Entscheidungsstichwort (Thema)

Werkvertrag über Fräsmaschine. Konstruktionsfehler. Gebrauchs- und Abnahmefähigkeit. Unterzeichnung Abnahmeprotokoll. Recht auf Wandelung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Konstruktionsfehler bei einer Maschine stellt grundsätzlich auch dann einen Fehler i.S.d. § 633 Abs. 1 BGB a.F. dar, wenn sich die Verfehlung der vereinbarten Maschinenleistung erst bei Hinzutreten weiterer Umstände ergibt.

 

Normenkette

BGB a.F. § 633 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Celle (Urteil vom 10.01.2002; Aktenzeichen 11 U 289/99)

LG Hannover

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das am 10.1.2002 verkündete Urteil des 11. Zivilsenats des OLG Celle aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Restvergütung für die Lieferung und Montage einer dreiachsigen, begehbaren und zur Bearbeitung von Hartschäumen bestimmten mittelschweren Portalfräsmaschine mit Spindelantrieb in mittelschwerer Bauweise. Die Beklagte verlangt widerklagend nach Erklärung der Wandelung die Rückerstattung der bereits geleisteten Teile der Vergütung.

Die von einem Vorlieferanten hergestellte Fräsmaschine wurde bis zum 11.1.1997 im Betrieb der Beklagten in L. montiert, wobei die sechs Portalstützen auf von der Beklagten gestellten Betonsockeln befestigt wurden. Am 8.2.1997 unterzeichnete die Beklagte ein Abnahmeprotokoll; einzelne Beanstandungen wurden in einem Besprechungsprotokoll vom gleichen Tag festgehalten.

Die Beklagte hat nach Ausführung weiterer Arbeiten durch die Klägerin verschiedene Mängel gerügt und schließlich die Klägerin unter Fristsetzung zum 30.10.1997 und unter Ablehnungsandrohung zur Mängelbeseitigung aufgefordert. Am 7.11.1997 hat sie Wandelung erklärt.

Auf die vereinbarte Vergütung hat die Beklagte eine Anzahlung und eine Abschlagszahlung i.H.v. insgesamt 424.787,95 DM erbracht. Den Restbetrag sowie die Vergütung für einige Zusatzleistungen macht die Klägerin i.H.v. 113.999,51 DM nebst Zinsen mit ihrer Klage geltend. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und widerklagend von der Klägerin Zug um Zug gegen Rückgabe der Maschine nebst Zubehör die Rückzahlung der von ihr geleisteten Beträge sowie die Feststellung begehrt, dass sich die Klägerin mit der Rücknahme im Annahmeverzug befinde. Sie hat eine Abnahme verneint und Mängel behauptet.

Das LG hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Es hat angenommen, dass die Parteien mit der Vereinbarung der Positioniergenauigkeit die Arbeitsgenauigkeit vereinbart hätten, diese aber nicht erreicht worden sei und die Beklagte deshalb nach erfolgloser Fristsetzung und Ablehnungsandrohung berechtigterweise die Wandelung erklärt habe, was die Rückforderung der geleisteten Vergütung rechtfertige. Eine Abnahme hat das LG verneint.

Die Klägerin hat während des Berufungsverfahrens die Maschine bei der Beklagten mit dem Vorbehalt abgeholt, dass damit ein Einverständnis mit dem Wandelungsbegehren nicht verbunden sei.

Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG das erstinstanzliche Urteil abgeändert, die Beklagte zur Zahlung von 113.999,51 DM nebst Zinsen verurteilt und die Widerklage sowie wegen des weiter gehenden Zinsanspruchs die Klage abgewiesen und insoweit die Berufung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, die in erster Linie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils begehrt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.

