Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinbarkeit von § 6 Abs. 4 KWG und § 4 Abs. 4 FinDAG mit Europäischem Gemeinschaftsrecht und Grundgesetz. Bundesaufsichtsamt. Bankenaufsicht. Wahnehmung der zugewiesenen Aufgaben nur im öffentlichen Interesse

 

Leitsatz (amtlich)

§ 6 Abs. 4 KWG, wonach das Bundesaufsichtsamt die ihm nach diesem Gesetz und nach anderen Gesetzen zugewiesenen Aufgaben nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt, und die an seine Stelle getretene Vorschrift des § 4 Abs. 4 FinDAG sind mit Europäischem Gemeinschaftsrecht und mit dem Grundgesetz vereinbar.

 

Normenkette

BGB § 839; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 20 Abs. 2, Art. 34 S. 1; KWG i.d.F.v. 22.10.1997 § 6 Abs. 4; FinDAG § 4 Abs. 4

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Urteil vom 11.01.2001; Aktenzeichen 7 U 104/00)

LG Bonn

 

Tenor

Die Revision der Kläger zu 1), 5) und 11) gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des OLG Köln v. 11.1.2001 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsrechtszuges einschließlich der im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entstandenen Kosten werden wie folgt verteilt:

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten haben der Kläger zu 1) 51 v.H., die Klägerin zu 5) 34 v.H. und die Klägerin zu 11) 15 v.H. zu tragen.

Die Kläger zu 1), 5) und 11) tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Kläger nehmen die beklagte Bundesrepublik Deutschland wegen nicht rechtzeitiger Umsetzung der Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 30.5.1994 über Einlagensicherungssysteme (ABlEG Nr. L 135 S. 5) und wegen unzureichend wahrgenommener Bankenaufsicht durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (im Folgenden: Bundesaufsichtsamt) auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Kläger waren Kunden der BVH Bank für Vermögensanlagen und Handel AG in Düsseldorf, die keinem Einlagensicherungssystem angehörte. Die Bank hatte im Jahr 1987 vom Bundesaufsichtsamt die Erlaubnis zum Betrieb von Bankgeschäften unter der Auflage erhalten, das Einlagengeschäft nur dann zu betreiben, wenn eine Mitgliedschaft in der Sicherungseinrichtung eines Verbands der Kreditinstitute bestehe, und, solange dies nicht der Fall sei, die Kunden über das Nichtbestehen einer Sicherungseinrichtung zu informieren. Die Bank bewarb sich in den Jahren 1987 bis 1992 vergeblich um die Aufnahme in den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes Deutscher Banken e.V.; seitdem betrieb sie das Aufnahmeverfahren nicht mehr, da sie die Aufnahmevoraussetzungen nicht erfüllte. Die schwierige Vermögenssituation der Bank veranlasste das Bundesaufsichtsamt in den Jahren 1991, 1995 und 1997 zu Sonderprüfungen nach § 44 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG). Im Anschluss an die dritte Sonderprüfung ordnete das Bundesaufsichtsamt mit Wirkung v. 19.8.1997 ein Moratorium gem. § 46a KWG an. Am 14.11.1997 stellte das Bundesaufsichtsamt Konkursantrag und entzog der Bank die Erlaubnis zum Betrieb von Bankgeschäften. Das Konkursverfahren wurde am 1.12.1997 eröffnet. Die Kläger hatten am 7.6.1995, 28.2.1994 und 17.6.1993 Festgeldkonten bei der BVH Bank eröffnet. Mit ihren Forderungen aus den Konten, die i.H.v. 131.455,80 DM, 101.662,51 DM und 66.976,20 DM zur Konkurstabelle festgestellt wurden, sind sie bislang ausgefallen. Inwieweit ihnen eine Konkursquote zusteht, ist noch offen.

Die Kläger haben geltend gemacht, die entstandenen bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit eintretenden Verluste ihrer Einlagen wären verhindert worden, wenn die Beklagte die Richtlinie 94/19/EG v. 30.5.1994 über Einlagensicherungssysteme bis zum 30.6.1995 umgesetzt hätte und das Bundesaufsichtsamt seinen Verpflichtungen zur Bankenaufsicht ordnungsgemäß nachgekommen wäre. Angesichts der durch die Sonderprüfungen offenbar gewordenen Verhältnisse der Bank hätte das Bundesaufsichtsamt schon vor ihren Einzahlungen ein Moratorium aussprechen oder Maßnahmen nach § 6 Abs. 3, §§ 33, 45 und 46 KWG ergreifen müssen. Insbesondere habe der dem Bundesaufsichtsamt bekannte Umstand, dass die Bank bereits in der Vergangenheit nicht die Voraussetzungen für eine Aufnahme in den Einlagensicherungsfonds erfüllt habe, Anlass gegeben, aufsichtsrechtliche Prüfungen einzuleiten.

