Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Frankfurt/Main vom 26. Mai 1961 aufgehoben, soweit das Oberlandesgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das dabei auch über die Kosten der Revision zu befinden hat.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger sowie die Beklagten zu 2 a und b sind die alleinigen Gesellschafter der Beklagten zu 1, einer offenen Handelsgesellschaft, die seit dem Jahre 1952 die Gaststätte „Z…” in … … R… betreibt. Zunächst waren alle drei Gesellschafter zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet. Der Kläger gab zum 31. Dezember 1958 seine Stellung als Geschäftsführer der Gesellschaft im Einverständnis mit den übrigen Gesellschaftern auf.

Mit der Klage verlangt der Kläger Einsicht in die Handelsbücher und sämtliche Papiere, soweit sie Geschäftsvorgänge seit Gründung der Gesellschaft (1952) betreffen, und zwar in erster Linie Einsicht durch den Steuerberater H…, hilfsweise Einsicht durch ihn – den Kläger – unter Hinzuziehung des genannten Steuerberaters.

Die Beklagten wenden sich gegen die Einsicht durch den Steuerberater H … oder seine Hinzuziehung bei einer Einsicht durch den Kläger. Sie haben eine Reihe von Gründen gegen die Person dieses Steuerberaters vorgetragen, auf die sie ihr Ablehnungsrecht stützen. Außerdem bezweifelt die Beklagte zu 1 ihre Passivlegitimation.

Das Landgericht hat nach dem Hauptantrag, das Oberlandesgericht nach dem Hilfsantrag erkannt. Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihren Abweisungsantrag weiter, während der Kläger um Zurückweisung der Revision bittet.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Revision stellt zunächst die Frage zur Nachprüfung, ob auch die Beklagte zu 1 für den geltend gemachten Informationsanspruch passiv legitimiert sei. Diese Frage ist unbedenklich zu bejahen. Das Informationsrecht des Gesellschafters ist Ausfluß seiner Mitgliedschaft und richtet sich in erster Linie gegen die Gesellschaft. Diese hat, durch ihren oder ihre geschäftsführenden Gesellschafter einem solchen Anspruch zu genügen. Das steht in der höchstrichterlichen Rechtsprechung fest (RG DR 1942, 279; BGH Urt. v. 29. September 1955 – II ZR 66/54; vgl. auch BGHZ 25, 115). Daneben kann dieser Anspruch auch gegen die ein einzelnen Mitgesellschafter persönlich verfolgt werden, wofür im Einzelfall durchaus sachlich berechtigte Gründe sprechen (vgl. RG DR 1944, 246; BGB-RGRK § 705 Anm. 27).

II.

Das Berufungsgericht ist der Meinung, die von den Beklagten vorgetragenen Gründe gegen die Person des Steuerberaters H… seien nicht ausreichend, um die Ablehnung dieses Sachverständigen durch die Beklagten zu rechtfertigen.

Gegen diese Meinung richtet die Revision eine Reihe von Verfahrensrügen. Diese Rügen sind begründet.

1. Das Informationsrecht eines jeden Gesellschafters ist ein solches höchstpersönlicher Art. Es muß daher grundsätzlich von dem Gesellschafter selbst ausgeübt werden. Die Gesellschaft braucht es sich im allgemeinen nicht gefallen zu lassen, daß ein Gesellschafter einen Bevollmächtigten mit der Wahrnehmung seines Informationsrechts betraut (vgl. dazu BGHZ 25, 122/23).

Ungeachtet dieses höchstpersönlichen Charakters hat es die Rechtsprechung unter Billigung des Schrifttums aus praktischen Gründen zugelassen, daß der einsichtsberechtigte Gesellschafter bei Ausübung seines Informationsrechts einen geeigneten Sachverständigen hinzuzieht. Das ist mit Rücksicht auf die gesellschaftliche Treuepflicht gerechtfertigt, die auch die Gesellschaft gegenüber dem einzelnen Gesellschafter zu wahren hat. Denn in den meisten Fällen wird eine sachgerechte Ausübung des Informationsrechts für den einzelnen Gesellschafter nur möglich sein, wenn er dabei den Rat, die Sachkunde und die Unterstützung eines Buchsachverständigen zur Hand hat. Nur wo das in einem Ausnahmefall nach Lage der Dinge – und die Gesellschaft hat das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls zu beweisen – einmal nicht notwendig ist, entfällt das Recht des Gesellschafters auf Hinzuziehung eines Sachverständigen bei Ausübung seines Informationsrechts. Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben, wie das Berufungsgericht ohne Verfahrensverstoß feststellt.

