Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschluss von wirkstoffbezogenen Rabattvereinbarungen gem. § 130a Abs. 8 SGB V

 

Nachgehend

OLG Düsseldorf (Beschluss vom 06.04.2011; Aktenzeichen VII-Verg 19/11)

 

Tenor

1. Den Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) wird untersagt, im vorliegenden Vergabeverfahren Zuschläge auf die Angebote der Beigeladenen zu 1 bis 7) zu den Regionallosen … Bei fortbestehender Beschaffungsabsicht wird den Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) aufgegeben, das Verfahren in den Stand vor der Angebotsabgabe zurückzuversetzen und den Bietern unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer Gelegenheit zur erneuten Angebotsabgabe zu geben. Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen) werden der Antragstellerin zur Hälfte auferlegt. Die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen) werden den Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) zur Hälfte als Gesamtschuldnerinnen auferlegt.

3. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin und der Antragsgegnerinnen zu 1 und 2) werden gegeneinander aufgehoben.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin (ASt), ein pharmazeutisches Unternehmen, wendet sich mit ihrem Nachprüfungsantrag gegen einzelne Bestimmungen in den Verdingungsunterlagen einer Arzneimittelrabattausschreibung nach § 130a Abs. 8 SGB V.

1. a) Die Antragsgegnerin zu 1. (Ag zu 1) machte am … den Abschluss wirkstoffbezogener Rabattvereinbarungen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V für den Zeitraum … im Rahmen eines offenen Verfahrens gemeinschaftsweit bekannt …

Für insgesamt 63 der ausgeschriebenen Wirkstoffe hatten die Ag bereits für den Zeitraum 1. Juni 2009 bis 31. Mai 2011 Rabattverträge abgeschlossen. In den damaligen Zuschlagsschreiben hatten sich die Ag den Rabattvertragspartnern gegenüber verpflichtet, von der vertraglich vereinbarten dreimonatigen Verlängerungsoption über die zweijährige Vertragslaufzeit hinaus keinen Gebrauch machen zu wollen. An diese Rabattverträge sollen die nunmehr ausgeschriebenen Rabattverträge, die am 1. Juni 2011 in Kraft treten sollen, zeitlich unmittelbar anschließen (Vergabevermerk-Teil A, S. 14).

aa) Bekanntmachung

Nach der Bekanntmachung stellte jeder der (zu Beginn des Verfahrens) 87 Wirkstoffe ein eigenes Fachlos dar. Darüber hinaus wurden für jedes Fachlos die folgenden sieben Gebietslose gebildet:

Die Bekanntmachung beschrieb die ausgeschriebene Leistung wie folgt (ebenda, Tz. II.1.5):

„Die Zuschlagserteilung erfolgt pro Wirkstoff und Gebietslos. Pro Wirkstoff und Gebietslos wird ein Rabattvertrag nur mit einem pharmazeutischen Unternehmer (Bieter oder Bietergemeinschaft) geschlossen. Preise (Rabatt-ApU) können ferner für die sog. Preisvergleichsgruppen und für verschiedene Umsetzungsquoten differenziert werden. Näheres hierzu werden die Vergabeunterlagen enthalten.”

Zum Umfang des Auftrags wurde in der Bekanntmachung ausgeführt:

„Näheres hierzu (insbesondere zu der Anzahl der in der Vergangenheit an …-Versicherte abgegebenen Arzneimittel mit den ausgeschriebenen Wirkstoffen) ergibt sich aus den Vergabeunterlagen. Die … rechnen mit durchschnittlichen wirkstoffbezogenen Umsetzungsquoten (Anteil rabattierter Arzneimittel an den abgegebenen Arzneimitteln während der Vertragslaufzeit) von 70 %….”

Als Zuschlagskriterium gab die Bekanntmachung an das „wirtschaftlichste Angebot” gemäß den in den Verdingungsunterlagen aufgeführten Kriterien.

bb) Bewerbungsbedingungen

Jeder Bieter hatte pro angebotenem Wirkstoff und Gebietslos Rabatt-ApU je Gramm Wirkstoff anzubieten. Für jedes Fachlos wurden unterschiedliche Preisvergleichsgruppen (PVG) gebildet. Für jede PVG, für die der Bieter ein rabattiertes Arzneimittel anbieten wollte, war ein einheitlicher Rabatt-ApU je Gramm Wirkstoff anzubieten. Dieser Rabatt-ApU sollte im Zuschlagsfalle für alle Rabattarzneimittel des Zuschlagsdestinatärs gelten, die der jeweiligen PVG zuzuordnen sind. Zugleich musste sich der Bieter verpflichten, während der gesamten Vertragslaufzeit mindestens ein Arzneimittel in Verkehr zu bringen und zu halten, das dieser PVG entspricht. Allerdings war der Bieter nach Maßgabe des Rabattvertrages (RabattV) frei darin, während der Vertragslaufzeit das Portfolio an Rabattarzneimitteln nach Belieben zu verändern (Bewerbungsbedingungen, S. 6).

Außerdem bestand die Möglichkeit, nicht nur je PVG, sondern auch in Abhängigkeit von der Umsetzungsquote des Rabattvertrages jeweils unterschiedlich hohe Rabatt-ApU anzubieten (Staffelrabatte). Vorgesehen waren insoweit fünf Staffeln zu je 20 v.H. (von 0 v.H. bis 100 v. H.), die allerdings unterschiedlich gewichtet wurden. Da die Ag selbst von höheren Umsetzungsquoten ausgingen (lt. Tz. II.2.1 der Bekanntmachung: 70 %), wurden die höheren Umsetzungsquoten höher gewichtet als die niedrigeren (vgl. Bewerbungsbedingungen, S. 8).

Ausweislich der Bewerbungsbedingungen (vgl. dort S. 7; Hervorhebungen im Original) wurden innerhalb der Fachlose die PVG gebildet hinsichtlich

  • „Wirkstärke (Wirkstoffgehalt je Dosiereinheit) und
  • ...

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