Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerb von Wohnungseigentum - Leistungsverweigerungsrecht des Wohnungseigentümers wegen Baumängeln

 

Leitsatz (amtlich)

Wie jeder Bauherr darf auch der Erwerber einer Eigentumswohnung vom Bauträger die Zahlung einer nach Baufortschritt fälligen Rate des Erwerbspreises jedenfalls wegen bis dahin am Sondereigentum auf getretener Baumängel in angemessenem Verhältnis zum voraussichtlichen Beseitigungsauf wand verweigern (im Anschluß an BGH NJW 1981, 2801; 1982, 2494).

 

Normenkette

BGB § 320

 

Verfahrensgang

OLG München (Urteil vom 13.05.1982; Aktenzeichen 14 U 632/81)

LG Kempten (Urteil vom 03.08.1981; Aktenzeichen 1 O 1421/80)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts München – 14. Zivilsenat in Augsburg – vom 13. Mai 1982 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kempten vom 3. August 1981 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten beider Rechtsmittelzüge zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Beklagte zu 1 und seine inzwischen verstorbene, von ihm und von ihren Kindern – den Beklagten zu 2 und 3 – beerbte Ehefrau erwarben durch notariellen Vertrag vom 23. November 1978 von der klagenden Bauträgergesellschaft eine Eigentumswohnung nebst Garagenstellplatz in einer Wohnungseigentumsanlage in Füssen zum Gesamtpreise von 188.400 DM. Als voraussichtlicher Bezugstermin für die Wohnung wurde der 31. Dezember 1979, als spätester Termin der 1. April 1980 vereinbart. Am 15. Oktober 1979 zog im Einvernehmen mit den Erwerbern ein Mieter in die noch unfertige Wohnung ein. Daraufhin forderte die Klägerin die Erwerber auf, bis zum 30. November 1979 die vorhandenen Baumängel mitzuteilen, andernfalls die Wohnung vertragsgemäß als mangelfrei übernommen gelte. Mit Schreiben vom 29. November 1979 gaben die Erwerber Mängel in der Wohnung, in der Tiefgarage und im Haus bekannt.

Die Klägerin forderte unter dem 14. Januar 1980 eine weitere, bei Bezugsfertigkeit und Besitzübergabe fällige Rate von 18.837 DM und setzte den Erwerbern unter dem 20. Februar 1980 Frist zur Zahlung dieser 5. Rate bis 8. März 1980 mit Androhung des Rücktritts vom Vertrag. Der Beklagte zu 1 erwiderte am 22. Februar 1980, daß er wegen der gerügten Mängel 8.000 DM zurückbehalte und 10.837 DM überwiesen habe. Mit Schreiben vom 18. März 1980 trat die Klägerin vom Vertrag zurück. Die Erwerber widersprachen.

Mit der im August 1980 erhobenen Klage hat die Klägerin die Löschung der zugunsten der Erwerber eingetragenen Auflassungsvormerkung sowie der zwecks Finanzierung eingetragenen Grundschuld Zug um Zug gegen Rückzahlung von 172.321 DM verlangt. Die Beklagten haben weitere Mängel am Sonder- und am Gemeinschaftseigentum gerügt und vorsorglich mit Ansprüchen auf Wertminderung aufgerechnet.

Nachdem das Landgericht die Klage abgewiesen hatte, widerriefen die Beklagten unter dem 25. September 1981 die der Klägerin im Vertrag erteilte Vollmacht zur Änderung der Teilungserklärung und fochten sie vorsorglich an. Die Klägerin beabsichtigte nämlich, den mit dem Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteil der Beklagten nach Einbau zusätzlicher Dachgeschoßwohnungen von 27,92/1000 auf 25,65/1000 herabzusetzen, wie dies in Abschnitt II der Teilungserklärung vorbehalten war. Mit ihrer Berufung stützte die Klägerin ihren Rücktritt vom Vertrag auch auf diesen Widerruf der Vollmacht. Eine mit der Beseitigung der meisten Baumängel begründete Zahlung der Beklagten von 6.635 DM im Januar 1982 wies sie zurück.