Das LG hat die Beklagte wegen nicht rechtzeitiger Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie verurteilt, an die Kläger jeweils 39.450 DM, das ist der Gegenwert von 20.000 ECU im Zeitpunkt des Entschädigungsfalls, nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Abtretung eines entsprechenden Anteils an der zur Konkurstabelle festgestellten Forderung, zu zahlen. Die weiter gehende Klage hatte beim LG und beim OLG, dessen Urteil in NJW 2001, 2724 veröffentlicht ist, keinen Erfolg. Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger weiterhin Ersatz des ihnen entstandenen Schadens in voller Höhe.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Die Kläger haben ihren Schaden darauf zurückgeführt, dass das Bundesaufsichtsamt seinen Aufsichtspflichten nicht hinreichend nachgekommen sei und nicht zu einem früheren Zeitpunkt Maßnahmen nach § 6 Abs. 3, §§ 33, 45 und 46 KWG ergriffen habe. Dieser Vortrag erlaubt für sich gesehen zwar noch keine nähere Prüfung, ob die Einlagen, soweit ihre mangelnde Verfügbarkeit nicht durch die erstinstanzlich zuerkannten Schadensersatzbeträge ausgeglichen wird, unterblieben wären; denn sowohl der Zeitpunkt der betreffenden Einzahlungen als auch die genauen aufsichtsrechtlichen Maßnahmen, die das Bundesaufsichtsamt unterlassen haben soll, sind nicht näher angegeben worden. Da die Beklagte in den Vorinstanzen den Vorwurf eines Fehlverhaltens ihres Bundesaufsichtsamtes aber nicht ausdrücklich bestritten, sondern - was dann im wesentlichen Gegenstand des Streits in den Vorinstanzen gewesen ist - eine Haftung allein mit dem Argument geleugnet hat, das Amt nehme seine Aufgaben nur im öffentlichen Interesse wahr, ist für die revisionsrechtliche Beurteilung zu Grunde zu legen, dass das Bundesaufsichtsamt gebotene Aufsichtsmaßnahmen unterlassen oder zu spät vorgenommen hat und dass den Klägern hierdurch ein Schaden entstanden ist, der über die erstinstanzlich zuerkannten Ersatzbeträge hinausgeht. Hieraus folgt jedoch weder eine Schadensersatzpflicht nach den Grundsätzen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs noch nach Amtshaftungsgrundsätzen.

I.

1. Nach dem vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entwickelten gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch für Verstöße der Mitgliedstaaten gegen das Gemeinschaftsrecht kommt eine Haftung des Mitgliedstaats dann in Betracht, wenn die verletzte Gemeinschaftsrechtsnorm bezweckt, dem einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem Verstoß und dem dem Einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (vgl. EuGH, Urt. v. 30.9.2003 - Rs.C-224/01, NJW 2003, 3539, zu Rz. 30, 31 - Köbler; aus der Rspr des BGH v. 24.10.1996 - III ZR 127/91, BGHZ 134, 30 = MDR 1997, 45; v. 14.12.2000 - III ZR 151/99, BGHZ 146, 153 [158 f.] = BGHReport 2001, 190; Beschl. v. 28.10.2004 - III ZR 294/03, EuZW 2005, 30 [31]). Die Revision hat insoweit die Auffassung vertreten, aus verschiedenen Regelungen der Ersten Richtlinie des Rates v. 12.12.1977 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (77/780/EWG, ABlEG Nr. L 322, 30), der Richtlinie des Rates v. 17.4.1989 über die Eigenmittel von Kreditinstituten (89/299/EWG, ABlEG Nr. L 124, 16), der Zweiten Richtlinie des Rates v. 15.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute und zur Änderung der Richtlinie 77/780/EWG (89/646/EWG, ABlEG Nr. L 386 S. 1), der Richtlinie 92/30/EWG des Rates v. 6.4.1992 über die Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter Basis (ABlEG Nr. L 110, 52), der Richtlinie 93/6/EWG des Rates v. 15.3.1993 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (ABlEG Nr. L 141, 1), der Richtlinie 93/22/EWG des Rates v. 10.5.1993 über Wertpapierdienstleistungen (ABlEG Nr. L 141, 27) und der Richtlinie 94/19/EG v. 30.5.1994 über Einlagensicherungssysteme ergebe sich die sparer- und anlegerschützende Zielrichtung der Aufsichtsnormen. Auch soweit aufsichtsrechtlich relevante Richtlinien keinen ausdrücklichen Hinweis auf den Anlegerschutz enthielten, seien sie Teil eines bankenaufsichtsrechtlichen Gesamtregelungswerks, das in seiner praktischen Wirksamkeit ausgehöhlt würde, wenn die Aufsichtsbehörden ihre Tätigkeit nur im öffentlichen Interesse wahrnähmen.

2. Der Senat hat den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gem. Art. 234 Abs. 3 EG zu der Frage, ob Sparern und Anlegern durch die genannten EG-Richtlinien das Recht verliehen worden ist, dass Maßnahmen der Bankenaufsicht im EG-rechtlich harmonisierten Bereich auch in ihrem Interesse wahrzunehmen sind, durch Beschluss v. 16.5.2002 (BGH v. 16.5.2002 - III ZR 48/01, BGHReport 2002, 887 = NJW 2002, 2464) um eine Vorabentscheidung gebeten. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat hierüber durch Urteil v. 12.10.2004 (EuGH v. 12.10.2004 - Rs. C-222/02, NJW 2004, 3479) entschieden.

a) Soweit es um die Richtlinie 94/19/EG v. 30.5.1994 über Einlagensicherungssysteme geht, hat der Gerichtshof zwar ein Recht des Einlegers festgestellt, im Fall der Nichtverfügbarkeit von Einlagen nach Art. 7 Abs. 1 und 6 der Richtlinie entschädigt zu werden (EuGH v. 12.10.2004 - Rs. C-222/02, NJW 2004, 3479 [3480], zu Rz. 26, 27). Soweit den Behörden jedoch nach Art. 3 Abs. 2 bis 5 der Richtlinie Verpflichtungen obliegen, die von Maßnahmen, das Kreditinstitut zur Erfüllung seiner Verpflichtungen anzuhalten, über die Kündigung und den Ausschluss aus dem Sicherungssystem bis zum Widerruf der Bankzulassung reichen können, hat der Gerichtshof diesen Bestimmungen lediglich den Zweck entnommen, der Einrichtung und dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Einlagensicherungssystems zu dienen, und ein Recht der Einleger, dass die zuständigen Behörden in ihrem Interesse Aufsichtsmaßnahmen treffen, ausdrücklich verneint (EuGH v. 12.10.2004 - Rs. C-222/02, NJW 2004, 3479 [3480], zu Rz. 28-30). Er hat in diesem Zusammenhang auch auf die 24. Begründungserwägung Bezug genommen, die es ausschließt, dass die Mitgliedstaaten oder ihre zuständigen Behörden den Einlegern ggü. haftbar gemacht werden, wenn sie die Zahlung von Entschädigungen oder den Schutz der Einleger nach Maßgabe der Richtlinie gewährleistet haben (EuGH v. 12.10.2004 - Rs. C-222/02, NJW 2004, 3479 [3480], zu Rz. 31). Da die Kläger durch das Urteil des LG mit Blick auf die verspätete Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie durch das am 1.8.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Umsetzung der EG-Einlagensicherungsrichtlinie und der EG-Anlegerentschädigungsrichtlinie v. 16.7.1998 (BGBl. I, 1842) im Wege des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs so gestellt worden sind, als hätten sie entsprechende Ansprüche gegen eine Sicherungseinrichtung erlangt, ist ihren Rechten aus der Richtlinie Genüge getan. Sollten nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 2 bis 5 der Richtlinie Maßnahmen des Bundesaufsichtsamtes wegen der verspäteten Richtlinienumsetzung unterblieben sein, vermag dies einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht zu begründen, da den Klägern insoweit durch die Richtlinie keine Rechte verliehen worden sind.

