wird dabei namentlich auf den Fall eines schuldnerischen Unternehmens Bezug genommen, dessen alsbaldige Liquidation der Verwalter unterstellen soll, da bei einer (auch nur vorübergehenden) Unternehmensfortführung die Höhe der hieraus entstehenden Masseverbindlichkeiten gerade von der Fortführungsdauer abhängt, was sich im Voraus nur schwer abschätzen lässt und zu besonderen Unwägbarkeiten führt.[29]

 

Rn 21

Bei einer zumindest möglichen Unternehmensfortführung läuft ein solches Vorgehen allerdings dem Informationsinteresse der Gläubiger zuwider. Denn die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Schuldners, die im Berichtstermin (§§ 156, 29 Abs. 1 Satz 1) eine zielführende Entscheidung über den Fortgang des Verfahrens, namentlich über die vorläufige Fortführung des schuldnerischen Unternehmens, ermöglichen soll, hängt vor allem bei Verfahren mit knapper Masse nicht vom Volumen der vorhandenen Aktiva, sondern maßgeblich davon ab, in welchem Umfang Masseverbindlichkeiten vorhanden sind und vor allem weiter i.S.v. §§ 53, 55 entstehen werden. Dementsprechend ist dann, wenn eine Unternehmensfortführung vom Verwalter nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann (wobei er diese Entscheidung nicht durch Bewertungs- und Darstellungsmodi bei der Rechnungslegung vorwegnehmen darf, vgl. § 151 Rn. 40 ff.), abweichend von Abs. 2 Satz 2 abzuschätzen und anzugeben, welche Verbindlichkeiten aus einer fortlaufenden Geschäftstätigkeit voraussichtlich entstehen werden.[30] Der Verwalter hat hierzu vor allem die üblichen betriebswirtschaftlichen Rechnungen (Kosten-, Liquiditäts-[31], Cashflow-Rechnungen etc.) heranzuziehen.

[29] Begr zu § 171 RegE, BT-Drs. 12/2443, S. 171.
[30] Ähnlich IDW RH HFA 1.010 (Bestandsaufnahme im Insolvenzverfahren), Rn. 72, ZInsO 2009, 75 (81): Kosten der (vorläufigen) Fortführung sind Kosten der Verwertung.
[31] Zur Bedeutung eines Liquiditätsplans für die Haftung des Verwalters, BGH NZI 2005, 222 [BGH 17.12.2004 - IX ZR 185/03] (222 f.) m. zust. Anm. Zwoll.

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