Das Oberlandesgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der – angenommenen – Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht verneint die von der Klägerin vorgetragene, mit Einigungs- und Formmängeln begründete Nichtigkeit des Erwerbsvertrages. Es liege weder ein offener noch ein versteckter Einigungsmangel vor in Bezug auf die Ermächtigung der Klägerin, die Teilungserklärung unter den darin genannten Voraussetzungen zu ändern. Auch seien sämtliche Vertragsvereinbarungen der Parteien ordnungsgemäß beurkundet worden. Insbesondere hätten die Käufer in dem Vertrag die Klägerin zur Abgabe der für die Änderung der Teilungserklärung erforderlichen Erklärungen bevollmächtigt; die rechnerische Abänderung des Miteigentumsanteils werde von den beurkundeten Erklärungen der Parteien umfaßt.

Diese Ausführungen lassen Rechtsfehler nicht erkennen und werden auch von der Revision als den Beklagten günstig nicht angegriffen. Soweit die Klägerin diesen Berufungsvortrag wiederholt, kann ihr nicht gefolgt werden.

Die Beklagten haben nicht behauptet, entgegen Abschnitt X des Vertrages die Teilungserklärung nicht erhalten oder gelesen und deren Verbindlichkeit für alle Erwerber nicht anerkannt zu haben. Sie haben auch nicht in Abrede gestellt, in Abschnitt XII Nr. 1 b der Klägerin Vollmacht erteilt zu haben, die Teilungserklärung, insbesondere die darin angegebenen Miteigentumsanteile zu ändern, sofern damit Lage und Nutzfläche des Sondereigentums der Erwerber nicht verändert würden. Vielmehr haben die Beklagten vorgetragen, nach den Angaben der Klägerin andere Vorstellungen vom in Betracht kommenden Ausbau des Dachgeschosses der Vohnanlage und damit vom Umfang des Vollmachtgebrauchs gehabt zu haben. Allein darauf haben sie den Widerruf und die vorsorgliche Anfechtung der Vollmacht wegen Irrtums und arglistiger Täuschung gestützt, ohne damit den Erwerbsvertrag im übrigen in Frage zu stellen. Der Versuch der Klägerin, den Vortrag der Beklagten als Behauptung eines Dissenses oder einer unvollständigen Beurkundung des Vertrages zu werten, kann daher keinen Erfolg haben. Auch der Klagevortrag gibt dafür nichts her, wie das Berufungsgericht zutreffend feststellt.

Gemäß Abschnitt XV Abs. 1 des Vertrages berührt die Unwirksamkeit oder Undurchführbarkeit einzelner Vertragsbestimmungen die Geltung des Vertrages im übrigen nicht. Auf die Verbindlichkeit der Vollmacht kommt es daher hier nicht an. Mit dem Berufungsgericht ist von der Wirksamkeit des Erwerbsvertrages im ganzen auszugehen.

II.

Das Berufungsgericht folgt dem Landgericht auch darin, daß die Erwerber durch den vorzeitigen Bezug der Wohnung das Recht zur Mängelrüge nicht verloren haben. Die Vertragsbestimmung in Abschnitt VIII Nr. 1 Abs. 7

„Hat der Käufer das Vertragsobjekt vor Abnahme in Besitz genommen, so gilt es von diesem Tage an als mangelfrei abgenommen.”

sei nach § 10 Nr. 5 AGBG unwirksam, sofern man nicht in der Aufforderung der Klägerin vom 22. November 1979, bis zum 30. November 1979 die Mängel in der Wohnung mitzuteilen, den vom Gesetz verlangten Hinweis sehe. Das aber laufe auf die vom Landgericht angenommene, vom Vertrag abweichende Vereinbarung der Parteien hinaus. Eine fingierte Abnahme nach § 12 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B komme nach der vertraglichen Abnahmeregelung nicht in Betracht.