b) Soweit es um die Richtlinien 77/780/EWG, 89/299/EWG und 89/646/EWG geht, hat der Gerichtshof auf deren zusammenfassende Kodifizierung in der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 20.3.2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (ABlEG Nr. L 126, 1) hingewiesen und hervorgehoben, dass sie auf der Grundlage des Art. 57 Abs. 2 EGV (nach Änderung jetzt Art. 47 Abs. 2 EG) erlassen worden sind, der dem Rat die Befugnis gibt, im Verfahren nach Art. 189b EGV (jetzt Art. 251 EG) Richtlinien zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten zu erlassen (EuGH v. 12.10.2004 - Rs. C-222/02, NJW 2004, 3479 [3480], zu Rz. 34, 35). Wenn in einigen Begründungserwägungen dieser Richtlinien auch davon gesprochen werde, dass die vorgesehene Harmonisierung u.a. dem Schutz der Einleger diene, fehle es an einer ausdrücklichen Einräumung von Rechten, soweit die Richtlinien den Behörden bestimmte Aufsichtspflichten auferlegten. Die vorgesehene Harmonisierung beschränkte sich auf diejenigen Vorkehrungen, die wesentlich, notwendig und ausreichend seien, um zur gegenseitigen Anerkennung der Zulassung und der Bankenaufsichtssysteme zu gelangen, die die Gewährung einer einzigen Zulassung für die gesamte Gemeinschaft und die Anwendung des Grundsatzes der Kontrolle durch den Herkunftsmitgliedstaat erlaube. Die Koordinierung der nationalen Vorschriften über die Haftung der Behörden für unzureichende Aufsichtsmaßnahmen gehöre hierzu nicht. In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof auch darauf aufmerksam gemacht, dass in einer Reihe von Mitgliedstaaten die nationalen Behörden im Falle einer unzureichenden Haftung ggü. dem Einzelnen nicht haften müssten (EuGH v. 12.10.2004 - Rs. C-222/02, NJW 2004, 3479 [3480 f.], zu Rz. 38-44). Hiernach kommt ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch, soweit das Bundesaufsichtsamt in dem EG-rechtlich harmonisierten Regelungsgeflecht der §§ 33, 35, 45, 46, 46a KWG (vgl. BGH v. 16.5.2002 - III ZR 48/01, BGHReport 2002, 887 = NJW 2002, 2464 [2465 f.]) Aufsichtspflichten verletzt haben sollte, nicht in Betracht.

II.

Die Beklagte haftet auch nicht nach Amtshaftungsgrundsätzen.

1. Nach § 839 BGB führt nicht jede Verletzung von Amtspflichten eines Beamten zu Haftungsansprüchen eines von der Amtspflichtverletzung nachteilig Betroffenen. Erforderlich ist vielmehr, dass der Amtsträger "die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht" verletzt hat. Auch die Überleitungsnorm des Art. 34 S. 1 GG für die Haftung der öffentlichen Hand nimmt diese Begrenzung auf. Der Senat beantwortet die Frage, ob im Einzelfall der Geschädigte zu dem Kreis der Dritten i.S. des § 839 BGB gehört, in ständiger Rechtsprechung danach, ob die Amtspflicht - wenn auch nicht notwendig allein, so doch auch - den Zweck hat, das Interesse gerade dieses Geschädigten wahrzunehmen. Nur wenn sich aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgeschäfts ergibt, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis zählt, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert werden sollen, besteht ihm ggü. bei schuldhafter Pflichtverletzung eine Schadensersatzpflicht. Hingegen ist anderen Personen gegenüber, selbst wenn die Amtspflichtverletzung sich für sie mehr oder weniger nachteilig ausgewirkt hat, eine Ersatzpflicht nicht begründet. Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem Geschädigten bestehen. Dabei muss eine Person, der gegenüber eine Amtspflicht zu erfüllen ist, nicht in allen Belangen immer als Dritter anzusehen sein. Vielmehr ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt werden soll. Es kommt danach auf den Schutzzweck der Amtspflicht an. Dabei genügt es, dass die Amtspflicht neben der Erfüllung allgemeiner Interessen und öffentlicher Zwecke auch den Zweck verfolgt, die Interessen Einzelner wahrzunehmen (vgl. BGH v. 18.2.1999 - III ZR 272/96, BGHZ 140, 380 [382], m.z.w.N.).

