Leitsatz (amtlich)

Die kurze Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB gilt auch dann, wenn sich der Veräußerer eines Grundstücks in dem Vertrag zugleich zur Errichtung eines Einfamilienhauses verpflichtet und ein einheitliches Entgelt für beide Leistungsteile vereinbart wird (im Anschluß an BGHZ 72, 229).

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 10.05.1978)

LG Kassel

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main - 25. Zivilsenat in Kassel - vom 10. Mai 1978 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

 

Tatbestand

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die Firma Achim W. Freies Wohnungsunternehmen in K. (im folgenden: Klägerin), verkaufte dem Beklagten durch notariellen Vertrag vom 2. Oktober 1969 ein dort näher bezeichnetes Baugrundstück in K.-H.. Zugleich verpflichtete sie sich in diesem Vertrag, im eigenen Namen und für eigene Rechnung auf dem Grundstück ein Eigenheim mit Garage nach ihren Plänen und ihrer Baubeschreibung zu errichten. Der "Kaufpreis" (Festpreis) für Grundstück und das zu errichtende Eigenheim wurde einheitlich mit 273.130 DM vereinbart. Zusätzlich sollte der Beklagte die durch Ausführung seiner Sonderwünsche entstandenen Mehrkosten bei Bezugsfertigkeit des Eigenheims zahlen.

Das Eigenheim wurde unter Berücksichtigung einer Reihe von Sonderwünschen errichtet und dem Beklagten am 30. August 1971 bezugsfertig übergeben. Er zahlte bis zum 30. Mai 1972 insgesamt 293.170 DM. Davon wurden 20.040 DM als Abschlag auf die Sonderleistungen verrechnet. Mit Schreiben vom 4. April 1973 übersandte die Klägerin dem Beklagten "Schlußrechnung der Sonderwünsche" vom 28. März 1973 über 60.666,54 DM und forderte von ihm unter Berücksichtigung der Zahlungen und Gutschriften noch 34.456,24 DM. Das lehnte der Beklagte ab.

Die Klägerin hat mit der am 21. Juli 1976 eingereichten Klage zuletzt noch 30.416,24 DM nebst Zinsen verlangt. Der Beklagte hat sich u.a. auf Verjährung berufen.

Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision, um deren Zurückweisung der Beklagte bittet, verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht erachtet den Klaganspruch für verjährt. Es handele sich um eine nach § 196 Abs. 1 Nr. 7 BGB der zweijährigen Verjährung unterliegende Werklohnforderung und nicht um einen Anspruch auf Zahlung des Grundstückskaufpreises, der nach § 195 BGB in 30 Jahren verjähre. Hierbei sei es gleich, ob die sich auf die Sonderleistungen beziehende Forderung als ein selbständiger Werklohnanspruch aufgrund zusätzlicher Werkverträge oder als Teil des einheitlichen Anspruchs auf Vergütung für das Grundstück und das darauf zu errichtende Bauwerk zu betrachten sei. Der notarielle Vertrag vom 2. Oktober 1969 sei ein Werklieferungsvertrag über eine nicht vertretbare Sache und habe nicht einen bloßen Grundstückskauf zum Gegenstand. Die wesentliche Verpflichtung betreffe den Bau des Hauses. Die dafür zu zahlende Vergütung sei Werklohn im Sinne der §§ 631, 632 BGB und nicht Kaufpreis.

Die zweijährige Verjährung sei bei Klägerhebung bereits vollendet gewesen.

Diesen Ausführungen ist im Ergebnis zuzustimmen.

I.

Zu Unrecht meint die Revision, die vertraglichen Beziehungen der Parteien seien nach Kaufrecht zu beurteilen, so daß der Klaganspruch der 30-jährigen Verjährung unterliege.

1.

Wie der Senat bereits in BGHZ 72, 229 ausgesprochen hat, verjährt in Fällen, in denen sich der Veräußerer eines Grundstücksanteils, der Kaufmann ist, in dem Vertrag zugleich zur Herstellung einer Eigentumswohnung verpflichtet, der Anspruch auf das einheitlich für Grundstücksanteil und Eigentumswohnung vereinbarte Entgelt in der kurzen Frist des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB und nicht - auch nicht, soweit er den in dem einheitlichen Entgelt enthaltenen Preis für den Grundstücksanteil betrifft - gem. § 195 BGB in 30 Jahren.

2.

Das gilt, was der Senat in jener Entscheidung schon beiläufig erwähnt hat, auch dann, wenn sich der Veräußerer eines Grundstücks in dem Vertrag zugleich zur Errichtung eines Einfamilienhauses verpflichtet und ein einheitliches Entgelt für beide Leistungsteile vereinbart wird. Die maßgeblichen Erwägungen für die kurze Verjährung treffen auch für diesen Fall zu.

a)

Die Einheitlichkeit des Vergütungsanspruchs verbietet es, ihn in zwei Teile aufzuspalten und verjährungsrechtlich verschiedenen Vertragsbereichen zuzuordnen. Es besteht auch kein Bedürfnis für eine derartige Aufspaltung zur Anwendung unterschiedlicher Verjährungsvorschriften. Im übrigen fehlt es häufig - wie auch hier - an klaren Abgrenzungsmerkmalen für die Aufteilung des Entgelts in einen Grundstückskaufpreis und einen Werklohn.

Vielmehr ist, wie der Senat für aus verschiedenen Leistungselementen bestehende Mischverträge ausgesprochen hat, der einheitliche Vergütungsanspruch auch hinsichtlich der Verjährungsvorschriften einheitlich nach den Leistungen zu beurteilen, die bei weitem überwiegen und dem Vertragsverhältnis sein charakteristisches Gepräge geben (BGH a.a.O. mit Nachweisen).

Das ist hier der Bau des Wohnhauses nebst Garage. Auch bei einem Einfamlienhaus und nicht nur bei einer Eigentumswohnung stehen regelmäßig die Werkleistungen gegenüber der Grundstücksverschaffung wirtschaftlich und nach den gerade für Bauleistungen typischen Risiken weitaus im Vordergrund. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß dies im vorliegenden Fall nicht zutreffen sollte.

b)

Diese Auffassung steht im Einklang damit, daß - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt - Vereinbarungen der vorliegenden Art nach ständiger Rechtsprechung und überwiegender Ansicht im Schrifttum als Werklieferungsvertrag über eine nicht vertretbare Sache zu beurteilen sind (BGH a.a.O. mit Nachweisen). Auf ihn ist gemäß § 651 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB zum Teil Kaufrecht, zum Teil Werkvertragsrecht anzuwenden. Hierbei richtet sich der Vergütungsanspruch nach §§ 631, 632 BGB. Damit findet das Gesetz das entscheidende Gewicht der Vergütung in der Gegenleistung für die schöpferische Arbeit des Werkunternehmers und behandelt dessen Gesamtanspruch wie eine Werklohnforderung.

c)

Entgegen der Ansicht der Revision spricht es auch nicht für die Anwendung des Kaufrechts, daß Verträge der vorliegenden Art insgesamt nach § 313 BGB zu beurkunden sind. Diese Formvorschrift gilt für jeden Vertrag, durch den Eigentum an einem Grundstück übertragen werden soll; gleichgültig ist, ob er Kauf- oder Werklieferungsvertrag ist (BGH, Urt. v. 21. Mai 1971 - V ZR 17/69 = LM BGB § 313 Nr. 48).

II.

Für den Klageanspruch ist hier § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB anzuwenden. Nach dieser Vorschrift verjähren u.a. die Ansprüche der Kaufleute für Ausführung von Arbeiten und Besorgung fremder Geschäfte in zwei Jahren.

1.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin war unstreitig die im Handelsregister eingetragene Firma, unter der der Kaufmann Achim Wickmann sein Gewerbe betrieb und den vorliegenden Vertrag abschloß. Die auf die Klägerin als Rechtsnachfolger in übergegangenen Ansprüche unterliegen deshalb den für Kaufleute geltenden Verjährungsvorschriften. Ohne Bedeutung ist hier, daß die Klägerin die für die Errichtung des Hauses erforderlichen handwerklichen Arbeiten durch Handwerksbetriebe hat ausführen lassen. Auch diese Leistungen sind, ebenso wie ihre anderen für den Bau notwendigen Tätigkeiten, "Ausführung von Arbeiten" oder "Besorgung fremder Geschäfte" im Sinne des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

2.

Daß die zweijährige Verjährungsfrist bei Klageeinreichung bereits abgelaufen war, zieht die Revision nicht in Zweifel. Das Berufungsurteil läßt insoweit auch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin erkennen.

Nach alledem ist die Revision zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3018759

DB 1979, 2224 (Volltext mit amtl. LS)

NJW 1979, 2193 (Volltext mit amtl. LS)

DNotZ 1980, 33

DNotZ 1980, 33-34

MDR 1980, 134-135 (Volltext mit amtl. LS)

WuM 1980, 3-4 (Volltext mit amtl. LS)

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