Auch dies ist richtig und wird von der Revision nicht in Frage gestellt.

Entgegen der Revisionserwiderung wendet das Berufungsgericht zutreffend auf den Erwerbsvertrag der Parteien das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen an. Ersichtlich handelt es sich um einen für eine Vielzahl von Vertragsabschlüssen vorformulierten Vertrag, welcher der Inhaltskontrolle nach dem AGBG unterliegt. Die vertragliche Fiktion einer Abnahme des Werkes als mangelfrei in Abschnitt VIII Nr. 1 fällt unter die Bestimmung des § 10 Nr. 5 AGBG.

Es ist auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht eine fingierte Abnahme durch vorzeitigen Bezug der Wohnung verneint. Die Parteien haben zwar in Abschnitt VII Nr. 1 Abs. 4 des Vertrages für die Bauleistungen die Geltung der – den Erwerbern ausgehändigten – VOB/B mit Ausnahme der §§ 7 bis 9 und 14 bis 16 vereinbart. Der Vertrag sieht aber in Abschnitt VIII eineförmliche Abnahme vor, so daß eine Anwendung des § 12 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B ausscheidet. Ob die Geltung der VOB/B für die Bauleistungen des Bauträgers überhaupt oder derart beschränkt in einem Bauträger-Erwerber-Vertrag wirksam vereinbart werden kann, braucht hier nicht entschieden zu werden.

III.

Das Berufungsgericht hält die Erwerber – den Beklagten zu 1 und seine Ehefrau – nicht für berechtigt, im Frühjahr 1980 von der fälligen 5. Rate wegen der damals gerügten Baumängel 8.000 DM einzubehalten. Es teilt nicht die Meinung des Landgerichts, die Beklagten hätten den drei- bis fünffachen Betrag der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten zurückbehalten dürfen.

Die mit der Verwirklichung jedes Bauvorhabens verbundenen Probleme würden bei der Errichtung einer Wohnungseigentumsanlage mit mehr als 40 Wohneinheiten zusätzlich dadurch erschwert, daß sich nicht nur Bauherr und Bauhandwerker gegenüberstünden, sondern der Bauträger als Bauherr auch in vertraglichen Beziehungen zu einer großen Zahl von Wohnungskäufern stehe. Das Hinzukommen eines weiteren Interessentenkreises lasse es nicht zu, die für den Regelfall entwickelten Grundsätze zum Zahlungseinbehalt im Falle von Bauwerksmängeln uneingeschränkt auf den Bauträger vertrag zu übertragen. Im Regelfall, in dem sich allein Bauherr und Bauhandwerker gegenüberstünden, werde der Einbehalt des Mehrfachen des voraussichtlichen Nachbesserungsaufwands, damit der Auftragnehmer den Mangel schnellstmöglich und ordnungsgemäß beseitige, von der herrschenden Meinung gebilligt. Die Anwendung dieses Grundsatzes auf das Verhältnis Bauträger-Wohnungserwerber erscheine jedoch schon deshalb nicht angebracht, weil hier der Kaufpreis in Raten zu entrichten und somit § 320 Abs. 2 BGB zu beachten sei. Das Leistungsverweigerungsrecht könne in diesem Fall nur geltend gemacht werden, sofern der noch nicht verlangte Rest des unbestrittenen Vergütungsanspruchs zur Beseitigung der Mängel nicht ausreichen würde.

Hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

1. Zwar ist das hier allein in Betracht kommende Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB von den Grundsätzen von Treu und Glauben geprägt, so daß bei Anwendung dieser Bestimmung unter Abwägung der beiderseitigen Interessen auf Besonderheiten des gegenseitigen Schuldverhältnisses angemessen Rücksicht zu nehmen ist. Im Verhältnis des Bauträgers sowohl zum Bauunternehmer als auch zu den Erwerbern, insbesondere bei Abtretung der Gewährleistungsansprüche, hat der Senat dem beispielsweise in den Entscheidungen BGHZ 55, 354, 358; 70, 193, 198 sowie vom 18. Mai 1978 – VII ZR 138/77 (BauR 1978, 398 = ZfBR 1978, 25) Rechnung getragen.

Es geht aber nicht an, wegen der unvermeidlich mit der Bauträgerschaft verbundenen Probleme den Erwerber eines Hauses oder einer Eigentumswohnung vom Bauträger in seiner werkvertraglichen Auftraggeberstellung grundsätzlich schlechter zu stellen als den Bauherrn gegenüber dem Bauunternehmer. Daß Baumängel, welche ein Leistungsverweigerungsrecht des Erwerbers begründen, in der Regel nicht vom Bauträger selbst, sondern vom Bauunternehmer als seinem Erfüllungsgehilfen zu beseitigen sind, rechtfertigt eine unterschiedliche Beurteilung ebenso wenig wie der Fall, daß ein General- oder Hauptunternehmer einzelne Leistungen durch Nachunternehmer erbringen läßt. Allein der Bauträger schuldet dem Erwerber die Erstellung des Bauwerks (hier ausdrücklich hervorgehoben in Abschnitt VII des Vertrages). Er allein trägt daher auch das Risiko mangelfreier Ausführung und muß bei Baumängeln die Einrede des nicht (voll) erfüllten Vertrages gegen sich gelten lassen. Andererseits kann er wegen der Mängel auch ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber seinen Erfüllungsgehilfen geltend machen, so daß er durch die Leistungsverweigerung des Erwerbers nicht in Zahlungsnot zu kommen braucht.

2. Die Parteien haben für die Zahlung der als „Kaufpreis” bezeichneten Vergütung für Grundanteil und Bauwerk in Abschnitt IV Nr. 4 Raten nach Baufort schritt vereinbart. Diese Regelung entspricht der in Bauverträgen üblichen Vereinbarung von Abschlagszahlungen, jedoch fehlt es an dem sonst üblichen Einbehalt zur Sicherstellung der vertragsgemäßen Ausführung und Gewährleistung.

a) Selbst ein vereinbarter Sicherheitseinbehalt von 5 % oder gar 10 % der Gesamt Vergütung hindert den Auftraggeber grundsätzlich nicht, fällige Abschlagszahlungen oder den Restwerklohn wegen mangelhafter Werkausführung zu verweigern. Der Auftragnehmer kann nicht einwenden, der Auftraggeber dürfe das Leistungsverweigerungsrecht nur wegen eines den Sicherheitseinbehalt wertmäßig übersteigenden Mängelbeseitigungsanspruchs geltend machen (Senatsentscheidungen NJW 1981, 2801; 1982, 2494). Die Einbehaltung fälliger Abschlagszahlungen verfolgt vor allem den Zweck, den Auftragnehmer zur umgehenden Beseitigung von Mängeln an den bis dahin erbrachten Leistungen anzuhalten; daß der Sicherheitseinbehalt die Kosten der Mängelbeseitigung deckt, steht dem nicht entgegen (NJW 1981, 2801).

b) Diese Grundsätze müssen umso mehr gelten, wenn wie hier der Auftraggeber sich nicht einmal an einem Sicherheitseinbehalt schadlos halten kann und nach der bei Bezugsfertigkeit und Besitzübergabe fälligen 5. Rate von 10,5 % des „Kaufpreises” nur noch restliche 3,5 % (= 6.279 DM) nach Fertigstellung dergesamten Restarbeiten zu zahlen hat. Diese Restrate mag zwar zeitweilig noch eine gewisse Sicherheit bis zur Fertigstellung der gesamten Wohnungseigentumsanlage bieten; jedoch können sich nach Wohnungsübergabe weitere, zunächst nicht erkennbare Mängel herausstellen, wie es hier auch der Fall gewesen ist. Vor allem aber führt die vom Berufungsgericht für billig erachtete Verweisung des Erwerbers auf die letzte Rate dazu, daß er jedes Druckmittels verlustig geht, um den Bauträger und dessen Erfüllungsgehilfen zur schleunigen Beseitigung der bei Bezug der Wohnung festgestellten Mängel zu veranlassen.