2. Der Gesellschafter darf nur einen geeigneten Sachverständigen zuziehen. Das wird im allgemeinen ein Wirtschaftsprüfer, ein vereidigter Buchprüfer oder ein Steuerberater sein, die zur beruflichen Verschwiegenheit verpflichtet sind. Im Einzelfall können sich jedoch aus der Person eines ausgewählten Buchsachverständigen, auch wenn er einem der genannten Berufsstände angehört, Gründe ergeben, die die Gesellschaft zur Ablehnung gerade dieses Sachverständigen berechtigen. Denn bei Ausübung dieses Rechts, das dem einzelnen Gesellschafter im Hinblick auf die gesellschaftliche Treuepflicht der Gesellschaft gegeben ist, muß auch er diese gesellschaftliche Treuepflicht wahren und darf sich demzufolge bei der Auswahl des Sachverständigen nicht über berechtigte Interessen der Gesellschaft hinwegsetzen. Im Einzelfall kann die Frage, ob ein ausgewählter Sachverständiger aus Gründen in seiner Person von der Gesellschaft mit Recht abgelehnt wird, nur unter sorgfältiger Abwägung der beiderseitigen widerstreitenden Interessen beantwortet werden. So wird die Ablehnung eines ausgewählten Sachverständigen nicht darauf gestützt werden können, daß dieser mit dem einsichtsberechtigten Gesellschafter eng verbunden ist und von diesem auch in anderen Dingen zur Beratung und Interessenwahrnehmung hinzugezogen wird. Denn das Informationsrecht des Gesellschafters ist ein sog. eigennütziges Recht, das dem Gesellschafter zur Wahrung eigener Rechte innerhalb der Gesellschaft zusteht. Es kann daher nicht beanstandet werden, wenn der Gesellschafter bei Ausübung dieses Rechts einen Buchsachverständigen hinzuzieht, der auch in anderer Hinsicht den Gesellschafter bei der Wahrnehmung seiner Interessen gegenüber der Gesellschaft unterstützt. Daraus folgt, daß ein Ablehnungsrecht der Gesellschaft gegenüber dem vom Kläger ausgewählten Sachverständigen H… nicht schon daraus hergeleitet werden kann, daß dieser bei der Anfertigung der Klageschrift mitgewirkt haben soll. Insoweit ist der Auffassung des Berufungsgerichts zuzustimmen.

3. Der Revision ist jedoch zuzugeben, daß das Berufungsgericht mit dieser Beurteilung den Vortrag der Beklagten nicht voll ausgeschöpft hat. Denn die Beklagten haben sich in diesem Zusammenhang weniger dagegen gewandt, daß der vom Kläger ausgewählte Sachverständige überhaupt einen maßgeblichen Anteil an der Anfertigung der Klageschrift genommen habe, als vielmehr dagegen, daß er für den angeblich verleumderischen Inhalt der Klageschrift verantwortlich sei. Dieses ist ein Umstand, der für das Ablehnungsrecht der Gesellschaft von Bedeutung ist und auf den das Berufungsgericht auch hätte eingehen müssen. Für das gedeihliche Zusammenarbeiten und Zusammenwirken innerhalb einer offenen Handelsgesellschaft sind gegenseitiges Vertrauen und gegenseitige Achtung besonders bedeutungsvoll. Dieses Vertrauen und diese Achtung zu wahren und zu erhalten ist für den Bestand einer solchen Gesellschaft notwendig und unerläßlich. Es ist daher ein berechtigtes und schutzwertes Anliegen der Gesellschaft, Einflüsse von außen abzuwenden, die geeignet sind, die persönlichen Beziehungen der Gesellschafter zueinander zu vergiften. Eine solche Einflußnahme seitens des Sachverständigen H… haben die Beklagten behauptet. Wenn es richtig ist, daß die von den Beklagten im einzelnen hervorgehobenen Stellen der Klageschrift bewußt unwahre Angaben enthalten, die auf den Steuerberater H… zurückzuführen sind, dann brauchen sich die Beklagten gerade ihn nicht als Sachverständigen des Klägers bei Ausübung seines Informationsrechts gefallen zu lassen. Ein solches Vorgehen, wie es die Beklagten von dem Sachverständigen des Klägers behaupten, geht über eine sachlich gerechtfertigte Interessenwahrnehmung hinaus und ist geeignet, die persönlichen Beziehungen der Gesellschafter in einer für die Beklagten unzumutbaren Weise zu vergiften.

Das gleiche gilt für weitere Behauptungen der Beklagten, mit denen sie die Ablehnung des vom Kläger ausgewählten Sachverständigen begründet haben. Nach diesen Behauptungen soll der Steuerberater H… durch sein Auftreten auch in drei anderen Gesellschaften Unfrieden und Zank unter den Gesellschaftern gestiftet haben, und es sei in diesen Gesellschaften stets wieder Frieden und Ordnung eingekehrt, sobald der Einfluß H…s in diesen Gesellschaften beseitigt worden sei. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind die dahingehenden Behauptungen der Beklagten durchaus so substantiiert, daß die dafür angebotenen Beweise hätten erhoben werden müssen.

Das Berufungsurteil muß demzufolge aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit die noch notwendigen Beweise erhoben werden können. Das Berufungsgericht hat dann auch über die Kosten der Revision zu entscheiden.

 

Fundstellen

MDR 1962, 639

MDR 1962, 719

MDR 1962, 721

MDR 1962, 804

MDR 1962, 805

MDR 1962, 817

DVBl. 1962, 866

DVBl. 1963, 441

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge