Entscheidungsstichwort (Thema)

Offenlegung von Betriebsinterna eines Presseunternehmens durch ein ehemaliges Redaktionsmitglied

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Arbeitnehmer ist durch seine Verpflichtung zur Verschwiegenheit dann nicht gehindert, nach seinem Ausscheiden aus dem Anstellungsverhältnis Betriebsinterna zu offenbaren, wenn er damit gewichtige innerbetriebliche Mißstände aufdeckt, durch die die Öffentlichkeit betroffen ist und denen durch betriebsinternes Vorstelligwerden nicht erfolgreich begegnet werden kann.

2. Zu den Voraussetzungen, unter denen in öffentlicher Kritik an einem Unternehmen Betriebsinterna offenbart werden dürfen, wenn sich der Kritiker deren Kenntnis durch Anstellung in dem Unternehmen unter Verschweigen seiner Absicht und unter einem Decknamen verschafft hat.

3. Zum Schutz eines Zeitungsverlags durch GG Art 5 Abs 1 S 2 vor der Offenlegung von Vorgängen in der Redaktion durch ein früheres Redaktionsmitglied in dessen Kritik an der Öffentlichkeitsarbeit der Zeitung.

4. Zum Schutz des vertraulich gesprochenen Wortes vor seiner Wiedergabe in einem Wortprotokoll, das sich auf eine heimliche Mitschrift stützt.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 823; GG Art. 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Hamburg (Entscheidung vom 10.05.1979; Aktenzeichen 3 U 197/78)

LG Hamburg (Entscheidung vom 20.10.1978; Aktenzeichen 74 O 144/78)

 

Nachgehend

BVerfG (Entscheidung vom 25.01.1984; Aktenzeichen 1 BvR 272/81)

 

Tatbestand

Der Zweitbeklagte ist Verfasser des bei der Erstbeklagten verlegten Taschenbuchs "Der Aufmacher. Der Mann, der bei "B." H. E. war". In dem Buch berichtet der Autor über seine Erlebnisse als Mitarbeiter der Redaktion der "B."-Zeitung in H., in der er sich zu diesem Zweck unter Verschweigen seiner Absicht unter dem Decknamen "H. E." als Journalist von März bis Juli 1977 von der Klägerin hat anstellen lassen.

Die Klägerin, die Herausgeberin der "B."-Zeitung, wehrt sich mit Verbotsanträgen gegen zahlreiche Textstellen des Buchs.

Die vorliegende Klage betrifft einen Ausschnitt ihres (umfassenderen) Unterlassungsbegehrens. Mit ihr hat die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verbieten,

1. die auf S 24ff erwähnte Redaktionskonferenz zu schildern;

2. das in wörtlicher Rede gebrachte Zitat von T. (alias W. S.) auf S 73

zu bringen:

"Lassen Sie mal, kommen Sie zurück, machen Sie bloß kein soziales

Thema draus] Ich hab ein bezauberndes Thema für Sie: Wir haben das

Material aus S. . Suchen Sie jetzt mal in der Stadt einen der

schönsten Gartenzwerge. Der Gartenzwerg feiert gerade 100jährigen

Geburtstag, ich gebe Ihnen Adressen von ein paar

Gartenbedarfsgeschäften, lassen Sie ein Foto machen und kommen Sie

dann her";

3. das auf S 75 abgebildete Manuskript von H. E. mit den

handschriftlichen Änderungen des Chefreporters T. (alias W. S.) zu

bringen;

4. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu

lassen

a) "Auf die "politischen Themen" in B. sei "H." (alias H. I.) fast

ausschließlich abonniert. Entsprechend würden sie abgehandelt.

C.-Union-Hauspostille, Gewerkschaften, Betriebsräte,

Arbeitskonflikte, derartige Themen seien während der 4-monatigen

Tätigkeit von G. W. bei B. nicht vorgekommen. Fast nur bei Streiks

würde so etwas "abwegiges" zum Thema und dann könne man sich

darauf verlassen: die Unternehmen hätten Recht"] (S 91, 92);

b) "Über Emotionen und Vorurteile: Aufputschen gegen Minderheiten,

Schüren von Haß und Angst am besten anhand unpolitisch scheinender

Objekte (Triebtäter, Gastarbeiter): Das erzeugt die Stimmung, die

sich zum kollektiven Schrei nach Todesstrafe, Rübe ab,

draufschlagen, verdichtet. S. und D. seien bloß die Fettaugen auf

der Suppe des gesunden Volksempfindens. Die Küche, in der sie

angerührt werde, sei die B.-Zeitung". (S 126).

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht durch Teilurteil die Klageanträge zu 2) und 4b) abgewiesen; dagegen hat es die Verurteilung der Beklagten nach den Klageanträgen zu 1) und 3) bestätigt. Über den Antrag zu 4a) hat das Oberlandesgericht nicht entschieden, weil er weiterer Klärung bedürfe.

Hiergegen haben beide Parteien Revision eingelegt. Die Beklagten verfolgen mit ihrer Revision ihren Antrag, die Klage auch hinsichtlich der Klageanträge zu 1) und 3) abzuweisen, weiter, während die Klägerin mit ihrer Anschlußrevision begehrt, das landgerichtliche Urteil bezüglich ihrer Anträge zu 2) und 4b) wiederherzustellen.

 

Entscheidungsgründe

Nach der Auffassung des Berufungsgerichts greift die Schilderung der Redaktionskonferenz bei "B."-H. (S 24ff des Buches) und die Abbildung der ersten Seite eines vom Zweitbeklagten verfaßten Manuskripts mit den handschriftlichen Änderungen des Chefreporters "S. T." (W. S.; S 75) unzulässig in das Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein. Daher sei ihr Unterlassungsanspruch insoweit nach §§ 823 Abs 1, 1004 BGB begründet.

Demgegenüber kann nach Ansicht des Berufungsgerichts die Klägerin den Beklagten die Wiedergabe des Zitats von "T." (S 73) und die Kritik an der "B."-Zeitung als Stimmungsmacherin für "Emotionen und Vorurteile" (S 126) nicht verbieten.

Die Revision der Beklagten ist begründet (A 1 und 2); die Anschlußrevision der Klägerin bleibt erfolglos (B 1 und 2).

A. Revision der Beklagten

1. Gedächtnisprotokoll über die Redaktionskonferenz (Klageantrag zu 1).

I. Das Berufungsgericht hat sein Verbot der Textstelle, die den Ablauf einer Redaktionskonferenz bei "B.-H." protokollarisch wiedergibt, im wesentlichen mit folgenden Erwägungen begründet:

Die Wiedergabe des Ablaufs der Redaktionskonferenz greife unzulässig in den geschützten Unternehmensbereich der Klägerin ein, auch wenn die Schilderung wahr sei, wovon hier ausgegangen werden müsse.

Zwar sei den Beklagten nicht allein schon deshalb, weil der Zweitbeklagte sich unter Verbergung seiner wirklichen Identität und Absichten zielgerichtet zur Beschaffung der sonst nicht zugänglichen Informationen in das Unternehmen der Klägerin eingeschlichen habe, schlechthin verboten, die hierdurch erlangten Kenntnisse über innerbetriebliche Vorgänge an die Öffentlichkeit zu bringen. Ob der Klägerin ein Veröffentlichungsverbot zuzuerkennen sei, sei jedoch an der Veröffentlichung, nicht an der Informationsbeschaffung zu messen. Wohl sei für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung neben allen anderen Umständen auch die Art und Weise der Informationsbeschaffung heranzuziehen. Die Gesamtbetrachtung ergebe, daß die Veröffentlichung als rechtswidriger Eingriff in das Recht der Klägerin an ihrem Gewerbebetrieb unzulässig sei.

Die Geheimhaltung der Redaktionskonferenz nicht nur vor Wettbewerbern, sondern vor der Öffentlichkeit allgemein entspreche dem Willen der Verlegerin und gehöre zum Kernbereich ihres Unternehmens. Die Schutzwürdigkeit dieses Willens gehöre zu den Grundlagen der Pressefreiheit und Meinungsfreiheit - dies schon deshalb, weil ohne die Sicherung des Redaktionsgeheimnisses die Presse vom Fluß der Informationen abgeschnitten werde. Die Veröffentlichung der Beklagten gefährde deshalb unmittelbar die Funktionsfähigkeit des klagenden Verlags.

Zudem komme die Veröffentlichung der in der Konferenz von den Redaktionsmitgliedern gemachten Äußerungen in der Form eines Protokolls für den Leser einer Mitschrift der Redaktionskonferenz gleich, sei daher in ihren Wirkungen für die Betroffenen einem unbemerkten Tonbandmitschnitt von vertraulichen Gesprächen oder telefonischen Unterhaltungen gleichzusetzen, der das vertrauensvoll und arglos gesprochene Wort dingfest mache.

