Rn 8

Anfechtungsgegenstand ist die auf der Grundlage des Schuldtitels vorgenommene gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung, nicht der Titel selbst; insbesondere ändert dieser nichts an der Anfechtbarkeit (ausführlich Rn. 3).[14] In Betracht zu ziehen sind die erwirkenden oder ausnutzenden Rechtshandlungen des Titelgläubigers und die fördernden des Schuldners.[15]

 

Rn 9

Ist die dem Schuldtitel zugrunde liegende Forderung selbst nicht anfechtbar, so ist es auch der sie tenorierende Titel nicht. Denn dem Titelerwerb an sich kommt bei sachlich berechtigter Feststellung keine gläubigerbenachteiligende Wirkung zu. Eine solche kann grundsätzlich erst infolge der Vollstreckung aus dem Titel eintreten, sodass allein eine Anfechtbarkeit der hierdurch bewirkten Rechtshandlung nach § 141 Alt. 2 in Betracht kommt.[16]

 

Rn 10

Davon zu unterscheiden sind Konstellationen, in denen der Insolvenzschuldner oder ein Gläubiger durch eigene Rechtshandlungen in anfechtbarer Weise zur Erlangung des Titel beigetragen haben bzw. der Gläubiger Rechtshandlungen des Schuldner in ebensolcher Weise ausnutzt (§§ 130, 133). Diese Rechtshandlungen sind isoliert anfechtbar, auch dann, wenn sie später tituliert werden.[17] Das ist insbesondere der Fall, wenn Insolvenzschuldner und Gläubiger in kollusivem Zusammenwirken einen Schuldtitel über eine tatsächlich nicht existierende Forderung (sog. Scheinanspruch) erwirken. Gegenstand der Anfechtung ist in einem solchen Fall das betrügerische Übereinkommen i.V.m. der prozessualen Geltendmachung der erdichteten Forderung, da bereits hierin eine die übrigen Gläubiger benachteiligende Mehrung der Passivmasse zu sehen ist.[18] Ggf. tritt daneben eine Anfechtbarkeit nach § 132.[19]

 

Rn 11

Kommt mittels einer in gläubigerbenachteiligender Weise vorgenommene oder unterlassene Prozesshandlung seitens des Insolvenzschuldners ein Titel zustande, so sind die Prozesshandlungen selbstständig anfechtbar. Zur Rechtsfolge der materiell-rechtliche Begrenzung der Wirkungen der gerichtlichen Entscheidung vgl. § 143 Rn. 58.

[14] HK-Kreft, § 141 Rn. 2 mit Hinweis auf Motive zur KO, S. 143 f.; MünchKomm-Kirchhof, § 141 Rn. 5.
[15] HK-Kreft, § 141 Rn. 2; MünchKomm-Kirchhof, § 141 Rn. 5; Jaeger-Henckel, § 141 Rn. 3.
[16] RGZ 126, 304 (307); BGH, NJW 1992, 624, 626 [BGH 11.07.1991 - IX ZR 230/90] m. Anm. Flessner EWiR § 30 KO 4/91, 1107; MünchKomm-Kirchhof, § 141 Rn. 7 (m.w.N.); Uhlenbruck-Hirte, § 141 Rn. 3; Schmidt-Rogge, § 141 Rn. 4.
[17] HK-Kreft, § 141 Rn. 2, 3; MünchKomm-Kirchhof, § 141 Rn. 5; Schmidt-Rogge, § 141 Rn. 4.
[18] RG JW 1906, 234 (234 f.); MünchKomm-Kirchhof, § 141 Rn. 7; Uhlenbruck-Hirte, § 141 Rn. 4; Schmidt-Rogge, § 141 Rn. 4; FK-Dauernheim, § 141 Rn. 3; Kübler/Prütting-Ehricke, § 141 Rn. 2.
[19] Uhlenbruck-Hirte, § 141 Rn. 4.

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