Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 18.12.1964)

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Dezember 1964 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der beklagte Notar beurkundete am 4. Mai 1956 einen Vertrag, in dem der Sparkasseninspektor S… einen Teil der im Grundbuch von V… Band … Blatt 38 verzeichneten Grundstücke an den Kläger verkaufte. Im Grundbuch war noch der verstorbene Vater des Verkäufers als Eigentümer eingetragen. Dessen Witwe und Alleinerbin hatte die hier in Betracht kommenden Grundstücke ihrem Sohn, dem nunmehrigen Verkäufer, in einem Übertragungsvertrag vom 19. Januar 1956 überlassen, den ebenfalls der Beklagte beurkundet hatte.

Bei den verkauften Parzellen Flur 6 Nr. 118 und Nr. 352/117 waren in Abt. III des Grundbuchs folgende Belastungen eingetragen: (lfd. Nr. 8) 1.000.– DM Hypothek für den Landkreis A…, (lfd. Nr. 9) 4.000.– DM Grundschuld für die Verbandssparkasse in V…, (lfd. Nr. 10) 11.000.– DM Grundschuld ebenfalls für die Verbandssparkasse und (lfd. Nr. 11) 40.000.– DM als Eigentümer-Briefgrundschuld. Die letzte Post war am 7. August 1954 außerhalb des Grundbuchs an den Spar- und Darlehenskassenverein in V… abgetreten worden.

Im Kaufvertrag verpflichtete sich Sütfels zur lastenfreien Übertragung der Grundstücke unmittelbar nach der Zahlung des Kaufpreises. Dieser betrug nach der Urkunde 30.000.– DM; er war in vier festgelegten Raten in der Zeit vom 15. Juni bis 30. November 1956 an den Verkäufer zu entrichten. Der Kläger hat diesen Betrag an S… gezahlt, zu einem kleinen Teil durch einverständliche Verrechnung. Außerdem hat er nach seiner Darstellung weitere 5.000.– DM, nach der Behauptung des Beklagten weitere 9.000.– DM deshalb entrichtet, weil die Kaufparteien ohne Wissen des Beklagten einen entsprechend höheren Kaufpreis vereinbart hatten.

Am 14. Dezember 1956 beurkundete der Beklagte die Auflassung der verkauften, aber inzwischen noch nicht entschuldeten Parzellen. In der Urkunde übernahm der Kläger abweichend vom Kaufvertrag die unter lfd. Nr. 10 für die Verbandssparkasse eingetragene Grundschuld von 11.000.– DM. S… blieb jedoch unstreitig Schuldner der persönlichen Forderung.

In der Folgezeit gelang es S… nicht, die Belastungen der verkauften Parzellen zu beseitigen. Er hatte begonnen, auf dem ihm verbliebenen Grundstück einen Neubau (Bungalow) zu errichten. Die dinglichen Gläubiger waren jedoch nicht bereit, die verkauften Parzellen im Austausch gegen dieses Hausgrundstück freizugeben. S… erwirkte nur die Löschung der Post Nr. 8 (1.000.– DM Hypothek für den Landkreis A… und eine Teillöschung in Höhe von 7.000.– DM der Post Nr. 11 (40.000.– DM Briefgrundschuld). Deren Inhaberin, die Spar- und Darlehenskasse in V…, bestand jedoch darauf, daß sie nunmehr wegen der verbleibenden 33.000.– DM als Grundschuldgläubigerin im Grundbuch eingetragen wurde. Zuvor wurde am 13. Januar 1958 S… als Eigentümer eingetragen.