Schließlich werde die Veröffentlichung durch die Art und Weise, wie sich der Zweitbeklagte seine Informationen beschafft habe, mit einem schweren Unwerturteil belastet; denn er habe sich nach einem vorgefaßten Plan in die Arglosigkeit und das Vertrauen der Klägerin und der Mitglieder der Redaktionskonferenz eingeschlichen.

Ein höherrangiges Interesse, das die Veröffentlichung gleichwohl als rechtmäßig erscheinen lassen könne, bestehe nicht. Zwar sei das Anliegen der Beklagten, die Arbeitsweise einer der großen Zeitungen der Bundesrepublik darzustellen, für die Öffentlichkeit von hohem Interesse; seine Verfolgung im Meinungskampf sei auch bei möglicherweise einseitigem Engagement durch Art 5 Abs 1 GG geschützt. Dieser Schutz umfasse aber nicht die Veröffentlichung eines Wortprotokolls über eine Redaktionskonferenz, das auf die bezeichnete unrechtmäßige Weise zustande gekommen sei. Die wörtliche Wiedergabe von Gesprächen aus dem engsten Vertrauensbereich des Betriebs sei nicht erforderlich gewesen, um eigene Erfahrungen und Kritik vortragen zu können, jedenfalls nicht in so hohem Maß, daß die dadurch herbeigeführten schwerwiegenden Rechtsbeeinträchtigungen hingenommen werden könnten.

II. Diesen Ausführungen des Berufungsgerichts kann nicht durchweg gefolgt werden.

1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß die Frage, ob und inwieweit die Klägerin den Beklagten die von ihr beanstandete Textstelle verbieten kann, nur aufgrund einer Güterabwägung und Interessenabwägung auf der Grundlage der konkreten Umstände des Streitfalls zu beantworten ist.

a) Das Berufungsgericht leitet das aus dem Wesen des von ihm allein zur Beurteilung herangezogenen Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb her, das die Rechtsprechung zur lückenausfüllenden Ergänzung von § 823 Abs 1 BGB als sog "offenen" Haftungstatbestand entwickelt hat. Der darin dem Unternehmen gewährte Interessenschutz wird - anders als für die in § 823 Abs 1 BGB genannten absoluten Rechte und Rechtsgüter - nicht durch den abgeschlossenen Geltungsbereich eines Schutzguts verkörpert. Seinen Umfang und Inhalt muß der Richter vielmehr von Fall zu Fall aufgrund der jeweils betroffenen Spannungslage ermitteln, in der die Interessen des Unternehmens in Konflikt mit den Interessen anderer stehen (BGHZ 45, 296, 307; 59, 30, 34; 65, 325, 339; 74, 9, 14).

Diese Anspruchsgrundlage kann auf den vorliegenden Sachverhalt trotz ihres nur subsidiären Charakters (BGHZ 69, 128, 138/139; Senatsurteil vom 23. Oktober 1979 - VI ZR 230/77 = NJW 1980, 881) unbeschadet des Schutzes des Unternehmens aus § 824 BGB vor gewerbeschädigender Kritik und der Vorschriften zu seiner Sicherung vor einem Geheimnisverrat (vgl insbesondere §§ 17ff UWG) angewendet werden. Denn hier würde die Offenlegung eines komplexen Unternehmensbereichs der Klägerin, nämlich ihrer Redaktion in H., wie sie die "Betriebsreportage" des Zweitbeklagten enthält, weder unter dem Gesichtspunkt der Kreditgefährdung noch dem des Verrats von Betriebsgeheimnissen und Geschäftsgeheimnissen vollständig erfaßt. Mit einer auf § 824 BGB gestützten Klage könnte sich die Klägerin nur gegen (einzelne) Tatsachenbehauptungen wehren; § 17 UWG scheidet schon deshalb aus, weil der Zweitbeklagte nicht "während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses" Geheimnisse der Klägerin verraten hat. Auch der deliktische Interessenschutz, den § 826 BGB der Klägerin hier gewähren kann, muß - nicht anders als für § 823 Abs 1 BGB - gegenüber den mit der Veröffentlichung verfolgten schutzwürdigen Belangen unter Heranziehung aller Umstände, die diese Spannungslage im konkreten Fall prägen, abgewogen werden (vgl BGHZ 38, 391, 395 mit Nachw). Für den einen wie für den anderen rechtlichen Gesichtspunkt steht die Abwägung vor allem unter dem Einfluß der Wertentscheidung, die das Grundgesetz mit der Gewährleistung der Meinungsfreiheit (Art 5 Abs 1 GG) auch für das Zivilrecht verbindlich getroffen hat; das Rechtswidrigkeitsurteil in § 823 Abs 1 BGB wie das Sittenwidrigkeitsurteil in § 826 BGB sind an dieser Gewährleistung zu messen.

b) Von besonderer Bedeutung für die Klageansprüche sind freilich die Vertragsansprüche der Klägerin, die hier unter dem Gesichtspunkt von (nachwirkenden) Treuepflichten des Zweitbeklagten zu loyalem Verhalten und Verschwiegenheit aus seiner Anstellung als freier Journalist bei "B.-H." in Betracht zu ziehen sind (vgl BGHZ 38, 391, 395; BGH Urt v 16. November 1954 - I ZR 180/53 = LM UWG § 17 Nr 1; vom 15. März 1955 - I ZR 111/53 = LM UWG § 17 Nr 3; BAG AP Nr 1 u 3 zu § 611 BGB - Schweigepflicht - mwNachw und AP Nr 1ff zu § 242 BGB - Nachvertragliche Treuepflicht -; Staudinger/Mohnen/Neumann BGB 11. Aufl § 611 Rz 164; Schlegelberger/Schröder HGB 5. Aufl § 59 Rz 41a; RGRK-HGB Würdinger 3. Aufl § 59 Anm 31d). Denn nach Art und Intensität der Bindungen des Zweitbeklagten an den klagenden Zeitungsverlag waren diese hinsichtlich der Fähigkeit, Loyalitätspflichten gegenüber der Klägerin zu begründen, einem Arbeitsverhältnis zumindest gleichgestellt. Aber auch die sich hieraus ergebenden Ansprüche der Klägerin können im Streitfall nicht ohne eine an Art 5 Abs 1 GG ausgerichtete Interessenabwägung beurteilt werden.

Allerdings sind Beschränkungen des Arbeitnehmers bei seinen kritischen Äußerungen über Arbeitgeber und Beschäftigungsbetrieb durch den Inhalt des Anstellungsvertrags und die ihm übertragenen Aufgaben sowie durch allgemein anerkannte arbeitsrechtliche Grundsätze, die zum Schutz vertrauensvoller Zusammenarbeit im Betrieb bestehen, vorgegeben (vgl BAGE 1, 185, 194ff; 7, 256, 260ff; 24, 438, 444 = NJW 1973, 77; BAG AP § 611 BGB - Beschäftigungspflicht - Nr 5 = NJW 1978, 239; § 1 KSchG 1969 - verhaltensbedingte Kündigung - Nr 1 = NJW 1978, 1872; § 626 BGB Nr 69 = NJW 1978, 1874, 1875; vgl auch BVerfGE 28, 191, 199ff, 202ff = NJW 1970, 1498, 1501). Die Verhaltenspflichten, die dem Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber obliegen, sind daher insoweit anders abgesteckt als im deliktischen Verhältnis zwischen diesem und einem Dritten, bei dem sie sich vornehmlich am Wahrheitsgehalt und den rufschädigenden Wirkungen der Äußerungen orientieren. Die Pflichtenstellung des Arbeitnehmers ist im Anstellungsverhältnis auf andere Weise und enger mit den Interessen des Unternehmens verbunden, für das er tätig wird. Das gilt auch dann, wenn, wie im Streitfall anzunehmen ist, ausdrücklich nichts über die Verschwiegenheitspflicht vereinbart worden ist. Besonderes Gewicht hat für sie die Erhaltung des Betriebsfriedens; Schranken setzen bereits Kompetenzzuweisungen für die Einflußnahme auf Führung und "Politik" des Unternehmens. Vor allem hat der Arbeitnehmer die Bedürfnisse nach einer Vertraulichkeitssphäre zu berücksichtigen, auf die das Unternehmen bei Bildung und Durchsetzung seiner Entscheidungen angewiesen ist und die ganz allgemein die unverzichtbare Grundlage für jede Zusammenarbeit ist.

Andererseits wird die Stellung auch der Vertragsbeteiligten durch das Interesse des Arbeitnehmers an freier Kommunikation und Kritik und durch die hohe Bedeutung, die Art 5 Abs 1 GG diesen Freiheiten zumißt mitbeeinflußt. Der Arbeitgeber kann sich über diese für die Selbstverwirklichung der Persönlichkeit und die Gemeinschaft grundlegenden Freiheiten nicht einseitig mit seinen Interessen hinwegsetzen; das folgt nicht zuletzt aus den wechselseitigen personalen Bezügen, die einem Anstellungsverhältnis eigen sind. Insoweit setzt die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Art 5 GG ihrerseits für die Beurteilung der Vertragsrechte und Vertragspflichten Maßstäbe. Das trifft vor allem für die Pflichtenstellung eines ausgeschiedenen Arbeitnehmers zu, insbesondere wenn dieser - wie hier - weder ausdrücklich noch durch Übernahme einer herausgehobenen Vertrauensstellung für die Zeit nach seinem Ausscheiden besondere Pflichten zur Verschwiegenheit übernommen hat. Freilich ist auch er von der Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Interessen seines früheren Arbeitgebers bei Äußerungen über das Unternehmen durch Art 5 Abs 1 GG keineswegs ganz freigestellt. Hier hat das Recht nicht nur der Konfliktsituation Rechnung zu tragen, die sich ergibt, wenn der ehemals mit den Interessen des Unternehmens verbundene Arbeitnehmer sich nunmehr mit seiner Kritik an betriebsinternen Vorgängen, die ihm nur aufgrund dieser Zugehörigkeit zur Kenntnis gekommen sein können, gegen das Unternehmen stellt; vielmehr ist auch den Rückwirkungen Rechnung zu tragen, die es für das Beschäftigungsverhältnis haben müßte, wenn der Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses die unbegrenzte Preisgabe von Betriebsinterna durch seine Beschäftigten zu gewärtigen hätte. Gleichwohl kann eine unbegrenzte Pflicht des Arbeitnehmers, sich auch noch nach seinem Ausscheiden in der Öffentlichkeit jeder für den früheren Arbeitgeber nachteiliger Äußerungen über das Unternehmen zu enthalten, aus seinen Treuepflichten - dies jedenfalls bei Fehlen besonderer Abmachungen - nicht hergeleitet werden. In der nachvertraglichen Phase verringert sich das Gewicht der schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers am Wohlverhalten des früheren Arbeitnehmers; so treten die Gesichtspunkte des Betriebsfriedens und der Kompetenzabgrenzung mehr in den Hintergrund, während die Handlungsfreiheit und Bewegungsfreiheit des Arbeitnehmers an Bedeutung gewinnt. Selbst bei voller Würdigung der verbleibenden Belange des Arbeitgebers kann die Abwägung mit dem Interesse an freier Kritik zu dem Ergebnis führen, daß der Arbeitnehmer sich nach seinem Ausscheiden über solche Vorgänge in dem Unternehmen kritisch äußern darf, an dem die Allgemeinheit ernstlich, also nicht nur aus Neugierde, interessiert ist, weil diese auch sie unmittelbar angehen. Das gilt jedenfalls dann, wenn es um die Aufdeckung von gewichtigen Mißständen geht, durch die die Öffentlichkeit betroffen ist und denen durch betriebsinternes Vorstelligwerden nicht erfolgreich begegnet werden kann (zu letzterem s auch Denck DB 1980, 2132). Eine weitergehende Wahrung der Arbeitgeberinteressen fände nicht nur keine Entsprechung mehr in gleichwertigen Fürsorgepflichten, sondern würde die Meinungsfreiheit unzulässig verkürzen. Denn diese ist gerade auch deshalb gewährleistet, um in Angelegenheiten, die die Öffentlichkeit angehen, der geistigen Auseinandersetzung ein Diskussionsforum und Kontrollforum zu sichern. Diesem Anliegen kann sich auch das Interesse des Arbeitgebers an der fortbestehenden Loyalität seiner früheren Beschäftigten nicht entziehen.

2. Im Streitfall betrifft die Abwägung im Schwergewicht das Interesse der Klägerin, ihren Redaktionen die für deren Arbeit notwendige Sphäre der Vertraulichkeit zu sichern. Interessen der Klägerin an der Wahrung ihres wirtschaftlichen Rufs treten demgegenüber zurück. Das wird auch von den Parteien und dem Berufungsgericht so gesehen. Eine etwaige Beeinträchtigung des Ansehens der Klägerin kann bei einer Berichterstattung, von deren Wahrheitsmäßigkeit hier auszugehen ist, nicht entscheidend sein. Für den Deliktschutz greift der vom erkennenden Senat wiederholt herausgestellte und auch vom Berufungsgericht herangezogene Grundsatz ein, daß die Interessen des Unternehmens an der Wahrung seines Rufs durchweg nicht vor wahren Tatsachenbehauptungen geschützt sind, jedenfalls soweit sie, wie hier, nicht zu Wettbewerbszwecken geäußert werden (seit BGHZ 36, 77, 82; 45, 296; vgl auch Senatsurteil vom 23. Oktober 1979 - VI ZR 230/77 = aaO). Zwar können sich zusätzliche Einschränkungen für Äußerungen über das Unternehmen im Interesse der Rufwahrung aus der soeben erörterten vertraglichen Treuepflicht seiner Angestellten ergeben. Wie schon gesagt, verbietet diese jedoch dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer nicht auch eine Kritik, der es um die Öffentlichkeit angehende gewichtige Mißstände im Unternehmen seines früheren Arbeitgebers geht. Mit solchen Mißständen befaßt sich auch die Veröffentlichung der Beklagten, in deren Bezugsrahmen der Bericht über die Redaktionskonferenz steht; das wird unten noch näher dargelegt.

Nachhaltiger als ihr Ansehen wird durch die "Betriebsreportage", in der der Zweitbeklagte die Verhältnisse in der Redaktion bei "B.-H." durchleuchtet hat, das Interesse der Klägerin betroffen, ihre innerbetriebliche Sphäre vor der Öffentlichkeit geheimzuhalten. Dieses Interesse ist nicht nur als Teil des Anstellungsverhältnisses, in dem der Zweitbeklagte zu der Klägerin gestanden hat, also arbeitsrechtlich, sondern auch unter deliktischen Gesichtspunkten schutzwürdig. Ein Mindestbestand an Vertraulichkeitsschutz gehört zu den Grundlagen nicht nur jedes Anstellungsverhältnisses, sondern jeder unternehmerischen Betätigung; das gilt gerade auch für die redaktionelle Arbeit einer Zeitung, die schon zum Schutz ihrer Informanten auf Vertraulichkeit besonders angewiesen ist.

Jedoch ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt des Schutzes vor Indiskretionen im Ergebnis der Bericht des Zweitbeklagten über die Redaktionskonferenz bei "B.-H." zulässig. Das gilt jedenfalls für den hier allein zu beurteilenden Zusammenhang, in dem die Schilderung der Konferenz dazu dient, die Kritik des Zweitbeklagten an dem Einfluß der "B."-Zeitung auf ihre Leser zu konkretisieren.

a) Auch der Tätigkeitsbereich und Entscheidungsbereich einer Redaktionskonferenz ist den Einblicken der Öffentlichkeit nicht schlechthin entzogen.

Weder einem Wirtschaftsunternehmen allgemein noch den öffentlichen Medien kann rechtlich eine absolut geschützte "Intimsphäre" in dem Sinn gewährt werden, wie sie der Persönlichkeit zu ihrer freien Selbstbestimmung zustehen muß. Die für das Recht der Persönlichkeit geltenden Maßstäbe können auf den Schutz der unternehmerischen Betätigung, für den es nicht um personale Inhalte, sondern um Sicherung wirtschaftlicher Funktionszusammenhänge geht, insoweit nicht herangezogen werden; in diesem Sinn ist diese Tätigkeit immer "öffentliche Angelegenheit" (Kübler AcP 172, 177, 196 mwNachw).

Anderes folgt für die Presse auch nicht aus der verfassungsrechtlichen Garantie der Pressefreiheit. Art 5 GG sichert zwar die redaktionelle Arbeit vor staatlicher Kontrolle und Zensur und strahlt insoweit auch auf die Stellung der Presse in ihren außerstaatlichen Beziehungen aus. Das bedeutet aber nicht, daß die Presse schlechthin vor jeder Aufdeckung von Entscheidungsvorgängen innerhalb der Redaktion und ihrer kritischen Erörterung geschützt wäre. Die Pressefreiheit (Satz 2 des Art 5 Abs 1 GG) ist um der Meinungsfreiheit willen (Satz 1 des Art 5 Abs 1 GG) gewährleistet; sie soll der öffentlichen Meinungsbildung das Forum der Medien für die freie geistige Auseinandersetzung garantieren. Mit diesen Zielen wäre es aber nicht vereinbar, wenn ein Zeitungsverlag die Pressefreiheit auch dafür in Anspruch nehmen könnte, den redaktionellen Arbeitsbereich und seine Entscheidungsstrukturen unter Berufung auf das Redaktionsgeheimnis von vornherein einer öffentlichen Diskussion zu entziehen, die durch die Verfassungsgarantien des Art 5 Abs 1 GG gesichert, nicht beschränkt werden soll.