I. Das Berufungsgericht, das den von den Parteien geschlossenen Vertrag als Werkvertrag angesehen hat, wogegen jedenfalls nach § 651 Abs. 1 S. 2 2. Altern. BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, nachfolgend: a.F. im Ergebnis keine Bedenken bestehen, hat angenommen, die von der Klägerin verlangte Restvergütung sei fällig, nachdem die Beklagte die Werkleistung mit dem als Zubehör gelieferten Digitalisierungsbrett am 9.2.1997 abgenommen habe. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch. Das Berufungsgericht hat die Unterschrift des Geschäftsführers der Beklagten unter das "Abnahmeprotokoll" als Abnahme gewürdigt. Diese in tatrichterlicher Verantwortung getroffene Würdigung des Berufungsgerichts kann im Revisionsverfahren nur darauf überprüft werden, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinander gesetzt hat und ob er Auslegungsregeln verletzt hat. Nach diesem Maßstab ist die Auslegung des Abnahmeprotokolls durch das Berufungsgericht nicht zu beanstanden. Dem Berufungsgericht ist schon im Ansatz darin beizutreten, dass die Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls, das die Erklärung enthielt, die Beklagte bestätige die Abnahme der Portalfräsmaschine gem. der Auftragsbestätigung, zunächst für die Erklärung der Abnahme i.S.d. § 640 BGB spricht. Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Auslegung auch nicht nur auf den Wortlaut der Erklärung gestützt, sondern das Verhalten des Geschäftsführers der Beklagten berücksichtigt, für das die Beklagte keine eine abweichende Bewertung rechtfertigende einleuchtende Erklärung gegeben hat. Aus den in der Anlage zum Abnahmeprotokoll aufgeführten Mängeln musste das Berufungsgericht nichts Abweichendes entnehmen. Es konnte die Mängelaufstellung dahin würdigen, dass sich die Beklagte insoweit Rechte wegen bekannter Mängel vorbehalten wollte (§ 640 Abs. 2 BGB). Einen Abbruch der Fräsversuche hat es im Einklang mit dem Vortrag der Beklagten, wegen der starken Vibrationen habe man die Auswechslung des Schwenkkopfs vereinbart, nicht festgestellt; eine ausdrückliche Verweigerung der Abnahme mit Rücksicht hierauf macht die Revision zudem nicht geltend. Soweit die Revision anführt, die Beklagte habe die Maschine zwischen Montage und Abnahme nicht erproben können, steht dies im Widerspruch zu den gegenteiligen Feststellungen des Berufungsgerichts, die von ihr nicht angegriffen worden sind. Das Berufungsgericht hat sich auch mit der Auffassung der Beklagten, die Maschine sei nicht abnahmefähig gewesen, weil sich die Parteien auf eine Auswechslung der Schwenkvorrichtung geeinigt hätten, in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auseinander gesetzt. Es hat hierzu angenommen, dass sich die Fräsmaschine als gebrauchs- und abnahmefähig erwiesen habe, nachdem die durchgeführten Probefräsungen innerhalb der vereinbarten Toleranzen gelegen hätten. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang herangezogene Vereinbarung, die Schwenkvorrichtung auszutauschen, steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil sie vom Berufungsgericht als zusätzliche Optimierungsmaßnahme gewertet werden durfte, wie es dies mit seiner Erwägung, trotz der vorhandenen Vibrationen habe sich die Fräsmaschine als gebrauchsfertig erwiesen, ersichtlich angenommen hat.

II. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Verneinung eines Rechts auf Wandelung (§ 634 Abs. 1 S. 3 BGB a.F.).

1. a) Das Berufungsgericht hat hierzu angenommen, dass die nach der Abnahme insoweit beweisbelastete Beklagte eine Mangelhaftigkeit der Fräsmaschine im Zeitpunkt ihrer Abnahme nicht nachgewiesen habe. Die vom gerichtlichen Sachverständigen am 22.7.1998 gemessenen Toleranzüberschreitungen bei der Positioniergenauigkeit seien zwar unstreitig, jedoch habe die Beklagte nicht bewiesen, dass sie bereits im Abnahmezeitpunkt vorgelegen hätten oder auf bereits im Abnahmezeitpunkt vorhandene Konstruktions- oder Montagefehler zurückzuführen seien. Nach dem Ergebnis der Probefräsungen sei auszuschließen, dass die später vom Sachverständigen gemessenen Toleranzüberschreitungen bereits im Zeitpunkt der Abnahme vorgelegen hätten. Jedoch sei davon auszugehen, dass ein Konstruktionsfehler, und zwar ein durch die Verwendung nicht geeigneter Kugelumlaufelemente hervorgerufenes zu großes Umkehrspiel der Kugelumlaufspindeln in der X-Achse und der Y-Achse, für sie mitursächlich gewesen sei. Der gerichtliche Sachverständige habe hierin aber nicht die alleinige Ursache der Positionierungenauigkeiten gesehen; welche weiteren Ursachen hinzugekommen sind, war nach seinen Bekundungen, denen das Berufungsgericht gefolgt ist, nicht festzustellen; ernsthaft in Betracht kam demnach eine unterschiedliche Absenkung der Betonsockel, auf denen die Maschine aufgestellt war.

Das Berufungsgericht hat daraus abgeleitet, solange zumindest eine weitere Ursache ernsthaft in Betracht komme, die nicht in den Pflichtenkreis der Klägerin falle, habe die Beklagte nicht den Beweis geführt, dass die Maschine bei der Abnahme fehlerhaft gewesen sei.

b) Die Revision rügt ohne Erfolg, dass das Berufungsgericht insoweit die Grundsätze des Anscheinsbeweises nicht angewendet habe. Kommt nach dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen dafür, dass später ein Fehler in Form von Positionierungenauigkeiten auftritt, eine Mehrzahl von Ursachen in Betracht und ist eine Ursache hierfür erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich der Abnahme (BGH, Urt. v. 24.3.1994 - IX ZR 149/93, MDR 1994, 573 = NJW 1994, 1659 = BGHR BGB § 633 Mängelbeseitigungsanspruch 1) entstanden, so spricht der Anschein nicht dafür, dass dieser Fehler schon im Zeitpunkt der Abnahme vorgelegen hat. Das folgt schon daraus, dass insoweit ein typischerweise gegebener ursächlicher Zusammenhang nicht festgestellt werden kann (BGH v. 30.9.1993 - IX ZR 73/93, BGHZ 123, 311 [315] = MDR 1994, 211).

2. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht jedoch darin, dass sich aus den vom Sachverständigen gemessenen Umkehrspannen ein konstruktionsbedingter Werkmangel nicht ergebe, weil sie sich noch innerhalb der vertraglich vereinbarten Positioniergenauigkeit gehalten hätten. Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass insoweit schon im Zeitpunkt der Abnahme ein Konstruktionsfehler vorlag und dass dieser für die später gemessenen Toleranzüberschreitungen mitursächlich war. Auch wenn das Berufungsgericht weiter festgestellt hat, dass die vereinbarte Positioniergenauigkeit bei der Abnahme eingehalten wurde, so folgt daraus nicht, dass nicht ein anderer Werkmangel bei der Abnahme vorgelegen hat. Die Klägerin war verpflichtet, das Werk so herzustellen, dass es nicht mit Fehlern behaftet war, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern (§ 633 Abs. 1 S. 1 BGB a.F.). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lag infolge der Verwendung nicht geeigneter Kugelumlaufelemente ein Konstruktionsfehler vor, auf dem die späteren Toleranzüberschreitungen jedenfalls auch beruhten. Damit wies die gelieferte Fräsmaschine schon bei der Abnahme einen verborgenen Fehler auf, ohne dass es dabei darauf ankam, ob sich dieser Fehler bereits zum Zeitpunkt der Abnahme in den mit der Fräsmaschine hergestellten Erzeugnissen auswirkte. Ein Fehler im Sinn des § 633 Abs. 1 BGB a.F. liegt immer dann vor, wenn der angestrebte Erfolg zwangsläufig beeinträchtigt wird (BGH v. 17.5.1984 - VII ZR 169/82, BGHZ 91, 206 [212] = MDR 1984, 833; Urt. v. 15.10.2002 - X ZR 69/01, MDR 2003, 408 = BGHReport 2003, 105 = NJW 2003, 200 = BGHR BGB § 633 Abs. 1 Fehler 6). Er ist jedenfalls bei einem Konstruktionsfehler, wie ihn das Berufungsgericht festgestellt hat, auch dann gegeben, wenn dieser sich zunächst und allein noch nicht dahin auswirkt, dass die Maschinenleistung nicht den vertraglichen Vereinbarungen entspricht, sondern wenn sich dies erst aus dem Hinzutreten weiterer Umstände ergibt (Soergel in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 633 Rz. 60). Ein mit einem solchen Konstruktionsfehler behaftetes Werk ist jedenfalls i.d.R. auch in diesem Fall fehlerhaft im Sinn der genannten Bestimmung; Gesichtspunkte, die hier ausnahmsweise ein anderes Ergebnis begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Hatte die Beklagte wie hier den Mangel, von dem die Klägerin wie bei der Geltendmachung von Baumängeln nur die Symptome zu bezeichnen hatte (BGH v. 18.9.1997 - VII ZR 300/96, BGHZ 136, 342 [346]), nach Fristsetzung nicht beseitigt, konnte die Beklagte Wandelung verlangen (§ 634 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.). Gesichtspunkte, die dieses Verlangen als unbeachtlich erscheinen lassen könnten, sind nicht hervorgetreten.

3. Die Wandelungserklärung führte zur Undurchsetzbarkeit des noch offenen Werklohnanspruchs der Klägerin (§ 634 Abs. 4 BGB a.F. i.V.m. § 467 S. 1 BGB a.F., § 346 S. 1 BGB a.F., § 478 Abs. 1 BGB a.F.). Der Klägerin steht der von ihr geltend gemachte Anspruch somit nach den im Revisionsverfahren zu Grunde zu legenden Feststellungen nicht mehr zu.

III. Hinsichtlich der vom Berufungsgericht abgewiesenen Widerklage ist die Sache nicht entscheidungsreif. Deren Abweisung kann jedoch keinen Bestand haben. Der Beklagten steht grundsätzlich ein Anspruch auf Rückgewähr der von ihr erbrachten, der Höhe nach unstreitigen Leistungen nach den unter II. 3. genannten Bestimmungen zu. Dabei hat die Beklagte jedoch jedenfalls nach den Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§ 347 S. 1, 2 BGB a.F. i.V.m. § 987 BGB) die durch die Nutzung der Fräsmaschine erlangten Gebrauchsvorteile dem Wert nach zu ersetzen (BGH v. 26.6.1991 - VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47 [49] = MDR 1991, 1133 = CR 1992, 147; BGHZ 39, 186 [187]; Staudinger/Dagmar Kaiser, BGB, Neubearb. 2001, § 347 Rz. 66; AnwK-BGB/Schanbacher, 2004, § 987 Rz. 25). Hierzu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.

IV. Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsrechtszug die Prüfung nachzuholen haben, wieweit die Beklagte Gebrauchsvorteile zu ersetzen hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1329124

DB 2005, 1056

BGHR 2005, 752

BauR 2005, 871

BauR 2005, 908

NJW-RR 2005, 607

IBR 2005, 471

WM 2005, 1285

MDR 2005, 1096

BrBp 2005, 305

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