Die Feststellung einer besonderen Beziehung des Geschädigten zur verletzten Amtspflicht lässt sich einfacher treffen, wenn es um ein Amtsgeschäft geht, das auf Antrag des Dritten vorzunehmen ist. Geht es dagegen um eine Tätigkeit, die - wie dies bei der Ausübung eines öffentlichen Amtes allgemein der Fall ist - einem öffentlichen Interesse dient, ohne dass hiervon Rechtsbeziehungen zu bestimmten dritten Personen betroffen sind, wird es i.d.R. an dieser besonderen Beziehung fehlen, die den Dritten in den Schutz der Amtspflicht einbezieht. So hat der Senat etwa drittschützende Amtspflichten - von sog. Maßnahme- oder Einzelfallgesetzen abgesehen - für die Mitglieder von Gesetzgebungsorganen verneint (vgl. BGHZ 56, 40 [46]; BGH v. 30.5.1983 - III ZR 195/81, BGHZ 87, 321 [335] = MDR 1983, 914; v. 24.10.1996 - III ZR 127/91, BGHZ 134, 30 [32] = MDR 1997, 45). In anderen Bereichen ist die Frage, ob auch der Dritte zu dem Personenkreis zu rechnen ist, dessen Interessen durch die Amtspflicht (mit) geschützt werden soll, oder ob er lediglich reflexartig durch die Wahrnehmung der im öffentlichen Interesse liegenden Amtspflichten begünstigt wird, schwieriger zu entscheiden. Hier kommt es immer wesentlich darauf an, welche Wertungen und Zielvorstellungen dem betreffenden Gesetz mit den herkömmlichen Auslegungsmethoden zu entnehmen sind. So hat der Senat etwa befunden, dass die den Trägern der Versicherungsaufsicht obliegende Amtspflicht, die "Belange der Versicherten" zu wahren, auch im Bereich der Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter nicht ggü. dem einzelnen Versicherten oder dem durch ihn geschädigten Verkehrsopfer besteht (BGHZ 58, 96 [98 ff.]). Im Bereich der grundsätzlich im Interesse der Allgemeinheit wahrzunehmenden Notaraufsicht hat der Senat eine drittschützende Amtspflicht der Aufsichtsbehörden bejaht, wenn Mängel in der Amtsführung festgestellt sind, die Anlass für eine (vorläufige) Amtsenthebung geben (vgl. BGHZ 35, 44 [46, 51]; v. 15.5.1997 - III ZR 204/96, BGHZ 135, 354 [361] = MDR 1998, 718). Im Bereich der Bauleitplanung hat der Senat dem Gebot, die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung zu beachten (§ 1 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 BauGB a.F.; vgl. jetzt § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB), die aus dem allgemeinen Schutzzweck herausgehobene Pflicht entnommen, auch die Individualinteressen der Planbetroffenen zu wahren (vgl. BGH v. 26.1.1989 - III ZR 194/87, BGHZ 106, 323 [332] = MDR 1989, 429; v. 21.12.1989 - III ZR 49/88, BGHZ 110, 1 [9 f.] = MDR 1990, 418; v. 5.12.1991 - III ZR 167/90, BGHZ 116, 215 [218] = MDR 1992, 261). Bei der Wahrnehmung der Bankenaufsicht nach § 6 Abs. 1 KWG hat der Senat verschiedenen Bestimmungen des Kreditwesengesetzes (in der damaligen Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Kreditwesengesetzes v. 24.3.1976, BGBl. I, 725), die die Erfüllung von Verpflichtungen der Kreditinstitute gegenüber ihren Gläubigern, insb. zur Sicherheit der ihnen anvertrauten Vermögenswerte (§ 10 Abs. 1), die Gewährleistung einer ausreichenden Zahlungsbereitschaft (§ 11), das Verbot gewisser Kreditgeschäfte wegen ihrer Gefährlichkeit für die Einleger (§ 3 Nr. 1, 2), die Rücknahme der Erlaubnis zum Betrieb von Bankgeschäften (§ 35 Abs. 2 Nr. 4) und die Befugnis betreffen, nach § 46 einstweilige Maßnahmen zu treffen, wenn Gefahr für die Sicherheit der dem Kreditinstitut anvertrauten Vermögenswerte besteht, entnommen, mangels einer einschränkenden Zielsetzung des Gesetzes verfolge die Bankenaufsicht auch das Ziel, die Gläubiger des einzelnen Kreditinstituts vor Verlusten zu schützen (BGH v. 15.2.1979 - III ZR 108/76, BGHZ 74, 144 [148 ff.]; BGHZ 75, 120 [122 f.]).

2. Der Gesetzgeber hat diesen Überlegungen, was die Bankenaufsicht betrifft, § 6 Abs. 3 KWG i.d.F. des Dritten Gesetzes zur Änderung des Kreditwesengesetzes v. 20.12.1984 (BGBl. I, 1693; entspricht § 6 Abs. 4 i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften v. 22.10.1997, BGBl. I, 2518) entgegengesetzt, indem er - ohne einzelne Pflichten im Kern zu ändern - bestimmt hat, das Bundesaufsichtsamt nehme die ihm nach diesem Gesetz und nach anderen Gesetzen zugewiesenen Aufgaben nur im öffentlichen Interesse wahr. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 10/1441, 20) heißt es hierzu:

Die Änderung stellt für sämtliche dem Bundesaufsichtsamt zugewiesenen Aufgaben klar, dass sie zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Kreditwirtschaft ausschließlich im öffentlichen Interesse wahrgenommen werden. Amtspflichten ggü. den durch das Wirken des Bundesaufsichtsamtes nur mittelbar geschützten Personen oder Personenkreisen werden bei der Tätigkeit des Bundesaufsichtsamtes deshalb nicht begründet.

Die Verdeutlichung des Schutzzweckes des Gesetzes entspricht dem hergebrachten Verständnis von der Zielrichtung der staatlichen Bankaufsicht, wie sie schon in der Begründung des Regierungsentwurfs eines Kreditwesengesetzes im Jahre 1959 zum Ausdruck gebracht worden war. Der BGH hat diese jahrelang fast unbestrittene Auffassung allerdings "mangels einer einschränkenden Zielsetzung des Gesetzes" in zwei Urteilen verworfen (BGH v. 15.2.1979 - III ZR 108/76, BGHZ 74, 144; BGHZ 75, 120), während das BVerwG in einem Fall aus der Versicherungsaufsicht entschieden hat, dass das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen als Sachwalter der durch das Gesetz bestimmten öffentlichen Interessen handelt (BVerwG v. 14.10.1980 - 1 A 12/78, BVerwGE 61, 59). Eine ausdrückliche Regelung der Frage im Kreditwesengesetz selbst ist deshalb unabweisbar geworden.