Für die Öffentlichkeit ist die Art und Weise, in der eine Zeitung entsteht und auf die Meinungsbildung durch Auswahl und Aufbereitung der Informationen Einfluß nimmt, von besonderem Interesse. Stärker als durch jede andere unternehmerische Betätigung ist die Öffentlichkeit in den Wirkungsbereich redaktioneller Entscheidungen einbezogen. Das gilt insbesondere für ein Massenblatt mit der Verbreitung und Suggestivkraft der "B."-Zeitung. Für die Öffentlichkeit ist es wichtig, dieses Kräftefeld bewußt zu halten; dazu gehört die Auseinandersetzung mit der Einstellung der Zeitung zur Nachricht und zu ihrer Leserschaft, die diesen Einfluß prägen. Schon wegen dieser Teilhabe der Öffentlichkeit an der redaktionellen Arbeit kann auch diese selbst der öffentlichen Erörterung und Kritik nicht schlechthin entzogen sein. Von der Gewährleistung des Art 5 Abs 1 GG ist solche Kritik nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil sie sich auf "Insider"-Informationen stützt. Soweit Art 5 Abs 1 GG von dem Recht des Bürgers spricht, sich "aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten", betrifft dies die Informationsfreiheit. Diese soll zwar wie die Meinungsfreiheit die öffentliche Meinungsbildung sichern, nicht aber die Meinungsäußerungsfreiheit auf solche Informationsquellen beschränken (vgl BGHZ 73, 120, 126 mN).

b) Nun ist allerdings die Vertraulichkeit der Informationsquellen der Presse besonders schutzbedürftig, weil für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben unentbehrlich; darauf beruht vor allem das durch das Gesetz vom 25. Juli 1975 (BGBl I 1973) erweiterte Zeugnisverweigerungsrecht der Journalisten, Redakteure usw in § 383 Abs 1 Nr 5 ZPO und § 53 Abs 1 Nr 5 StPO. An der Wahrung des Informantenschutzes muß auch die Öffentlichkeit interessiert sein. Er sichert ihr die Unterrichtung über Vorgänge, die ohne ihn von den Medien nicht aufgedeckt werden könnten. Zum Schutz ihrer Informanten kann die Zeitung die Gewährleistung der Pressefreiheit auch gegenüber der sie kritisierenden Öffentlichkeit in Anspruch nehmen; die Quellen, aus denen sie ihre Informationen bezieht, gehören zu den Betriebsgeheimnissen und Geschäftsgeheimnissen, die vor einer Offenlegung gegen den Willen der Betroffenen bewahrt werden müssen.

Solche Geheimnisse gibt die beanstandete Aufzeichnung über die Redaktionskonferenz bei "B.-H." aber nicht preis. Aus den aufgezeichneten Gesprächen können nur Erkenntnisse über das "Arbeitsklima", in dem die Zeitung entsteht, über die Auswahl und Aufbereitung der Informationen gewonnen werden. Der Informantenschutz ist dadurch nicht unmittelbar betroffen; ohnehin kann die Klägerin ihn insofern nicht in Anspruch nehmen, als es darum geht, daß Zeitungsberichten überhaupt keine Informationen zugrundegelegen haben, sie vielmehr auf "erfundenen Geschichten" beruhen. Betriebsinterna sind noch keine Geheimnisse, die mit der Schutzbedürftigkeit von Betriebsgeheimnissen oder Geschäftsgeheimnissen vergleichbar wären. Auch die gesetzlichen Vorschriften, die wie §§ 17ff UWG den Schutz von Betriebsgeheimnissen und Geschäftsgeheimnissen zum Gegenstand haben, sind auf diese "Interna" nicht zugeschnitten. Sie schützen Vorgänge, an deren Geheimhaltung der Unternehmer zur Unternehmensführung, insbesondere zur Durchführung seiner unternehmerischen Interessen am Markt objektiv interessiert sein muß (vgl auch Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht 12. Aufl § 17 UWG Rz 2, 6; Reimer, Wettbewerbsrecht und Warenzeichenrecht Bd II 4. Aufl 57 Kap Rz 1f; BGHZ 64, 325, 329ff). Nicht stellen sie darüber hinaus das "Erscheinungsbild" des Unternehmens unter besonderen Schutz.

c) Freilich hat auch das Umfeld der Bereiche, in denen solche geheimhaltungsbedürftigen Gegenstände zur Sprache kommen, am Schutz vor Indiskretionen teil. Sonst wäre nicht nur der vertrauensvollen Zusammenarbeit und der unbefangenen Meinungsbildung im Unternehmen vor allem in seinen hierfür im Vordergrund stehenden Entscheidungsgremien die Grundlage entzogen (vgl auch BGHZ 64, 325, 329ff), sondern es wären auch die Betriebsgeheimnisse und Geschäftsgeheimnisse, die durch Offenlegungen schon ihres Vorfeldes bedroht sein können, nicht hinreichend sicher. Aber in diesem räumlich-gegenständlichen Sinn ist die Vertraulichkeitssphäre nicht ebenso geschützt wie der Inhalt eines Betriebsgeheimnisses oder Geschäftsgeheimnisses. Insoweit sieht sich der Bereichsschutz andersartigen und vielfältigeren schutzwürdigen Interessen an einer Aufdeckung gegenüber. Das folgt schon daraus, daß die Arbeitsbereiche nicht ebenso wie ein Geschäftsgeheimnis dem Unternehmer allein gehören, sondern an ihnen als "Sozialsphäre" auch die Persönlichkeit des in ihnen Beschäftigten mit ihren Belangen teil hat, und darüber hinaus auch die Allgemeinheit ein schutzwertes Interesse daran haben kann, das Kräftefeld, das in ihnen wirksam ist, aufzudecken. Je nach dem Anliegen und den Interessen, die sie verfolgt, können für eine Kritik an einer Zeitung auch Vorgänge in deren Redaktion der öffentlichen Erörterung zugänglich sein. Das gilt jedenfalls dann, wenn sich die Kritik gegen gewichtige Mißstände in der Öffentlichkeitsarbeit der Zeitung richtet und sie sich darauf beschränkt, den redaktionellen Arbeitsbereich als solchen transparent zu machen, ohne damit Geschäftsgeheimnisse oder Betriebsgeheimnisse, insbesondere den Schutz der Informanten preiszugeben. Das hohe Interesse, das die Öffentlichkeit an der Auseinandersetzung mit solcher Einflußnahme der Presse auf die Meinungsbildung hat, und der Anteil, der der redaktionellen Arbeit hierin zukommt, muß für die Belastbarkeit der Vertraulichkeitssphäre mitberücksichtigt werden. Ihm gegenüber muß das Interesse der Zeitung, ihre Redaktionen vor Einblicken Außenstehender abzuschirmen, zurücktreten, wenn sich die "Insider"-Informationen wie hier auf das Strukturelle und das "Klima" der Arbeitsvorgänge und Entscheidungsvorgänge beschränken, um beanstandungswürdige Methoden und Haltungen bei Auswahl und Bearbeitung der Informationen sichtbar zu machen. Eine sich hierauf zurückziehende Darstellung der redaktionellen Arbeit, sei es auch am "Muster" einer Redaktionskonferenz, wie sie hier in Frage steht, bewirkt noch nicht die Gefahr, die Zeitung vor dem "Informationszufluß" abzuschneiden, wie das Berufungsgericht befürchtet. Belastungen der redaktionellen Arbeit durch den kontrollierenden Einfluß, der der Öffentlichkeit damit in diesen Fällen eröffnet ist, beschränken nicht die Pressefreiheit und Meinungsfreiheit, sondern dienen ihr. Ihnen kann sich die Zeitung weder unter deliktsrechtlichen noch vertraglichen Gesichtspunkten durch Berufung auf das Redaktionsgeheimnis entziehen.

d) Derartige gewichtige Mißstände sind Gegenstand der beanstandeten Veröffentlichung.

Es kommt nicht darauf an, ob die Aufzeichnung der Redaktionskonferenz für sich genommen ausreichend deutlicher Beleg für den kritisierten Umgang mit den Informationen bei "B.-H." ist. Die Schilderung muß im Zusammenhang mit der Gesamtveröffentlichung gesehen werden. Die hierin aufgezeigte Einstellung der Journalisten zu ihrer Arbeit, die Arbeitsbedingungen, unter denen die Zeitung in der Redaktion "gemacht" wird, ihr Verhältnis zur Leserschaft sind - selbst unter Gesichtspunkten einer eher am Sensationsbedürfnis als am Informationsinteresse ausgerichteten Boulevardpresse - mit den Aufgaben der Presse schwerlich in Einklang zu bringen und verdienen die besondere Beachtung der Öffentlichkeit, auf die die "B."-Zeitung starken Einfluß nimmt.

