Entscheidungsstichwort (Thema)

Verletzungen aufgrund eines Verkehrsunfalls

 

Leitsatz (amtlich)

  1. Der Rehabilitationsträger kann wegen der Beiträge, die er für den Rehabilitanden während des Bezugs von Übergangs- bzw. Verletztengeld zur Sozial- und Arbeitslosenversicherung fortzuentrichten hat, Rückgriff bei dem zum Ersatz des Verdienstausfalls verpflichteten Schädiger nehmen, wenn der Rehabilitand im Zeitpunkt der Schädigung in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung pflichtversichert gewesen ist.
  2. § 1542 Abs. 1 RVO ist für Beiträge, die der Sozialversicherungsträger als Rehabilitationsträger zur Arbeitslosenversicherung des Rehabilitanden zu entrichten hat, entsprechend anzuwenden.
 

Normenkette

RVO § 381 Abs. 3a, § 515a Abs. 1, § 1227 Abs. 1 S. 1 Nr. 8a Buchst. c, § 1385 Abs. 4 Buchst. g, § 1542; AFG § 168 Abs. 1a, § 171 Abs. 1a; BGB §§ 842-843; StVG § 11

 

Tenor

Die Sprungrevision des Beklagten gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 9. Juni 1982 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Sprungrevision fallen dem Beklagten zur Last.

 

Tatbestand

Am 28. Februar 1978 wurde der bei der klagenden Berufsgenossenschaft unfallversicherte H. bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Die Klägerin hat den Unfall als Arbeitsunfall anerkannt. Sie hat für H. im Zuge der medizinischen und beruflichen Rehabilitation neben einem Übergangsgeld u.a. Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung erbracht.

Mit ihrer Klage verlangt sie von dem beklagten Haftpflichtversicherer, der unstreitig für die Schadensfolgen aufgrund eines Teilungsabkommens zu 60 vH. aufzukommen hat, aus übergegangenem Recht Erstattung des dem Teilungsabkommen entsprechenden Anteiles an den Krankenversicherungsbeiträgen, zuletzt für die Zeit vom 24. Mai 1978 bis 2. Oktober 1979, und an den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 19. September 1979 bis 12. Juli 1981 von insgesamt 2.222,71 DM. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

Mit seiner Sprungrevision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage.

 

Entscheidungsgründe

Nach Auffassung des Landgerichts kann die klagende Berufsgenossenschaft von dem beklagten Haftpflichtversicherer, weil dieser unstreitig den Verdienstausfallschaden des Verletzten nach dem zwischen den Parteien vereinbarten Teilungsabkommen zu 60 vH. zu ersetzen hat, aus diesem Ersatzanspruch nach § 1542 RVO die Beiträge erstattet verlangen, die sie als Rehabilitationsträger für den Verletzten in die gesetzliche Krankenversicherung und die Arbeitslosenversicherung abzuführen hat (§ 515 a Abs. 1 RVO; § 171 Abs. 1 a AFG).

Der Senat teilt diese Rechtsauffassung.

1.

Von den Beiträgen zur sozialen Kranken- und Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung gehören auch die Arbeitgeberanteile zum Arbeitseinkommen des pflichtversicherten Arbeitnehmers, weil sie ihm die Existenzsicherung verschaffen, die er durch seine Arbeit "verdient". Bei Verletzung des Arbeitnehmers, die - wie hier - seine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat, muß deshalb der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer als Verdienstausfallschaden i.S. der §§ 842, 843 BGB, § 11 StVG grundsätzlich auch für diese Beiträge aufkommen, wenn und soweit die Mitgliedschaft des Verletzten in diesen Versicherungen für diese Zeit durch ihre Fortentrichtung erhalten werden kann und muß.

