Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebührenerhöhung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Gebührenerhöhung nach § 6 I 2 BRAGO, wenn gemeinschaftliche Testamentsvollstreckung angeordnet ist.

 

Normenkette

BRAGO § 6 Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Beklagten waren gemeinschaftliche Testamentsvollstrecker über den Nachlaß der am 1. Juli 1962 verstorbenen C. B. und des am 15. Oktober 1963 verstorbenen M. B. Zu den Nachlässen gehörten die Anteile an der M. B. OHG, die 1964 in eine KG umgewandelt wurde.

Als die Anteile an der KG im Jahre 1989 veräußert werden sollten, zog der Beklagte zu 1) den Kläger zu 1) als Rechtsanwalt zur Beratung und Unterstützung heran. Mitte 1989 wurde mit der D. U. GmbH ein Kaufvertrag zu einem Kaufpreis von 72 Mio DM abgeschlossen. Der Vollzug des Vertrages scheiterte daran, daß das Bundeskartellamt den Zusammenschluß untersagte. Im Januar 1990 kam es zu einem Kaufabschluß mit der Firma Dr. A. O.

Die Kläger haben die Ansicht vertreten, sie seien in drei verschiedenen Angelegenheiten für die Beklagten tätig geworden. Sie haben als Honorar für ihre Tätigkeit in der "Angelegenheit U. " 1.065.359, 52 DM, hinsichtlich einer "Ersatzlösung" 997.905,84 DM und in der "Angelegenheit O." 1.046.683,02 DM berechnet. Auf die Rechnung U. sind bisher 566.520,60 DM und auf die Rechnung O. 151.281,64 DM gezahlt worden.

Mit der Klage haben die Kläger zuletzt Zahlung eines weiteren Honorars von 2.700.066,98 DM verlangt. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie voll abgewiesen. Der Senat hat die Revision der Kläger nur wegen eines Betrages von 74.825,84 DM angenommen. In diesem Umfang verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat im Umfang ihrer Annahme Erfolg.

Die Parteien streiten jetzt nur noch darüber, ob den Klägern eine Gebührenerhöhung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO deshalb zusteht, weil beide Beklagten ihre Auftraggeber waren. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, Mehrfachgebühren nach § 6 BRAGO seien nicht angefallen, weil nur der Beklagte zu 1) in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker Auftraggeber der Kläger gewesen sei. Der Beklagte zu 2) komme als zusätzlicher Auftraggeber auch deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagten gemeinsam ein Amt hinsichtlich eines Nachlasses ausübten.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Auftraggeber eines Rechtsanwalts ist derjenige, der nach den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts Partei des Geschäftsbesorgungsvertrages mit dem Rechtsanwalt geworden ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte zu 1) bei Auftragserteilung in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker gehandelt. Sogar wenn er dabei nicht ausdrücklich im Namen des Beklagten zu 2) aufgetreten ist, so ergaben doch die Umstände, daß er auch in dessen Namen handeln wollte. Dem Kläger zu 1) war bekannt, daß beide Beklagten Testamentsvollstrecker über den Nachlaß B. waren. Nach § 2224 Abs. 1 Satz 1 BGB führen mehrere Testamentsvollstrecker das Amt gemeinschaftlich. Das bedeutet, daß jede Verwaltungsentscheidung im Innenverhältnis einstimmig getroffen werden muß und daß jedes Rechtsgeschäft nach außen zu seiner Wirksamkeit der Mitwirkung aller Testamentsvollstrecker bedarf (MünchKomm-BGB/Brandner, 2. Aufl. § 2224 Rdnr. 5; Staudinger/Reimann, BGB 12. Aufl. § 2224 Rdnr. 6; Soergel/Damrau, BGB 12. Aufl. § 2224 Rdnr. 4; vgl. auch BGH, Urt. v. 26. Juni 1967 - III ZR 95/65, NJW 1967, 2400, 2401). Deshalb mußte der Kläger zu 1) den Beklagten zu 1) dahin verstehen, daß er auch im Namen des zweiten Testamentsvollstreckers handelte. Das reicht gemäß § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB für ein Handeln im fremden Namen aus.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt eine "teleologische Reduzierung" des § 6 BRAGO um solche Fälle, in denen sämtliche Auftraggeber "an einem Strang ziehen", nicht in Betracht. § 6 BRAGO setzt gerade nicht voraus, daß es im Einzelfall durch die Mehrheit von Auftraggebern zu einer Mehrbelastung des Rechtsanwalts gekommen ist (BGH, Urt. v. 6. Oktober 1983 - III ZR 109/82, LM § 6 BRAGebO Nr. 4; v. 12. Februar 1987 - III ZR 255/85, LM § 6 BRAGebO Nr. 6).

Somit steht den Klägern eine Erhöhung der Gebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO zu. Die Geschäftsgebühr von 218.789 DM ist um 3/10 zu erhöhen. Das macht 65.636, 70 DM zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer = 74.825, 84 DM aus. In Höhe dieses Betrages nebst Zinsen ist das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456252

BB 1994, 601

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