In erster Linie soll durch die gesetzesübergreifende Neuregelung ausgeschlossen werden, dass einzelne Personen, die in geschäftlichen Beziehungen zu Kreditinstituten oder sonstigen Unternehmen und Privatpersonen stehen, an die das Bundesaufsichtsamt Maßnahmen richten kann, wegen eines bestimmten Handelns oder Unterlassens der Behörde Schadensersatzansprüche gegen den Staat erheben können. Die Anerkennung einer Staatshaftung im Bereich der Bankaufsicht gegenüber dritten Personen, die nicht der Aufsicht unterliegen, begründet die Gefahr von zu weit gehenden Maßnahmen der die Aufsicht ausübenden Personen. Dadurch würde u.a. die bisherige marktwirtschaftskonforme Aufsichtskonzeption gefährdet, die den Kreditinstituten einen sehr großen Spielraum für eine eigenverantwortliche wirtschaftliche Betätigung belässt.

Der Einlegerschutz, dem unter sozialen Gesichtspunkten eine besondere Bedeutung zuzuerkennen ist, wird durch die Gesetzesänderung nicht beeinträchtigt, denn er beruht vor allem auf den Einlagensicherungseinrichtungen des Kreditgewerbes.

Die Haftung des Bundesaufsichtsamtes ggü. den beaufsichtigten Kreditinstituten und den sonstigen Unternehmen und Privatpersonen, denen ggü. Eingriffsbefugnisse bestehen, aus fehlerhaften Entscheidungen bleibt durch die Änderung der Vorschrift unberührt.

Entsprechende Regelungen sind für die Versicherungsaufsicht (§ 81 Abs. 1 S. 3 VAG), die Börsenaufsicht (§ 1 Abs. 4 BörsG a.F.; jetzt: § 1 Abs. 6 BörsG) und die Aufsicht über den Wertpapierhandel (§ 4 Abs. 2 WpHG a.F.) getroffen worden. Auch in neuester Zeit hat der Bundesgesetzgeber an dieser Konzeption festgehalten. Durch das Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG), verabschiedet als Art. 1 des Gesetzes über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht v. 22.4.2002 (BGBl. I, 1310), ist durch Zusammenlegung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen, des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen und des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel eine bundesunmittelbare, rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet worden, die die Bezeichnung "Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht" trägt (§ 1 Abs. 1 FinDAG) und nach § 4 Abs. 4 FinDAG, der an die Stelle von § 6 Abs. 4 KWG (und § 4 Abs. 2 WpHG) getreten ist, ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt. Dies bedeutet im Ergebnis, dass dieser Bereich, soweit es nicht um Eingriffsbefugnisse ggü. den beaufsichtigten Kreditinstituten und anderen Personen nach dem Kreditwesengesetz geht, dem amtshaftungsrechtlichen Schutz entzogen ist.

3. Diese Entscheidung des Gesetzgebers verletzt höherrangiges Recht nicht.

a) Europäisches Gemeinschaftsrecht steht der in § 6 Abs. 4 KWG und § 4 Abs. 4 FinDAG getroffenen Regelung nicht entgegen, wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats entschieden hat. Vielmehr sind die bisherigen gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien zum einen darauf gerichtet, diejenigen Harmonisierungen der nationalen Vorschriften zu erreichen, die notwendig und ausreichend sind, um zur gegenseitigen Anerkennung der Zulassung und der Bankenaufsichtssysteme zu gelangen, die die Gewährung einer einzigen Zulassung für die gesamte Gemeinschaft und die Anwendung des Grundsatzes der Kontrolle durch den Herkunftsmitgliedstaat erlaubt (vgl. EuGH, Urt. v. 12.10.2004 - Rs.C-222/02, NJW 2004, 3479 [3480], zu Rz. 37). In diesem Bereich werden den Einlegern in Bezug auf Maßnahmen der Bankenaufsicht keine Rechte gewährt. Zum anderen wird dem speziellen Schutzbedürfnis der Einleger an der Verfügbarkeit ihrer Einlagen durch die Einlagensicherungsrichtlinie 94/19/EG Rechnung getragen, die ein Sicherungssystem zur Verfügung stellt, das auch bei einer möglichen unzureichenden Aufsicht der zuständigen Behörden greift und deren weiter gehende Haftung ausschließt (vgl. EuGH, Urt. v. 12.10.2004 - Rs.C-222/02, NJW 2004, 3479 [3480 f.], Rz. 31, 45). Der Gestaltung des Gemeinschaftsrechts liegen damit ähnliche Erwägungen über Aufsichtsmaßnahmen einerseits und Einlegerschutz andererseits zu Grunde, die den Gesetzgeber zur Regelung in § 6 Abs. 4 KWG und § 4 Abs. 4 FinDAG bewogen haben (vgl. BT-Drucks. 10/1441, 20 und BT-Drucks. 14/7033, 34).

b) Die genannten Vorschriften sind auch mit dem Grundgesetz vereinbar.

aa) Der Gesetzgeber ist grundsätzlich befugt, Inhalt, Umfang und Zweckrichtung von Amtspflichten (neu) zu regeln und damit auch mittelbar den Umfang der Haftung zu bestimmen, wie ihn - begrenzend auf die einem Dritten gegenüber obliegenden Amtspflichten - § 839 Abs. 1 S. 1 BGB und Art. 34 S. 1 GG vorsehen. Dabei bestehen im Ausgangspunkt auch keine Bedenken dagegen, wenn der Gesetzgeber Entwicklungen entgegentritt, die sich aus der Auslegung von gesetzlichen Bestimmungen durch die Rechtsprechung ergeben. Während die Gesetzgebung nach Art. 20 Abs. 3 GG (nur) an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden ist, haben die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung Gesetz und Recht zu beachten. Soweit die verfassungsmäßige Ordnung nicht berührt ist, ist der Gesetzgeber daher nicht verpflichtet, Entwicklungen der Rechtsprechung nachzuzeichnen oder sie unverändert zu lassen; vielmehr kann er ihnen, wenn er sie für unerwünscht hält, durch Änderung gesetzlicher Vorschriften begegnen. Ein Kompetenzbereich der dritten Gewalt, in den der Gesetzgeber nicht eingreifen dürfe, kann in diesem Sinn nicht anerkannt werden.

