Entscheidungsstichwort (Thema)

Konkludente Genehmigung einer Einzugsermächtigungslastschrift durch Einzahlungen des Schuldners zur Herstellung der Kontendeckung

 

Leitsatz (amtlich)

a) Zur Frage der konkludenten Genehmigung einer Einzugsermächtigungslastschrift (im Anschluss an das BGH, Urt. v. 20.7.2010 - XI ZR 236/07, WM 2010, 1546, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

b) Stellt ein Schuldner in Kenntnis von Abbuchungen, die im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgen, durch konkrete Einzahlungen oder Überweisungen erst ausreichende Kontodeckung sicher, ohne die die kontoführende Bank die Lastschriften nicht ausgeführt hätte, so kann dies für eine Genehmigung der betreffenden Lastschriften durch schlüssiges Verhalten sprechen, wenn die Bank dadurch die Überzeugung gewinnen durfte, die Lastschriftbuchungen würden Bestand haben.

 

Normenkette

BGB § 684 S. 2

 

Verfahrensgang

OLG Hamburg (Urteil vom 14.11.2007; Aktenzeichen 11 U 152/07)

LG Hamburg (Entscheidung vom 24.05.2007; Aktenzeichen 334 O 11/07)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des OLG Hamburg vom 14.11.2007 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der y. oHG (im Folgenden: Schuldnerin) von der beklagten Bank die Auszahlung von Beträgen, die im vierten Quartal 2005 im Wege des Einzugsermächtigungsverfahrens von dem Girokonto der Schuldnerin abgebucht worden sind.

Rz. 2

Die Schuldnerin unterhielt bei der Beklagten ein Girokonto, für das Rechnungsabschlüsse jeweils zum Ende eines Kalenderquartals vereinbart waren. Nach Nr. 7 Abs. 4 der für diesen Girovertrag geltenden damaligen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (im Folgenden: AGB) mussten vom Kunden Einwendungen gegen einen Rechnungsabschluss spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach dessen Zugang schriftlich erhoben werden. Andernfalls galt der Rechnungsabschluss als genehmigt. Nach Nr. 7 Abs. 5 Satz 1 AGB war der Kunde weiter gehalten, "Einwendungen gegen Belastungen aus Einzugsermächtigungs-Lastschriften unverzüglich zu erheben". Die Genehmigung einer Belastungsbuchung galt nach Nr. 7 Abs. 5 Satz 3 AGB "spätestens dann als erteilt, wenn der Kunde nicht vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses, in dessen Saldo die Belastungsbuchung enthalten ist, Einwendungen gegen diese erhebt". Der Kunde war schließlich nach Nr. 11 Abs. 4 AGB verpflichtet, "Kontoauszüge ... auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit unverzüglich zu überprüfen und etwaige Einwendungen unverzüglich zu erheben".

Rz. 3

Der Rechnungsabschluss für das vierte Quartal 2005 lag der Schuldnerin am 2.1.2006 vor. Sie widersprach weder den darin enthaltenen Buchungen noch einem der von ihr nahezu täglich abgerufenen Tagesauszüge. Mit Beschluss vom 13.1.2006 wurde der Kläger von dem Insolvenzgericht H. zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt über das Vermögen der Schuldnerin bestellt. Er forderte die Beklagte am 16.1.2006 auf, keine Verfügungen über das Girokonto der Schuldnerin, das am folgenden Tag ein Guthaben von 11,33 EUR aufwies, zuzulassen. Am 7.2.2006 widersprach er pauschal sämtlichen im Einzugsermächtigungsverfahren vorgenommenen Belastungsbuchungen seit dem 1.10.2005. Diesen lagen sämtlich von der Schuldnerin erteilte Einziehungsermächtigungen und sachlich unstreitige Lieferantenforderungen zugrunde. Am 9.3.2006 begehrte der Kläger, der inzwischen mit Eröffnung der Insolvenz am 27.2.2006 zum Insolvenzverwalter bestellt worden war, zugunsten eines von ihm angegebenen Anderkontos die Erstattung sämtlicher Beträge, die seit dem 1.10.2005 im Einziehungsermächtigungsverfahren von dem Girokonto der Schuldnerin abgebucht worden waren. Die Beklagte überwies Teilbeträge auf dieses Konto, verweigerte jedoch die Rückbuchung i.H.v. 40.666,72 EUR, da sie insoweit wegen Ablaufs der nach dem Lastschriftabkommen zwischen den beteiligten Banken geltenden Frist die jeweiligen Gläubigerbanken nicht mehr belasten konnte.

