Rn 1

§ 104 Abs. 1 entspricht grundsätzlich der früheren Regelung des § 18 Abs. 1 KO, die Bestimmung des Abs. 2 hat keine Entsprechung im Recht der KO, Abs. 3 wiederum entspricht grundsätzlich dem früheren § 18 Abs. 2 KO.

§ 104 wurde mit Wirkung zum 9.4.2004 dahingehend geändert, dass in der Überschrift der Begriff "Finanztermingeschäfte" durch denjenigen der "Finanzleistungen" ersetzt und in Abs. 2 die jetzige Nr. 6 eingefügt worden ist. In Abs. 2 Satz 3 wurde der Begriff "Vertragsverletzungen" durch die Worte "Vorliegen eines Insolvenzgrundes" ersetzt.[1] Auf Insolvenzverfahren, die vor dem 9.4.2004 eröffnet worden sind, bleibt § 104 in der bisherigen Fassung anwendbar.

 

Rn 2

§ 104 stellt eine Spezialregelung zu § 103 dar, dessen grundsätzliche Anwendungsvoraussetzung, ein im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung beiderseits noch nicht vollständig erfüllter Vertrag, gegeben sein muss, um zu einer Anwendbarkeit des § 104 zu gelangen.[2]

Sofern ein Fixgeschäft über Waren i.S. des Abs. 1 oder eine Finanzleistung i.S. des Abs. 2 einschließlich der nachstehend noch weiter zu schildernden Voraussetzungen gegeben ist, besteht für den Insolvenzverwalter kein Wahlrecht, er kann die Vertragserfüllung nicht verlangen. Bei den genannten Verträgen bleibt es vielmehr bei der unmittelbar mit Insolvenzeröffnung eingetretenen Rechtslage, wonach die beiderseitig unerfüllten Leistungspflichten nicht mehr eingefordert und durchgesetzt werden können und das Schuldverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis umgewandelt ist.[3]

An die Stelle des Erfüllungsanspruchs tritt eine (Schadensersatz-)Forderung wegen Nichterfüllung, sofern sich eine Differenz zwischen dem vereinbarten Preis und dem Markt- oder Börsenpreis ergibt, die nach Maßgabe des Abs. 3 zu ermitteln ist.

 

Rn 3

Mit dem Ausschluss des Wahlrechts des Insolvenzverwalters für Fixgeschäfte und Finanzleistungen gemäß Abs. 2 soll dem Interesse des Vertragspartners, des Schuldners, entsprochen werden, eine schnelle und eindeutige Klärung der Rechtslage zu erlangen. Mit dem generellen Ausschluss des Wahlrechts wird ein sonst eintretender Schwebezustand bis zur Klärung der Ausübung des Wahlrechts vermieden.

Das möglicherweise bestehende Interesse des Insolvenzverwalters an einer Vertragserfüllung hat hinter dem genannten Aspekt der Rechtssicherheit zurückzustehen, da für den Insolvenzverwalter die Möglichkeit besteht, sich anderweitig einzudecken.[4]

Für die Finanzleistungen i.S. des Abs. 2 besteht die weitere gesetzgeberische Intention, die Möglichkeit von Kursspekulationen des Insolvenzverwalters auszuschließen.[5]

[1] Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2002/47/EG vom 5.4.2004, in Kraft getreten am 9.4.2004, BGBl. I 2004 S. 502.
[2] HK-Marotzke, § 104 Rn. 3; MünchKomm-Jahn, § 104 Rn. 30; einschränkend für Finanzleistungen gem. Abs. 2 Nerlich/Römermann-Balthasar, § 104 Rn. 31; a.A. Kübler/Prütting-Köndgen, § 104 Rn. 13.
[3] BGH ZIP 2002, 1093 = NJW 2002, 2783 = NZI 2002, 375 [BGH 25.04.2002 - IX ZR 313/99] = ZinsO 2002, 577; s. im Übrigen die Kommentierung zu § 103 (Rn. 17 ff.).
[4] BegrRegE, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S 292.
[5] BegrRegE, a.a.O., S. 294.

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