Als sich die Umschreibung der aufgelassenen Parzellen immer weiter hinauszögerte, wandte sich der Kläger Anfang 1958 an den Amtsgerichtsrat Dr. F… um Rat. Dieser stellte die Grundbuchlage fest und beriet den Kläger. Der Kläger ließ sich daraufhin am 4. März 1958 von S… auf dessen Neubaugrundstück eine Grundschuld von 25.000.– DM einräumen, die am 13. Mai 1958 im Grundbuch eingetragen wurde. Ferner wurde nunmehr bei den verkauften Parzellen eine Vormerkung zur Sicherung des Auflassungsanspruchs eingetragen. Sodann vereinbarte der Kläger am 16. Juni 1958 mit S…, daß er selbst die hinderlichen Grundpfandgläubiger befriedigen und sich die Beträge später von S… erstatten lassen werde. Dementsprechend löste der Kläger die Forderungen der Verbandssparkasse durch Zahlung von 2.412.– DM ab. Den dinglich gesicherten Anspruch der Spar- und Darlehenskasse von noch 32.739.– DM regelte der Kläger in der Weise, daß er bei dieser Gläubigerin ein mit 7 % verzinsliches Darlehen in gleicher Höhe aufnahm. Danach wurde der Kläger als Eigentümer der gekauften Parzellen im Grundbuch eingetragen.

Mit S… vereinbarte der Kläger am 12. August 1958 die Erstattung seiner Aufwendungen in monatlichen Teilbeträgen von 300.– DM. S… leistete hierauf alsbald keine Zahlungen mehr. Daraufhin erwirkte der Kläger gegen ihn zwei vollstreckbare Zahlungsbefehle über 32.739.– DM und 3.151.– DM nebst Zinsen. Am 3. Februar 1959 beantragte der Kläger die Zwangsversteigerung des dem Verkäufer S… verbliebenen Grundbesitzes. Am 21. Januar 1960 erhielt er als Meistbietender den Zuschlag. Seine Aufwendungen für den Erwerb dieser Grundstücke betrugen insgesamt 40.866.67 DM.

Der anwaltlich vertretene Kläger hat sodann seine ungedeckt gebliebenen Forderungen gegen S… in einer Aufstellung vom 24. Juni 1960 zusammenstellen lassen. Den Endbetrag von 26.604.60 DM nebst Zinsen hat er vom Beklagten als Schadensersatz verlangt.

Der Kläger hat geltend gemacht, der Beklagte habe bei der Beurkundung des Kaufvertrages vom 4. Mai 1956 pflichtwidrig jede Aufklärung über die ihm selbst genau bekannten Belastungen der Kaufgrundstücke unterlassen. Vor allem habe er den Käufer nicht darauf hingewiesen, daß er sich mit der vereinbarten Zahlung des Kaufpreises in zeitlich festgelegten Raten zu einer gefährlichen Vorleistung verpflichte. Der Vertrag habe keine Gewähr dafür geboten, daß der Verkäufer die versprochene Entschuldung der Parzellen überhaupt und in angemessener Zeit bewirkte und dann das lastenfreie Eigentum übertrug. Wenn der Beklagte die Interessen des Käufers pflichtgemäß mitbedacht hätte – so hat der Kläger vorgetragen –, dann hätte er ihn auf die Zweckmäßigkeit einer Hinterlegung des Kaufpreises oder der unmittelbaren Verwendung zur Befriedigung der Grundpfandgläubiger aufmerksam machen müssen. Alsdann würde er, der Kläger, den Vertrag nicht ohne eine entsprechende Absicherung geschlossen und den nunmehr eingetretenen Schaden nicht erlitten haben. S… sei praktisch vermögenslos; seine geringen Zahlungen deckten nicht einmal die Kosten- und Zinsansprüche, auf die sie in erster Linie zu verrechnen seien.

Der Beklagte hat unter Bestreiten der Klageforderung nach Grund und Höhe um Klageabweisung gebeten. Er hat behauptet, den Kläger über die eingetragenen Belastungen unterrichtet und ihm geraten zu haben, sich gemeinsam mit S… bei den Gläubigern nach der Höhe der Valutierung zu erkundigen. Das habe der Kläger als überflüssig angesehen; desgleichen auch die ihm empfohlene Hinterlegung des Kaufpreises oder die unmittelbare Auskehrung an die dinglich Berechtigten. Eine Auflassungsvormerkung habe der Kläger aus Kostengründen nicht gewünscht. Schließlich habe er auch den nach Vertragsschluß erteilten Rat nicht befolgt, an S… nichts zu zahlen, ohne sich zuvor beim Beklagten nach der Beseitigung der Belastungen zu erkundigen. In rechtlicher Hinsicht hat der Beklagte ausgeführt, er könne aus Anlaß der Beurkundung eines nichtigen Vertrages – mit Blick auf den “Schwarzpreis” – nicht in Anspruch genommen werden. Überdies sei der Schaden des Klägers dadurch ausgeglichen worden, daß er den S… verbliebenen Grundbesitz weit unter dem wirklichen Wert ersteigert habe; diesen Vorteil müsse er sich anrechnen lassen.

Endlich hat sich der Beklagte auf die Verjährung des Klageanspruchs berufen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg; im Urteil ist lediglich die Anrechnung gewisser von S… geleisteter Zahlungen auf den Kosten- und Zinsanspruch klargestellt worden. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Ziel der Klageabweisung weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht hat den Beklagten mit Recht für verpflichtet gehalten, den Kläger über die Gefahren der vereinbarten Vorauszahlung des Kaufpreises zu belehren und Sicherungsmaßnahmen anzuregen. Es hat dabei nicht verkannt, daß es im allgemeinen nicht zur Aufgabe des Notars gehört, die Auswirkung der zu beurkundenden Erklärungen daraufhin zu überprüfen, ob sie nach den tatsächlichen Umständen für einen Beteiligten wirtschaftlich nachteilig sein können. Anders ist es jedoch, wenn die Gefahr gerade aus der rechtlichen Anlage des Vertragswerks oder der vorgesehenen Art der Durchführung erwächst (vgl. hierzu eingehend das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des erkennenden Senats vom 22. November 1966 – VI ZR 39/65 –). So lag es hier. Der Vertrag wich dadurch stark und einseitig zum Nachteil des Klägers von der Norm ab, daß er dem Käufer keinerlei Gewähr für die Erlangung des lastenfreien Eigentums nach der Entrichtung des Kaufpreises bot. Den Bestimmungen fehlte die bei Grundstückskäufen übliche rechtliche Verzahnung, die bei der Durchführung des Geschäfts zwangsläufig zum Austausch der versprochenen Leistungen führt, indem sie – gegebenenfalls unter Einschaltung eines Treuhänders – die eine von der anderen abhängig macht. Die bedingungslose, ungesicherte Vorleistung des Klägers eröffnete dem Verkäufer die Möglichkeit eines – gewollt oder ungewollt – vertragswidrigen Verhaltens. Eine solche Vertragsgestaltung ist gerade in der von der Revision angezogenen Entscheidung (BGH Urteil vom 3. November 1955 – III ZR 51/54 = LM § 839 BGB (Ff) Nr. 2) als ein zur Belehrung zwingender Grund angesehen worden. In einer späteren Entscheidung hat der Bundesgerichtshof speziell ausgesprochen, daß der Notar einen Grundstückskäufer auf die Ungewöhnlichkeit und Gefährlichkeit einer Vorauszahlung des vollen Kaufpreises vor dem Eigentumsübergang hinweisen und Sicherungsmaßnahmen zugunsten des Käufers anregen muß (BGH Urteil vom 25. Juni 1959 – III ZR 69/58 = VersR 59, 743).