Rz. 4

Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung des vorgenannten Betrags nebst Zinsen in Anspruch genommen.

Rz. 5

Das LG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 6

Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache ist auch dann wirksam, wenn sie - wie hier - durch den Einzelrichter des Berufungsgerichts ausgesprochen wird (BGH, Urt. v. 16.7.2003 - VIII ZR 286/02, NJW 2003, 2900 f.). Die auch im Übrigen zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

Rz. 7

Da der Kläger in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Ladung zum Termin nicht vertreten war, war über die Revision der Beklagten durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urt. v. 4.4.1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 f.).

I.

Rz. 8

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Rz. 9

Der Kläger habe den Lastschriftbuchungen aus dem vierten Quartal 2005 am 7.2.2006 wirksam widersprochen, da die Widerspruchsfrist nach Nr. 7 Abs. 4 AGB zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen sei. Eine frühere konkludente Genehmigung durch Hinnahme der die Einzelbuchungen ausweisenden Kontoauszüge komme nicht in Betracht, da die AGB keinen Raum für konkludente, vor dem in Nr. 7 Abs. 5 Satz 3 dieser Bedingungen genannten Zeitpunkt liegende Genehmigungen ließen. Deswegen komme es nicht entscheidend darauf an, ob in Entgegennahme und Kenntnisnahme von Kontoauszügen eine Genehmigung liegen könne. Soweit die AGB auf die Unverzüglichkeit der Prüfung und Geltendmachung von Unrichtigkeiten durch den Kunden abstellten, seien diese Regelungen widersprüchlich und deswegen gem. § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten auszulegen. Obgleich unstreitig anerkennenswerte Einwendungen gegen die Forderungen nicht bestünden, habe der Kläger sein Widerrufsrecht nicht rechtsmissbräuchlich ausgeübt. Die Rechte eines Insolvenzverwalters gingen insoweit weiter als die des Schuldners. Da die zugrunde liegenden Forderungen der Gläubiger noch nicht vollständig erfüllt worden seien, habe es sich um ungesicherte Insolvenzforderungen gehandelt, die nicht bevorzugt befriedigt werden dürften.

II.

Rz. 10

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht eine konkludente Genehmigung der im vierten Quartal 2005 erfolgten Lastschriftbuchungen durch die Schuldnerin abgelehnt hat, ist nicht frei von Rechtsfehlern.

Rz. 11

1. Das Berufungsgericht geht rechtlich zutreffend davon aus, dass auf Grundlage der für die streitigen Lastschriften geltenden Genehmigungstheorie (grundlegend BGH, Urt. v. 14.2.1989 - XI ZR 141/88, WM 1989, 520, 521; v. 11.4.2006 - XI ZR 220/05, BGHZ 167, 171 Rz. 12 ff. und zuletzt v. 20.7.2010 - XI ZR 236/07, WM 2010, 1546 Rz. 10 f., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) die im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Lastschriftbuchungen nicht insolvenzfest waren. Wenngleich ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt Belastungsbuchungen nicht aus eigenem Recht genehmigen kann, so ist er doch in der Lage, die Genehmigung des Schuldners und den Eintritt der Genehmigungsfiktion zu verhindern, indem er - wie der Kläger am 7.2.2006 - solchen Belastungsbuchungen widerspricht (BGH, Urt. v. 25.10.2007 - IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 Rz. 19 und Rz. 24; v. 29.5.2008 - IX ZR 42/07, WM 2008, 1327 Rz. 9; v. 10.6.2008 - XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69 Rz. 38; v. 20.7.2010 - XI ZR 236/07, WM 2010, 1546 Rz. 11).

Rz. 12

2. Weiter zutreffend hat das Berufungsgericht untersucht, ob bereits die Schuldnerin die zunächst unberechtigten Belastungen ihres Kontos genehmigt hat. Wenn für die streitigen Belastungsbuchungen vor Anordnung des Zustimmungsvorbehalts (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO) am 13.1.2006 von der Schuldnerin Genehmigungen erteilt worden sein sollten, wäre der vom Kläger am 7.2.2006 erklärte Widerspruch wirkungslos. Allerdings hält die Begründung, mit der das Berufungsgericht eine Genehmigung der Schuldnerin durch schlüssiges Verhalten abgelehnt hat, revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.

