Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf von Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren durch den vorläufigen Insolvenzverwalter

 

Leitsatz (amtlich)

Auch wenn nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Bk innerhalb von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses Einwendungen gegen Lastschriftbuchungen erhoben werden können, ist ein Widerruf jedenfalls dann nicht möglich, wenn eine konkludente Genehmigung der Lastschriftbuchungen vorliegt. Dies kann bei Lastschriftabbuchungen von Dauerschuldverhältnissen - Leasingraten, Telefonkosten, Energie- und Sozialversicherungsbeiträgen - der Fall sein, insbesondere wenn der Kunde und spätere Insolvenzschuldner durch tägliche Kundendispositionen auf einem ausschließlich auf Guthabenbasis zu führenden Online-Konto zum Ausdruck gebracht hat, das er die Lastschriftbuchungen nicht rückgängig machen wollte (in Anknüpfung an Rspr. des IX. in BHGZ 144, 349, 354 = ZIP 2000, 1379; BGH v. 25.10.2007 - IX ZR 217/06, ZIP 2007, 2273 = WM 2007. 2246; BGH Urt. v. 10.6.2008 - XI ZR 283/07, ZIP 2008, 1977).

 

Normenkette

InsO §§ 21-22; BGB §§ 242, 826

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 02.12.2008; Aktenzeichen 8 O 25/08)

 

Tenor

1) Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des LG Mainz vom 2.12.2008 wird zurückgewiesen.

2) Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger als vorläufiger Insolvenzverwalter Einziehungsermächtigungen, die in den letzten sechs Wochen vor Insolvenzantragstellung zu Belastungen des Kontos der Schuldnerin geführt haben, widerrufen durfte. Die Schuldnerin hatte bei der Beklagten ein Girokonto, welches auf Guthabenbasis geführt worden ist.

Die Schuldnerin erhielt entsprechend den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten quartalsmäßig Rechnungsabschlüsse. Mit Beschluss des AG Wiesbaden vom 2.11.2007 ist die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Schuldnerin angeordnet und der Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt worden.

Mit Schreiben vom 5.11.2007 unterrichtete der Kläger die Beklagte über die Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens und teilte ihr u.a. mit, dass er Einzugsermächtigungen, die zu Belastungen des Kontos der Schuldnerin innerhalb von sechs Wochen vor Insolvenzantragstellung (30.10.2007) geführt hätten, hiermit ausdrücklich widerspreche und die Beklagte diese Belastungen rückgängig machen solle. Die sich hieraus ergebenden Gutschriften sollte die Beklagte auf ein genanntes Anderkonto überweisen.

Da keine Reaktion von Seiten der Beklagten erfolgte, wiederholte der Kläger mit Schreiben vom 23.11.2007, 14.1.2008 und 24.1.2008 seine Aufforderung. Mit Schreiben vom 31.1.2008 lehnte die Beklagte die Rückgängigmachung der Buchungen ab. In dem fraglichen Zeitraum sind Belastungen durch Lastschriften i.H.v. 15.942,36 EUR (Aufstellung GA 7) erfolgt. Mit Beschluss vom 1.1.2008 ist das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt worden.

Der Kläger hat vorgetragen, als vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt sei er berechtigt, Belastungsbuchungen im Einzugsermächtigungsverfahren zu widerrufen, auch wenn keine sachlichen Einwendungen gegen die eingezogenen Forderungen bestünden.

Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter EUR 15.942,36 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6.11.2007 zu zahlen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat vorgetragen, den Belastungsbuchungen habe vorwiegend der Lastschrifteinzug aus Dauerschuldverhältnissen zugrunde gelegen. Der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin, Herr F., habe die Belastungsbuchungen konkludent genehmigt. Der Kläger habe die Nichtberechtigung der Belastungsbuchungen nicht dargelegt. Es handele sich u.a. um Beiträge für Energieträger, für Sozialversicherungsträger und um Leasingraten. Ein pauschaler Widerspruch sei für sie als Bank nicht verbindlich. Zudem sei ein solcher sittenwidrig. Auch stehe der Geltendmachung der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Es ist unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH davon ausgegangen, dass der Kläger als vorläufiger Insolvenzverwalter den erfolgten Abbuchungen vom Girokonto nicht grundlos widersprechen dürfe. Denn der Widerspruch hätte, wenn ihn der Schuldner ausgesprochen hätte, eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Gläubiger oder der beteiligten Banken dargestellt. Die Rechtsprechung des IX. Zivilsenats, wonach der vorläufige Insolvenzverwalter im Lastschriftverfahren ein Widerspruchsrecht auch für den Fall habe, dass gegen die Forderung keine materiell-rechtlichen Einwendungen bestünden, sei nicht überzeugend.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Der Kläger trägt vor, das LG sei zu Unrecht der Auffassung des XI. Zivilsenats des BGH (Banke...

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