Dieser Pflicht hat der Beklagte entgegen der Meinung der Revision nicht schon durch die Empfehlung einer Auflassungsvormerkung genügt, auf die der Kläger alsdann verzichtet hat. Es kann hier dahinstehen, ob Sütfels als Nichteigentümer eine solche Vormerkung hätte wirksam bewilligen oder doch herbeiführen könne. Sie hätte jedenfalls nur vor anderweiten Verfügungen über das Grundstück einschließlich nachfolgender Belastungen geschützt. Dagegen konnte sie die versprochene Entschuldung der Kaufparzellen nicht gewährleisten. Ohne die Befreiung von den hohen, dem Beklagten bekannten Belastungen hätte der Kläger mit dem Eigentum aber nur einen wirtschaftlich ausgehöhlten Wert gegen seine Zahlung erlangt. Es kann deshalb keine Rede davon sein, daß der Beklagte mit der angeregten und vom Kläger ausgeschlagenen Auflassungsvormerkung eine umfassende Sicherungsmaßnahme vorgeschlagen habe, nach der sonstige Hinweise nicht mehr gegeben zu werden brauchten. Auch mit der bloßen Erörterung der bestehenden Grundpfandrechte war es nicht getan. Die Belehrung hätte sich vielmehr weiter und gerade darauf erstrecken müssen, daß es bei einer vorgesehenen Entschuldung des Kaufgrundstücks üblich und zweckmäßig sei, entweder die Tilgung der Lasten aus der Kaufsumme in geeigneter Weise sicherzustellen oder aber den Betrag bis zum Nachweis der erfolgten Ent- oder Umschuldung zu hinterlegen.

Das Berufungsgericht ist ebenso wie das Landgericht überzeugt, daß der Beklagte eine solche Belehrung jedenfalls in dem entscheidenden Zeitraum bis zur Unterzeichnung des Kaufvertrages nicht erteilt hat. Es hat die Frage entgegen den Zweifeln der Revision nicht etwa offen gelassen und dann unter Überbürdung der Beweislast auf den Beklagten gegen ihn entschieden. Der Tatrichter hat vielmehr der eidlichen Bekundung des Verkäufers S… geglaubt, in seiner Gegenwart habe der Beklagte dem Kläger nicht geraten, den Kaufpreis zu hinterlegen oder unmittelbar an die dinglichen Gläubiger zu überweisen. Da S… – anders als der ebenfalls und mit dem gleichen Ergebnis vernommene Bürovorsteher Z… – während der ganzen Verhandlung zugegen war, beruht die tatsächliche Überzeugung des Berufungsgerichts auf einer rechtlich unanfechtbaren Grundlage.

Die weitere, von der Revision gerügte Erwägung, daß der Kläger bei gehöriger Belehrung die in § 7 des Kaufvertrages niedergelegten Bestimmungen über die Vorauszahlung nicht vereinbart hätte, nimmt schon die Ursächlichkeit der Amtspflichtverletzung für den Schaden vorweg. In diesem Punkt haben jedoch die Rügen der Revision Erfolg.

Das Berufungsurteil bemerkt anschließend an die erörterte, als schuldhaft angesehene Pflichtverletzung des Beklagten lediglich, hierdurch sei der Kläger geschädigt worden. Die zur Begründung des Ursachenzusammenhangs unerläßliche Darlegung, wie der Verlauf bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten gewesen wäre, fehlt indessen nicht ganz. Sie findet sich teilweise innerhalb der Erörterung, daß der Schaden nicht auf die Kaufsumme von 30.000.– DM begrenzt sei. Deshalb trifft es entgegen der Meinung der Revision nicht zu, daß das Urteil in einem entscheidungserheblichen Punkt nicht mit Gründen versehen sei (§ 551 Nr. 7 ZPO). Die Darlegungen reichen jedoch nicht aus. Sie sind unbestimmt und stehen teilweise im Widerspruch zu wesentlichem Prozeßstoff, den sie unbeachtet lassen (§ 286 ZPO).

Das Berufungsgericht erwägt als möglichen Geschehensablauf, daß die geplante Umschuldung trotz einer wahrscheinlichen Valutierung mit mehr als 30.000.– DM hätte gelingen können, wenn die dinglichen Gläubiger die Sicherheit gehabt hätten, daß ihre Forderungen zum größten Teil (aus der Kaufsumme) beglichen wurden. Ein anderer denkbarer Hergang wird darin gesehen, daß für den Kläger zur Sicherung seines Freistellungsanspruchs eine Grundschuld auf den derzeit noch unbelasteten, nicht mitverkauften Parzellen bestellt worden wäre. Endlich hält es das Berufungsgericht auch für denkbar, daß der Kläger “unter Umständen” mangels hinreichender Sicherungsmöglichkeiten ganz von dem Kauf abgesehen hätte. Tatsächlich waren die beiden ersten Wege mit den Plänen des Verkäufers S… unvereinbar, die das Berufungsgericht zwar erforscht, dann aber ungewürdigt gelassen hat. Bei der dritten Möglichkeit hat sich der Tatrichter nicht entschieden, ob der Kläger vom Kauf abgesehen oder ob er den Erwerb ohne Sicherung des Freistellungsanspruchs vorgezogen hätte.