Rz. 13

a) Von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei eine fingierte Genehmigung gem. Nr. 7 Abs. 5 Satz 3 AGB, die nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts in den Girovertrag zwischen Schuldnerin und Beklagter einbezogen waren, abgelehnt. Der Kläger hat nämlich den Eintritt einer Genehmigungsfiktion für die im vierten Quartal 2005 erfolgten Belastungsbuchungen, die in dem vereinbarungsgemäß zum Quartalsende am 31.12.2005 erstellten Rechnungsabschluss enthalten waren, durch seinen am 7.2.2006 ggü. der Beklagten umfassend erklärten Widerspruch verhindert. Zu diesem Zeitpunkt waren seit Zugang des Rechnungsabschlusses am 2.1.2006 noch keine sechs Wochen verstrichen.

Rz. 14

b) Rechtsfehlerhaft ist jedoch das Berufungsgericht davon ausgegangen, eine konkludente Genehmigung komme vor Ablauf der in Nr. 7 Abs. 5 Satz 3 AGB genannten Frist nicht in Betracht.

Rz. 15

Der Senat kann die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung AGB uneingeschränkt überprüfen, da diese über den Bezirk eines Berufungsgerichts hinaus Verwendung finden (BGH, Urt. v. 21.4.2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rz. 11; v. 13.4.2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Rz. 20, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

Rz. 16

Die Auslegung von Nr. 7 Abs. 5 Satz 3 AGB durch das Berufungsgericht ist bereits mit dem Wortlaut nicht zu vereinbaren. Danach gilt die Genehmigung "spätestens" dann als erteilt, wenn der Kunde innerhalb der genannten Frist von sechs Wochen keine Einwendungen erhoben hat. Die Regelung ordnet mithin eine Höchstfrist an, nach deren Ablauf die Genehmigung der Lastschriftbuchung fingiert wird, und lässt die Möglichkeit einer früheren Genehmigung der Lastschrift durch den Schuldner zu. Ebenso verlangt der Regelungszweck der Klausel, den Kunden zu einer möglichst frühzeitigen Klärung des Bestands von Lastschriften anzuhalten, eine Frist, die vom Schuldner bei Genehmigung von Lastschriftbuchungen ohne Weiteres unterschritten werden kann (s. zu der entsprechenden Klausel in den AGB-Banken a.F. bzw. AGB-Sparkassen aF: BGH, Urt. v. 20.7.2010 - XI ZR 236/07, WM 2010, 1546 Rz. 43; Bunte in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 12 Rz. 31; Casper in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 3 Rz. 38; Danco, ZBB 2002, 136, 138; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rz. 96; Pamp in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., Rz. B 33).

Rz. 17

Das folgt insb. auch aus Nr. 7 Abs. 5 Satz 1 AGB, wonach der Kunde Einwendungen gegen Belastungen aus Einzugsermächtigungs-Lastschriften "unverzüglich" zu erheben hat. In Übereinstimmung damit ist der Kontoinhaber nach Nr. 11 Abs. 4 AGB allgemein gehalten, Kontoauszüge laufend zu prüfen und Einwendungen "unverzüglich" geltend zu machen. Bei systematischem Verständnis dieser Klauseln besteht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht nur kein Widerspruch zu der Regelung in Nr. 7 Abs. 5 Satz 3 AGB; vielmehr belegen diese Klauseln zusätzlich, dass der Kontoinhaber bereits vor Ablauf der eine Genehmigungsfiktion auslösenden Frist die auf Lastschriften beruhenden und in einem Kontoauszug aufgeführten Buchungen laufend und zeitnah zu überprüfen hat. Sie wiederholen damit eine nach allgemeinem Verständnis bereits aufgrund der §§ 242, 254 BGB bestehende Obliegenheit des Bankkunden (vgl. Bunte in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 16 Rz. 28). Der Kontoinhaber kann deswegen nicht erwarten, aus seinem Verhalten könnten vor Ablauf der Sechswochenfrist keine Rechtsfolgen abgeleitet werden (BGH, Urt. v. 20.7.2010 - XI ZR 236/07, WM 2010, 1546 Rz. 43).

