Leitsatz (amtlich)

a) Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse bei Schadensersatzfeststellungsklagen liegt schon dann vor, wenn künftige Schadensfolgen – sei es auch nur entfernt – möglich, ihre Art, ihr Umfang und sogar ihr Eintritt aber noch ungewiß sind. Die Wahrscheinlichkeit einer Schadensentstehung stellt keine Sachurteilsvoraussetzung dar, sondern gehört zur materiellen Klagebegründung.

b) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs ist schlüssig und damit erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Er bedarf im Hinblick auf die Einlassung des Gegners nur dann der Ergänzung, wenn er infolge der Einlassung unklar wird und nicht mehr den Schluß auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zuläßt.

c) Die Ablehnung eines Beweises für eine beweiserhebliche Tatsache ist nur dann zulässig, wenn ihre Erheblichkeit mangels näherer Bezeichnung der unter Beweis gestellten Tatsachen nicht beurteilt werden kann oder wenn diese lediglich in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, tatsächlich aber erkennbar aus der Luft gegriffen sind.

 

Normenkette

ZPO § 130 Nr. 3, § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.05.1989)

LG Gießen

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. Mai 1989 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin betrieb ein Mikrofilmstudio. Die Beklagte stellt her und vertreibt Mikrofilmanlagen.

Im April 1982 erwarb die Klägerin von der Firma S. Microfilm GmbH eine von der Beklagten hergestellte Mikrofilmanlage (im weiteren: Anlage I) und bezahlte den Kaufpreis in Höhe von 32.097,– DM. Im Juni 1982 erwarb sie von der Beklagten direkt eine weitere Anlage (im weiteren: Anlage II). Den Kaufpreis für diese Anlage, der nach den Angaben der Klägerin 69.800,– DM, nach den Angaben der Beklagten 63.273,– DM betrug, bezahlte sie nicht. Nachfolgend kam es zu von der Deutsch-Italienischen Handelskammer in Mailand vermittelten Verhandlungen zwischen den Parteien. Der Handelsvertreter L., der die Beklagte dabei vertrat, bot der Klägerin, die ihrerseits die Anlage I von der Beklagten repariert haben wollte, mit Schreiben vom 22. November 1984 an, daß die Klägerin den Kamerakopf dieser Anlage der Beklagten zur kostenlosen Bearbeitung übersenden solle und daß alsdann ein Techniker der Beklagten nach Italien kommen, dort den bearbeiteten Kamerakopf installieren und nach der Inbetriebnahme der Anlage I die noch unbezahlte Anlage II mit nach Deutschland nehmen solle. Diesen Vorschlag nahm die Klägerin mit Schreiben vom 13. Februar 1985 an. Die Beklagte erhielt im Mai 1985 den Kamerakopf der Anlage I übersandt; weiter wurde die Vereinbarung nicht vollzogen.

Die Klägerin, die von der Beklagten u.a. mit Schreiben vom 17. Juli 1985 die Rücklieferung des Kamerakopfes verlangt und der Beklagten mit Schreiben vom 12. Mai 1986 eine Nachfrist bis zum 20. Mai 1986 mit Ablehnungsandrohung gesetzt hatte, nimmt die Beklagte nunmehr auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Vereinbarung vom 22. November 1984/13. Februar 1985 in Anspruch. Sie verlangt als Schaden den Kaufpreis für die Anlage I erstattet und darüber hinaus einen Betrag von 50.000,– DM für entgangenen Gewinn wegen des Verlustes von Verfilmungsaufträgen in der Zeit vom 17. Juli 1985 bis zum 20. Mai 1986. Des weiteren macht sie geltend, daß sie eine nicht unerhebliche Buße des italienischen Devisenamtes zu befürchten habe, wenn der Kamerakopf der Anlage I endgültig in Deutschland verbleibe. Sie beantragt ferner, die Ersatzpflicht der Beklagten hinsichtlich des weiteren Schadens wegen der Nichterfüllung der seinerzeit getroffenen Vereinbarung festzustellen.

Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren in vollem Umfang weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

I.

Zur Feststellungsklage

1. Das Berufungsgericht hat die Feststellungsklage für unzulässig erachtet, weil die Klägerin ihr rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses nicht ausreichend dargetan habe. Ob die von der Klägerin vorgelegte behördliche Erklärung vom August 1985 seinerzeit die Gefahr der Inanspruchnahme durch das italienische Devisenamt begründet habe, hänge von den nicht näher vorgetragenen maßgeblichen Bestimmungen und ihrer ebenfalls nicht näher dargelegten Handhabung durch die italienischen Behörden ab. Es bestehe eine konkrete Gefahr einer Inanspruchnahme deshalb nicht mehr, weil seit der Ankündigung des Devisenamts nahezu vier Jahre verstrichen seien, ohne daß die Klägerin hierzu Weiterungen behaupte.