Das gilt nach gefestigter Rechtsprechung jedenfalls für die Zeit, in der der Arbeitgeber trotz des Arbeitsausfalls des Verletzten das Arbeitsentgelt fortzuzahlen hat (zuletzt Senatsurteil vom 12. April 1983 - VI ZR 126/81 = BGHZ 87, 181 = VersR 1983, 663 m.w.Nachw.) und deshalb die einkommensabhängige Beitragspflicht des Arbeitnehmers in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung bestehen bleibt. In diesen Fällen muß sich der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer daran festhalten lassen, daß die Mitgliedschaft des Verletzten in diesen Versicherungen, für deren Erhaltung der Ersatzpflichtige aufzukommen hat, nach deren Vorsorgesystem nur auf diesem Weg aufrecht erhalten werden kann. Der Ersatzpflichtige kann nicht einwenden, daß die Versicherungsbeiträge dem pflichtversicherten Verletzten in einem späteren Versicherungsfall nicht oder nicht voll zugute kommen werden, etwa weil in der Rentenversicherung die für den Bezug von Rente und Altersruhegeld vorausgesetzten Wartezeiten schon erfüllt sind und Halbbelegung, die nach Maßgabe von § 1259 Abs. 3 RVO zur Anrechnung von beitragslosen Ausfallzeiten führt, gesichert ist; oder daß bei Hinwegdenken der Lohnfortzahlung die Mitgliedschaft des Verletzten in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Beitragszahlung erhalten bleibt; oder daß ein nichtversicherungspflichtiger Arbeitnehmer die Zeit des Arbeitsausfalls hinsichtlich der Existenzvorsorge auf billigere Weise überbrücken kann. Insoweit muß auch für die schadensrechtliche Beurteilung grundsätzlich die Einbindung des pflichtversicherten Arbeitnehmers in das System der Sozialvorsorge maßgebend sein. Der Ausgleichszweck der Ersatzpflicht, die das Schadensereignis in seinen nachteiligen Auswirkungen auf den Arbeitsverdienst und die mit ihm gekoppelte Teilhabe an der Sozialvorsorge ungeschehen machen soll, wäre nicht voll erreicht, wenn den Ersatzpflichtigen Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte entlasten könnten, auf die sich der Verletzte und sein zu den Beiträgen beisteuernder Arbeitgeber gegenüber dem Versicherungsträger nicht berufen können. Insoweit schlägt die sozialrechtliche Beitragsregelung zulasten des Ersatzpflichtigen durch, wie sie ihn andererseits in den Fällen begünstigt, in denen sie dem Verletzten, weil er für die Zeit, in der er verletzungsbedingt zu einem niedrigeren Arbeitsverdienst weiterbeschäftigt wird, die Teilhabe an der Sozialvorsorge zu niedrigeren Beitragssätzen verschafft (Senatsurteil vom 12. April 1983 = aaO). Für schadensrechtliche Überlegungen, ob eine Überbrückung der Ausfallzeit durch Beitragszahlungen in die Sozialversicherung wirtschaftlich erscheint, ist grundsätzlich nur dort Raum, wo es gilt, verletzungsbedingte Verkürzungen des Versicherungsschutzes aufzufangen, die dem Verletzten trotz der ihm erhaltenen Mitgliedschaft in der Versicherung drohen. In diesen Fällen geht es um den Ausgleich eines Fortkommensschadens, der die Heranziehung des Schädigers zu den Pflichtbeiträgen, die für die Erhaltung der Mitgliedschaft des Verletzten in der Sozialversicherung als solcher erforderlich sind, durch Bereitstellen von Mitteln für eine freiwillige Weiterversicherung zur Verbesserung des Versicherungsschutzes ergänzt (BGHZ 69, 347; Senatsurteil vom 12. April 1983 = a.a.O. m.w.Nachw.). Solche Ersatzansprüche, die im übrigen der Sozialversicherungsträger nach der hier maßgebenden Rechtslage vor Inkrafttreten des § 119 SGB X schon mangels Kongruenz für einen Rückgriff nicht in Anspruch nehmen kann (Senatsurteil vom 24. Februar 1981 - VI ZR 154/79 = VersR 1981, 477, 478), sind nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.

2.

Der Grundsatz, daß der Schädiger die für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit des Verletzten zu entrichtenden Pflichtbeiträge zur Sozial- und Arbeitslosenversicherung ersetzen muß, greift nicht nur in den genannten Fällen der Lohnfortzahlung ein, für die die Rechtsprechung ihn entwickelt hat. Er gilt nicht anders, wenn und soweit die Ausfallzeit nach der sozialrechtlichen Regelung beitragspflichtig bleibt, weil der Verletzte als Rehabilitand von dem Träger der Rehabilitation zur Überbrückung seiner Verdiensteinbußen Barleistungen erhält ( zustimmend: Geigel/Schlegelmilch, Der Haftpflichtprozeß, 18. Aufl. Kap. 30 Rdnr. 4 ff, 8, 10; Klimke DAR 1977, 94; Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl. § 1542 Anm. 15 a.E.; Schloen/Steinfeltz, BG 1976, 29 ff; H. Wussow WI 1981, 89; ablehnend: Wenke VersR 1981, 418 ff).