c) Für die Behebung der mit Schreiben vom 29. November 1979 gerügten, bei Anforderung der 5. Rate mit Schreiben vom 14. Januar und 20. Februar 1980 zumeist nicht behobenen Mängel war nach Abschnitt VIII Nr. 1 Abs. 5 des Vertrages die Klägerin verantwortlich, so daß es hierfür auf die Abtretung der Gewährleistungsansprüche an die Erwerber (Nr. 1 Abs. 10 und 11) nicht ankommt. Die vom Berufungsgericht erwogene Einschränkung des Leistungsverweigerungsrechts nach § 320 Abs. 2 BGB steht der Einrede nicht entgegen, sofern die mit der jeweiligen Rate abzugeltende Teilleistung wie hier mangelhaft ist.

Die Erwerber waren demnach im Frühjahr 1980, als die letzte (6.) Rate noch nicht fällig war, nicht gehindert, gemäß § 320 Abs. 1 BGB die Zahlung der fälligen 5. Rate in angemessenem Verhältnis zu den voraussichtlichen Kosten der Beseitigung der damals vorhandenen Baumängel zu verweigern. Das insofern und auch im Ergebnis auf Rechtsirrtum beruhende Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben.

IV.

Für die Bewertung der im Frühjahr 1980 in der vermieteten Wohnung zutagegetretenen Mängel stützt sich das Berufungsgericht wie das Landgericht auf ein nach Ortsbesichtigung vom 31. März 1981 erstattetes Sachverständigengutachten vom 7. Mai 1981.

Während das Landgericht, dem Sachverständigen folgend, die für die Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten auf etwa 2.500 DM geschätzt und deswegen die Zurückbehaltung von 8.000 DM für gerechtfertigt gehalten hat, erkennt das Berufungsgericht nur 1.975 DM an. Die übrigen Mängel hätten ohne vorzeitigen Bezug der Wohnung leichter beseitigt werden können und seien durch die letzte Rate abgedeckt. Somit seien die Erwerber damals mit einem Betrag von 6.025 DM in Verzug geraten.

Auch dies ist nicht richtig.

1. Es ist nicht zu erkennen, worauf das Berufungsgericht seine Ansicht stützt, die vom Sachverständigen mit 565 DM veranschlagten Malerarbeiten in der Wohnung seien durch den vorzeitigen Bezug erschwert worden. Nichts deutet darauf hin, diese noch im März 1981 vorhandenen Mängel wären ohne vorzeitigen Bezug der Wohnung noch vor dem Jahresende 1979 beseitigt worden. Zudem hatte die Klägerin sich mit der Aufforderung, bis 30. November 1979 die Mängel mitzuteilen, bereit erklärt, ungeachtet des vorzeitigen Bezugs der Wohnung die erkennbaren Mängel zu beseitigen. Schließlich können die Erwerber deswegen nicht auf die letzte Rate verwiesen werden.

Somit ist mit dem Landgericht davon auszugehen, daß die Erwerber wegen der Wohnungsmängel mit voraussichtlichen Beseitigungskosten von etwa 2.500 DM ein Leistungsverweigerungsrecht geltend machen durften.

2. Das Berufungsgericht hat es aufgrund seiner irrigen Rechtsauffassung unterlassen, wie das Landgericht zu prüfen, ob die Erwerber wegen Hängeln, die mit rund 2.500 DM zu beseitigen waren, insgesamt 8.000 DM zurückbehalten durften. Die tatrichterliche Wertung des Landgerichts, dies sei vertretbar, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Etwas mehr als das Dreifache der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten gemäß § 320 BGB zu verweigern, erscheint nicht rechtsmißbräuchlich. Der Senat hat bereits das Zwei- bis Dreifache der voraussichtlichen Nachbesserungskosten für angemessen gehalten (NJW 1982, 2494 m. N.). Die Beklagten blieben nur geringfügig darüber. Das muß die Klägerin hinnehmen. Die Beklagten gerieten daher durch den Einbehalt der 8.000 DM von der 5. Rate nicht in Verzug.