2. Das Berufungsgericht hat unberücksichtigt gelassen, daß das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse bei Schadensersatzfeststellungsklagen schon dann vorliegt, wenn künftige Schadensfolgen – sei es auch nur entfernt – möglich, ihre Art, ihr Umfang und sogar ihr Eintritt aber noch ungewiß sind (BGH VersR 1974, 284; BGH VersR 1972, 459, 460; BGH VersR 1967, 256, 257 m.N.). Die Wahrscheinlichkeit einer Schadensentstehung stellt keine Sachurteilsvoraussetzung dar, sondern gehört zur materiellen Klagebegründung (BGH NJW 1972, 198 = GRUR 1972, 180, 182 1. Sp. – Cheri).

Sollte das Berufungsgericht Zweifel nicht nur an der Wahrscheinlichkeit, sondern bereits an der Möglichkeit eines in Zukunft noch eintretenden Schadens gehabt haben, hätte es, wie die Revision zu Recht rügt, den von der Klägerin angetretenen Beweis erheben müssen, daß das italienische Devisenamt zwar die Frist für die Rückführung des Kamerakopfes verlängert habe, daß aber bei dessen endgültigem Verbleib in Deutschland eine erhebliche Buße zu erwarten gewesen sei. Ob die Beklagte die drohende Inanspruchnahme der Klägerin durch die italienische Behörde bestritten hat, ist insoweit unerheblich. Denn das Vorliegen des rechtlichen Interesses im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO ist Sachurteilsvoraussetzung und deshalb von Amts wegen, d.h. unabhängig davon zu prüfen, ob die beklagte Partei eine entsprechende Rüge erhoben hat (BGH NJW 1989, 2064, 2065).

3. Die Zulässigkeit der Feststellungsklage erfordert ferner ein Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses. Ein solches Interesse besteht regelmäßig dann, wenn der Ablauf der Verjährungsfrist droht (Stein/Jonas/Schumann, ZPO 20. Aufl. § 256 Rdn. 76 m.N. in Fn. 160). Entsprechend liegt der Streitfall:

Für Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung gemäß § 326 BGB – die Anwendbarkeit des deutschen Rechts steht außer Streit – gilt dieselbe Verjährungsfrist wie für den ursprünglichen Erfüllungsanspruch (BGHZ 107, 179, 184; 50, 25, 29). Dementsprechend unterliegt der der Feststellungsklage zugrunde gelegte Anspruch der vierjährigen Verjährung gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 2 BGB. Der Lauf dieser Verjährungsfrist beginnt mit der Entstehung des Anspruchs (§ 198 Satz 1 BGB; BGHZ 107 a.a.O.). Hierbei ist darauf abzustellen, ob es sich um Schadensfolgen handelt, die sich nach den Anschauungen des Verkehrs voraussehen und erwarten lassen; nur wenn das nicht der Fall ist, ist der Schadensersatzanspruch im Sinne des § 198 BGB erst zu dem Zeitpunkt entstanden, zu dem der (Folge-)Schaden tatsächlich eingetreten ist (Erman/Hefermehl, BGB 8. Aufl. § 198 Rdn. 8 m.N.). Nach dem Vortrag der Klägerin lag ein solcher (Ausnahme-)Fall indes nicht vor, weil die italienische Behörde bereits im August 1985 die Verhängung einer entsprechenden Geldbuße angedroht hatte. Demgemäß begann die Verjährung des Schadensersatzanspruchs, der sich aus der Verhängung einer solchen Buße gegen die Klägerin ergeben könnte, bereits mit dem Ende der von der Klägerin gesetzten Nachfrist am 20. Mai 1986 (BGHZ 107 a.a.O.). Damit war das rechtliche Interesse der Klägerin an der alsbaldigen Feststellung, daß die Beklagte diesen möglicherweise noch eintretenden Schaden zu ersetzen hätte, jedenfalls für den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 12. Mai 1989 zu bejahen.

II.