Auch in diesen Fällen geht es darum, dem Verletzten die Mitgliedschaft in der Pflichtversicherung zu erhalten, für die der Schädiger, weil sie durch die verletzungsbedingte Einbuße der Arbeitskraft des Arbeitnehmers gestört worden ist, zum Ausgleich des Verdienstausfallschadens die Mittel zur Verfügung stellen muß. Bezieht, wie hier, der Verletzte infolge eines Arbeitsunfalls als Rehabilitand von der Berufsgenossenschaft nach Maßgabe der §§ 560 ff RVO Übergangsgeld (das seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung - Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz - AFKG - vom 22. Dezember 1981 - BGBl I 1497 - ab 1. Januar 1982 in Fällen medizinischer Rehabilitation als sogen. Verletztengeld gewährt wird), dann ist - unter den hier erfüllten zeitlichen Voraussetzungen der §§ 381 Abs. 3 a RVO, 168 Abs. 1 a AFG (für die Rentenversicherung vgl. § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 a Buchst. c RVO) - die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie (in Fällen der beruflichen Rehabilitation) in der Arbeitslosenversicherung nur durch Zahlung von Beiträgen aufrecht zu erhalten.

Diese sozialrechtliche Regelung muß auch der schadensrechtlichen Betrachtung zugrunde gelegt werden. Sie kann sich nicht an Regelungen orientieren, die für das Versichertenverhältnis des Verletzten nicht gelten, weil er als Rehabilitand einen Sonderstatus hat; anders wäre sein Schaden nicht zureichend ausgeglichen. Deshalb kann der Ersatzpflichtige ihm nicht entgegenhalten, die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung bleibe nach der allgemeinen Regelung auch einem arbeitsunfähigen Pflichtversicherten nach Beendigung der Lohnfortzahlung beitragsfrei erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht (§§ 311 Satz 1 Nr. 2, 383 RVO). Unter diesen Voraussetzungen, die allerdings auch den Schädiger von Beitragszahlungen freistellen würden (Senatsurteile vom 21. Oktober 1969 - VI ZR 67/68 = VersR 1970, 40 und vom 24. Februar 1981 = a.a.O.), kann der Rehabilitand ab der 7. Woche eines (nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts = BSGE 51, 100, 101; BSG Urteil vom 2. Februar 1978 - 12 RK 17/76 = SozR 2200 RVO § 381 Nr. 24: tatsächlichen) Bezugs von Übergangsgeld (bzw. seit dem 1. Januar 1982: von Verletztengeld) zur medizinischen Rehabilitation seine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht fortsetzen. Das Gesetz nimmt ihn insoweit von der Beitragsfreiheit aus (§§ 381 Abs. 3 a, 383, 385 Abs. 3 a, 515 a Abs. 1 RVO).

Ebensowenig kann der Schädiger einwenden, arbeitsunfähige Pflichtversicherte seien nach Beendigung der Lohnfortzahlung in der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter von Beiträgen befreit (§ 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVO) und durch die Vorschriften über die Halbbelegung gegen eine Verkürzung von Versicherungsleistungen geschützt. Als beitragsfreie Ausfallzeit erkennt das Gesetz die Zeit eines Bezugs von Übergangsgeld (bzw. Verletztengeld) für die medizinische oder berufliche Rehabilitation nach Maßgabe von § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 a Buchst. c, § 1385 Abs. 4 Buchst. g RVO gerade nicht an.

Entsprechendes gilt für die Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung bei Bezug von Übergangsgeld zur beruflichen Rehabilitation (§§ 168 Abs. 1 a, 171 Abs. 1 a AFG).