3. Bei der Bemessung der Höhe des von ihnen zu Recht zurückgehaltenen Betrages hat die noch nicht fällige 6. Rate von 6.279 DM außer Betracht zu bleiben.

a) Der Senat hat allerdings schon mehrfach zum Ausdruck gebracht, daß ein beträchtlicher Sicherheit seinbehalt für die Höhe einer berechtigten Leistungsverweigerung von Belang sein und bei deren Bemessung je nach den Umständen miteinbezogen werden kann (NJW 1981, 2801; 1982, 2494). Hier hatten die Parteien keine Sicherheit für die Sachmängelgewähr der Klägerin vereinbart. Die nicht vor „Fertigstellung der gesamten Restarbeiten” zu zahlende 6. Rate des Erwerbspreises bot dafür nur zeitweilig einen gewissen Ersatz. Sie ist mit 3,5 % des Erwerbspreises auch eher gering und muß deshalb unangetastet bleiben, um die restliche Fertigstellung des Bauwerks und die Beseitigung erst nach Bezug der Eigentumswohnungen auftretender Mängel wenigstens teilweise abzusichern.

b) Es kommt hinzu, daß sich schon bei Fälligkeit der 5. Rate erhebliche Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum zeigten, die unstreitig später zu umfangreicher Nachbesserung durch die Klägerin und ihre Subunternehmer führten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dereinzelne Wohnungseigentümer zur selbständigen Verfolgung der aus dem Vertragsverhältnis mit dem Veräußerer herrührenden, auf Beseitigung der Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum gerichteten Ansprüche befugt. Er kann vom Veräußerer Nachbesserung und unter den Voraussetzungen des § 633 Abs. 3 BGB Ersatz seiner Aufwendungen für die Mängelbeseitigung sowie einen Vorschuß auf voraussichtliche Mängelbeseitigungskosten verlangen (BGHZ 74, 258, 262; 81, 35, 38 m.N.). Dann steht ihm grundsätzlich auch ein Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 320 BGB zu.

Es kann hier offenbleiben, inwieweit die Ausübung eines solchen Leistungsverweigerungsrechts Einschränkungen unterliegt, solange die Wohnungseigentümer die Mängelbeseitigung nicht gemeinsam betreiben. So könnte bei unbeschränkter Leistungsverweigerung durch den einzelnen Wohnungseigentümer z. B. die Gefahr bestehen, daß wegen nur geringfügiger Mängel am gemeinschaftlichen Eigentuminsgesamt ungerechtfertigt hohe Beträge zurückgehalten werden.

Eine derartige Gefahr bestand hier nicht. Zudem wird eine mögliche Leistungsverweigerung der Beklagten wegen Mängeln am gemeinschaftlichen Eigentum nur insofern berücksichtigt, als die noch nicht fällige 6. Rate des Erwerbspreises bei der Bemessung des von den Beklagten wegen anderer Mängel an der 5. Rate zurückzuhaltenden Betrages nicht miteinbezogen wird. Das begegnet auf keinen Fall durchgreifenden Bedenken.

c) Die 6. Rate hat die Klägerin unstreitig noch nicht fällig gestellt. Ohne besondere Zahlungsaufforderung, wie sie im Vertrag ausdrücklich vorgesehen ist, brauchten die Beklagten nicht zu leisten. Das gilt umso mehr, als die Klägerin den von den Beklagten nach Beseitigung der meisten Mängel am Sondereigentum im Januar 1982 auf die 5. Rate gezahlten weiteren Teilbetrag von 6.635 DM nicht annahm, sondern zurücküberwies. Dazu war die Klägerin bei verständiger Würdigung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben nicht berechtigt. Da sie bereits vom Vertrag zurückgetreten war, mußten die Beklagten damit rechnen, daß sie jede weitere Zahlung ebenso zurückweisen würde. Endgültig haben die Beklagten die Leistung der 6. Rate, um die es im gesamten Rechtsstreit unmittelbar gar nicht geht, keineswegs verweigert.