Zur Leistungsklage

1. Die Leistungsklage hat das Berufungsgericht für unbegründet erachtet, weil die Klägerin einen Schaden nicht substantiiert vorgetragen habe. Die durch die Zahlung des Kaufpreises an die Firma S. Microfilm GmbH entstandene Vermögensveränderung sei kein Schaden, der durch eine Nichterfüllung der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung entstanden sei. Das Erfüllungsinteresse ergebe sich vielmehr aus der Differenz des Wertes der Anlage I ohne Reparatur und des Wertes, den die Anlage nach der Durchführung der Reparatur hätte; die hypothetischen Reparaturkosten, die hierfür maßgeblich seien, habe die Klägerin jedoch nicht mitgeteilt. Auch wenn man annehmen wolle, daß die Reparaturkosten außer Betracht bleiben müßten, weil nach dem Vorbringen der Klägerin nur die Beklagte die Reparatur habe durchführen können und diese verweigert habe, sei ein Schaden nicht nachvollziehbar behauptet. Dann nämlich hätte der Wert der funktionierenden Anlage dem der nicht reparierten Anlage gegenübergestellt werden müssen; dazu aber habe die Klägerin ebenfalls nichts Näheres angegeben.

2. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht hätte den Ersatz des Erfüllungsinteresses nicht ohne Auseinandersetzung mit der „Frustrationslehre” und der hierzu ergangenen Rechtsprechung ablehnen dürfen, hat keinen Erfolg.

Die Klägerin mag auch beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung als Mindestschaden die Leistungen und Aufwendungen ersetzt verlangen können (vgl. die Nachweise bei Palandt/Heinrichs, BGB 50. Aufl. § 325 Rdn. 15), die sie im Hinblick auf den Vertrag gemacht hat. Es handelt sich dabei jedoch lediglich um eine widerlegliche Rentabilitätsvermutung, d.h. eine Beweiserleichterung, nicht um eine Erweiterung des Schadensbegriffs (BGHZ 71, 234, 238 f.; 99, 182, 197 je m.N.). Die Klägerin hat die Anlage I jedoch bereits im April 1982 und damit keinesfalls im Vertrauen auf die Erfüllung der von der Beklagten in der Vereinbarung vom November 1984/Februar 1985 übernommenen Verpflichtungen angeschafft.

Die sogenannte Frustrationstheorie, die die für den Vertrauensschaden entwickelten Grundsätze zu einem allgemeinen Rechtsprinzip erhebt und deshalb die Aufwendungen des Geschädigten unabhängig von dem maßgeblichen Haftungsgrund bereits dann als Schaden ansieht, wenn sie infolge des schädigenden Ereignisses fehlschlagen, wird in der Rechtsprechung zu Recht einhellig (Nachweis bei Palandt/Heinrichs, Vorbem. vor § 249 Rdn. 34) und im übrigen auch in der Literatur weit überwiegend (Nachweise bei Palandt/Heinrichs a.a.O. Rdn. 33) abgelehnt.

3. a) Die Revision rügt ferner, im Berufungsurteil bleibe gänzlich unklar, weshalb der entstandene Schaden aufgrund der nach der Ansicht des Berufungsgerichts ausschlaggebenden Wertdifferenz der Anlage vor und nach der Reparatur nicht feststellbar gewesen sein solle. Wenn das Berufungsgericht die von der Klägerin vorgenommene Bewertung der defekten Anlage als völlig wertlos nicht habe übernehmen wollen, hätte es auf seine Rechtsauffassung und die sich hieraus ergebenden Erfordernisse an den Vortrag der Klägerin ausdrücklich hinweisen und einen ausreichenden Zeitraum zur Beibringung der nötigen Tatsachen einräumen müssen. Die Klägerin hätte dann zumindest den Wert der noch vorhandenen Anlage durch einen Sachverständigen schätzen lassen und so eine Berechnung des Differenzwertes vor und nach der Reparatur ermöglicht.

b) Die Rüge ist begründet.

Wenn, wie das Berufungsgericht unterstellt hat und wovon deshalb für das Revisionsverfahren auszugehen ist, der Klägerin dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gemäß § 326 BGB zustand, war sie berechtigt, den Ersatz ihres Schadens nach der sogenannten Austauschmethode zu fordern, d.h. dem Schuldner die Gegenleistung anzubieten und wegen der gemäß § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB weggefallenen Verbindlichkeit Schadensersatz in Geld zu verlangen (Palandt/Heinrichs, § 326 Rdn. 26 i.V.m. § 325 Rdn. 11–12 m.N.). Soweit die Klägerin den Schadensersatzanspruch demgegenüber allein mit dem Frustrierungsgedanken begründet hat, lag es nahe, daß sie ihre Schadensberechnung auf einen entsprechenden rechtlichen Hinweis auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem Wert der reparierten Anlage und dem der unreparierten Anlage umgestellt hätte. Ein solcher Hinweis war zumal deshalb veranlaßt, weil die Klägerin in dem Schriftsatz vom 19. April 1989 selbst ausgeführt hatte, daß der Nichterfüllungsschaden durch einen Vergleich zwischen der Lage zu ermitteln sei, die eingetreten wäre, wenn die Beklagte die Vereinbarung erfüllt hätte, und der Lage, die durch die Nichterfüllung eingetreten sei.