Die Besonderheit der Regelung in § 6 Abs. 4 KWG besteht allerdings darin, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, den Inhalt der dem Bundesaufsichtsamt obliegenden Amtspflichten zu verändern, und sich darauf beschränkt hat, den Zweck dieser Pflichten einzugrenzen, um im Bereich der Bankenaufsicht eine Staatshaftung gegenüber Personen, die in geschäftlichen Beziehungen zu Kreditinstituten und sonstigen Unternehmen und Personen, an die das Bundesaufsichtsamt Maßnahmen richten kann, generell auszuschließen. Der Senat sieht indes auch hierin weder einen Formenmissbrauch noch eine Verletzung des Art. 34 GG, der eine gesetzliche Beschränkung der Staatshaftung durchaus zulässt. Dass der Gesetzgeber - gewissermaßen vor die Klammer gezogen - den Zweck der gesamten bankenaufsichtsrechtlichen Bestimmungen auf das öffentliche Interesse der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Kreditwirtschaft reduziert hat, ist eine gesetzestechnische Maßnahme, die auf Grund der Fassung der Haftungs- und Überleitungsnormen (§ 839 BGB; Art. 34 GG) nahe lag und als solche nicht zu beanstanden ist. Zwar bedeutet dies - in einem praktischen Sinn gesehen - keine Veränderung der sich aus Einzelbestimmungen ergebenden weiteren Ziele, insb. des Einlegerschutzes, auf den der Senat in seinem Urteil BGHZ 74, 144 (BGHZ 74, 144 [149 f.]) hingewiesen hat. Der Gesetzgeber ist jedoch befugt, die Zielsetzung der Aufsichtsmaßnahmen in rechtlicher Hinsicht einzugrenzen, für den Einlegerschutz auf ein anderes rechtliches Instrumentarium zu verweisen und im Übrigen darauf zu vertrauen, dass die im Kreditwesengesetz vorgesehenen Aufsichtsmaßnahmen, die im Zuge verschiedener Novellierungen verschärft worden sind, daneben auch geeignet sind, sich auf die Belange der Einleger und Gläubiger günstig auszuwirken. Letztlich beruhte die seinerzeitige Beurteilung der Drittgerichtetheit von Aufsichtspflichten des Bundesaufsichtsamtes durch den Senat - ebenso wie die im Ergebnis gegenteilige zur Versicherungsaufsicht (vgl. BGHZ 58, 96 [98 ff.]) - auf einer Auslegung einfach-rechtlicher Bestimmungen, für die kein hinreichender Anhalt bestanden hätte, wenn die für die Bankenaufsicht zentrale Norm des § 6 Abs. 1 KWG einen Hinweis auf die einschränkende Zielsetzung des Gesetzes (vgl. BGH BGHZ 74, 144 [149]) enthalten hätte.

bb) Mit diesem Inhalt verstößt § 6 Abs. 4 KWG auch nicht gegen die grundsätzlich nach Art. 34 S. 1 GG gewährleistete Haftung des Staates für Amtspflichtverletzungen oder gegen Art. 14 GG.

(1) Aus Art. 34 GG lassen sich unmittelbare Maßstäbe für die Begrenzung oder den Ausschluss der Staatshaftung nicht entnehmen. In der Literatur wird angenommen, ein Ausschluss dürfe nur in Ausnahmefällen erfolgen und müsse durch überwiegende Gründe des öffentlichen Wohls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes legitimiert sein (vgl. etwa Papier in MünchKomm/BGB, 4. Aufl. 2004, § 839 Rz. 255). Der Senat hat bisher entschieden, die die Staatshaftung beschränkenden oder ausschließenden Regelungen seien als Ausnahme von dem Verfassungsgrundsatz eng auszulegen und nur insoweit zulässig, als sie von der Sache her gerechtfertigt werden könnten; sie dürften nicht willkürlich getroffen werden, müssten auf sachgerechten Erwägungen beruhen und sich an der Grundentscheidung der Verfassung ausrichten (vgl. BGH v. 30.10.1986 - III ZR 151/85, BGHZ 99, 62 [64] = MDR 1987, 387; v. 21.5.1987 - III ZR 25/86, MDR 1988, 32 = NJW 1988, 129). Der Senat hat unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe keine Bedenken gegen die Regelung in § 6 Abs. 4 KWG. Den Charakter einer Ausnahmeregelung verliert § 6 Abs. 4 KWG und die sie ablösende Bestimmung des § 4 Abs. 4 FinDAG nicht dadurch, dass sie sich auf einen ganzen Wirtschaftsbereich beziehen, der jetzt das Kreditwesen, das Versicherungswesen und den Wertpapierhandel einschließt. Entscheidend ist, dass sich die nach den jeweiligen Aufsichtsgesetzen vorgesehenen Maßnahmen gegen in den jeweiligen Bereichen tätige Wirtschaftsunternehmen richten, deren amtshaftungsrechtlicher Schutz unberührt bleibt, und dass es in dem hier interessierenden Zusammenhang um die Rechtsstellung von Personen geht, für die sich die möglichen Aufsichtsmaßnahmen nur mittelbar und nur insoweit auswirken können, als diese Personen in einem Markt, in dem sich die Unternehmen weitgehend frei entfalten, mit einem Unternehmen in geschäftlichen Kontakt treten, das von einer Aufsichtsmaßnahme betroffen ist oder Anlass zu Aufsichtsmaßnahmen gibt. Der Gesetzgeber durfte ungeachtet der Möglichkeit des Einzelnen, sich an die zuständige Behörde zu wenden, schon mit Rücksicht auf die unübersehbare Vielzahl von Einlegern - wie von Kunden im Versicherungsbereich - die Entscheidung treffen, dass privatrechtliche Ansprüche nicht geprüft und die Durchsetzung individueller Ansprüche nicht zu den Aufgaben der neu gebildeten Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gehört (vgl. BT-Drucks. 14/7033, 34). Die Versagung eines amtshaftungsrechtlichen Schutzes für einen solchermaßen nur mittelbar geschützten Personenkreis ist zudem angesichts der Komplexität der Bankenaufsicht und des von ihr zu beaufsichtigenden Bereichs nach Auffassung des Senats verfassungsrechtlich hinreichend legitimiert und entspricht, wie dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften v. 12.10.2004 zu entnehmen ist (EuGH, Urt. v. 12.10.2004 - Rs.C-222/02, NJW 2004, 3479 [3481], zu Rz. 44), der Rechtslage in einer Reihe von Mitgliedstaaten in der Gemeinschaft.