Freilich sind zahlreiche in der "Betriebsreportage" enthaltenen Behauptungen teilweise in rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren als unzulässig festgestellt, teilweise mit einstweiligen Verfügungen von der Klägerin jedenfalls zunächst erfolgreich bekämpft. In manchen Fällen betreffen die erwirkten Verbote allerdings nur Einzelheiten, die den Kern der Kritik unberührt lassen; zahlreiche Verbote sind ohne Beachtung der für solche Sicht gebotenen Einschränkungen allein deshalb ergangen, weil sich der Zweitbeklagte seine Informationen durch "Einschleichen" in den Betrieb verschafft hat; andere Verbote wollen die Beklagten nach ihren Angaben aus Kostengründen oder deshalb hingenommen haben, um Dritte nicht in die Auseinandersetzung hineinzuziehen oder um den Rechtsstreit auf rechtsgrundsätzliche Fragen zu beschränken. Indes wird auch dann, wenn die von der Klägerin beanstandeten Textstellen außer Betracht gelassen werden, die Kritik des Zweitbeklagten von wesentlichen Sachverhalten getragen:

Von den von ihm angeführten Beispielen zur Methode, mit Recherchen erst zu beginnen, nachdem die Schlagzeile bereits an die "Bundes"-Ausgabe gemeldet worden ist und die "Geschichte" schon "steht" (S 50, 56ff; 198ff); von Beispielen über Art und Weise, in der Seitenaspekte eines Interviews in den Mittelpunkt solcher "Geschichten" gerückt oder dem Interviewpartner Antworten suggeriert werden, um diese mit der "Geschichte" in Einklang zu bringen (S 43, 46ff; 56ff; 149ff; 157ff); von Beispielen über den teilweise entwürdigenden Einsatz von Personen für die Aufmachung der Zeitung (S 26ff; 160ff); von Beispielen eines "auf Hervorbringung" von "B."-gerechten Beiträgen ausgerichteten "Arbeitsklimas" (S 50; 73; 85; 90; 219); von Beispielen über den Einfluß der Werbung auf die Arbeit in der Redaktion (S 28ff; 138; 140ff); von Beispielen über das in hauseigenen "B.-Analysen" zum Ausdruck kommende Selbstverständnis für die Rolle der Zeitung im Verhältnis zum Leser.

Die Ansicht der Klägerin, daß diese in der Veröffentlichung aufgezeigten Mißstände, gemessen an ihrer Bedeutung für die Öffentlichkeit, die Publikation von Betriebsinterna durch einen zur Loyalität und Verschwiegenheit verpflichteten früheren Mitarbeiter nicht ausreichend rechtfertigen können, kann der Senat nicht zustimmen. Die Klägerin setzt die Schwelle hierfür zu hoch an, wenn sie diese auf besonders schwere Einbrüche in die Rechtsordnung beschränkt sehen will; sie stuft die Bedeutung, die Meinungsmanipulationen durch die Presse für die Öffentlichkeit haben, zu sehr herab. Die schutzwürdigen Interessen der Öffentlichkeit sind nicht auf die Aufdeckung besonders gravierender Rechtsverstöße beschränkt. Von nicht geringerem Gewicht müssen für sie Einflüsse von Fehlentwicklungen eines Journalismus sein, der noch Formen des Rechts in Anspruch nehmen mag, aber die Aufgaben der Presse und ihre Verantwortung aus dem Auge verloren hat. Die freie Meinung und Kritik ist nicht zuletzt deshalb gewährleistet, um solche zwar "alltäglichen", für die Gemeinschaft aber wichtigen Vorgänge im Bewußtsein und unter der Kontrolle der Öffentlichkeit zu halten, dies gerade deshalb, weil sie sich nicht spektakulär und für jeden ohne weiteres erfaßbar, sondern für die Allgemeinheit unsichtbar, nichtsdestoweniger einschneidend vollziehen. Daß das Anliegen der Kritik auch im Streitfall für die Öffentlichkeit von hohem Interesse ist, ergibt sich schon aus dem großen Verbreitungskreis der angegriffenen Zeitung. Es wird auch nicht dadurch verringert, daß die "Betriebsreportage" sich im wesentlichen auf Verhältnisse einer Lokalredaktion beschränkt; dies schon deshalb nicht, weil die Zustände dort der Klägerin nicht entgangen sein können.

Dem Anliegen der Kritik ordnet sich auch die Schilderung der Redaktionskonferenz ein. Der Autor berichtet über sie zum Verständnis von Einstellung un "Klima" in der Redaktion, deren Einflüsse auf die Gestaltung der Zeitung einen Teilaspekt seiner Kritik ausmachen. Daß die Schilderung nur Vorgänge betrifft, die das Berufungsgericht als "letztlich trivial" bezeichnet, ist durch das Vorgehen des Kritikers bedingt, in seiner "Betriebsreportage" aus Einzelbeschreibungen der "Alltagsarbeit" der Redaktion ein Gesamtbild zusammenzusetzen, das durch "Details" konkretisiert und erfaßbar wird. Wo es dem Kritiker um die Aufdeckung von Mißständen geht, die wie hier Einstellungen und Haltungen in der journalistischen Arbeit betreffen, ist solches Vorgehen zulässig. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war der Zweitbeklagte nicht gehalten, zur Schonung der Klägerin nach anderen Darstellungsformen für seine Kritik zu suchen. Insoweit muß der Kritiker, wenn, wie hier, die Kritik nach den Umständen an sich zulässig ist, freie Hand für Inhalt und Form der Darstellung haben; Art 5 Abs 1 GG verbietet es, ihn hierfür auf das unabdingbar Notwendige zu verweisen.

e) Die Veröffentlichung über den Ablauf der Redaktionskonferenz ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht deshalb unzulässig, weil der Zweitbeklagte unter Verschweigen seiner Absichten und seiner Identität die Mitarbeit in der Redaktion von vornherein mit dem Ziel gesucht hat, "Insider"-Informationen in einer kritischen "Betriebsreportage" über die Arbeit der "B."-Zeitung zu verwerten.

aa) Allerdings ist, wie der Senat bereits in seinem Urteil BGHZ 73, 120, 127 näher dargelegt hat, bei der Beurteilung, in welchem Umfang die Veröffentlichung vertraulicher Informationen das Grundrecht des Art 5 Abs 1 GG für sich in Anspruch nehmen kann, auch auf den Weg zu sehen, auf dem sich der Kritiker die Information verschafft hat. Das gilt nicht nur für die dort getroffene Abwägung zwischen dem Recht der Persönlichkeit gegenüber den Interessen der Presse an der Veröffentlichung einer illegal gewonnenen Information, sondern auch für die Abwägung der hier in Rede stehenden widerstreitenden Interessen von Unternehmer und Autor bzw Herausgeber eines kritischen Berichts über die innerbetrieblichen Zustände in dem Unternehmen. Meinungsfreiheit gewährt Art 5 GG nur in den Schranken der allgemeinen Gesetze. Das bedeutet zwar nicht, daß jede unter unrechtmäßigem Einbruch in die Vertraulichkeitssphäre gewonnene Information schon deshalb nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben werden darf. Insoweit kommt es sowohl auf die Beziehungen an, in denen der Kritiker zu dem Vertrauensbruch steht, wie auf den Öffentlichkeitswert, den die Information hat. Aber das Grundrecht kann nicht dazu eingesetzt werden, vom Recht oder von der Sittenordnung mißbilligte Kommunikationsprozesse zu legalisieren. Unter diesem Gesichtspunkt kann auch die Mißbilligung von Art und Weise, in der eine vertrauliche Information beschafft worden ist, ihrer Veröffentlichung entgegenstehen, wenn durch sie der unzulässige Vertrauensbruch verwirklicht wird; darüber hinaus auch dann, wenn sich in ihr das unrechtmäßige Eindringen in die Vertraulichkeitssphäre derart manifestiert, daß selbst mit Rücksicht auf die Schutzwürdigkeit des mit der Veröffentlichung verfolgten Anliegens und den Eigenwert, der der Kommunikation nach Art 5 Abs 1 GG als solcher zukommt, dieser Gang in die Öffentlichkeit der Meinungsbildung nicht mehr "adäquat" ist.

bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht das Verhalten des Zweitbeklagten als unzulässiges "Einschleichen" in das Unternehmen der Klägerin gewürdigt.

