Rn 2

Die Gesamtleistung eines Vertrags ist dann teilbar, wenn ein beliebiger Leistungsteil bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise seinem Wert und Wesen nach verhältnismäßig (anteilig) der Gesamtleistung entspricht, d.h. sich nur der Größe, nicht auch der Beschaffenheit nach von ihr unterscheidet.

Eine Leistung ist auch dann teilbar, wenn man sie in hinreichend verselbständigte Teile aufspalten kann.[1]

 

Rn 3

Mit der Regelung des § 105 stellt der Gesetzgeber maßgeblich auf sog. Sukzessiv-Lieferverträge ab, die auf der Grundlage eines einheitlichen Vertrags die fortlaufende Lieferung von gleichartigen Gütern zum Gegenstand haben, wie dies insbesondere bei Energieversorgungsverträgen der Fall ist.[2]

In der Vergangenheit wurde bei den Sukzessiv-Lieferverträgen angenommen, dass aufgrund des einheitlichen Vertragsverhältnisses eine Erfüllungswahl des Verwalters dazu führte, dass auch rückständige Zahlungsansprüche des Lieferanten aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung als Masseschulden in vollem Umfang zu erfüllen waren.[3]

 

Rn 4

Diese Konstellation führte dazu, dass es für den Verwalter regelmäßig nicht sinnvoll war, die Erfüllung des Vertrags zu wählen, vielmehr war es geboten, die Erfüllung des Ursprungsvertrags abzulehnen und ggf. einen neuen Liefervertrag abzuschließen. Dies wurde in der Praxis für den Fall der Energiebelieferungsverträge als unproblematisch angesehen, da die jeweiligen Lieferanten einem entsprechenden Kontrahierungszwang unterliegen und so allenfalls zuvor geltende Sonderkonditionen für den Schuldner nicht mehr zugunsten der Masse beansprucht werden konnten.[4]

 

Rn 5

Bereits auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des BGH zu § 17 KO, wonach mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die bisherigen Erfüllungsansprüche aus beiderseits noch nicht oder noch nicht vollständig erfüllten gegenseitigen Verträgen erlöschen und durch ein Erfüllungsverlangen des Verwalters mit dem bisherigen Inhalt neu begründet werden,[5] hat auch die Rechtswirkung des Erfüllungsverlangens für die Sukzessiv-Lieferverträge eine neue Beurteilung erfahren.

Danach bleiben die vor Verfahrenseröffnung bereits erbrachten Teilleistungen und die korrespondierenden Ansprüche auf die Gegenleistung von der Verfahrenseröffnung und damit auch von einem Erfüllungsverlangen des Verwalters unberührt.[6]

 

Rn 6

Soweit der Vertragspartner des Schuldners die ihm obliegende teilbare Leistung bei Eröffnung des Verfahrens bereits teilweise erbracht hat, bleibt er auch bei einer Erfüllungswahl des Verwalters mit dem der Teilleistung entsprechenden Anspruch auf die Gegenleistung Insolvenzgläubiger.[7]

 

Rn 7

Nach Maßgabe der Rechtsprechung des BGH zum bisherigen § 17 KO bringt § 105 daher lediglich eine Klarstellung des ohnehin aus Sinn und Zweck des § 17 KO bzw. nunmehr § 103 folgenden Prinzips, dass nur diejenigen Leistungen aus beiderseits nicht oder noch nicht voll erfüllten gegenseitigen Verträgen in vollem Umfang aus der Insolvenzmasse vorab zu erfüllen sind, die auch uneingeschränkt nach Verfahrenseröffnung der Insolvenzmasse zufließen.

 

Rn 8

Dieser Grundgedanke findet sich auch in § 108 Abs. 2, der sich auf die gemäß § 108 Abs. 1 nach Verfahrenseröffnung fortbestehenden Dauerschuldverhältnisse bezieht, auch hier können die vor Verfahrenseröffnung entstandenen und nicht erfüllten Forderungen grundsätzlich lediglich als Insolvenzforderungen im Verfahren geltend gemacht werden.

[1] Kilger/K. Schmidt, VerglO § 36 Rn. 5.
[2] BegrRegE, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 296.
[3] BGH ZIP 1981, 878; Kuhn/Uhlenbruck, § 17 Rn. 19b, 20, 23b; Kilger/K. Schmidt, KO § 17 Rn. 4b.
[4] Kuhn/Uhlenbruck, § 17 Rn. 23 und 27.
[5] BGH ZIP 1989, 171 [BGH 20.12.1988 - IX ZR 50/88].
[7] So zum bisherigen Recht (§ 9 Abs. 1 Satz 1 GesO, § 17 Abs. 1 KO) BGH ZIP 1997, 688 [BGH 27.02.1997 - IX ZR 5/96].

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