StaRUG: Zivilrechtliche Haftung und strafrechtlichen Risiken

Dieser Beitrag befasst sich mit den Compliance-Vorschriften des StaRUG, das Unternehmen in Schwierigkeiten präventive Möglichkeiten zur Restrukturierung bietet. Er beleuchtet die zivil- und strafrechtlichen Risiken für Geschäftsleiter. (redaktioneller Teaser)

Zivilrechtliche Haftung und strafrechtlichen Risiken der Geschäftsleiter

Am 01.01.2021 ist das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) (1) in Kraft getreten. Dessen Kern bildet sein Art. 1, das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG); in weiteren 23 Artikel folgen Anpassungen in den wesentlichen Gesetzen des Handels- und Gesellschaftsrechts. Während das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 07.12.2011 (ESUG) eine Unternehmens-Sanierung im Insolvenzverfahren ermöglicht, bietet das StaRUG Möglichkeiten zur präventiven (justizüberwachten) Unternehmensrestrukturierung außerhalb des (allein wegen seiner Benennung regelmäßig rufschädigenden) Insolvenzverfahrens.

Voraussetzung für die richterliche Anordnung der im StaRUG geregelten, die Rechte von Gläubigern beeinträchtigenden, Restrukturierungsmaßnahmen, ist die festzustellende drohende Zahlungsunfähigkeit (2). Liegt die materielle Insolvenz (also Überschuldung und/oder Zahlungsunfähigkeit) vor, ist die Restrukturierung nach dem StaRUG ausgeschlossen oder – war das Verfahren schon eingeleitet – zu beenden (und in ein Insolvenzverfahren zu überführen).
Insbesondere die infolge der Corona-Pandemie in wirtschaftliche oder finanzielle Schwierigkeiten geratenen Unternehmen sollen von den in Artikel 1 SanInsFoG (StaRUG) festgehaltenen Erleichterungen profitieren – das Verfahren steht aber auch allen anderen Unternehmen, die drohend zahlungsunfähig ist – offen.
Allerdings müssen die verantwortlichen Geschäftsleiter frühzeitig (nämlich rechtzeitig vor Anzeige des Restrukturierungsvorhabens – § 31 StaRUG) aktiv werden.

Die Verantwortlichen der zu restrukturierenden Unternehmen sollten dazu bereits im Vorfeld des neuen Verfahrens zielführende Vereinbarungen mit Gläubigern treffen, die bereit sind, einen „Sanierungsbeitrag“ zu leisten. Bei den vor dem StaRUG im Rahmen einer außergerichtlichen Sanierung waren solche („freie“) Vergleiche möglich, aber eher selten.
Sanierungsunwillige Gläubiger konnten nicht eingebunden werden, weshalb die übrigen, vielleicht die Mehrheit der Verbindlichkeiten repräsentierenden, Gläubiger ihre Zustimmung als „Sonderopfer“ wahrnahmen und deshalb ihre Zusage wieder zurückzogen. Mit den Mitteln des StaRUG kann die Sanierung nunmehr auch gegen den Willen von beteiligten Gläubigern durchgesetzt und so der genannte Makel des Insolvenzverfahrens und (meist) auch die negativen Folgen einer Sanierung im Insolvenzverfahren mit Erfolg vermieden werden.

Als mögliche Maßnahmen („Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens“) nennt § 49 Abs. 1 StaRUG die „Vollstreckungssperre“ (Zwangsvollstreckungen gegen das Schuldnerunternehmen werden untersagt oder einstweilen eingestellt) und die „Verwertungssperre“ (Rechte, die einem Gläubiger im Insolvenzverfahren ein Ab- oder Aussonderungsrecht geben würden, dürfen nicht geltend gemacht werden). Deren Anordnung durch den Restrukturierungsrichter sind nur im Verfahren, also nach Vorliegen eines zur Zielerreichung (Überwindung der drohenden Zahlungsunfähigkeit hin zu einer „nachhaltigen“ Liquiditätslage) überzeugenden Restrukturierungsplanes (§§ 5 ff., 29 ff. StaRUG) und der Zustimmung der mit ihren Rechten betroffenen Gläubiger möglich. Dabei sind diese Gläubiger in einzelne Gruppen einzuteilen. Die Mehrheit bestimmt sind nicht nach Köpfen, sondern nach bewerteten Rechten (§ 24 StaRUG) in den Gruppen; sie muss in der Gruppe mindestens 75 % für die Sanierung betragen (§ 25 Abs. 1 StaRUG). Die so bestimmte Mehrheit muss zudem für die Mehrzahl (einfache Mehrheit) der Gruppen festgestellt werden.

Da es ausreicht, dass nur 2 Gläubigergruppen gebildet werden, bestimmt dann die ¾-Mehrheit der Zustimmung der einen selbst die 100%-Mehrheit der anderen Gruppe (3).

Das StaRUG verschärft allerdings die Haftung für Geschäftsleiter

So muss die Restrukturierungssache mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters betrieben und müssen die Interessen der Gläubigergesamtheit gewahrt werden. Bei Pflichtverletzungen oder unrichtigen Angaben zur Erlangung der Stabilisierungsanordnung muss der Geschäftsleiter den Gläubigern den Schaden ersetzen (§§ 43 Abs. 1, 57 StaRUG).

Zudem bestehen bei der Restrukturierung strafrechtliche Risiken, die – beschränkt auf die in der Praxis besonders relevanten Unternehmensträger AG, GmbH und Personenhandelsgesellschaften (4) – mit den zivilrechtlichen Risiken verknüpft dargestellt werden.


(1) Deutsche Umsetzung der RL (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rats v. 20.06.2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der RL (EU) 2017/1132 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz) mit (nachträglicher) Umbenennung der Pandemiegesetze (SanInsFoG u. a.) in SanInsKG.

(2) Da die „wahrscheinliche Insolvenz“ der EU-RL als drohende Zahlungsunfähigkeit gem. § 18 Abs. 2 InsO verstanden wird, ist hierfür ein Prognosezeitraum von 24 Monaten festgelegt (§ 18 Abs. 2 S. 2 InsO).

(3) Informativ hierzu AG Hamburg v. 12.4.2021, Az.: 61a RES 1/21, ZIP 2021, 1354 m. Anm. Ziegenhagen, ZInsO 2021, 2053 ff.

(4) Bei Personengesellschaften gelten ab 01.01.2024 die Regeln des MoPeG für die rechtsfähige Außengesellschaft, vergl.  §§ 714, 740 Abs. 2 BGB n.F.