Er durfte sich nicht unter Verschweigen seiner Absicht, eine "Betriebsreportage" über die Klägerin zu schreiben, von ihr anstellen lassen; denn er wußte, daß sein Vorhaben nicht zu verwirklichen war, wenn er es offengelegt hätte. Über die ihm bekannte besondere Bedeutung, der damit seinen Absichten für die Anstellung zukam, durfte er sich auch dann nicht hinwegsetzen, wenn er seine "Betriebsreportage" von vornherein auf Bereiche beschränken wollte, deren Offenlegung in einem kritischen Beitrag nach dem zuvor Gesagten ihm nicht verboten werden kann. Ob er solches Vorhaben auch dann hätte offenbaren oder das Anstellungsverhältnis von sich aus hätte beenden müssen, wenn er sich erst nach seiner Anstellung durch die ihm dadurch bekanntgewordenen Vorgänge in der Redaktion zu einer Veröffentlichung entschlossen hätte, kann dahinstehen. Jedenfalls widerspricht es der Vertrauensbasis, auf die sich die Anstellung zu einer nicht bloß untergeordneten Tätigkeit stützt, das Anstellungsverhältnis von Anfang an mit der Unkenntnis des Arbeitgebers über Umstände zu belasten, die für dessen Vertragsentschluß erkennbar von besonderer Bedeutung sind.

cc) Jedoch zieht dieses illegale Vorgehen des Zweitbeklagten noch nicht ein Verwertungsverbot für die so erlangten Informationen nach sich, wenn und soweit sie wie hier dazu eingesetzt werden, Mißstände in der Öffentlichkeitsarbeit der "B."-Zeitung aufzudecken, deren Offenlegung für die Allgemeinheit von besonderem Interesse ist.

Zwar ist die Klägerin gegenüber solchem Vorgehen davor zu schützen, sich als Arbeitgeberin einem Arbeitnehmer gegenüber zur Leistung und Fürsorge zu verpflichten, dessen Interessen in Bezug auf die übertragene Tätigkeit von Anfang an diametral entgegengesetzt sind. Dagegen zielt dieser Schutz nicht auch darauf, eine Kritik an der "B."-Zeitung zu verhindern, die sie einem früheren Mitarbeiter, dessen Anstellungsverhältnis nicht diesen Makel hatte, nach dem zuvor Gesagten nicht verbieten könnte. Diese Schutzrichtung kann im Streitfall nicht außer Betracht bleiben, zumal es nicht nur den Kritiker, sondern auch die öffentliche Diskussion belasten muß, wenn ihm Schweigen über Vorgänge auferlegt wird, die die Öffentlichkeit besonders angehen.

Bei Fallgestaltungen wie der vorliegenden wird die Klägerin durch die Veröffentlichung vor allem deshalb betroffen, weil deren Leser zusammen mit der - bei legalem Vorgehen des Kritikers zulässigen - Kritik vor Augen geführt wird, daß ihr Geheimhaltungswille durch eine "anstößige" Strategie übertrumpft worden ist. Diese nachteilen Wirkungen der Veröffentlichung sind ernst zu nehmen, zumal es auch die Kommunikation als solche belasten muß, wenn auf diese Weise Einbrüche in Legalität und Fairness sichtbar gemacht werden, auch wenn diese, wie ausgeführt, in andere Richtung zielen. Sie können nur dann hingenommen werden, wenn Ernsthaftigkeit und Bedeutung des Anliegens, das der Kritiker mit seinem Beitrag verfolgt, das Gewicht dieser Nachteile für den Betroffenen und für die Rechtsordnung in den Hintergrund drängen. Von einem solchen die schutzwürdigen Belange der Klägerin deutlich übersteigenden Öffentlichkeitswert der mitgeteilten Information ist hier jedoch nach Ansicht des Senats auszugehen. Wie schon dargelegt, soll die Veröffentlichung, in deren Zusammenhang die Schilderung über die Redaktionskonferenz steht, gewichtige Mißstände in der Öffentlichkeitsarbeit der "B."-Zeitung offenlegen. Durch derartige Mißstände, deren Aufklärung und Bewertung im Austausch der Meinungen zu den Aufgaben gehört, um deretwillen das Grundgesetz die Meinungsfreiheit garantiert, wird die Rechtsordnung insgesamt gesehen stärker betroffen als durch den Umstand, daß ihre Offenlegung zugleich die illegale Informationsbeschaffung manifest macht. Ein Veröffentlichungsverbot um der Ordnung willen müßte in diesem Konflikt als formales Abheben auf das zu beanstandende Verhalten nur der einen Seite, des Kritikers, erscheinen und die Störung der Ordnung durch die kritisierten Sachverhalte unbewertet lassen. Das aber müßte das Rechtsgefühl stärker belasten als die mit der Zulassung der Veröffentlichung verbundenen nachteiligen Wirkungen.

f) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Schilderung der Redaktionskonferenz auch nicht deshalb mit einem zusätzlichen rechtlichen Makel belastet, weil sie das Konferenzgespräch in wörtlicher Rede wiedergibt und auf schriftlichen Aufzeichnungen beruht, die der Zweitbeklagte während der Konferenz gemacht hat (vgl die Vorbemerkungen des Zweitbeklagten auf S 10 seines Buchs).

Allerdings verletzt nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts die Verbreitung eines ungenehmigten Tonbandmitschnitts eines vertraulichen Gesprächs - sei es durch den Tonträger selbst, sei es durch ein Transkript der Aufzeichnung - grundsätzlich das Persönlichkeitsrecht der Gesprächsteilnehmer, weil die persönliche Eigensphäre nicht gegen den Willen der Betroffenen auf diese Weise "verdinglicht" und verfügbar gemacht werden darf (vgl die Nachweise in BGHZ 73, 120, 123). Es kann dahinstehen, ob die Klägerin sich aus eigenem Recht auf diese Grundsätze berufen könnte, wenn diese auch für das "Wortprotokoll" eines vertraulichen Gesprächs zu gelten hätten. Denn solche Aufzeichnungen sind rechtlich einem Tonbandmitschnitt des gesprochenen Worts nicht gleichzusetzen. Die genannten Grundsätze schützen nicht auch vor der Wiedergabe eines vertraulichen Gesprächs, das ein Gesprächsteilnehmer aus der Erinnerung - sei es auch unterstützt durch ein Gedächtnisprotokoll - wiedergibt, die Wiedergabe also zwar Genauigkeit, nicht aber die "Authentizität" einer "Gesprächskonserve" beansprucht. In diesem Fall fehlt es nicht nur am Eindringen heimlicher "Zuhörer" in den Vertraulichkeitsbereich durch den Tonträger, sondern vor allem an einer "Verdinglichung" des gesprochenen Worts, die die Persönlichkeit zu einem Objekt herabwürdigt und wie eine Ware verfügbar macht. Ein Verbot auch solcher wörtlichen Wiedergabe von Äußerungen würde dem Betroffenen einen (verfassungskräftigen) Bestandsschutz für sein Vertrauen in den Gesprächspartner einräumen, der sich aus der Gewährleistung seines Persönlichkeitsrechts nicht herleiten läßt, und die freie Kommunikation in unerträglicher Weise einschränken.

Das muß nach Ansicht des Senats auch für die Wiedergabe eines Gesprächs aufgrund schriftlicher Aufzeichnungen gelten, die der Gesprächsteilnehmer unbemerkt während des Gesprächs gemacht hat. Auch in diesem Fall fehlt es an den spezifischen Gefahren für die persönliche Eigensphäre aus einer "Konservierung" des gesprochenen Worts; die Persönlichkeit wird durch sie nicht in gleichem Maß wie durch eine heimliche Tonbandaufzeichnung objektiviert. "Verfügbar" gemacht wird das gesprochene Wort auch in diesen Fällen durch seine Entäußerung gegenüber dem Gesprächsteilnehmer und dessen anschließender Indiskretion; daher geht es auch hier nur um Vertrauensschutz, nicht um darüberhinausreichende Eingriffe in den Eigenwert der Persönlichkeit.

2. Veröffentlichung der Manuskriptseite (Klageantrag zu 3).

Mit ihrem Klageantrag zu 3) wendet sich die Klägerin gegen den Abdruck einer Manuskriptseite (Seite 75) aus einem journalistischen Beitrag, den der Zweitbeklagte während seiner Zugehörigkeit zu der Redaktion der Klägerin in H. über eine Spielhalle verfaßt hat und die der Chefreporter "S. T." vor dem Abdruck in der "B."-Zeitung redaktionell bearbeitet hatte. Durch den Abdruck will der Zweitbeklagte das Ausmaß von Streichungen und handschriftlichen Zusätzen des Chefreporters sichtbar machen; damit will er seine Behauptung belegen: "Eigenhändig fälscht S. T. und dichtet Zitate hinein".

I.

Das Berufungsgericht hat den Abdruck der Manuskriptseite für unzulässig angesehen und dazu erwogen: Die Abbildung der Manuskriptseite mit den redaktionellen Änderungen greife unzulässig in den Unternehmensbereich der Klägerin ein. Wie der Hergang einer Redaktionskonferenz gehöre auch die Entstehung eines Artikels zum engsten Vertrauensbereich der Presse und zum Kernbereich des Unternehmens. Spätestens mit der Vorlage des Manuskripts an S. (= "S. T.") und die Bearbeitung durch ihn sei es Teil dieses mit der Entstehung der Zeitung verbundenen Schriftwerks geworden und habe der alleinigen Verfügungsbefugnis der Klägerin unterlegen, die es habe vertraulich behandelt wissen wollen. Die Unzulässigkeit des Vertrauensbruchs durch die Veröffentlichung ergebe sich aus denselben Gründen, aus denen die Veröffentlichung über die Redaktionskonferenz rechtswidrig sei, zumal mit der Veröffentlichung nicht der Nachweis habe erbracht werden können, daß von den Mitgliedern der "B."-Zeitungsredaktion in H. journalistisch unredlich gehandelt worden sei.