4. a) Den Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns infolge des behaupteten Verlusts von Verfilmungsaufträgen hat das Berufungsgericht mit der Begründung abgelehnt, die Klägerin habe nicht substantiiert behauptet, daß die betreffende Einbuße auf der unterlassenen Montage des zu reparierenden Kamerakopfes der Anlage I beruht habe. Nach dem Klagevortrag sei nicht auszuschließen, daß die Arbeiten mit der Anlage II hätten ausgeführt werden können. Außerdem habe die Klägerin, da sie ihre Kalkulation nicht mitgeteilt habe, eine Schätzung des diesbezüglichen Mindestschadens nicht ermöglicht; ihre Berechnung des entgangenen Gewinns sei außerdem nicht nachvollziehbar.

b) Das Berufungsgericht hat damit, wie die Revision zu Recht rügt, die Anforderungen an die Substantiierung des Klagevortrags überspannt und das Gebot verletzt, alle erheblichen Beweismittel zu erschöpfen (§ 286 ZPO).

aa) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs ist schlüssig und damit erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Das Gericht muß nur in der Lage sein, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Anspruches vorliegen. Zergliederungen der Sachdarstellung in Einzelheiten können allenfalls bedeutsam werden, wenn der Gegenvortrag dazu Anlaß bietet. Das bedeutet jedoch nicht, daß derjenige, der ein Recht beansprucht, schon deshalb, weil der Gegner bestreitet, gezwungen ist, den behaupteten Sachverhalt in allen Einzelheiten wiederzugeben. Dem Grundsatz, daß der Umfang der Darlegungslast sich nach der Einlassung des Gegners richtet, liegt nicht etwa der Gedanke zugrunde, ein Kläger sei zur Förderung der Wahrheitsermittlung und zur Prozeßbeschleunigung verpflichtet, um den bestreitenden Gegner in die Lage zu versetzen, sich möglichst eingehend auf die Klagebehauptungen einzulassen. Der Grundsatz besagt vielmehr nur, daß der Tatsachenvortrag der Ergänzung bedarf, wenn er infolge der Einlassung des Gegners unklar wird und nicht mehr den Schluß auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zuläßt. Die Ablehnung eines Beweises für eine beweiserhebliche Tatsache ist nur dann zulässig, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, daß ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber aufs Geradewohl gemacht, gleichsam „ins Blaue” aufgestellt, mit anderen Worten, aus der Luft gegriffen sind und sich deshalb als Rechtsmißbrauch darstellen. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte rechtfertigen können (BGH, Urt. v. 12.07.1984 – VII ZR 123/83, MDR 1985, 315; vgl. ferner Urteile v. 04.10.1988 – VI ZR 7/88 = BGHR ZPO § 138 Abs. 1 Unfalldaten 1 u. v. 13.12.1990 – III ZR 333/89, zur Veröffentlichung in BGHR bestimmt).

bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hätte das Berufungsgericht den Zeugenbeweis erheben müssen, den die Klägerin dafür angetreten hatte, daß die Firma C. ihr seinerzeit Aufträge in Höhe von monatlich wenigstens 10 Millionen Lire erteilt hätte. Soweit die Klägerin ihren Gewinnausfall mit einem Drittel der Einkünfte, also mit umgerechnet 5.000,– DM pro Monat angegeben und unter Sachverständigenbeweis gestellt hatte, bestand für die Angabe näherer Einzelheiten schon deshalb kein Anlaß, weil die Beklagte ausweislich des Tatbestandes des angefochtenen Urteils und des dort in Bezug genommenen schriftsätzlichen Vorbringens die Höhe des Gewinnanteils am Umsatz selbst nicht bestritten hat. Insofern unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt von dem, der der Senatsentscheidung BGHZ 77, 16 – Tolbutamid zugrunde lag; denn dort hatte die Beklagte die Nichtvorlage einer produktbezogenen Kalkulation, anhand derer der behauptete Gewinn hätte ermittelt werden können, ausdrücklich beanstandet (a.a.O., S. 18).

Gleichfalls ohne Grundlage ist die Nichterhebung des von der Klägerin angetretenen Beweises dafür, daß auch die Anlage II defekt und gänzlich unbrauchbar gewesen war und deshalb die in Rede stehenden Aufträge auch nicht mittels dieser Anlage hätten abgewickelt werden können.

III.

Nach allem konnte das angefochtene Urteil insgesamt keinen Bestand haben; es war aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Unterschriften

Bruchhausen, Maltzahn, Jestaedt, Broß, Melullis

 

Fundstellen

Haufe-Index 1559945

BB 1991, 1670

NJW 1991, 2707

BGHR

GRUR 1992, 559

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