Leitsatz (amtlich)

Die durch § 13 b Abs. 2 UrhWahrnG begründete gesetzliche Vermutung der Wahrnehmungsbefugnis der Verwertungsgellschaften erstreckt sich auch auf die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen nach § 27 Abs. 1 UrhG aus der Vermietung von Bildtonträgern ausländischer Herkunft.

 

Normenkette

WahrnG § 13b Abs. 2

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 30.07.1987)

LG Düsseldorf

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Juli 1987 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin ist die einzige in der Bundesrepublik Deutschland bestehende Wahrnehmungsgesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte. Sie nimmt aufgrund von Berechtigungsverträgen die Rechte der ihr angeschlossenen Komponisten, Textdichter und Musikverleger sowie aufgrund von Verträgen mit ausländischen Verwertungsgesellschaften auch die Interessen ausländischer Urheber wahr. Sie nimmt für sich in Anspruch, nahezu das gesamte Weltrepertoire an geschützter Musik zu vertreten.

Die Beklagte betrieb von November 1981 bis Juni 1985 in Düsseldorf eine Videothek, in der sie Videofilme veräußerte und vermietete.

Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf der Grundlage ihres Tarifs „V-BT (P) für das Vermieten oder Verleihen von Bildtonträgern durch Videotheken … zum persönlichen (privaten) Gebrauch” auf Zahlung einer Vergütung nach § 27 UrhG in Höhe von 13.422,31 DM nebst Zinsen in Anspruch. Zur Geltendmachung dieses Anspruchs im eigenen Namen ist sie auch von den drei übrigen deutschen Wahrnehmungsgesellschaften (VG Wort, VG Bild-Kunst und GÜFA), die Ansprüche nach § 27 UrhG verfolgen, ermächtigt worden. Ein in den Vorinstanzen weiter geltend gemachter Auskunfts- und Feststellungsantrag ist – von den Kosten für einen erledigten Teil abgesehen – in der Revisionsinstanz außer Streit. In der Revisionsinstanz geht es außer dem Kostenanspruch nur noch um die Vergütung für das Vermieten von Bildtonträgern amerikanischer Herkunft.

Die Klägerin hat sich zur Begründung ihrer Sachbefugnis auf die von der Rechtsprechung anerkannte GEMA-Vermutung und die gesetzliche Vermutung des § 13 b UrhWahrnG berufen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Vermutung greife auch hinsichtlich der aus amerikanischen Produktionen stammenden Filme ein. Sie hat weiter behauptet, die streitgegenständlichen Filme enthielten geschützte Musik aus dem von ihr vertretenen Repertoire.

Die Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin in Zweifel gezogen. Die Klägerin könne sich nicht auf die GEMA-Vermutung berufen. Denn hinsichtlich der Filme amerikanischer Herkunft, die einen Anteil von mindestens 70 % ihres Bestandes ausmachten, fehle es an einer Monopolstellung der Klägerin. Die amerikanischen Produzenten pflegten die Verwertungsrechte in der Regel selbst zu behalten, anstatt sie Wahrnehmungsgesellschaften zu übertragen. Die Klägerin müsse daher für jeden Bildtonträger aus ihrem – der Beklagten – Bestand im einzelnen darlegen und beweisen, daß er mit Musik bespielt gewesen sei, für die die Klägerin die Wahrnehmungsrechte erworben habe. Auch die Vermutung des § 13 b UrhWahrnG greife nicht ein. Im übrigen habe sie diese Vermutung auch durch ihr Bestreiten widerlegt.

Das Landgericht hat der Zahlungsklage in Höhe von 11.460,19 DM nebst Zinsen stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen.

Die Berufung der Beklagten, mit der sie hinsichtlich des Zahlungsanspruchs nur noch die Abweisung der Klage mit einem 3.434,84 DM nebst Zinsen übersteigenden Betrag (= 70 % der vom Landgericht zugesprochenen Summe) begehrt hat, ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht (Urt. in GRUR 1987, 907 f) hat der Beklagten auch die Kosten für den durch übereinstimmende Erklärung der Parteien erledigten Teil des Auskunfts- und Schadensfeststellungsanspruchs auferlegt.

Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt die Beklagte ihren zuletzt gestellten Klageabweisungsantrag und ihren Antrag, die Kosten der Erledigung der Klägerin aufzuerlegen, weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat die Sachbefugnis der Klägerin bejaht und dazu ausgeführt: Die Sachbefugnis ergebe sich zwar nicht, wie das Landgericht angenommen habe, aus der GEMA-Vermutung. Sie folge jedoch aus der Vermutung des § 13 b Abs. 2 Satz 1 UrhWahrnG, die auch auf zurückliegende Sachverhalte anzuwenden sei. Nach dieser Vorschrift werde vermutet, daß eine Verwertungsgesellschaft, wenn sie einen Vergütungsanspruch nach § 27 UrhG geltend mache, die Rechte aller Berechtigten wahrnehme. Es handele sich hierbei nicht um eine nur tatsächliche Vermutung, sondern um eine gesetzliche Vermutung im Sinne des § 292 ZPO. Die Klägerin brauche daher ihre Berechtigung zur Wahrnehmung von Verwertungsrechten – auch hinsichtlich der amerikanischen Produktion – nicht nachzuweisen. Es sei Sache der Beklagten, diese Vermutung zu widerlegen. Dazu reiche es nicht aus, daß sie die Aktivlegitimation der Klägerin mit dem Hinweis darauf bestreite, daß die Klägerin für die von ihr vertriebenen amerikanischen Produktionen keine Verwertungsrechte besitze. Die Widerlegung der Vermutung könne vielmehr nur in der Weise geschehen, daß die Beklagte für jeden Bildtonträger-Titel, der zum Bestand ihres Vermietungsbetriebes gehörte, im einzelnen darlege, daß die Rechte der auf den Bildtonträgern enthaltenen Musik eben nicht der Klägerin zur Wahrnehmung übertragen worden seien. Diesen Anforderungen genüge das Vorbringen der Beklagten bei weitem nicht.

Es sei auch davon auszugehen, daß die auf den Bildtonträgern enthaltene Musik urheberrechtlich geschützt sei. Insoweit greife die von der Rechtsprechung anerkannte GEMA-Vermutung ein.

Soweit die Parteien einen Teil des Auskunfts- und Schadensfeststellungsanspruchs beiderseits für erledigt erklärt hätten, seien die Kosten gemäß § 91 a ZPO der Beklagten aufzuerlegen. Denn die Auskunftsklage sei ursprünglich zulässig und begründet gewesen.

II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsverstoß die Sachbefugnis der Klägerin zur Geltendmachung der auf § 27 Abs. 1 UrhG gestützten Vergütungsansprüche bejaht. Für die Wahrnehmungsbefugnis der Klägerin spricht eine von der Beklagten nicht widerlegte Vermutung.

a) Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, greift hier allerdings nicht die von der Rechtsprechung anerkannte sogenannte GEMA-Vermutung ein. Diese Vermutung, die sich auch auf die bei der musikalischen Vertonung von Filmen verwendete Musik erstreckt, setzt voraus, daß die Klägerin hinsichtlich der wahrgenommenen Rechte über eine tatsächliche Monopolstellung verfügt, das heißt, daß sie sich auf einen lückenlosen oder nahezu lückenlosen Bestand an in- und ausländischen Rechten berufen kann (BGHZ 95, 274, 275 f – GEMA-Vermutung I; BGH, Urt. v. 15.10.1987 – I ZR 96/85, GRUR 1988, 296, 297 – GEMA-Vermutung IV). Davon kann nach den in anderen Verfahren, die an den Senat gelangt sind, getroffenen Feststellungen jedenfalls bezüglich der aus amerikanischer Produktion stammenden Bildtonträger – dies sind nach dem Vorbringen der Beklagten 70 % des bei ihr vorhanden gewesenen Bestandes – gegenwärtig nicht ausgegangen werden, und zwar unabhängig davon, ob es sich bei den von der Beklagten vermieteten Filmen um die Videozweitauswertung von Spielfilmen oder um originäre Videoproduktionen handelt (vgl. BGH GRUR 1988, 296, 297 ff – GEMA-Vermutung IV). Die Klägerin hat auch im jetzigen Verfahren keinen lückenlosen Rechtserwerb hinsichtlich aller Bildtonträger amerikanischer Herkunft dargelegt. Danach kommt es auf das Vorbringen der Revision, dessen Verwertung als in der Revisionsinstanz unzulässig die Revisionserwiderung rügt, nicht an, die Klägerin habe in dem vor der Schiedsstelle anhängigen Verfahren Sch-Urh 4/86 selbst eingeräumt, insoweit gegenwärtig noch nicht zur Geltendmachung der Ansprüche nach § 27 Abs. 1 UrhG ermächtigt zu sein.

b) Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß sich die Vermutung der Sachbefugnis der Klägerin aber aus § 13 b Abs. 2 Satz 1 UrhWahrnG ergibt (vgl. auch Sen.Urt. v. 2.2.1989 – I ZR 100/87 – Kauf mit Rückgaberecht, Umdruck S. 7). Nach dieser Bestimmung wird bei der Geltendmachung eines Vergütungsanspruchs nach § 27 Abs. 1 UrhG durch eine Verwertungsgesellschaft vermutet, daß sie die Rechte aller Berechtigten wahrnimmt. Ein solcher Fall ist hier gegeben.

Die Ansicht der Revision, § 13 b Abs. 2 Satz 1 UrhWahrnG sei restriktiv auszulegen und jedenfalls nicht auf die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen nach § 27 Abs. 1 UrhG aus der Vermietung von Bildtonträgern ausländischer Herkunft anzuwenden, ist weder mit dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Regelung vereinbar. Der Wortlaut umfaßt ohne jede Einschränkung alle Vergütungsansprüche nach § 27 Abs. 1 UrhG, unabhängig davon, ob die vermieteten Bildtonträger aus inländischer oder ausländischer Produktion stammen. Anders als die Revision meint, ergeben sich aus der Entstehungsgeschichte keine gegenteiligen Anhaltspunkte. Nach der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf soll die durch die UrhG-Novelle 1985 neu eingefügte Bestimmung die Durchsetzung urheberrechtlicher Ansprüche erleichtern. Durch die durch § 13 b Abs. 2 UrhWahrnG begründete Vermutung der Sachbefugnis für die Vergütungsansprüche nach §§ 27 Abs. 1 und 54 Abs. 1 und 2 UrhG wollte der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, daß der einzelne Miet-, Leih- und Vervielfältigungsvorgang bei diesen Ansprüchen üblicherweise nicht erfaßt wird, so daß die klagende Verwertungsgesellschaft nicht in der Lage wäre, ihre Sachbefugnis darzulegen und zu beweisen (Begründung BT-Drucks. 10/837 S. 22 f). Für die Annahme der Revision, der Gesetzgeber habe seinerzeit von den Ansprüchen nach § 27 Abs. 1 UrhG nur die Bibliotheksabgabe im Blick gehabt, findet sich in den Materialien kein Anhalt. Es trifft auch nicht zu, daß zum Zeitpunkt der UrhG-Novelle 1985 deshalb nicht die Absicht bestanden haben könne, das Inkasso der Klägerin in den Fällen der Vermietung von Videokassetten zu erleichtern, weil sie dieses Inkasso erst seit zwei bis drei Jahren betreibe. Davon abgesehen, daß dieses Vorbringen neu und deshalb revisionsrechtlich unbeachtlich ist, weist die Klägerin in ihrer Revisionserwiderung aber zu Recht darauf hin, daß ihre „Vergütungssätze V-BT (P) für das Vermieten oder Verleihen von Bildtonträgern durch Videotheken …” bereits vom 1. Januar 1983 datieren. Es ist im übrigen auch nicht ersichtlich, warum die vom Gesetzgeber anerkannte Notwendigkeit, den Verwertungsgesellschaften die Durchsetzung der Vergütungsansprüche nach §§ 27, 54 UrhG zu erleichtern, bei den streitgegenständlichen Ansprüchen aus der Vermietung von Videokassetten nicht gelten soll. Die nach §§ 27, 54 UrhG vergütungspflichtigen Miet-, Leih- und Vervielfältigungsvorgänge weisen die Gemeinsamkeit auf, daß ihre tatsächliche Erfassung durch die fehlende Lizenzpflicht erschwert ist; die Vergütungsansprüche, die nicht vom einzelnen Berechtigten, sondern nur von einer Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden können, entstehen mit der tatsächlichen Nutzung, ohne daß diese einen Rechtserwerb voraussetzt.