Die Vorstellungen und Absichten des Verkäufers S… hat das Berufungsgericht durch dessen Vernehmung geklärt; es hat das Ergebnis in den Tatbestand des Urteils aufgenommen. S… hat hiernach eingeräumt, daß er den vom Kläger zu zahlenden Kaufpreis in die Hand bekommen wollte, um ihn im wesentlichen zur Abfindung seiner Geschwister und zur Finanzierung seines Neubaus auf dem Restgrundstück zu verwenden. Nach der Fertigstellung des Hauses sollten dann die dinglichen Lasten von den verkauften Parzellen auf das nunmehr bebaute Restgrundstück übertragen werden. Dieser Plan schloß eine Hinterlegung des Kaufpreises bis zur lastenfreien Eigentumsübertragung ebenso aus wie seine Verwendung zur Ablösung der Grundpfandrechte, die nach dem Willen von S… gar nicht getilgt werden sollten. Daß der Weg, das Neubaugrundstück mit einer Post zugunsten des Klägers zu belasten, damals gangbar gewesen wäre, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. S… hatte damit den Zahlungen des Klägers praktisch die Rolle eines ungesicherten Bauzwischenkredits zugedacht. Es ist bisher nichts dafür dargetan, daß er gewillt und imstande gewesen wäre, von dieser Konzeption des Gesamtgeschäfts zugunsten des Klägers abzugehen. Damit würde jeder gedachte Verlauf, der auf einer solchen Voraussetzung aufbaut, für die Beurteilung ausscheiden.

Übrig bliebe nur, daß der vom Beklagten hinlänglich belehrte Kläger mangels einer Sicherungsmöglichkeit für die verlangte Vorauszahlung vom Kauf abgesehen hätte, oder daß er sich dafür entschieden hätte, auf das – mit oder ohne Belehrung – erkannte Wagnis einzugehen. Im letzten Fall entfielen Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten. Die Bildung einer festen Überzeugung von dem vorzustellenden Hergang ist mithin entscheidungserheblich; sie fehlt im Berufungsurteil und kann als tatrichterliche Aufgabe nicht vom Revisionsgericht übernommen werden.

Bei der Entscheidung läßt sich nicht allein auf die Lebenserfahrung abheben, die das Berufungsgericht dafür herangezogen hat, daß der Kläger nach Belehrung § 7 des Kaufvertrages nicht in der vorliegenden Form vereinbart hätte. Da dem Kläger nach dem Gesagten ein günstigerer Vorschlag kaum hätte unterbreitet werden können, stellt sich die Frage nunmehr in der oben dargelegten, umfassenderen Form. Ihre Beantwortung wird eine Würdigung aller tatsächlichen Umstände erfordern, die möglicherweise noch weiterer Aufklärung bedürfen. Wesentlich könnte sein, inwieweit der Kläger das von S… ausgedachte Finanzierungsprojekt etwa bereits kannte oder durchschaute, ob und wie weit er ihm darin aus seinem eigenen Interesse an der Erlangung des Grundstücks entgegenkommen wollte und welches persönliche Vertrauen er darein setzte, daß S… das Geschäft erfolgreich abwickeln werde. Für eine beträchtliche Großzügigkeit oder Unbedenklichkeit in der letzten Richtung könnte es sprechen, wenn der Kläger auf eine nach Vertragsschluß erteilte Empfehlung des Beklagten überhaupt nicht reagiert haben sollte, sich bei den Banken nach der tatsächlichen Höhe ihrer dinglich gesicherten Forderungen zu erkundigen und vor Rücksprache mit dem Beklagten keine Zahlungen an S… zu leisten. Gewiß hätte der Beklagte durch einen solchen nachträglichen Rat, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, seiner Belehrungspflicht nicht genügt. Sollte der Kläger ihn aber in den Wind geschlagen haben, so könnte darin ein Anzeichen dafür liegen, daß er auch bei einer rechtzeitigen Belehrung auf die von S… nicht anders anzubietenden Vorschläge eingegangen wäre. Überdies macht die Revision mit Recht geltend, daß eine mindestens teilweise Abwendung des Schadens in Verfolg des Weges, den der Beklagte nach der ihm unterlaufenen Unterlassung empfohlen haben will, nicht ausgeschlossen erscheint. Zu denken ist an eine Anfechtung des Vertrages oder die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts. Der Kläger hat in einer persönlichen Erklärung den behaupteten Rat in Abrede gestellt; doch hat der Beklagte zum Beweis die förmliche Vernehmung des Klägers als Partei beantragt. Das Berufungsgericht wird darüber zu befinden haben, ob dem Antrag unter den veränderten Gesichtspunkten stattzugeben ist.