Für all diese Fälle bedarf es der Beitragszahlung, um dem Verletzten versicherungsmäßig die Stellung, die er im Zeitpunkt des Unfalls als Arbeitnehmer innegehabt hat, zu erhalten. Daran muß sich auch der Ersatzpflichtige, nicht anders als in den Fällen der Lohnfortzahlung, festhalten lassen.

a)

Freilich knüpft die Beitragspflicht für die Rehabilitanden nicht daran an, daß dem Verletzten als Arbeitnehmer Verdienst (fort)gezahlt wird; vielmehr steht sie in sachlichem Zusammenhang mit den Rehabilitationsmaßnahmen, die ihm hier die Berufsgenossenschaft als Träger der durch den Arbeitsunfall ausgelösten medizinischen oder beruflichen Rehabilitation zu gewähren hat. Das Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) vom 7. August 1974 - BGBl I 1881 -, durch das die Aufgaben der sozialen Leistungsträger zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation neu geordnet worden sind, hat die Beitragspflicht zum Schutz des Rehabilitanden eingeführt, um ihn, soweit sie reicht, versicherungsmäßig einem nicht behinderten Versicherten gleichzustellen (vgl. Senatsurteil vom 1. April 1980 - VI ZR 36/79 = VersR 1981, 427, 428 m.w.N.; BSGE 51, 100, 101; BSG Urteile vom 30. November 1977 - 12 RK 28/76 = SozR 2200 RVO § 1227 Nr. 7 und vom 14. September 1978 - 12 RK 28/77 = SozR 2200 RVO § 381 Nr. 29). Dabei ist es gesetzessystematisch von dem allgemeinen Grundsatz der Sozial- und Arbeitslosenversicherung ausgegangen, nach dem der Versicherungspflicht (bzw. in der Krankenversicherung der Mitgliedschaft) die Beitragspflicht folgt (BSGE 51, 100, 101; BSG Urteil vom 14. September 1978 = aaO). Jedoch sollte die Gleichstellung nicht zur Folge haben, daß der Rehabilitand selbst mit den Beiträgen belastet wird. Diese sind in vollem Umfang von dem Träger der Rehabilitation als ergänzende Rehabilitationsleistung (§ 12 Nr. 2 RehaAnglG) zu erbringen. Dieser Grundsatz ist von den einschneidenden Änderungen, die das Rehabilitationsangleichungsgesetz zulasten des Rehabilitanden durch das Zwanzigste Rentenanpassungsgesetz vom 27. Juni 1977 - BGBl I 1040 -, das Zweite Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur vom 22. Dezember 1981 - BGBl I 1523 - und das Haushaltbegleitgesetz vom 20. Dezember 1982 - BGBl I 1857 - inzwischen erfahren hat, nicht berührt worden.

b)

Unter diesem Gesichtspunkt erscheint deshalb die hier infrage stehende Beitragspflicht selbst als eine Sozialleistung des Rehabilitationsträgers. Das steht aber der Ersatzpflicht des Beklagten für die Beiträge nicht entgegen.

Allerdings hat der erkennende Senat wiederholt darauf hingewiesen, daß Gegenstand der Ersatzpflicht nur der Schaden des Verletzten ist und sie nicht durch die Aufwendungen, die der soziale Leistungsträger auf den Schadensfall erbringt, erweitert wird. Der Sozialversicherungsträger kann den Ersatzpflichtigen nicht auf Ersatz des eigenen "Schadens" in Gestalt seiner durch den Versicherungsfall ausgelösten, vom Gesetzgeber angeordneten Leistungsverpflichtungen in Anspruch nehmen, sondern deren Erstattung nur insoweit verlangen, als sie auf einen Schaden des Versicherten zu erbringen sind (Senatsurteile vom 4. Juli 1978 - VI ZR 11/77 = VersR 1978, 861, 862; vom 1. April 1980 = a.a.O. und vom 24. Februar 1981 = a.a.O.).