Der Einwand der Revision, auch die Vermutung des § 13 b Abs. 2 Satz 1 UrhWahrnG setze als Vermutungsbasis voraus, daß die Klägerin hinsichtlich der jeweils wahrgenommenen Rechte über eine tatsächliche Monopolstellung verfüge, greift nicht durch (das OLG Oldenburg hat seine im Urteil vom 17.7.1986 – 1 U 40/86 vertretene Rechtsansicht, auf die die Revision sich beruft, inzwischen aufgegeben, vgl. OLG Oldenburg NJW-RR 1988, 1205, 1206). Das Berufungsgericht hat insoweit zu Recht angenommen, daß es sich bei der Vermutung des § 13 b Abs. 2 Satz 1 UrhWahrnG nicht um eine tatsächliche Vermutung handelt, die durch die Typizität des Geschehens und Erfahrungssätze gerechtfertigt wird, sondern um eine gesetzliche Vermutung im Sinne des § 292 ZPO. Sie greift ein, wenn der gesetzliche Tatbestand erfüllt ist. Dieser setzt eine tatsächliche Monopolstellung der Verwertungsgesellschaft nicht voraus. Andernfalls würde die Vermutungsregelung auch kaum praktische Bedeutung besitzen. Denn nach § 13 b Abs. 2 Satz 2 UrhWahrnG gilt die Vermutung nur dann, wenn der Vergütungsanspruch von allen berechtigten Verwertungsgesellschaften gemeinsam geltend gemacht wird. Im übrigen läßt die Regelung des § 13 b Abs. 2 Satz 3 UrhWahrnG erkennen, daß der Gesetzgeber die Vermutung der Sachbefugnis auch für den Fall eines lückenhaften Rechtsbestandes der Verwertungsgesellschaft aufstellen wollte. Denn nach dieser Regelung hat die Verwertungsgesellschaft den zur Zahlung Verpflichteten von den Vergütungsansprüchen der Berechtigten freizustellen, für die sie Zahlungen erhält, ohne deren Rechte wahrzunehmen. Das Bedenken der Revision, die gesetzliche Vermutung führe bei dem dargelegten Verständnis im Endergebnis zu einer Ersetzung der fehlenden Aktivlegitimation und Entreicherung (hier der ausländischen) Berechtigten zugunsten (hier inländischer) Nichtberechtigter, greift nicht durch. Zum einen hat jeder Berechtigte die Möglichkeit, über eine Verwertungsgesellschaft eine Beteiligung an den Einnahmen zu erlangen. Sodann verbleibt der Beklagten aber auch die Möglichkeit, die zunächst zugunsten der Klägerin vermutete Wahrnehmungsbefugnis zu widerlegen. Daß die Verwertungsgesellschaft gleichwohl Zahlungen für Berechtigte erhalten kann, deren Rechte sie nicht wahrnimmt, hat der Gesetzgeber gesehen und für billig gehalten. Er hat die zur Zahlung Verpflichteten auf den Freistellungsanspruch gegen die Verwertungsgesellschaft verwiesen (vgl. § 13 b Abs. 2 Satz 3 UrhWahrnG).

