StaRUG: Pflichten und Haftung der Organe

Der Beitrag beleuchtet die Sorgfaltspflichten und Haftungsregelungen für Geschäftsleiter im Zuge des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens. Erfahren Sie mehr über die konkreten Anforderungen und strafrechtlichen Konsequenzen, die das StaRUG vorsieht. (redaktioneller Teaser)

Bei der Inanspruchnahme des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens haben die sanierungswilligen Geschäftsleiter die Sonderregeln des StaRUG, insbesondere §§ 32 Abs. 1, 42, 43 Abs. 1 StaRUG zu beachten. Danach sind sie – wie dargelegt – verpflichtet, die konkrete Sanierung mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu betreiben und die Interessen der Gläubigergesamtheit zu wahren (1).

Allerdings setzt die zivilrechtliche Haftung nach dem StaRUG früher ein, als das Zahlungsverbot des § 15b Abs. 4. S. 1 InsO, da das Zahlungsverbot zur Werterhaltung des Vermögens an das Vorliegen einer materiellen Insolvenz anknüpft (2). Das Zahlungsverbot des § 15b InsO greift zur Verhinderung der Insolvenz zu spät ein.

Die Werterhaltungspflicht wird regelmäßig an die Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung (§ 43 Abs. 1 GmbHG) geknüpft. § 43 Abs. 1 GmbHG besteht aus einer Vielzahl von Einzelpflichten (Beispiele: Erhalt realisierbarer Forderungen, Verhinderung ihrer Verjährung und nutzloser oder nachteiliger Verträge, keine unentgeltliche Überlassung von Arbeitnehmern, kein Kapitalentzug zugunsten der Gesellschafter mit der Folge des Eintritts der materiellen Insolvenz).

Für den Zeitraum der Inanspruchnahme des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens bestimmen §§ 43 Abs. 1 und 32 Abs. 1 StaRUG als Sonderregelung, dass Geschäftsleiter die Restrukturierungssache mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters betreiben und die Interessen der Gläubigergesamtheit wahren müssen. In diesen Sonderregeln gehen die Einzelpflichten des § 43 Abs. 1 GmbHG auf und werden weiter konkretisiert. So bestimmt § 32 Abs. 1 S. 2 StaRUG, dass Maßnahmen, die sich mit dem Restrukturierungsziel nicht vereinbaren lassen oder die Erfolgsaussichten der Restrukturierung gefährden, zu unterlassen sind.

In der Praxis sind damit hauptsächlich Maßnahmen angesprochen, die das Ausfallrisiko der Gläubiger erhöhen:

  • Risikogeschäfte (Wechsel von low-risk in high-risk-Geschäfte),
  • Vermögensverfügungen ohne alsbald greifbaren Gegenwert,
  • Bedienen von Forderungen, die durch den Restrukturierungsplan
    gestaltet werden sollen.

Der letzte Punkt ist explizit und damit hervorgehoben in § 32 Abs. 1 S. 3 StaRUG genannt. Allgemein gilt zu den Grenzen der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters:

Pflichtwidriges Handeln ist in der Regel ausgeschlossen, wenn das unternehmerische Handeln auf Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Gläubigern (insbesondere bei Krisensituationen) und der Unternehmung getragen wird, sich ausschließlich auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen, gegebenenfalls unter Hinzuziehung sachverständiger Beratung, beruht (3).

Die strafrechtlichen Grenzen sind bei drohender Zahlungsunfähigkeit immer überschritten, wenn Geschäftsleiter gegen gesetzliche oder von der Rechtsprechung anerkannte Gebote oder Verbote verstoßen, die das Vermögen der Gläubiger und/oder der Kapitalgesellschaft schützen.
Dies ist in dieser Krisensituation regelmäßig schon dann der Fall, wenn vorrangige Interessen der Gläubigergesamtheit nicht hinreichend beachtet werden.

Damit sind alle von der Restrukturierungssache betroffenen Gläubiger angesprochen. Allerdings ist auch bei Gläubigern, die nicht von der Restrukturierungssache betroffen sind, eine Wertminderung ihrer Forderungen denkbar.

Bei gestuften Gesellschaften, z. B. der GmbH&Co.KG, ist bei Pflichtverletzungen regelmäßig auch das Vermögen der Komplementär-GmbH und der Kommanditisten betroffen (§ 15a Abs. 1 S. 3 InsO).

Während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache ruht die Insolvenzantragspflicht (§ 42 Abs. 1 StaRUG).
Der Schuldner ist aber gem. § 32 Abs. 3 StaRUG verpflichtet, dem Restrukturierungsgericht den Eintritt der materiellen Insolvenz (Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung) unverzüglich anzuzeigen. Das Unterlassen ist gem. § 42 Abs. 3 StaRUG strafbar. Tritt bei Verletzung der Anzeigepflicht eine (weitere) Wertminderung der Gläubigerforderungen ein, müssen die Geschäftsleiter mit Haftung rechnen. Hat der Geschäftsleiter dagegen den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung dem Restrukturierungsgericht angezeigt, so gilt bis zur Aufhebung (§ 33 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StaRUG) jede Zahlung im ordnungsgemäßen Geschäftsgang zur Fortführung der Restrukturierungssache als mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters vereinbar, es sei denn, es können Zahlungen – ohne dass Nachteile für das Restrukturierungsvorhaben entstehen – bis zur Entscheidung des Restrukturierunggerichts zurückgestellt werden (§ 89 Abs. 3 StaRUG).

Wird die Restrukturierungssache aufgehoben, lebt die Insolvenzantragspflicht gem. § 42 Abs. 4 StaRUG wieder auf. Allerdings muss der Antrag jetzt unverzüglich gestellt werden; auf die 3-Wochenfrist kann sich der Geschäftsleiter nicht berufen (§ 15a Abs. 1 S. 2 InsO).

Der Verstoß gegen die „unverzügliche“ Antragstellung begründet den Verdacht der Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4 InsO).

Bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht mit Nachteilsfolge besteht der Verdacht der Untreue und des Bankrotts, sofern eine der objektiven Bedingung der Strafbarkeit, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder Ablehnung des Eröffnungsantrags bzw. Zahlungseinstellung (§ 283 Abs. 6 StGB) eingetreten ist. Damit ist in derartigen Fällen stets zu rechnen.


(1) Krüger, a.a.O., (Fn. 9) S. 171.

(2) Krüger, a.a.O., (Fn. 9), S. 174.

(3) Maurer, wistra 2011, S. 328.


Schlagworte zum Thema:  Compliance, Insolvenz, Strafrecht, Geschäftsführung