(2) Ein amtshaftungsrechtlicher Drittschutz wird auch nicht, wie die Revision meint, durch das Grundrecht des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG gefordert. Das käme nur in Betracht, wenn man der Gewährleistung in Art. 14 GG eine entsprechende Schutzpflicht des Staates entnehmen müsste. Denn auch die Revision kann nicht geltend machen, dass die Eigentumsgarantie, der die Aufgabe zukommt, den Bestand der geschützten Rechtsposition in der Hand des einzelnen Eigentümers ggü. Maßnahmen der öffentlichen Gewalt zu sichern, in ihrer abwehrrechtlichen Schutzfunktion verletzt ist. Sie verweist vielmehr unter Bezugnahme auf Stimmen in der Literatur (vgl. Schänke/Ruthig, NJW 1994, 2324 [2326 f.]; Gratias, NJW 2000, 786 [788]; Nicolaysen in Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, 1987, S. 663, 677 f.; vgl. auch Cremer, JuS 2001, 643 [649]; zum Ganzen E. Habscheid, Staatshaftung für fehlsame Bankenaufsicht?, Diss. Würzburg 1987) darauf, dass wegen der ungleichen wirtschaftlichen Machtverhältnisse zwischen Bank und Kunden und wegen der häufig existentiellen Bedeutung der Einlagen für den Kunden und des sich hieraus ergebenden besonderen Schutzbedürfnisses die Gewährung besonderen staatlichen Schutzes erforderlich sei, wobei es in Anbetracht der Subjektstellung einzelner Grundrechtsträger unhaltbar sei, wenn dieser - wie nach § 6 Abs. 4 KWG - zum Objekt staatlichen Grundrechtsschutzes gemacht und ihm die Möglichkeit vorenthalten werde, diesen gesetzgeberisch ausgestalteten Grundrechtsschutz (mit) in die Hand zu nehmen. Die vom BVerfG insb. für das Leben entwickelte umfassende Pflicht, den Einzelnen auch vor rechtswidrigen Eingriffen zu bewahren, sei in ihrer grundsätzlichen Bedeutung auch auf das Eigentum zu übertragen. Entscheide sich der Gesetzgeber für eine Bankenaufsicht, so sei auf Grund der grundrechtlichen Schutzpflicht aus Art. 14 GG eine drittschützende Ausgestaltung zwingend.

Dem folgt der Senat nicht. In der Rechtsprechung des BVerfG ist zwar im Grundsätzlichen geklärt, dass sich aus dem grundrechtlichen Wertsystem verfassungsrechtliche Schutzpflichten ergeben können, die es gebieten, rechtliche Regelungen so auszugestalten, dass auch die Gefahr von Grundrechtsverletzungen eingedämmt bleibt. Dabei hängt die Frage, ob, wann und mit welchem Inhalt eine solche Ausgestaltung von Verfassungs wegen geboten ist, von der Art, der Nähe und dem Ausmaß möglicher Gefahren, der Art und dem Rang des verfassungsrechtlich geschützten Rechtsguts sowie von den schon vorhandenen Regelungen ab (vgl. BVerfGE 49, 89 [142]). Bestimmte Anforderungen an die Art und das Maß des Schutzes lassen sich der Verfassung aber grundsätzlich nicht entnehmen. Vielmehr haben die staatlichen Organe, denen die Wahrung des Grundgesetzes als Ganzes anvertraut ist, bei der Erfüllung von Schutzpflichten einen weiten Gestaltungsraum (vgl. BVerfG v. 10.1.1995 - 1 BvF 1/90, 1 BvR 342/90, 1 BvR 348/90, BVerfGE 92, 26 [46] = MDR 1995, 289). Wie die staatlichen Organe ihre Schutzpflicht erfüllen, ist von ihnen in eigener Verantwortung zu entscheiden (vgl. BVerfGE 46, 160 [164]; BVerfGE 96, 56 [64]). Fehlt es - wie hier - an einem ausdrücklichen Auftrag des Grundgesetzes zur Gesetzgebung, so dass eine Schutzpflicht des Gesetzgebers allenfalls im Wege der Verfassungsinterpretation aus einer in Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG enthaltenen Grundentscheidung hergeleitet werden könnte, so hängt die Entscheidung, wie eine solche Pflicht durch gesetzgeberische Maßnahmen zu verwirklichen ist, von vielen wirtschaftlichen, politischen und haushaltsrechtlichen Gegebenheiten ab, die sich richterlicher Überprüfung im Allgemeinen entziehen. Nur unter ganz besonderen Umständen wird sich daher die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers so verengen, dass allein durch eine bestimmte Maßnahme der Schutzpflicht Genüge getan werden kann (vgl. BVerfG v. 26.5.1998 - 1 BvR 180/88, NJW 1998, 3264 [3265]). Darüber hinaus hat das BVerfG in seiner bisherigen Rechtsprechung die verfassungsrechtliche Nachprüfung dahin begrenzt, ob den staatlichen Organen eine evidente Verletzung der in den Grundrechten verkörperten Grundentscheidungen zur Last zu legen ist, weil es regelmäßig eine höchst komplexe Frage ist, wie eine positive staatliche Schutzpflicht durch aktive gesetzgeberische Maßnahmen zu verwirklichen ist, und weil eine solche Entscheidung nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung und dem demokratischen Prinzip grundsätzlich in die Hand des vom Volk unmittelbar legitimierten Gesetzgebers gehört (vgl. BVerfGE 56, 54 [81 f.]; BVerfG v. 26.5.1998 - 1 BvR 180/88, NJW 1998, 3264 [3265]). Die Verletzung einer Schutzpflicht ließe sich daher nur feststellen, wenn der Gesetzgeber Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Regelungen und Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder erheblich dahinter zurückbleiben (vgl. BVerfG v. 10.1.1995 - 1 BvF 1/90, 1 BvR 342/90, 1 BvR 348/90, BVerfGE 92, 26 [46] = MDR 1995, 289).