II.

Auch gegenüber diesen Ausführungen hat die Revision der Beklagten Erfolg. Der Abdruck der Manuskriptseite steht im Bezugszusammenhang der Kritik an einer mißbräuchlichen Einflußnahme der Redaktion von "B.-H." auf die Bildung der öffentlichen Meinung. Sie kann nach den vorstehenden Ausführungen - auch unter Beachtung des Umstands, daß sie sich auf "Insider"-Informationen stützt, die sich der Zweitbeklagte auf illegalem Weg verschafft hat - nicht verboten werden.

1. Für den vom Berufungsgericht in erster Linie herausgestellten Schutz der Klägerin vor Einbrüchen in die Vertraulichkeit ihres innerbetrieblichen Bereichs kann hier im Ergebnis nichts anderes gelten als für die Schilderung des Zweitbeklagten über den Verlauf einer Redaktionskonferenz, die die Klägerin, wie soeben ausgeführt, angesichts des besonderen Interesses der Öffentlichkeit an dem Gegenstand der Veröffentlichung hinnehmen muß. Ebensowenig wie die aus dieser Gesprächsaufzeichnung vermittelten Erkenntnisse über das Arbeitsklima in der Redaktion gehört die Tatsache, daß und inwieweit der Beitrag eines Mitarbeiters der Redaktion durch den Chefreporter abgeändert worden ist, zu denjenigen geheimzuhaltenden Betriebsinhalten oder Geschäftsinhalten, die um der Sicherung der Unternehmensfunktion und den Aufgaben der Presse willen auch dann nicht offenbart werden dürfen, wenn sie zur Konkretisierung von Mißständen herangezogen werden, an deren Aufdeckung ein besonderes öffentliches Interesse besteht. Dem Anliegen, um deswillen die Kritik hier zulässig ist, dient auch der beanstandete Abdruck der Manuskriptseite. Die durch sie kenntlich gemachten Zusätze des Chefreporters enthalten nicht nur stilistische Korrekturen, sondern inhaltliche Ergänzungen, die, wenn ihnen kein entsprechendes Informationsmaterial zugrundegelegen hat, zu den "erfundenen Geschichten" gehören, die der Zweitbeklagte der Zeitung zum Vorwurf macht. Den Grundlagen der vom Berufungsgericht nicht näher begründeten Auffassung, daß gleichwohl hierdurch journalistische Unredlichkeiten nicht nachgewiesen werden können, braucht nicht nachgegangen zu werden. Auch insoweit kommt es nicht auf die isolierte Betrachtung der beanstandeten Textstelle, sondern auf ihren Standort im Kontext der Gesamtveröffentlichungen an. In diesen fügt sich der Einzelvorgang als Teilstück eines Gesamtbilds ein, das einen besonderen Öffentlichkeitswert in Anspruch nehmen kann.

2. War demnach den Beklagten nicht verwehrt, für ihren Vorwurf der Nachrichtenmanipulation auf diesen Einzelvorgang einzugehen, kann es ihnen auch nicht verboten werden, ihrer Kritik durch den Abdruck der Manuskriptseite Nachdruck zu verleihen. Dem stehen auch verlegerische oder urheberrechtliche Nutzungsrechte der Klägerin (§§ 31ff UrhG; §§ 41ff VerlG) oder Autorenrechte des beteiligten Chefreporters nicht entgegen. Im Streitfall geht es nicht um einen Zugriff auf die in der Manuskriptseite verkörperte schöpferische Autorenleistung, sondern um den Einsatz des Schriftstücks als Beleg.

B. Revision der Klägerin

1. Äußerung des Chefreporters "S. T." (Klageantrag zu 2).

Die Textstelle (S 73), gegen die sich die Klägerin mit ihrem Klageantrag zu 2) wehrt, lautet:

Ich rufe T. an und erzähle ihm, was ich erfahren habe. "Lassen Sie mal",

meint er, "kommen Sie zurück, machen Sie bloß kein soziales Thema draus]

Ich habe ein bezauberndes Thema für Sie: Wir haben da Material aus S. .

Sie müssen es einhannoveranern. Suchen Sie jetzt mal in der Stadt einen

der schönsten Gartenzwerge. Der Gartenzwerg feiert gerade 100jährigen

Geburtstag, ich geb Ihnen Adressen von ein paar Gartenbedarfsgeschäften,

lassen Sie ein Foto machen und kommen Sie dann her".

I.

Das Berufungsgericht hat die beanstandete Textstelle als zulässig angesehen und erwogen:

Gegen die Wiedergabe der unstreitig wahren Äußerung des Chefreporters "S. T." (W. S.) könne die Klägerin aus eigenem Recht nicht vorgehen. Der Schutzbereich des Rechts am Gewerbebetrieb umfasse nur Äußerungen, die für den Betrieb wesentliche Umstände beträfen, nicht jedoch eine nur beiläufige Äußerung, wie sie hier vorliege. Durch das Zitat werde die Klägerin weder vor dem Leser herabgesetzt, noch habe es Informationswert für die Redaktionsarbeit oder die von der "B."-Zeitung bei ihrer Berichterstattung gewählten Prioritäten. Auch die Umstände, unter denen der Zweitbeklagte durch sein Einschleichen in den Betrieb Kenntnis von der Äußerung erlangt habe, erforderten keine andere Beurteilung. Auf die von Sch. ihr erteilte Ermächtigung, im Wege der Prozeßstandschaft dessen Recht aus Persönlichkeitsverletzungen geltend zu machen, könne sich die Klägerin nicht stützen, da sie kein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Rechtsverfolgung habe. Dieses ergebe sich auch nicht aus ihren Schutzpflichten als Arbeitgeberin von S., weil die Geltendmachung persönlichrechtlicher Ansprüche in erster Linie Sache des Betroffenen selbst sei. Zudem könne der Schutzbereich des Arbeitsverhältnisses nicht auf die Pflicht zur Verfolgung wahrheitsgemäßer Veröffentlichungen von Äußerungen des Arbeitnehmers im Bereich seiner Tätigkeit erstreckt werden. Schließlich sei nicht ersichtlich, daß Sch. durch die Veröffentlichung in seiner Persönlichkeitssphäre und in seiner Berufsehre getroffen worden sei.

II.

Gegen diese Ausführungen des Berufungsgerichts wehrt sich die Revision der Klägerin im Ergebnis ohne Erfolg.

1. Aus den Darlegungen zu A 1 II ergibt sich, daß die Klägerin die Veröffentlichung, soweit deren Anliegen das Aufzeigen mißbräuchlicher Meinungsmanipulation in der Nachrichtenübermittlung durch die Redaktion in H. ist, trotz des illegalen Eindringens des Zweitbeklagten in den Arbeitsbereich der Redaktion nicht verbieten kann, sofern sich dessen Veröffentlichung im übrigen in den durch Art 5 Abs 1 GG für die freie Kritik gezogenen Grenzen hält.

Das ist auch für die beanstandete Äußerung der Fall. Auch sie gehört zu dem Tatsachenmaterial, mit dem der Zweitbeklagte belegen will, daß die Redaktion soziale Themen unterdrückt, um dem Leser eine Welt vorzuführen, in er die Bedingungen von "Schicksalsmächten" (S 64) bestimmt werden, gegenüber denen sich ein soziales Engagement des "kleinen Mannes" nicht lohnt. Auch der hier angesprochene Themenkreis ist sachlich dem berechtigten Anliegen der Veröffentlichung zuzuordnen. Das reicht aus, um auch die Zulässigkeit des beanstandeten Zitats zu bejahen. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, der Leser werde durch das Zitat selbst nicht veranlaßt, die Fragen zu bedenken, welche Prioritäten die "B."-Zeitung bei ihrer Berichterstattung setze; dem Zitat komme kein besonderer Informationswert zu. Mag dem zu folgen sein, so kann dennoch die Revision der Klägerin aus dem geringen Bedeutungsgrad des für sich genommenen Zitats nicht seine Unzulässigkeit herleiten.

Daß die Äußerung wörtlich zitiert worden ist, verletzt, wie schon ausgeführt, die schutzwürdigen Interessen der Klägerin ebenfalls nicht.