4. Darauf, ob ein Teil der 5. Rate für die Eigentumswohnung auch wegen Mängeln am Garagenabstellplatz gemindert oder zurückbehalten werden durfte und ob selbst bei einem der Höhe nach unter 8.000 DM liegenden Leistungsverweigerungsrecht ein Rücktritt vom Vertrag nach Treu und Glauben zu rechtfertigen war, kommt es demnach nicht an. Die Klägerin war am 18. März 1980 und auch später nicht berechtigt, wegen Zahlungsverzugs der Beklagten vom Vertrag zurückzutreten.

V.

Das Berufungsgericht hält den Rücktritt der Klägerin vom Vertrag auch deshalb für gerechtfertigt, weil die Beklagten die in Abschnitt XII Nr. 1 b erteilte Vollmacht zur Änderung der Teilungserklärung widerrufen und angefochten haben. Die Erwerber hätten sich mit dieser Ermächtigung der Klägerin einverstanden erklärt. Ihr Besitzstand sei gewahrt worden. Zum Widerruf der Vollmacht habe daher kein Anlaß bestanden. Aufgrund des unberechtigten Zahlungseinbehalts nach unberechtigten Mängelrügen, einer Erklärung des Beklagten zu 1, er zahle wann er wolle, sowie des Widerrufs der Vollmacht habe sich die Klägerin in ihrer Auffassung bestärkt sehen dürfen, daß die Beklagten zu einer dem Zweck und der Abwicklung des Vertrages förderlichen Zusammenarbeit nicht mehr bereit seien.

Auch dies greift die Revision mit Erfolg an.

1. Rechtfertigt wie ausgeführt die Einbehaltung von 8.000 DM bei Zahlung von 10.837 DM den Rücktritt der Klägerin vom Vertrag nicht, so auch nicht die Bemerkung des Beklagten zu 1 Anfang Februar 1980, er zahle wann er wolle. Nach der Bekundung des Gesprächspartners, des Ehemanns der Geschäftsführer in der Klägerin, war dies die vom Ärger über eine ergebnislose Auseinandersetzung geprägte Antwort auf dessen Frage, ob er denn nun die 5. Rate zahlen werde oder nicht. Eine endgültige Leistungsverweigerung kann in dieser Bemerkung schon deshalb nicht gesehen werden, weil der Beklagte zu 1 noch 10 Tage später mit Schreiben vom 22. Februar 1980 mitteilte, er halte nur noch 8.000 DM zurück, „bis die Beseitigung der Mängel geklärt” sei.

2. Ob der Widerruf und die vorsorgliche Anfechtung der Vollmacht zur Änderung der Teilungserklärung berechtigt waren, braucht hier nicht entschieden zu werden. Sie waren jedenfalls den Umständen nach so verständlich, daß die Klägerin ihren Rücktritt vom Vertrag darauf nicht stützen kann.

a) Die in Abschnitt II der Teilungserklärung vorbehaltene Verringerung der Miteigentumsanteile der Erwerber Nr. 1 bis 39 an der Wohnungseigentumsanlage für den Fall, daß die im Sondereigentum des Bauträgers verbliebenen Dachgeschoßräume B 1 bis 3 zu Wohnzwecken umgestaltet (und veräußert) werden, führt zwar nicht zu einer Veränderung der Lage und der Nutzfläche der übrigen Wohnungen, wohl aber zu einer Verringerung des Bruchteils am Gemeinschaftseigentum, ohne daß damit dessen Wert erhöht würde. Ob ein anteiliger Wertverlust dadurch ausgeglichen würde, daß sich auch der Anteil eines jeden Wohnungseigentümers an den laufenden Verwaltungs- und Unterhaltungskosten entsprechend vermindern würde, ist ungeklärt.

