Rn 16

Abs. 2 Satz 2 enthält eine enumerative, nicht abschließende ("insbesondere") Aufzählung von Finanzleistungen, bei denen die wechselseitigen Erfüllungsansprüche mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Vertragspartners endgültig nicht mehr durchsetzbar sind. Nr. 1–4 betreffen Finanzleistungen in der Form des sog. Festgeschäftes, Nr. 5 betrifft sog. Optionsgeschäfte.[19] Mit Wirkung zum 9.4.2004 wurde die jetzige Nr. 6 eingefügt,[20] die bestimmte Finanzsicherheiten in den Regelungsbereich des Abs. 2 Satz 1 einbezieht, sofern das Sicherungsgeschäft als Termingeschäft ausgestaltet ist.[21]

 

Rn 17

Nr. 1: Edelmetallgeschäfte

Erfasst werden Liefergeschäfte über Edelmetalle, worunter Gold, Silber und Platin fallen. Die Aufzählung ist zwar nicht abschließend, so dass zukünftig auch andere Edelmetalle oder Edelmetalllegierungen betroffen sein können, sie sollten jedoch nur dann unter Nr. 1 gefasst werden, wenn sie tatsächlich in nennenswertem Umfang Gegenstand von Handelsgeschäften der Kreditwirtschaft geworden sind.[22]

Sofern die Voraussetzungen gemäß Nr. 1 nicht vorliegen, kommt eine Anwendbarkeit des Abs. 1 in Betracht, wenn dessen engere Tatbestandsmerkmale vorliegen.

 

Rn 18

Nr. 2: Lieferung von Wertpapieren oder vergleichbaren Rechten

Erfasst sind nur solche Wertpapiere, die einen Markt- oder Börsenpreis haben und dementsprechend Gegenstand von Handelsgeschäften sein können; nicht unter Nr. 2 fallen demnach Wechsel, Schecks, Konnossemente sowie einfache und qualifizierte Legitimationspapiere.

 

Rn 19

Der Anwendungsbereich bezieht sich auf handelbare Wertpapiere des Kapitalmarktes, worunter insbesondere Aktien, Kuxe, Investmentzertifikate, Staats- und Kommunalanleihen, Kassenobligationen und Wandelschuldverschreiben fallen.[23]

Diesen Wertpapieren vergleichbare Rechte sind insbesondere Beteiligungs- oder Forderungsrechte, die ähnlich wie Wertpapiere gehandelt werden, aber nicht als förmliche Wertpapiere zu qualifizieren sind. Insoweit kommen in Betracht unverbriefte oder nur in Beweisurkunden zertifizierte ausländische Aktien oder handelbare Register-, Schuldbuch- oder Schuldscheinforderungen.[24]

Soll der Erwerb der Wertpapiere oder vergleichbarer Rechte eine dauerhafte Unternehmensbeteiligung begründen, liegt kein Finanzgeschäft vor. Der Schwerpunkt des Erwerbsvorgangs liegt auf dem Erwerb der Beteiligung, hier verbleibt es bei dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters gem. § 103.

 

Rn 20

Nr. 3: Geldleistungen in ausländischer Währung oder Rechnungseinheit

Hierunter sind Devisengeschäfte zu zählen, wozu klassische Devisentermingeschäfte zählen, d.h. der Kauf eines festgelegten Betrags ausländischer Zahlungsmittel oder einer Forderung in ausländischer Währung zu einem zukünftigen Zeitpunkt, jedoch auch sog. Swap-Geschäfte, bei denen Devisen- und Währungs-Swaps differenziert werden.[25] In einem Devisen-Swap-Geschäft sind mindestens zwei Devisengeschäfte kombiniert, indem eine Vertragspartei einen Fremdwährungsbetrag verkauft und sofort liefert und des Weiteren verpflichtet ist, ihn zu einem zukünftigen Termin zurück zu erwerben.[26] Der Währungs-Swap weist die gleiche Grundkonstruktion auf, es finden jedoch zwischen dem Verkauf und dem Rückkauf weitere Zahlungsaustauschgeschäfte statt, in dem die wechselseitig erhaltenen Beträge periodisch in der erhaltenen Währung zu verzinsen sind. Maßgeblicher Anwendungsbereich der Währungs-Swap-Geschäfte ist die langfristige Absicherung von Wechselkursrisiken.

 

Rn 21

Geldleistungen in ausländischer Währung werden auch beim sog. Sortengeschäft erbracht, d.h. dem Kauf ausländischer gesetzlicher Zahlungsmittel, diese fallen daher ebenfalls unter Nr. 3, sofern es sich um ein Termingeschäft handelt.

 

Rn 22

Nr 4: Fremdbestimmte (indexabhängige) Geldleistungen

Nr. 4 erfasst Vereinbarungen über zukünftige Geldleistungen, wobei die Höhe der zu erbringenden Geldleistung unmittelbar oder mittelbar von Zinssätzen, Währungskursen oder dem Preis anderer Güter oder Leistungen bestimmt wird, also indexiert ist. Unter "Preis" ist dabei jede Gegenleistung zu verstehen, "Güter" im Sinne der Vorschrift sind jegliche Vermögensgegenstände.[27]

Unter diese Rubrik fallen auch Warentermingeschäfte, sofern dort anstatt der Lieferung zum Fälligkeitszeitpunkt ein Barausgleich der Differenz zwischen vereinbartem und tatsächlichem Markt- oder Börsenpreis zum Fälligkeitstermin vorgesehen ist (Differenzgeschäfte).

 

Rn 23

Nr. 5: Optionen und andere Rechte

Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters ist auch dann ausgeschlossen, wenn sich die Vereinbarung nicht unmittelbar als eine Finanzleistung gemäß Nr. 1–4 darstellt, sondern eine Option oder ein vergleichbares Recht auf die zukünftige Erbringung einer Finanzleistung i.S.d. Nr. 1–4 beinhaltet. Der Sprachgebrauch des Gesetzes ist etwas unpräzise; das Optionsgeschäft ist zu definieren als ein Vertrag, durch den einer Partei (Optionskäufer) das Recht (Optionsrecht) eingeräumt wird, zu einem künftigen Zeitpunkt durch einseitige Erklärung (Ausübung) ein Geschäft zu ...

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