Rn 12

Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) wurde vom Bundesrat am 25.11.2011 – zuvor vom Bundestag unter dem 27.10.2011 in der vom Rechtsausschuss geänderten Form[7] verabschiedet – entgegen der Empfehlung seiner Ausschüsse, die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu verlangen,[8] angenommen.[9] Die Verkündung im Bundesgesetzblatt erfolgte sodann unter dem 13.12.2011.[10] Das ESUG sieht sowohl Änderungen der InsO, als auch der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung, des Einführungsgesetzes zur InsO, des Gerichtsverfassungsgesetzes, des Rechtspflegergesetzes, des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, des Gesetzes über die Insolvenzstatistik, des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz, sowie des Kreditwesengesetzes vor.

 

Rn 13

Art. 10 ESUG regelt das Inkrafttreten der Änderungen, wonach die Änderungen zur InsO zum 01.03.2012 in Kraft treten. Nach Art. 103g EGInsO sind auf Insolvenzverfahren, die vor dem Inkrafttreten des ESUG beantragt worden sind, die bis dahin geltenden Vorschriften weiter anzuwenden.

 

Rn 14

Im Gesetzesentwurf wird ausgeführt, dass das geltende Recht der frühzeitigen Sanierung insolvenzbedrohter Unternehmen zahlreiche Hindernisse in den Weg legt. In der Vergangenheit haben daher einige Unternehmen ihren Sitz nach England verlegt, da der Geschäftsleitung und den maßgeblichen Gläubigern die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach englischem Recht zur Sanierung des Unternehmens vorteilhafter erschien. Als einer der Gründe, aus denen insbesondere ausländische Investoren die deutsche Rechtsordnung als weniger geeignet für Sanierungen ansehen, wird unter anderem genannt, dass der Ablauf eines deutschen Insolvenzverfahrens für Schuldner und Gläubiger nicht berechenbar sei und dass insbesondere kaum Einfluss auf die Auswahl des Insolvenzverwalters genommen werden könne. Im deutschen Insolvenzverfahren fehle die Möglichkeit einer Umwandlung von Forderungen in Anteilsrechte. Zudem sei die Dauer eines deutschen Insolvenzverfahrens mit dem Ziel der Sanierung des Unternehmens kaum kalkulierbar, da das Wirksamwerden eines Insolvenzplans durch Rechtsmittel einzelner Gläubiger um Monate oder gar Jahre hinausgezögert werden könne.[11]

 

Rn 15

Das Recht der Eigenverwaltung, so die Begründung des Entwurfs weiter, hat bislang eine zu geringe praktische Bedeutung. Viele Gerichte machen nur mit großer Zurückhaltung von dieser Möglichkeit der Insolvenzordnung Gebrauch. Auch ein Schuldner, der schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag stellt und den seine Gläubiger für vertrauenswürdig halten, hat keine Sicherheit, dass ihm das Gericht die Eigenverwaltung gestattet. Diese Schwächen des geltenden Rechts und die bestehenden Unsicherheiten bezüglich der Handhabung durch die Gerichte im Einzelfall führen dazu, dass ein frühzeitig gestellter Insolvenzantrag mit dem Ziel der Sanierung des Unternehmens nach wie vor die große Ausnahme bildet.[12] In der Regel wird der Insolvenzantrag erst gestellt, wenn das Vermögen des Schuldners restlos aufgezehrt ist und keine Sanierungschancen mehr bestehen.[13]

 

Rn 16

Ziel des Gesetzes ist es daher, im Interesse einer Verbesserung von Sanierungschancen zu erreichen, dass Schuldner und Gläubiger in die Auswahl der maßgeblichen Akteure einbezogen werden (§ 22a) und dass alle Beteiligten eine größere Planungssicherheit hinsichtlich des Ablaufs des Verfahrens erhalten.[14] Der sanierungswillige Schuldner soll somit einen "Schutzschirm"[15] erhalten.

 

Rn 17

Schwerpunkt des Gesetzes ist die Erleichterung der Sanierung von Unternehmen durch einen stärkeren Einfluss der Gläubiger auf die Auswahl des Insolvenzverwalters (§ 56), durch Ausbau und Straffung des Insolvenzplanverfahrens, sowie durch die Vereinfachung des Zugangs zur Eigenverwaltung. Mit der Verbesserung der Sanierungschancen soll zugleich zum Erhalt von Arbeitsplätzen beigetragen werden. Schließlich wird das Recht der Insolvenzstatistik neu geordnet, damit belastbare Angaben über die finanziellen Ergebnisse und den Ausgang von Insolvenzverfahren vorliegen.[16] Der Gesetzgeber hat anlässlich des ESUG auf Kritik und Anregungen der Literatur reagiert. So sollten etwa die mit der Insolvenzordnung geschaffenen Sanierungsinstrumente eine erhöhte Praxisrelevanz erhalten und damit den Insolvenzrechtstandort Deutschland stärken.[17] Zudem wurde die fehlende Verzahnung von Insolvenzrecht und Gesellschaftsrecht kritisiert.[18] Derartige Aspekte wurden bei der Schaffung des ESUG aufgegriffen und optimiert. Gleichwohl wurde das ESUG bereits vor dem Inkrafttreten in der Literatur kritisiert und erhebliche Probleme der Insolvenzjustiz prognostiziert.[19] In diesem Kontext hat die Literatur auch kritisiert, dass der Gesetzgeber nicht weitergehende Regelungen geschaffen hat, so etwa die Kodifizierung eines Insolvenzsteuerrechts.[20]

 

Rn 18

Der Deutsche Bundestag hat mit Beschluss vom 27.10.2011[21] die Bundesregierung beauftragt, die Erfahrungen mit der Anwen...

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