III.

Rz. 18

Die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob die Schuldnerin die streitigen Lastschriftbuchungen konkludent genehmigt hat.

Rz. 19

1. Zwar spricht das Berufungsgericht in ergänzenden Erwägungen, auf die es seine Entscheidung allerdings nicht stützt, zutreffend an, dass schlichtes Schweigen des Kontoinhabers auf ihm zugegangene Kontoauszüge ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht als Genehmigung der darin enthaltenen Lastschriftbuchungen gewertet werden kann (s. BGH, Urt. v. 24.6.1985 - II ZR 277/84, BGHZ 95, 103, 108; v. 6.6.2000 - XI ZR 258/99, BGHZ 144, 349, 354; v. 25.10.2007 - IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 Rz. 33 m.w.N.). Auch der Tatsache, dass die Schuldnerin in Kenntnis der Belastungsbuchungen ihr Konto bis zur Erklärung des Widerspruchs durch den Kläger weitergenutzt hat, hat das Berufungsgericht zu Recht keine für sich entscheidende Bedeutung zugemessen. Die kontoführende Bank kann allein aus weiteren Kontodispositionen nicht entnehmen, der Kontoinhaber billige den um die früheren Lastschriftbuchungen geminderten Kontostand (BGH, Urt. v. 20.7.2010 - XI ZR 236/07, WM 2010, 1546 Rz. 45, 47).

Rz. 20

2. Jedoch schöpft das Berufungsgericht damit den von den Parteien zur Frage einer konkludenten Genehmigung von Lastschriftbuchungen vorgetragenen Sachverhalt nicht aus. Feststellungen zu einer konkludent erklärten Genehmigung sind zwar als Ergebnis tatrichterlicher Auslegung im Revisionsverfahren nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (BGH, Urt. v. 23.9.2009 - VIII ZR 300/08, NJW 2010, 1133 Rz. 12 m.w.N.). Zu untersuchen ist jedoch, ob alle erheblichen Umstände umfassend gewürdigt worden sind (BGH, Urt. v. 13.1.2009 - XI ZR 66/08, WM 2009, 402 Rz. 25 m.w.N.). Dieser Überprüfung halten die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht stand.

Rz. 21

a) Die Revision weist zu Recht auf den unbestrittenen Vortrag der Beklagten in der Klageerwiderung hin, dass es sich bei den Belastungsbuchungen ausschließlich um Entgelt für die Leistungen von zwei Lieferanten der Schuldnerin, die C. GmbH & Co. KG und die O. GmbH, gehandelt habe, die den Gewerbebetrieb der Schuldnerin regelmäßig mit Waren versorgt hätten. Jedenfalls im unternehmerischen Geschäftsverkehr, in dem Lastschriftbuchungen von dem Kontoinhaber im Allgemeinen zeitnah nachvollzogen werden, kann bei regelmäßigen Lastschriften, denen der Schuldner bislang nicht widersprochen hat, mit dessen Kenntnis von einem neuen in der Höhe nicht wesentlich abweichenden Lastschrifteinzug nach einer angemessenen Überlegungsfrist bei der kontoführenden Bank die berechtigte Erwartung entstehen, auch diese Belastungsbuchungen sollten Bestand haben (vgl. BGH, Urt. v. 20.7.2010 - XI ZR 236/07, WM 2010, 1546 Rz. 48). Dies liegt jedenfalls dann nahe, wenn - wie hier von der Beklagten vorgetragen - den Lastschriftbuchungen ausschließlich Forderungen aus laufender Geschäftsbeziehung zugrunde lagen und der Schuldner wiederholten, erheblichen Kontobelastungen hieraus niemals zuvor widersprochen hat.

Rz. 22

b) Zudem hat die Beklagte in ihrem von dem Kläger zu den Akten gereichten Schreiben vom 18.4.2006 darauf hingewiesen, dass die einzelnen Lastschriften in dem Zeitraum Oktober bis Dezember 2005 erst durch entsprechende Bareinzahlungen der Schuldnerin ermöglicht worden seien, weil die jeweiligen Lastschriften andernfalls nicht ausgeführt worden wären. Auch dies könnte ggf. dafür sprechen, dass aus Sicht der Beklagten die betreffenden Lastschriften von der Schuldnerin nach Grund und Höhe durch schlüssiges Verhalten genehmigt worden sind.

