Rn 5

Den Fortbestand des Vertrags ungeachtet der Verfahrenseröffnung bestimmt Abs. 1 ausdrücklich für Miet- und Pachtverträge sowie für Dienstverhältnisse, wobei § 108 bei den genannten Überlassungsverträgen grundsätzlich nur gilt, soweit es sich bei dem Miet- oder Pachtobjekt um einen unbeweglichen Gegenstand (§ 49) oder Räume handelt. Abs. 2 erweitert den Kreis der fortbestehenden Schuldverhältnisse auf Darlehensverträge in der Insolvenz des Darlehensgebers, soweit der geschuldete Gegenstand bereits überlassen war.

 

Rn 6

Es stellt eine wesentliche Änderung der bisherigen Rechtslage dar, dass Miet- und Pachtverträge über Gegenstände, die nicht unter § 49 fallen, grundsätzlich dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters gemäß § 103 unterliegen.

 

Rn 7

Eine Ausnahme besteht gemäß Abs. 1 Satz 2 für den Fall, dass die Miet- oder Pachtgegenstände vom Schuldner als Vermieter oder Verpächter an einen Dritten, der ihre Anschaffung oder Herstellung finanziert hat, zur Sicherheit übertragen worden sind. In diesen Fällen gilt der Fortbestand des Vertragsverhältnisses gemäß Abs. 1 Satz 1 auch für die entsprechenden Vertragsverhältnisse über bewegliche Gegenstände und Rechte.

2.1 Miet- und Pachtverhältnisse

 

Rn 8

Alle Mietverträge und Pachtverträge gemäß §§ 535 ff., 581 ff. BGB, die die Überlassung von unbeweglichen Gegenständen oder Räumen betreffen, bestehen mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort, gleichgültig ob der Schuldner als Vermieter/Verpächter oder als Mieter/Pächter fungiert.

 

Rn 9

Die Regelung von spezifischen Folgen der Verfahrenseröffnung auf den Bestand der Verträge enthalten die nachfolgenden Bestimmungen der §§ 109–112. Danach besteht ein Recht des Verwalters, ein Miet- oder Pachtverhältnis, das der Schuldner vor Verfahrenseröffnung als Mieter oder Pächter begründet hat, ungeachtet entgegenstehender vertraglicher Vereinbarungen innerhalb der gesetzlichen Kündigungsfristen zu kündigen.

 

Rn 10

War der Miet- oder Pachtgegenstand noch nicht überlassen, besteht ein Rücktrittsrecht vom Vertrag sowohl für den Insolvenzverwalter als auch für den Vermieter/Verpächter (§ 109).

 

Rn 11

Ist der Schuldner als Vermieter bzw. Verpächter einen Vertrag über die Überlassung von Immobilien eingegangen, hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Bestand des Vertragsverhältnisses gar keinen Einfluss, der Insolvenzverwalter bleibt zur Erfüllung des Vertrags verpflichtet.

 

Rn 12

Sofern der Schuldner über den Anspruch auf Zahlung von Miet- bzw. Pachtzins im Voraus verfügt hat, haben diese Verfügungen jedoch nur noch eine zeitlich begrenzte Wirkung (§ 110), im Falle der Veräußerung der Immobilie durch den Insolvenzverwalter steht dem Erwerber ein einmaliges besonderes Kündigungsrecht zu (§ 111).

 

Rn 13

Eine wesentliche Neuregelung stellt § 112 dar, der für alle Miet- oder Pachtverträge, die die Überlassung eines beweglichen oder unbeweglichen Gegenstands oder von Räumen an den Schuldner zum Gegenstand haben, das Recht des anderen Teils, das Vertragsverhältnis wegen Verzugs oder wegen Verschlechterung der Vermögenslage des Schuldners zu kündigen, schon für die Zeit nach Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausschließt.

 

Rn 14

Von den §§ 108 ff. erfasst werden auch Lizenzverträge, auf die die Vorschriften entsprechend anwendbar sind,[4] sowie Leasingverträge, die grundsätzlich als atypische Mietverträge zu behandeln sind.[5]

[4] Für das frühere Recht Kuhn/Uhlenbruck, § 19 Rn. 2a; Kilger/K. Schmidt, KO § 19 Rn. 2.
[5] h.M. BGHZ 68, 118 (123); BGHZ 71, 189; BGH ZIP 1990, 180 (183) [BGH 14.12.1989 - IX ZR 283/88]; BGH ZIP 1993, 1874 (1875) [BGH 24.11.1993 - VIII ZR 240/92]; Palandt-Putzo, Einf. vor § 535 Rn. 7; Kilger/K. Schmidt, KO § 19 Rn. 2; ausführlich zu Leasingverträgen im Insolvenzverfahren Kuhn/Uhlenbruck, § 19 Rn. 22 ff.

2.2 Dienstverhältnisse

 

Rn 15

Auch Dienstverhältnisse des Schuldners gelten mit Wirkung für die Insolvenzmasse nach der Verfahrenseröffnung fort, unabhängig davon, ob der Schuldner im Rahmen des Vertragsverhältnisses der Dienstberechtigte oder der Dienstverpflichtete ist.

 

Rn 16

Unter die Dienstverhältnisse des § 108 fallen grundsätzlich alle Dienstverträge einschließlich der Arbeitsverhältnisse und der unselbständigen Geschäftsbesorgungsverträge, wohingegen für Auftragsverträge und selbständige Geschäftsbesorgungsverträge die Sonderbestimmungen der §§ 115, 116 gelten, nach deren Maßgabe diese Rechtsverhältnisse mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes beendet werden.

Unter einem Dienstverhältnis i.S.d. § 108 ist jede durch Dienstvertrag begründete Verpflichtung zu Diensten jeder Art gegen Entgelt zu verstehen, mit Ausnahme der Geschäftsbesorgungsverträge.[6]

 

Rn 17

Soweit Abs. 1 auch Dienstverhältnisse erfasst, in deren Rahmen der Schuldner dienstverpflichtet ist, hat die Bestimmung lediglich deklaratorische Bedeutung, da der Insolvenzverwalter über die Arbeitskraft des Schuldners nicht verfügen kann, der Schuldner kann grundsätzlich selbst über die Verwendung seiner Arbeitskraft entscheiden.[7]

 

Rn 18

Zweck der Regelung des § 108 für Dienstverhältnisse i...

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