Leitsatz (amtlich)

a) Die von den Rentenversicherungsträgern gezahlten Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner gehören nicht zu den pauschalierungsfähigen Aufwendungen im Sinne von §§ 1542 Abs. 2, 1524 Abs. 1 Satz 2–4.

b) Macht der Rentenversicherungsträger die Ersatzansprüche der Witwen und Waisen wegen Verlustes ihres Krankenversicherungsschutzes in Höhe der von ihm an die Krankenkasse abzuführenden Beiträge der Krankenversicherung der Rentner geltend, so müssen diese um die durch den pauschalen Lastenausgleich zwischen ihm und den Krankenkassen bedingten Anteile bereinigt werden.

 

Normenkette

RVO §§ 1542, 1524, 385 Abs. 2 Nr. 1, § 393a

 

Verfahrensgang

OLG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 14.04.1976)

LG Oldenburg

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 14. April 1976 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der bei der klagenden Landesversicherungsanstalt (LVA) versicherte Arbeiter Adolf A. wurde bei einem Verkehrsunfall am 22. Januar 1972 tödlich verletzt. Die Beklagte ist der Haftpflichtversicherer des Kraftfahrers, der A. anfuhr. Sie braucht aufgrund eines mit der Klägerin abgeschlossenen Teilungsabkommens dieser nur 60 % ihrer Leistungen zu ersetzen, jedoch „höchstens bis zur Höhe des in der Person des Leistungsempfängers der LVA liegenden zivilrechtlich übergangsfähigen Schadens”.

Die Klägerin hat gemäß § 361 Abs. 2 RVO für die Witwe des Getöteten bis zu deren Wiederverheiratung Beiträge für die Krankenversicherung der Rentner (im folgenden: KVdR-Beiträge) gezahlt und erbringt jetzt noch entsprechende Leistungen für jedes der sieben Kinder des Getöteten, die beim Tode ihres Vaters im Alter von 1 bis 10 Jahren waren, nach der letzten Berechnung im April 1973 je Kind monatlich 142,13 DM. Sie verlangt von der Beklagten von den bis zum 30. April 1973 insgesamt gezahlten 30.147,13 DM eine Quote von 18.088,23 DM nebst Zinsen; außerdem begehrt sie die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr 60 % aller weiteren von ihr aufgrund des Unfalles an die Kinder des Getöteten in Zukunft zu zahlenden KVdR-Beiträge zu erstatten.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es dürfe nicht zu Lasten des Schädigers gehen, wenn aufgrund des § 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO für die Hinterbliebenen nach dem Tode des Unterhaltspflichtigen die Sozialversicherung eingreife, die ganz erheblich teurer sei als eine private Krankenkasse.

Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hält die Beklagte gemäß § 1542 RVO für verpflichtet, der Klägerin sämtliche von ihr für die Hinterbliebenen des Verunglückten geleisteten Beiträge zur KVdR zu ersetzen, wenn auch gemäß dem Teilungsabkommen nur in Höhe von 60 %. Es meint, seit den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 14. November 1958 (VI ZR 237/57 – VersR 1959, 51) und vom 26. Mai 1964 (VI ZR 52/63 = VersR 1964, 846) sei klargestellt, daß auch die Beiträge zur KVdR, welche die Rentenversicherungsträger nach Nr. 5 des § 1235 RVO zu erbringen haben, zu den übergangsfähigen Leistungen i.S. des § 1542 RVO gehörten. Die Erstattungspflicht beschränke sich nicht auf die Kosten, die für eine private Krankenversicherung aufzubringen wären, sondern umfasse alle von der Klägerin zu leistenden Beiträge ohne Rücksicht darauf, daß der Beitragsberechnung gemäß § 385 Abs. 2 RVO ein in bestimmten Zeitabschnitten neu zu ermittelnder „durchschnittlicher Grundlohn” der Rentner zugrundeliege. Dies will das Berufungsgericht daraus folgern, daß die Beitragszahlungen der Rentenversicherungsträger zur Krankenversicherung zu den pauschalierungsfähigen Aufwendungen zu zählen seien, auf die §§ 1542 Abs. 2, 1524 Abs. 1 Satz 2–4 RVO Anwendung findet. Gegenüber dem Erstattungsanspruch des Rentenversicherungsträgers könne nicht eingewendet werden, die Beträge, die er gemäß § 381 Abs. 2 RVO zu zahlen habe, seien im Verhältnis zu dem Versicherungsschutz, den die Hinterbliebenen benötigten und erhielten, deshalb übermäßig hoch, weil dieser über eine private Krankenversicherung weitaus billiger beschafft werden könne.

II.

Diese Entscheidung des Berufungsgerichts kann nicht bestehen bleiben.

1. Der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist allerdings rechtlich einwandfrei.

a) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, daß seit dem Urteil des Senats vom 14. November 1958 (VI ZR 237/57 = a.a.O.,) bezüglich der von den Rentenversicherungsträgern geleisteten KVdR-Beiträge ein Forderungsübergang gemäß § 1542 RVO allgemein anerkannt ist (vgl. z.B. Aye, Brockhoff u.a., RVO-Gesamtkommentar, § 1542 Anm. 8 c; Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 12. Aufl., Rdnr. 1420; Gunkel/Hebmüller, Die Ersatzansprüche nach der RVO, 3. Aufl., Bd. I S. 138; Seitz, Die Ersatzansprüche der Sozialversicherungsträger nach §§ 640 und 1542 RVO, 2. Aufl., S. 161; Geigel, Der Haftpflichtprozeß, 16. Aufl., Kap. 30, Rdnr. 3 u. 4.; Vollmar, VersR 1959, 687; Heyn, VersR 1960, 105; Degner, SozVers 1960, 49; 1962, 232; 1967, 133; Stein, VersR 1961, 9; Dithmar, SozVers 1961, 196; vgl. auch Senatsurteil vom 8. März 1966, – VI ZR 231/64 – VersR 1966, 487, 488 = FamRZ 1966, 303). Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 8. November 1960 (VI ZR 183/59 = VersR 1960, 1122) auch ausdrücklich bezüglich der für Hinterbliebene gezahlten KVdR-Beiträge bejaht und dabei eingehend begründet, daß diese Beiträge mit dem Ersatzanspruch der Hinterbliebenen wegen entzogenen Unterhalts (§§ 1360 bzw. 1601, 1610 BGB) kongruent sind (vgl. auch OLG Hamburg, VersR 1967, 887, 888). Auch die Revision wendet sich hiergegen nicht.