Rz. 23

Stellt ein Schuldner in Kenntnis laufender Abbuchungen von Lieferanten durch konkrete Einzahlungen oder Überweisungen erst ausreichende Kontodeckung sicher, ohne die die kontoführende Bank die Lastschriften nicht ausgeführt hätte, so kann dies für eine Genehmigung der einzelnen Lastschriften sprechen (vgl. OLG München, ZInsO 2010, 87, 90 f.; Zuleger/Wegmann in Beck/Depré, Praxis der Insolvenz, 2. Aufl., § 26 Rz. 46; s. auch OLG Koblenz WM 2010, 450, 453). Der Kontoinhaber will damit zur Sicherung der Fortführung seines Gewerbes ersichtlich eine Rückbuchung des jeweiligen Lastschriftbetrags mangels Deckung seines Kontos vermeiden. Sichert ein Kunde jedoch durch zeitnahe Dispositionen die Einlösung ihm bekannter, laufender Lastschriften, so kann das bei der kontoführenden Bank - jedenfalls nach Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist - die berechtigte Überzeugung begründen, der Schuldner wolle die jeweiligen Forderungen der Lieferanten uneingeschränkt erfüllen und die Lastschriftbuchungen würden deswegen Bestand haben.

IV.

Rz. 24

Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Rz. 25

Sofern es für die weitere Entscheidung auf Gegenansprüche der Beklagten ankommen sollte, weist der Senat darauf hin, dass entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten nach den bisher getroffenen Feststellungen aus Nr. 7 Abs. 5 Satz 2 AGB kein Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen die Pflicht aus Nr. 7 Abs. 5 Satz 1 AGB zusteht.

Rz. 26

Die danach bestehende Pflicht des Kontoinhabers, Einwendungen gegen Lastschriften unverzüglich zu erheben, ist allerdings nicht entfallen, weil - wie das Berufungsgericht meint - insoweit Regelungen in den AGB widersprüchlich wären. Die Klauseln in Nr. 11 Abs. 4 und Nr. 7 Abs. 5 AGB verpflichten vielmehr übereinstimmend den Kontoinhaber, Einwendungen gegen Belastungsbuchungen unverzüglich zu erheben. Ebenso ist anerkannt, dass ein Verstoß des Kunden gegen diese Prüfungspflicht in beiden Fällen Schadensersatzansprüche der kontoführenden Bank begründen kann (vgl. BGH, Urt. v. 29.5.1978 - II ZR 166/77, BGHZ 72, 9, 14 f.; v. 29.1.1979 - II ZR 148/77, BGHZ 73, 207, 211; v. 24.6.1985 - II ZR 277/84, BGHZ 95, 103, 108 f.; v. 6.6.2000 - XI ZR 258/99, BGHZ 144, 349, 356; v. 20.7.2010 - XI ZR 236/07, WM 2010, 1546 Rz. 54).

Rz. 27

Eine Pflichtverletzung der Schuldnerin kommt - entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht - im vorliegenden Fall jedoch nicht in Betracht, weil sie selbst keinen - und damit auch keinen verspäteten - Lastschriftwiderspruch erhoben hat. Die Genehmigungsfiktion ist unterblieben, weil die Schuldnerin durch Anordnung des insolvenzrechtlichen Zustimmungsvorbehalts ihre alleinige Verfügungsbefugnis verloren und der Kläger seine Zustimmung verweigert hat (vgl. BGH, Urt. v. 20.7.2010 - XI ZR 236/07, WM 2010, 1546 Rz. 54). Darin kann eine Pflichtverletzung der Schuldnerin nicht gesehen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2551819

BB 2010, 3097

DB 2010, 2724

EBE/BGH 2010

EWiR 2011, 153

JurBüro 2011, 219

WM 2010, 2307

WuB 2011, 123

ZIP 2010, 2407

DZWir 2011, 154

MDR 2011, 57

ZInsO 2010, 2393

ZInsO 2011, 700

Kreditwesen 2011, 237

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