Gemessen an diesen Maßstäben begegnen die Regelungen in § 6 Abs. 4 KWG und § 4 Abs. 4 FinDAG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Wenn man unterstellt, der Gesetzgeber sei grundsätzlich wegen der in Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG getroffenen Wertentscheidung verpflichtet, Unternehmungen der Kreditwirtschaft zu beaufsichtigen, ist er diesem Auftrag durch die im Kreditwesengesetz vorgesehenen Beaufsichtigungsmaßnahmen nachgekommen. Im Kern sind mit einer zureichenden Aufsicht auch die Belange der Einlagegläubiger geschützt, ohne dass man ihnen insoweit ein eigenes subjektives Recht verleihen oder ihnen nur sekundär wirkende Haftungsansprüche für ein Versagen der Aufsicht zuerkennen müsste. Das ist auch nicht deshalb anders zu sehen, weil nach § 51 KWG die Kosten des Bundesaufsichtsamtes, soweit sie nicht durch Gebühren und gesonderte Erstattungen gedeckt sind, von den Instituten zu 90 v.H. und nach § 16 FinDAG in vollem Umfang zu erstatten sind (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Schänke/Ruthig, NJW 1994, 2324 [2327]) und davon auszugehen sein mag, dass die Institute ihre Kunden mit diesen Kosten belasten. Der Gesetzgeber durfte bei seiner Entscheidung berücksichtigen, dass einerseits wegen sonst drohender Haftungsfolgen mit zu weit gehenden Maßnahmen die bisherige marktwirtschaftskonforme Aufsichtskonzeption gefährdet werden, andererseits die Anerkennung einer Schadensersatzpflicht zu unabsehbaren Haftungsrisiken für den Staat führen könnte. Bei der Beurteilung der vom Gesetzgeber im Kreditwesengesetz vorgesehenen Aufsichtsmaßnahmen ist auch die Einlagensicherung zu berücksichtigen, die nach Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie einen gewissen Mindestschutz vor einer Nichtverfügbarkeit von Einlagen geschaffen hat und vor diesem Zeitpunkt für die meisten Kreditinstitute durch die Sicherungseinrichtungen des Kreditgewerbes gewährleistet war. Soweit die Kreditinstitute einer solchen Sicherungseinrichtung nicht angehörten, mussten sie nach § 23a KWG ihre Kunden hierauf hinweisen. Einen weiter gehenden, auch amtshaftungsrechtlichen Schutz musste der Gesetzgeber nicht vorsehen, und zwar auch dann nicht, wenn man - wie die Revision meint - mit Blick auf wirtschaftlich schwache Sparer das aus Art. 20 Abs. 1 GG abzuleitende Sozialstaatsprinzip mit heranzieht.

cc) Schließlich hält der Senat die Regelung in § 6 Abs. 4 KWG und in § 4 Abs. 4 FinDAG auch mit Art. 3 Abs. 1 GG für vereinbar. Soweit der Senat in seinem bereits angeführten Urteil BGHZ 74, 144 (BGHZ 74, 144 [150, 152]) auf die Zielsetzung der Gefahrenabwehr und die polizeiliche (ordnungsrechtliche) Funktion der Bankenaufsicht hingewiesen und auch hieraus den Drittschutz abgeleitet hat, erfordert Art. 3 Abs. 1 GG für den Bereich, der heute der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegt, nicht notwendig dieselbe rechtliche Behandlung wie im allgemeinen Polizeirecht. Schon die große Anzahl möglicher betroffener Kunden im Kredit- und Versicherungsgewerbe wirft die Frage nach den Risiken und Grenzen staatlicher Gewähr auf und lässt insoweit andere Antworten als im allgemeinen Polizeirecht zu.

4. Unter dem in der mündlichen Revisionsverhandlung erörterten Gesichtspunkt des Amtsmissbrauchs, der auch in Fällen zu einer Amtshaftung führen kann, in denen an sich nur Amtspflichten ggü. der Allgemeinheit zu erfüllen sind (vgl. Staudinger/Wurm, BGB, 13. Bearbeitung 2002, § 839 Rz. 176 m.w.N.), so dass auch § 6 Abs. 4 KWG einer Haftung nicht entgegenstünde, kommt eine Schadensersatzpflicht der Beklagten nicht in Betracht. Zu den Voraussetzungen eines Amtsmissbrauchs fehlen jeglicher Sachvortrag und Feststellungen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1311769

BGHZ 2005, 49

DB 2005, 384

NJW 2005, 742

BGHR 2005, 570

EBE/BGH 2005, 1

NVwZ 2005, 608

StuB 2005, 516

WM 2005, 369

WuB 2005, 357

WuB 2005, 360

ZIP 2005, 287

EuR 2005, 531

EuZW 2005, 102

EuZW 2005, 186

JZ 2005, 724

VersR 2005, 1287

VuR 2005, 119

VuR 2005, 50

BKR 2005, 231

VP 2005, 57

ZBB 2005, 144

ZGS 2005, 45

FB 2005, 612

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