b) Durch die in Abschnitt XII Nr. 1 b formularmäßig erteilte Vollmacht zur Änderung und Ergänzung der Teilungserklärung ermächtigte der Erwerber den Bauträger, Umfang und unter Umständen auch Wert seiner Leistung nach seinem Ermessen und ohne entsprechenden Ausgleich zu verringern. Für eine solche Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gilt § 10 Nr. 4 AGBG, wonach die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, unwirksam ist, wenn nicht die Vereinbarung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Ob letzteres hier der Fall ist, hat das Berufungsgericht nicht geprüft (zur Zumutbarkeit solcher Rechtsvorbehalte vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Kommentar, 4. Aufl., Rdn. 8, 9; Kötz in MünchKomm., Rdn. 18-20; Löwe/v. Westphalen/Trinkner, AGBG, 2. Aufl., Rdn. 11-13, 17, jeweils zu § 10 Nr. 4 AGBG).

c) Hinzu kommt, daß die Vollmachtsklausel im Vertrag aus sich heraus nicht verständlich ist. Umfang und Bedeutung der Vollmacht ergeben sich erst aus Abschnitt II der Teilungserklärung, welche dem Erwerbsvertrag zwar beigefügt, aber nicht verlesen worden ist (Abschnitt X des Vertrages). Die Urkunden ergeben nicht, daß der Erwerber sich bei gebotener Aufmerksamkeit und Überlegung über Bedeutung und Umfang der Vollmacht im klaren sein mußte.

d) Die Klägerin hat zwar zunächst behauptet, alle Erwerber seien bei der Beurkundung der Verträge vom Notar über die Bedeutung der Vollmacht und über den beabsichtigten Ausbau des Dachgeschosses belehrt worden. Sie hat sich dann aber in der Berufungsbegründung ausdrücklich die Behauptung des Beklagten zu 1 zu eigen gemacht, er habe aus dem Prospekt mit Zeichnungen und aus Erklärungen entnommen, daß das Dachgeschoß nur auf der Südseite ausgebaut werden solle; mit dem nachträglichen Einbau von 15 Dachgauben und zahlreichen Wohnungen habe er nicht gerechnet (so auch die Begründung des Vollmachtwiderrufs vom 25. September 1981). Die Klägerin ist ferner eine Erklärung schuldig geblieben, warum die bei Vertragsschluß bereits beabsichtigte Vermehrung der Wohneinheiten um 9 Dachgeschoßwohnungen und die daraus sich ergebende Verringerung der Miteigentumsanteile nicht als unmißverständlicher Vorbehalt in die Verträge aufgenommen worden sind.

e) Unter diesen Umständen kann nicht festgestellt werden, daß eine derart umfassende Vollmacht und ihr beabsichtigter Gebrauch im Sinne von § 10 Nr. 4 AGBG zumutbar gewesen sind. Weiterer für die Beurteilung der Verbindlichkeit der Vollmacht erforderlicher Feststellungen bedarf es hier aber nicht, weil allein über das Rücktrittsrecht der Klägerin zu befinden ist.

Unter den gegebenen Umständen kann den Beklagten der Widerruf der Vollmacht mit Anfechtung jedenfalls nicht als so schwerwiegende Vertragsverletzung angelastet werden, daß der Klägerin deswegen die Fortsetzung der Vertragsbeziehung nicht mehr zugemutet werden könnte. Die Unklarheiten, die zur Auseinandersetzung der Parteien geführt haben, hat sich die Klägerin vielmehr selbst zuzuschreiben.

Ihr Rücktritt vom Vertrag ist unter keinem der angeführten Gründe gerechtfertigt.

VI.

Nach alledem muß das angefochtene Urteil aufgehoben werden. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO), ist die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge aus §§ 91, 97 ZPO zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Girisch, Recken, Bliesener, Valchshöfer, Quack

 

Fundstellen

Haufe-Index 512637

Nachschlagewerk BGH

DNotZ 1984, 478

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