Um einen ausschließlich eigenen "Schaden" der klagenden Berufsgenossenschaft in diesem Sinne würde es gehen, wenn ihre Heranziehung zu den Beiträgen für den Rehabilitanden inhaltlich als Ausfluß eines die Stellung des Versicherten selbst unbeeinflußt lassenden internen Lastenausgleichs zwischen den sozialen Leistungsträgern aufzufassen wäre, durch den der Rehabilitationsträger in Ansehung des Rehabilitanden finanziell an den Aufgaben und Lasten der Träger der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung beteiligt wird (vgl. dazu Senatsurteil vom 4. Juli 1978 - VI ZR 11/77 = a.a.O.). Als bloßer Lastenausgleich unter den Versicherungsträgern ist aber die Beitragspflicht nicht ausgestaltet. Sie ist echte Beitragsregelung, die als solche auch inhaltlich das Versicherungsverhältnis des Rehabilitanden zum Gegenstand hat; nur über dieses wird der Rehabilitationsträger - nicht anders als der Arbeitgeber im Fall der Lohnfortzahlung - zu dem Finanzierungsaufwand der Versicherungsträger herangezogen. Nach der gesetzlichen Regelung hat der Rehabilitationsträger nicht Lasten anderer sozialer Leistungsträger, sondern die Beitragspflicht des Rehabilitanden zu übernehmen. Dieser, nicht der Rehabilitationsträger, ist der von der Beitragspflicht zunächst Betroffene; der Rehabilitationsträger erfüllt sie für ihn, weil und soweit der Rehabilitand Übergangsgeld (bzw. Verletztengeld) bezieht und die Zeit dieses Bezugs beitragspflichtig ist. Insoweit tritt der Rehabilitationsträger deshalb den sozialen Leistungsträgern auf der Seite des Rehabilitanden zur Ablösung der durch den Bezug des Übergangsgeldes (bzw. Verletztengeldes) ausgelösten Beitragspflichten gegenüber, ebenso wie der Arbeitgeber, der sich an den Beiträgen seines pflichtversicherten Arbeitnehmers zu beteiligen hat (vgl. BSGE 51, 100, 101; BSG Urteile vom 14. September 1978 = a.a.O. und vom 13. Mai 1980 - 12 RK 27/78 = SozR 2200 RVO § 381 Nr. 39). Auch das entspricht dem Gesetzeszweck, den Rehabilitanden während des Bezugs von Übergangsgeld versicherungsmäßig so zu stellen, wie er ohne die Behinderung stehen würde.

Schadensrechtlich bedeutet das: Die klagende Berufsgenossenschaft löst mit den Beiträgen keine Lasten der Träger der Sozial- und Arbeitslosenversicherung, sondern Beiträge des Rehabilitanden ab, die für die Zeit des Bezugs von Übergangsgeld zur Aufrechterhaltung seines Versicherungsschutzes in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung nötig sind. Es sind Leistungen, die auf den Schaden des Rehabilitanden erbracht werden, dessen verletzungsbedingte Störung seines Versicherungsverhältnisses sie auffangen sollen. Insoweit unterscheiden sie sich von den Fällen, in denen der Rehabilitationsträger Beiträge für einen Rehabilitanden zu zahlen hat, der im Zeitpunkt der Schädigung nicht in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung versichert war und für den das Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen gleichwohl die beitragspflichtige Übernahme in die Sozial- und Arbeitslosenversicherung anordnet (§ 165 Abs. 1 Nr. 4 RVO in die gesetzliche Krankenversicherung bei beruflicher Rehabilitation; § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 a Buchst. c RVO in die Rentenversicherung der Arbeiter; § 168 Abs. 1 a AFG in die Arbeitslosenversicherung bei beruflicher Rehabilitation). Hier dienen die Beiträge nicht dazu, dem Rehabilitanden den Status in der gesetzlichen Sozialversorgung zu erhalten, sondern sie verschaffen ihm einen zusätzlichen Existenzschutz. Für diese zusätzliche Sozialvorsorge braucht der Schädiger nicht aufzukommen; er erfüllt seine Ersatzpflicht dadurch, daß er dem Geschädigten den Ausfall seines Verdienstes zahlt, aus dem der Verletzte - wie bisher - seine "private" Existenzvorsorge bestreiten kann. Deshalb hat der erkennende Senat dem Rehabilitationsträger einen Anspruch auf Beitragserstattung in diesen Fällen versagt (Senatsurteil vom 1. April 1980 = a.a.O.). Im Streitfall geht es dagegen - schadensrechtlich gesehen - nicht um eine Zusatzversicherung des Verletzten, sondern um die Erhaltung seiner Mitgliedschaft in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung, wie sie für ihn im Augenblick des Schadensereignisses bestanden hat. Hier besteht kein Grund, den Ersatzpflichtigen, der mit dem Ausgleich der Verdiensteinbußen des Verletzten dessen Status in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung zu erhalten hat, von den dafür notwendigen Beiträgen freizustellen; ebensowenig wie ihn die Zahlung der Arbeitgeberanteile während der Lohnfortzahlung entlasten kann. Hier erscheinen die Beitragszahlungen des Rehabilitationsträgers als zusätzliche Aufwendungen nur, wenn der Rehabilitand mit denjenigen Pflichtversicherten verglichen wird, die der Gesetzgeber während ihrer Arbeitsunfähigkeit beitragsfrei läßt. Eine Gleichbehandlung des Rehabilitanden im Schadensinteresse mit beitragsfreien Pflichtversicherten kann der Ersatzpflichtige aber nicht verlangen. Er muß sich an der Entscheidung des Gesetzgebers festhalten lassen, nach der die in Frage stehenden Ausfallzeiten beitragspflichtig sind.

