Gesetzestext

 

1Sind die geschuldeten Leistungen teilbar und hat der andere Teil die ihm obliegende Leistung zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits teilweise erbracht, so ist er mit dem der Teilleistung entsprechenden Betrag seines Anspruchs auf die Gegenleistung Insolvenzgläubiger, auch wenn der Insolvenzverwalter wegen der noch ausstehenden Leistung Erfüllung verlangt. 2Der andereTeil ist nicht berechtigt, wegen der Nichterfüllung seines Anspruchs auf die Gegenleistung die Rückgabe einer vor der Eröffnung des Verfahrens in das Vermögen des Schuldners übergegangenen Teilleistung aus der Insolvenzmasse zu verlangen.

Bisherige gesetzliche Regelungen

 

§ 26 KO [Kein Rückgaberecht]

Wenn infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens die Nichterfüllung einer Verbindlichkeit oder die Aufhebung eines Rechtsverhältnisses des Gemeinschuldners eintritt, so ist der andere Teil nicht berechtigt, die Rückgabe seiner in das Eigentum des Gemeinschuldners übergegangenen Leistung aus der Konkursmasse zu verlangen. Er kann eine Forderung wegen der Nichterfüllung oder der Aufhebung nur als Konkursgläubiger geltend machen, soweit ihm nicht ein Anspruch auf abgesonderte Befriedigung zusteht.

 

§ 36 Abs. 2 VerglO Forderungen aus gegenseitigen Verträgen

(2) Sind die geschuldeten Leistungen teilbar und hat der Gläubiger die ihm obliegende Leistung zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens bereits teilweise erbracht, so ist er mit dem der Teilleistung entsprechenden Betrage seiner Forderung auf die Gegenleistung Vergleichsgläubiger. Wegen dieser Teilleistung kann der Gläubiger ein etwa im Vertrage vereinbartes oder als vereinbart geltendes Rücktrittsrecht nach der Verfahrenseröffnung nicht mehr ausüben.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Regelung stellt eine Neuerung gegenüber dem bisherigen Konkurs- und Gesamtvollstreckungsrecht dar, entspricht jedoch weitgehend der Regelung des § 36 Abs. 2 VerglO.

Vordergründig wird lediglich ein Sonderfall geregelt, für einen beiderseits noch nicht vollständig erfüllten gegenseitigen Vertrag, der die Erbringung teilbarer Leistungen zum Gegenstand hat.

Grundsätzlich verbleibt es bei der Anwendbarkeit des § 103 mit dem dort statuierten Wahlrecht des Insolvenzverwalters. § 105 regelt die Rechtsfolgen einer Erfüllungswahl für diejenigen Forderungen des Gläubigers, die aus bereits vor Verfahrenseröffnung erbrachten Teilleistungen resultieren.

2. Definition der teilbaren Leistung, Regelungshintergrund

 

Rn 2

Die Gesamtleistung eines Vertrags ist dann teilbar, wenn ein beliebiger Leistungsteil bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise seinem Wert und Wesen nach verhältnismäßig (anteilig) der Gesamtleistung entspricht, d.h. sich nur der Größe, nicht auch der Beschaffenheit nach von ihr unterscheidet.

Eine Leistung ist auch dann teilbar, wenn man sie in hinreichend verselbständigte Teile aufspalten kann.[1]

 

Rn 3

Mit der Regelung des § 105 stellt der Gesetzgeber maßgeblich auf sog. Sukzessiv-Lieferverträge ab, die auf der Grundlage eines einheitlichen Vertrags die fortlaufende Lieferung von gleichartigen Gütern zum Gegenstand haben, wie dies insbesondere bei Energieversorgungsverträgen der Fall ist.[2]

In der Vergangenheit wurde bei den Sukzessiv-Lieferverträgen angenommen, dass aufgrund des einheitlichen Vertragsverhältnisses eine Erfüllungswahl des Verwalters dazu führte, dass auch rückständige Zahlungsansprüche des Lieferanten aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung als Masseschulden in vollem Umfang zu erfüllen waren.[3]

 

Rn 4

Diese Konstellation führte dazu, dass es für den Verwalter regelmäßig nicht sinnvoll war, die Erfüllung des Vertrags zu wählen, vielmehr war es geboten, die Erfüllung des Ursprungsvertrags abzulehnen und ggf. einen neuen Liefervertrag abzuschließen. Dies wurde in der Praxis für den Fall der Energiebelieferungsverträge als unproblematisch angesehen, da die jeweiligen Lieferanten einem entsprechenden Kontrahierungszwang unterliegen und so allenfalls zuvor geltende Sonderkonditionen für den Schuldner nicht mehr zugunsten der Masse beansprucht werden konnten.[4]

 

Rn 5

Bereits auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des BGH zu § 17 KO, wonach mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die bisherigen Erfüllungsansprüche aus beiderseits noch nicht oder noch nicht vollständig erfüllten gegenseitigen Verträgen erlöschen und durch ein Erfüllungsverlangen des Verwalters mit dem bisherigen Inhalt neu begründet werden,[5] hat auch die Rechtswirkung des Erfüllungsverlangens für die Sukzessiv-Lieferverträge eine neue Beurteilung erfahren.

Danach bleiben die vor Verfahrenseröffnung bereits erbrachten Teilleistungen und die korrespondierenden Ansprüche auf die Gegenleistung von der Verfahrenseröffnung und damit auch von einem Erfüllungsverlangen des Verwalters unberührt.[6]

 

Rn 6

Soweit der Vertragspartner des Schuldners die ihm obliegende teilbare Leistung bei Eröffnung des Verfahrens bereits teilweise erbracht hat, bleibt er auch bei einer Erfüllungswahl des Verwalters mit dem der Teilleistung entsprechenden Anspruch auf die Gegenleistung Insolvenzgläubiger.[7]

 

Rn 7

Nach Maßgabe der Rechtsprechung des BGH zum ...

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