2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht die Befugnis der Klägerin verneint, im Wege der Prozeßstandschaft aufgrund der ihr dazu von dem Chefreporter S. erteilten Ermächtigung dessen insoweit bestehende Rechte aus einer Persönlichkeitsverletzung geltend zu machen. Einem solchen Klagerecht steht schon die Unübertragbarkeit des in Frage stehenden Unterlassungsanspruchs entgegen. Ansprüche aus der Verletzung der persönlichen Eigensphäre, wie sie hier in Rede sind, stehen als höchstpersönliche Rechte in einem unlösbaren Zusammenhang mit der betroffenen Persönlichkeit. Deswegen würde nicht nur die Wiedergutmachung des Eingriffs durch eine Geldentschädigung sondern auch ein Verwertungsverbot in der Hand eines anderen den Leistungsinhalt des Anspruchs verändern, zumal er für andere Interessen eingesetzt werden könnte, als er schützen soll (zum Unterlassungsanspruch wegen Ehrverletzung vgl RG HRR 33 Nr 919; RGRK-BGB 12. Aufl § 399 Rz 23). Nach Sinn und Zweck des Anspruchs verbietet sich aus denselben Gründen wie für die Forderung einer Geldentschädigung für solche Persönlichkeitsverletzungen (vgl Senatsurteil vom 25. Februar 1969 - VI ZR 241/67 = LM BGB § 847 Nr 34) eine gewillkürte Prozeßstandschaft.

2. "Emotionen und Vorurteile" (Klageantrag zu 4b).

Die von der Klägerin mit ihrem Unterlassungsantrag zu 4b) bekämpfte Textstelle lautet im Zusammenhang (Seite 126):

"Obwohl B. die Preisverleihung (durch die "D. Stiftung") so gut wie

exclusiv hat, wird sie sowohl in der Bundesausgabe als auch in H. nur kurz

abgefeiert. Das scheint verwunderlich, wenn man bedenkt, daß es kaum eine

Veranstaltung gibt, auf der Ideologie, Sprache und Politik des Hauses S.

so lupenrein dargeboten werden. Aber B. ist eben, anders als die Herren im

H.er Schloß, vor seinen Millionen Lesern nicht "unter sich". Das Blatt muß

rechte Politik auch an den S.-Partei-Wähler, an Arbeiter und Angestellte

bringen, und der direkte Weg, über S. und D., ist beschwerlich. Politik

muß indirekter gemacht werden, über Emotionen und Vorurteile: Aufputschen

gegen Minderheiten, Schüren von Haß und Angst - am besten anhand

unpolitisch scheinender Objekte (Triebtäter, Gastarbeiter): Das bringt die

Stimmung, die sich zum kollektiven Schrei nach Todesstrafe, Rübe ab,

Draufschlagen verdichten läßt. S. und D. sind bloß die Fettaugen auf der

Suppe des gesunden Volksempfindens. Die Küche, in der sie angerührt wird,

ist die B.-Zeitung".

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist auch diese Äußerung zulässig. Das Berufungsgericht führt dazu aus: Der beanstandete Text enthalte Meinungsäußerungen, keine Tatsachenbehauptungen. Der Zweitbeklagte ziehe wertend die Summe aus seinen Erfahrungen mit dem Inhalt der "B."-Zeitung und teile seine persönliche Meinung über die nach seiner Auffassung durch die Zeitung erzeugte "Stimmung", das "geistige Klima" mit; ein etwa darin enthaltener Tatsachengehalt trete gegenüber der Meinung so in den Hintergrund, daß er rechtlich bedeutungslos sei. Gemessen am Maßstab der Meinungsfreiheit sei diese Kritik zulässig; weder sei sie auf vorsätzliche Ehrenkränkung gerichtet, noch vom Standpunkt des Zweitbeklagten als grundlos anzusehen.

II.

Im Ergebnis bleibt die Revision der Klägerin auch gegenüber diesen Ausführungen ohne Erfolg.

1. Zutreffend würdigt das Berufungsgericht den Aussagegehalt der beanstandeten Textstelle am Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers. Danach faßt der Autor hierin seine Erfahren mit dem Inhalt der Zeitung in einer Gesamtbeurteilung der Tendenz der "B."-Zeitung und ihrer Wirkung auf den Leser dahin zusammen: Sie mache indirekt über Emotionen und Vorurteile durch ihre Tendenz Politik, gegen Minderheiten aufzutrumpfen und Haß und Angst zu schüren. Sie führe damit zu der Stimmung, die sich im kollektiven Schrei nach Todesstrafe, Rübe ab, Draufschlagen verdichten lasse. Diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und wird von der Revision insoweit offensichtlich auch nicht angegriffen.

2. Auf dieser Grundlage ist es entgegen der Auffassung der Revision nicht rechtsfehlerhaft, wenn das Berufungsgericht auch diese Aussage nicht als Tatsachenbehauptung, sondern als Meinungsäußerung des Autors bewertet, in der der mit Beweisen nachprüfbare Tatsachengehalt so weit in den Hintergrund tritt, daß er gegenüber der persönlichen Wertung des Kritikers rechtlich bedeutungslos wird.

Selbst wenn der Revision darin gefolgt werden müßte, daß der Leser im Blick auf die vom Autor mitgeteilten "Insider"-Informationen, an die die Beurteilung anschließt, das Urteil des Autors als Summe eines Wissens um ein zielgerichtetes Vorgehen ansieht, das nicht schon aus dem Inhalt der Zeitung abgelesen werden könnte, so sind auch damit für ihn in der Aussage solche (internen) Absichten selbst nicht so konkretisiert, daß er nicht auch insoweit auf Schlußfolgerungen des Autors angewiesen bliebe, sondern sich anhand benannter Vorgänge darüber selbst ein Urteil bilden könnte. Daß die Wirkungen der Zeitungen auf die Leserschaft (Emotionen und Vorurteile gegen Minderheiten, Haß und Angstgefühle vor allem gegenüber Triebtätern und Gastarbeitern; Verlangen nach der Todesstrafe) von der Redaktion geplant sein soll ("Politik"; "Aufputschen"; "Schüren"), ist eine bloße Schlußfolgerung ohne Tatsachensubstrat; für die Einordnung als Tatsachenbehauptung reicht die Aussage nicht aus. Daß der Autor hier nur eine (subjektive) Bewertung vornimmt, ergibt sich im übrigen aus der Gesamtveröffentlichung; stets sucht er die mitgeteilten Vorgänge in übergreifenden Schlußfolgerungen zu verbinden. Im Kontext der Veröffentlichung muß sich dieses Vorgehen für den Leser auch in der beanstandeten Textstelle niederschlagen.

3. Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, daß dem Autor diese Bewertung nicht verboten werden kann. Die "B."-Zeitung fordert eindeutig und bewußt in Aufmachung, Themenwahl und Themenbehandlung zur Polarisierung der Standpunkte gegenüber Möglichkeiten und wegen einer Einflußnahme der Presse auf die öffentliche Meinung heraus. In Anbetracht der bekannten Bedeutung der Zeitung für die Meinungsbildung muß sie eine engagierte Ablehnung hinnehmen, die sich auch der Überzeichnung bedienen kann. Vom Standpunkt eines engagierten Kritikers aus enthalten die Vorwürfe der Beklagten keine jede sachliche Grundlage entbehrende Schmähkritik. An der Unverbietbarkeit dieser Meinungsäußerung ändert es auch nichts, daß der Autor wohl bestrebt ist, ihr unter Hinweis auf sein unerlaubtes Einschleichen in die Redaktion bei "B.-H." vermehrtes Gewicht zu verleihen; dies schon deshalb nicht, weil sich das Urteil des Autors hier auf Mißstände stützt, deren Anprangerung ihm nach dem zuvor Gesagten auch nicht wegen seines illegalen Vorgehens verboten werden kann.

C. Schlußergebnis

Daraus folgt, daß die Revision der Klägerin unbegründet ist. Dagegen ist das Berufungsurteil auf die Rechtsmittel der Beklagten aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen, soweit das Berufungsgericht über sie durch das angefochtene Urteil entschieden hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 541197

BGHZ 80, 25-43 (LT1-4)

BGHZ, 25

DB 1981, 788-791 (LT1-4)

NJW 1981, 1065

NJW 1981, 1089

NJW 1981, 1089-1095 (LT1-4)

LM BGB § 611, Nr. 59 (L1-4)

LM BGB § 823 (Ai), Nr. 57 (L1-4)

LM BGB § 826 (Gd), Nr. 36 (L1-4)

LM GrundG Art. 5, Nr. 55 (L1-4)

EBE/BGH 1981, 74-80 (LT1-4)

GRUR 1981, 437

GRUR 1981, 437-441 (LT1-4)

WM IV 1981, 1225-1232 (LT1-4)

ZIP 1981, 295-304 (LT1-4)

ZfSH 1981, 186-188 (LT1-4)

AP BGB § 611, Nr. 4 Schweigepflicht

AfP 1981, 270

AfP 1981, 270-277 (LT1-3)

JZ 1981, 705-709 (LT1-4)

MDR 1981, 484-485 (LT1-4)

RuS 1981, 67-70 (LT1-4)

UFITA 92, 161 (1982)

VersR 1981, 379-384 (LT1-4)

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