c)

Der Ersatzpflicht des Beklagten stehen auch nicht Erwägungen entgegen, die den erkennenden Senat in seiner Entscheidung vom 20. Dezember 1977 (VI ZR 110/76 = VersR 1978, 323) veranlaßt haben, für die Erstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung der Rentner Grenzen zu ziehen. Dort ging es um eine Bereinigung des Vorsorgeaufwands von denjenigen Beitragsanteilen, die mit dem Aufwand für den Versicherungsschutz der betroffenen Hinterbliebenen nicht in einem schadensrechtlich beachtlichen Zusammenhang stehen, weil sie der Finanzierung von anderen Aufgaben der Sozialversicherungsträger zugeführt werden. Davon kann bei Beiträgen, die - wie hier - nicht über diejenigen hinausgehen, die für den Verletzten in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung ohne das Schadensereignis zu erbringen wären, keine Rede sein.

3.

Umfaßt demnach der Schadensersatzanspruch des Verletzten im Streitfall die Versicherungsbeiträge, die für ihn als Rehabilitand in die gesetzliche Krankenversicherung zu erbringen sind, so kann die klagende Berufsgenossenschaft den beklagten Haftpflichtversicherer nach § 1542 RVO aus übergegangenem Recht auf Erstattung dieser Leistungen in Anspruch nehmen (vgl. § 119 SGB X für Schadensfälle seit dem 1. Juli 1983).

Entsprechendes muß auch für die Beiträge gelten, die die Klägerin für die Arbeitslosenversicherung des Verletzten zu erbringen hat. Zwar beschränkt § 1542 RVO seinem Wortlaut nach den Forderungsübergang auf Leistungen nach der Reichsversicherungsordnung; gesetzliche Grundlage für die Beitragspflicht des Rehabilitationsträgers ist nicht diese, sondern das Rehabilitationsangleichungs- und das Arbeitsförderungsgesetz. Indes ist davon auszugehen, daß die unterbliebene Anpassung des § 1542 RVO an die durch das Rehabilitationsangleichungsgesetz geschaffene neue Rechtslage nur auf einem redaktionellen Versehen des Gesetzgebers beruht. Der Zweck des § 1542 RVO, der - wie der im wesentlichen gleichlautende § 127 Satz 1 AFG für Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit nach dem Arbeitsförderungsgesetz - eine Entlastung des Schädigers durch die Leistungen des Sozialversicherungsträgers vermeiden soll, trifft auch für diese Leistungen zu. Im weiteren Sinn können auch die Leistungen, die ein Sozialversicherungsträger als Rehabilitationsträger in die Arbeitslosenversicherung zu erbringen hat, als Leistungen des Sozialversicherungsträgers i.S. von § 1542 RVO angesehen werden. Die Vorschrift erfaßt nach ihrem Sinn auch diese Beitragspflicht.

4.

Da das angefochtene Urteil auch sonst keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beklagten enthält, war seine Sprungrevision zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Dr. Hiddemann

Scheffen

Dr. Steffen

Dr. Kullmann

Dr. Ankermann

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456163

BGHZ, 14

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