Rn 1

Die Norm statuiert als weiteren Eröffnungsgrund für juristische Personen neben § 17 die Überschuldung.

§ 19 gilt, ebenso wie § 17, sowohl bei Schuldner- als auch bei Gläubigeranträgen.

§ 19 hat in kurzer Folge durch das "Finanzmarktstabilisierungsgesetz" (FMStG)[1] mit Wirkung ab 18.10.2008 und das "Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen" (MoMiG)[2] mit Wirkung ab 01.11.2008 Änderungen erfahren, wobei die Neufassung des Abs. 2 durch das FMStG zeitlich befristet war bis zum 31.12.2010.

Durch das "Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen" (ESUG) vom 24.09.2009 wurde die ursprüngliche Befristung des Abs. 2 bis zum 31.12.2013 verlängert.[3]

Durch das "Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften" vom 05.12.2012[4] hat der Gesetzgeber die Befristung dann aufgehoben.

Der Gesetzgeber hat zudem den in Abs. 2 normierten Zeitrahmen der anzustellenden Fortführungsprognose mehrfach den gesamtwirtschaftlichen Situationen angepasst. Dies erfolgte mitunter durch durch die Schaffung anderer Gesetze, die wiederum eine verändernde Zeitkomponente für § 19 statuiert haben (dazu Rn. 18a).

 

Rn 2

Die Überschuldung ist Eröffnungsgrund bei juristischen Personen, d.h. der Aktiengesellschaft, der Kommanditgesellschaft auf Aktien[5], der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, dem rechtsfähigen Verein und der eingetragenen Genossenschaft, jedoch auch bei juristischen Personen ausländischen Rechts, die ihren Mittelpunkt der wirtschaftlichen Interessen in Deutschland haben und demgemäß dem deutschen Insolvenzrecht unterfallen.

 

Rn 3

Bei der eingetragenen Genossenschaft ist die Überschuldung jedoch gem. § 98 GenG nur dann Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wenn die Genossen Nachschüsse bis zu einer Haftsumme zu leisten haben und die Überschuldung ein Viertel des Gesamtbetrags der Haftsummen aller Genossen übersteigt oder die Genossen keine Nachschüsse zu leisten haben oder die Genossenschaft aufgelöst ist.

 

Rn 4

Aufgrund der Gleichstellung des nicht rechtsfähigen Vereins mit einer juristischen Person gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 kommt auch für den nicht rechtsfähigen Verein die Überschuldung als Eröffnungsgrund zur Anwendung.[6] Auch für die Unternehmergesellschaft (UG) haftungsbeschränkt gem. § 5a GmbHG gilt § 19.[7]

Bei Kreditinstituten ist die Überschuldung ebenfalls aus Gründen des Gläubigerschutzes dann tauglicher Eröffnungsgrund, wenn der Inhaber ein Einzelkaufmann oder eine Personenhandelsgesellschaft, etwa KG oder OHG) ist, § 46b Abs. 1 S. 3 KWG.

 

Rn 5

Grundsätzlich kommt der Eröffnungsgrund der Überschuldung auch bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts in Betracht, deren Insolvenzfähigkeit ist jedoch gem. § 12 weitgehend eingeschränkt bzw. ausgeschlossen (§ 11 Abs. 2).

 

Rn 6

Die Überschuldung ist weiter Eröffnungsgrund für Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, namentlich also bei der GmbH & Co. KG. Auch hier werden Gesellschaften ausländischen Rechts erfasst, die den vorgenannten Definitionsmerkmalen unterfallen, d.h. keine natürliche Person als unbeschränkt haftenden Gesellschafter aufweisen und den Mittelpunkt ihrer wirtschaftlichen Interessen in Deutschland haben.

 

Rn 7

Auch das Nachlassinsolvenzverfahren und das Insolvenzverfahren über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft kann aus dem Grund der Überschuldung eröffnet werden (§§ 320, 332).

Der Überschuldungsbegriff ist im Falle des Nachlassinsolvenzverfahrens und des Insolvenzverfahrens über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft jedoch nicht identisch mit dem Überschuldungsbegriff des § 19, da es für die Bejahung der Überschuldung des Nachlasses bzw. des Gesamtguts lediglich einer Gegenüberstellung des vorhandenen Vermögens und der vorhandenen Verbindlichkeiten bedarf.[8] Zudem besteht eine Überschuldung des Nachlasses bereits als sog. Überschwerung, wenn diese nur auf Vermächtnissen und Auflagen beruht, ohne dass eine Verpflichtung zur Insolvenzantragstellung bestünde, § 1980 Abs. 1 BGB.

 

Rn 8

Bei natürlichen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei denen mindestens ein Gesellschafter persönlich haftet, stellt die Überschuldung keinen Eröffnungsgrund dar.

 

Rn 9

Die Unterscheidung der Eröffnungsgründe der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung resultiert daraus, dass bei einem Fehlen der persönlichen Haftung einer natürlichen Person die Identität der persönlichen Verantwortung für die privatautonom begründeten Verbindlichkeiten und der persönlichen Haftung für diese Verbindlichkeiten aufgehoben und deshalb ein erhöhter Gläubigerschutz erforderlich ist.[9]

Wenn den Gläubigern nur ein begrenztes Vermögen als potentielle Haftungsmasse zur Verfügung steht, soll nach der Intention des Gesetzgebers zumindest der Bestand der Haftungsmasse im Gläubigerinteresse geschützt werden; ist dieser Bestand gefährdet bzw. reicht er zur Deckung der Verbin...

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