Rz. 37

Da die Haftung der Gläubiger der GmbH auf die Einlagen der Gesellschafter beschränkt ist, kommt der Erhaltung dieses Kapitals erhebliche Bedeutung zu. Die Vermögenssphäre der GmbH ist von der ihrer Gesellschafter zu trennen, sodass das Stammkapital den Charakter von Garantiekapital hat, welches als genau definierte und garantierte Haftungsgrundlage den Gläubigern zur Verfügung stehen soll. Folglich muss sichergestellt werden, dass dieses Kapital auch tatsächlich aufgebracht wird (Grundsatz der Kapitalaufbringung) und während der Existenz der Gesellschaft erhalten wird (Grundsatz der Kapitalerhaltung). Dies geschieht durch die Grundsätze der realen Kapitalaufbringung und der nominellen Kapitalerhaltung.[1]

 

Rz. 38

Ist das Stammkapital zur Hälfte verloren, müssen die Geschäftsführer dies den Gesellschaftern anzeigen. Bei Verstoß gegen die Anzeigepflicht droht ihnen eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren (§ 84 Abs. 1 GmbHG); bei Fahrlässigkeit droht ebenfalls eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr (§ 84 Abs. 2 GmbHG). Die laufende Überwachung der Risikolage der GmbH ist aus der Pflicht zur ordnungsmäßigen Unternehmensführung nach § 43 Abs. 1 GmbHG oder allgemein aus den Vorgaben zur Krisenfrüherkennung, welche zum 1.1.2021 im Rahmen der Insolvenzrechtsreform für alle haftungsbeschränkte Gesellschaften in § 1 StaRUG normiert wurden,[2] abzuleiten.

Ist die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Geschäftsführer ohne schuldhaftes Zögern – spätestens 3 Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und 6 Wochen nach Eintritt der Überschuldung – einen Insolvenzantrag zu stellen (§ 15a Abs. 1 InsO i. V. m. § 35 GmbHG). Diese Pflicht entfällt nicht dadurch, dass der Geschäftsführer sein Amt nach Eintritt der Insolvenz niederlegt.[3] Im Fall der "Führungslosigkeit"[4] ist nun jeder Gesellschafter zur Insolvenzantragstellung berechtigt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 InsO) und bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung hierzu sogar verpflichtet (§ 15a Abs. 3 InsO).

 

Rz. 39

Die Geschäftsführer dürfen nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung – und der daraus resultierenden Pflicht zur Insolvenzantragstellung ohne schuldhaftes Zögern nach § 15a Abs. 1 InsO – keine Zahlungen mehr vornehmen, sofern diese nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind (§ 15b Abs. 1 InsO). Werden entgegen Letzterem Zahlungen geleistet, sind die Geschäftsführer gemäß § 15b Abs. 4 Satz 1 InsO zur Erstattung verpflichtet – allerdings beschränkt auf den tatsächlichen Schaden. Bei geringerem Schaden im Vergleich zur geleisteten Zahlung ist die Erstattung eben auf den Schaden begrenzt (§ 15b Abs. 4 Satz 2 InsO). Ein Verzicht auf Erstattungs- oder Ersatzansprüche oder ein Vergleich über diese Ansprüche ist nach § 15b Abs. 4 Satz 4 InsO unwirksam. Letzteres gilt nach § 15b Abs. 4 Satz 5 InsO nicht, wenn

  • der Geschäftsführer zahlungsunfähig ist und zur Abwendung des eigenen Insolvenzverfahrens einen Vergleich mit seinen Gläubigern abschließt,
  • die Erstattungs- oder Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird oder
  • ein Insolvenzverwalter für die GmbH als Gläubiger handelt.

Die entsprechenden Ansprüche verjähren nach 5 Jahren (§ 15b Abs. 7 InsO).

[2] Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (Unternehmensstabilisierungs- und –umstrukturierungsgesetz; StaRUG), BGBl 2020 I S. 3256 ff.
[3] Vgl. Sorg, in Braun, Insolvenzordnung, 9. Aufl. 2022, § 15a InsO Rz. 13.
[4] "Führungslosigkeit" liegt vor, wenn die GmbH als Schuldner keinen Geschäftsführer mehr hat (§ 10 Abs. 2 Satz 2 InsO).

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