Die Klärung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Pflichtverletzung und Schädigung ist nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger nach Meinung der Revision selbst bei voller Haftung des Beklagten einen bei der Ersteigerung der Restgrundstücke erzielten Gewinn zur Ausgleichung bringen müßte, der den Schaden übersteigt. Das Berufungsgericht hat einen solchen Vorteil verneint. Die hiergegen gerichteten Rügen der Revision greifen nicht durch.

Das Berufungsgericht hat erwogen, daß der vom Landgericht gehörte Sachverständige und zwei im Zwangsversteigerungsverfahren tätige Gutachter den mittleren Verkehrswert der Grundstücke fast übereinstimmend auf 42.500.– DM bis 43.000.– DM geschätzt haben. Dieser Betrag liege nur geringfügig über den unstreitigen Erstehungskosten von 40.866.67 DM. Wenn hinzugenommen werde, daß bei einem Erwerb im Wege der Zwangsversteigerung die Mängelhaftung entfalle, ergebe sich kein ausgleichungspflichtiger Vorteil. Diese Darlegungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die verhältnismäßig geringe Differenz von rund 1.500.– DM besteht nur gegenüber einem Schätzwert, der zwar einen Anhalt, aber keine Gewähr für den beim freihändigen Verkauf erzielbaren Preis bietet. Ein gewisser Abzug aus dem Gesichtspunkt der mangelnden Gewährleistung ist außerdem berechtigt. Daß sich der Tatrichter unter diesen Umständen nicht von der Erzielung eines echten Gewinns überzeugen konnte, ist ihm aus Rechtsgründen nicht vorzuwerfen.

Mit Recht ist das Berufungsgericht nicht darauf eingegangen, ob die Grundstücke nach ihrer Ersteigerung marktbedingt in ihrem Wert gestiegen sind. Gewiß ist für die Schadensberechnung im allgemeinen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung entscheidend. Bei der Vorteilsausgleichung steht dem jedoch entgegen, daß ein gewisser zeitlicher Zusammenhang zwischen dem schädigenden und dem vorteilhaften Ereignis gewahrt bleiben muß, wenn beide einem einheitlichen Ursprung zugerechnet werden sollen. Mag auch strenge Gleichzeitigkeit nicht zu fordern sein, so hat doch eine spätere, unvorhersehbare Änderung der Verhältnisse außer Betracht zu bleiben. Nach dem zutreffenden Hinweis der Revisionsbeantwortung hat schon das Reichsgericht diesen Standpunkt für den hier vorliegenden Fall ständig vertreten (vgl. RGZ 100, 255 mit Nachw.). An dieser Auffassung ist festzuhalten.

Nach alledem führte die Revision des Beklagten dazu, das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Diesem war auch die Entscheidung über die Kosten der Revision zu übertragen.

 

Unterschriften

Engels, Hanebeck, Dr. Hauß, Dr. Pfretzschner, Dr. Nüßgens

 

Fundstellen

Haufe-Index 1384505

DNotZ 1967, 446

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