Zu Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, daß die Beklagte die für die Sachbefugnis der Klägerin sprechende Vermutung nicht widerlegt hat. Da Vermutungsgrundlage nicht eine tatsächliche Monopolstellung der Verwertungsgesellschaft ist, reicht es nicht aus, daß die Beklagte Lücken im Rechtsbestand der Klägerin darlegt. Die Widerlegung der Vermutung erfordert vielmehr – worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat –, daß die Beklagte für jeden Bildtonträger-Titel, der zum Bestand ihres Vermietungsbetriebes gehörte, im einzelnen darlegt, daß die Rechte an der auf dem Bildtonträger enthaltenen Musik nicht der Klägerin zur Wahrnehmung übertragen worden sind, weil sie z.B. noch beim Produzenten verblieben oder einer anderen Verwertungsgesellschaft als der Klägerin zur Wahrnehmung übertragen worden sind. Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Beklagten, die weder Titel noch Produzenten oder Komponisten genannt hat, nicht gerecht. Das pauschale Bestreiten der Wahrnehmungsbefugnis der Klägerin hinsichtlich der Bildtonträger amerikanischer Herkunft reicht nicht aus. Es trifft im übrigen nicht zu, daß die Klägerin – wie die Revision meint – die Wahrnehmungsbefugnis insoweit nicht über Gegenseitigkeitsverträge mit ausländischen Schwestergesellschaften erworben haben könne, weil ein Vergütungsanspruch der streitgegenständlichen Art nur im deutschen Urheberrecht existiere und im Ausland völlig unbekannt sei. Die Revision übersieht, daß die Verwertungsgesellschaften sich in der Regel die Wahrnehmungsbefugnis an den weltweiten Rechten einräumen lassen, so daß es grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob ein dem § 27 UrhG entsprechender Vergütungsanspruch auch in dem Staat besteht, dem der ausländische Berechtigte angehört. Die Berechtigung der amerikanischen Staatsangehörigen ergibt sich vorliegend für den in Betracht kommenden Anspruchszeitraum von 1981 – 1985 aus § 121 Abs. 4 UrhG i.V.m. dem auf dem Prinzip der Inländerbehandlung beruhenden Welturheberrechtsabkommen.

Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, die gesetzliche Vermutung sei hier deshalb nicht anzuwenden, weil die geltend gemachten Vergütungsansprüche vor dem Inkrafttreten des § 13 b UrhWahrnG (1. Juli 1985) entstanden seien. Zwar enthält das Änderungsgesetz vom 24. Juni 1985 (BGBl I 1137) keine Übergangsregelung. Die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung, die durch § 13 b UrhWahrnG begründete Vermutung sei auch auf zurückliegende Sachverhalte anzuwenden, ist jedoch im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dabei kann es auf sich beruhen, ob die gesetzliche Vermutung – wie das Berufungsgericht angenommen hat (so auch Baumbach/Hartmann, ZPO 47. Aufl. § 292 Anm. 2) – als Beweiserleichterungsregel dem Prozeßrecht zuzuordnen ist oder ob sie – wie die Revision meint (ebenso Stein/Jonas/Leipold, ZPO 20. Aufl. § 292 Rdn. 10 und § 286 Rdn. 54 f m.w.N.) – als Beweislastregel einen materiell-rechtlichen Charakter hat; die Rechtssätze über die Beweislast werden heute allgemein nicht als prozessual angesehen, sondern dem materiellen Recht zugeordnet, da Beweislastnorm und materieller Rechtssatz eng miteinander verbunden sind (BGH, Urt. v. 17.2.1983 – III ZR 184/81, MDR 1983, 734). Selbst wenn die gesetzliche Vermutung des § 13 b UrhWahrnG in ihren Auswirkungen über reines Prozeßrecht hinausgeht, so erscheint es vorliegend gleichwohl gerechtfertigt, von dem Grundsatz auszugehen, daß eine geänderte Verfahrensvorschrift in aller Regel auch auf zurückliegende Sachverhalte anzuwenden ist (vgl. BGHZ 4, 266, 273; für die rückwirkende Anwendung geänderten Prozeßrechts auf anhängige Verfahren auch BVerfGE 11, 139, 146 f; 24, 33, 55). Denn das Schwergewicht der Regelung des § 13 b UrhWahrnG liegt trotz ihres materiellen Einschlags im prozessualen Bereich. Sie dient der prozessualen Durchsetzung eines Anspruchs, dessen materiell-rechtliche Voraussetzungen nach einer anderen Norm erfüllt sein müssen. Die Vermutung wirkt sich hier auf die nach § 27 Abs. 1 UrhG bestehende Vergütungspflicht als solche nicht rechtsbegründend aus. Der nach § 27 Abs. 1 UrhG Verpflichtete kann zwar grundsätzlich darauf vertrauen, daß die materiell-rechtlichen Voraussetzungen dieser Bestimmung nicht rückwirkend geändert werden. Dies gilt aber nicht für prozessuale Vorschriften (BVerfGE 24, 33, 55) und dementsprechend auch nicht für eine Bestimmung, die – wie hier – ihre Auswirkungen nur im Prozeß entfaltet. Der nach § 27 Abs. 1 UrhG Verpflichtete kann nicht darauf vertrauen, daß dem Berechtigten, der seinen Vergütungsanspruch nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend machen kann, die prozessuale Durchsetzung dieses Anspruchs nicht durch Gesetz oder eine Fortentwicklung der Rechtsprechung auch für zurückliegende Sachverhalte erleichtert wird. Er kennt seine Vergütungspflicht und muß grundsätzlich auch davon ausgehen, daß ein Berechtigter vorhanden ist. Ein etwaiges Vertrauen auf eine in der Vergangenheit erschwerte Anspruchsdurchsetzung verdient keinen Schutz; dies um so weniger, als die Verwertungsgesellschaft aufgrund der Vermutung des § 13 b UrhWahrnG nur bis zum Beweis des Gegenteils als wahrnehmungsberechtigt angesehen wird, dem Verpflichteten also in vollem Umfang die Möglichkeit zur Widerlegung der Vermutung verbleibt.

Das weitere Erfordernis für die Annahme einer gesetzlichen Vermutung, daß der Vergütungsanspruch nach § 27 Abs. 1 UrhG nur von allen berechtigten Verwertungsgesellschaften gemeinsam geltend gemacht werden kann, ist nach den unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt. Danach hat sich die Klägerin die Rechte aller anderen in Betracht kommenden Verwertungsgesellschaften übertragen lassen.

2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch die Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs nach § 27 Abs. 1 UrhG bejaht. Es ist aufgrund der GEMA-Vermutung davon auszugehen, daß die streitgegenständlichen Bildtonträger urheberrechtlich geschützte Musik enthalten. Dies wird von der Revision nicht angegriffen. Sie wendet sich auch nicht gegen die Heranziehung des Tarifs V-BP (P) der Klägerin und gegen die Berechnung der Klageforderung im einzelnen.

3. Soweit sich die Beklagte dagegen wendet, daß das Berufungsgericht ihr die Kosten für den erledigten Teil des Rechtsstreits auferlegt hat (§ 91 a ZPO), ist die Revision als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO ist auch dann nicht mit der Revision anfechtbar, wenn sie – wie hier – in einer im übrigen zur Nachprüfung in der Revisionsinstanz stehenden Entscheidung enthalten ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.2.1967 – V ZR 110/65, NJW 1967, 1131).

III. Die Revision ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

 

Unterschriften

v. Gamm, Piper, Erdmann, Teplitzky, Mees

 

Fundstellen

Haufe-Index 1127357

NJW 1990, 451

GRUR 1989, 819

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