b) Wegen der Höhe des Erstattungsanspruches nimmt das Berufungsgericht mit Recht Bezug auf das Senatsurteil vom 26. Mai 1964 (VI ZR 52/63 = VersR 1964, 846). Hierin hat der Senat die von der damaligen Revision und zuvor teilweise im Schrifttum (Hüskes, VersR 1937, 698, 699; Stein a.a.O.; ähnl. auch Tümmler, VersR 1958, 143 und Vollmar, a.a.O.,) vertretene Auffassung abgelehnt, die LVA könne nur insoweit die von ihr an die Krankenkassen geleisteten Beiträge über § 1542 RVO vom Schädiger beanspruchen, als der getötete Versicherte selbst (bzw. er und sein Arbeitgeber) Beiträge zu leisten hatte (so auch schon Loesdau, VersR 1961, 202 und Degner, SozVers 1960, 49, 50). Außerdem hat dieses Urteil hervorgehoben, es sei im Falle der Tötung eines Sozialversicherten durchaus möglich, daß der Regreßanspruch der LVA bei einer großen Zahl von Hinterbliebenen (die nicht, mehr gemäß § 205 RVO kostenlos mitversichert sind, sondern sämtlich einzeln versichert werden müssen) bei weitem den Betrag übersteige, den der Getötete zu zahlen hätte. Entscheidend sei nämlich, daß der Schädiger gemäß § 249 BGB denselben Versicherungsschutz zu gewährleisten habe, den der Getötete aufgrund seiner Unterhaltspflicht seinen Angehörigen zu beschaffen verpflichtet war. An dieser Von der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte bestätigten und, soweit ersichtlich, auch im Schrifttum nicht mehr bestrittenen Auffassung hält der Senat fest (vgl. OLG Celle, VersR 1964, 345, 347; OLG Karlsruhe, VersR 1967, 1051; OLG Schleswig, VersR 1970, 1114).

Daraus ergibt sich bereits, daß die Revision nicht mit ihrer Ansicht durchdringen kann, die Klägerin habe nur insoweit Anspruch auf Erstattung der von ihr geleisteten KVdR-Beiträge, als die Witwe und die Kinder bei nichtbestehender KVdR Krankenversicherungsbeiträge an eine gleichwertige private Krankenversicherung zahlen mußten (so noch Loesdau, VersR 1961, 202, zweifelnd aber bereits in VersR 1961, 679, 680). Sie verkennt dabei, daß die Hinterbliebenen – wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt – einen Anspruch auf gesetzlichen Krankenversicherungsschutz haben. Außerdem ist der Versicherungsschutz in einer privaten Krankenversicherung schon deswegen demjenigen in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gleichwertig, weil der dort Versicherte selbst bei Vereinbarung einer 100 %igen Kostendeckung allein der Vertragspartner der ihn behandelnden Ärzte, des Krankenhauses und der Apotheken mit all seinen Nachteilen einschließlich der Vorleistungspflicht ist. Daran ändert es nichts, wenn er nach dem Vertrag berechtigt ist, seiner Kasse auch unbezahlte Arzt- und Krankenhausrechnungen zur Erstattung vorzulegen. Bereits dies ist ein so wesentlicher Unterschied zwischen beiden Versicherungsarten, die es für den Geschädigten nicht zumutbar erscheinen läßt, ihn auf eine Privatversicherung zu verweisen (vgl. Degner, SozVers 1967, 133, 134 f).

2. Der Senat vermag dem Berufungsgericht jedoch nicht darin zu folgen, daß die Beklagte auf jeden Fall verpflichtet ist, der Klägerin die von ihr für die Witwe und die Kinder des Getöteten gezahlten KVdR-Beiträge in voller Höhe zu ersetzen.

a) Die Revision weist zunächst mit Recht darauf hin, daß das Berufungsgericht einem Rechtsirrtum unterliegt, wenn es meint, der Klageanspruch ergebe sich schon daraus, daß die KVdR-Beiträge der Rentenversicherungsträger zu den pauschalierungsfähigen Aufwendungen zu zählen seien, auf die die Bestimmungen der §§ 1542 Abs. 2, 1524 Abs. 1 Satz 2–4 RVO Anwendung fänden. Zwar sind die von den Trägern der Rentenversicherung zu zahlenden KVdR-Beiträge pauschaliert; sie werden nicht nach dem jeweils zu versichernden Risiko bemessen. Bis zum Inkrafttreten des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes vom 27. Juni 1977 (BGBl I S. 1069) wurden sie gemäß §§ 385 Abs. 2 Nr. 1, 393 a RVO für die Orts-, Betriebs-, Innungskrankenkassen und die Seekrankenkasse unter Zugrundelegung des in bestimmten Zeitabständen neu zu ermittelnden durchschnittlichen Grundlohnes der krankenversicherungspflichtigen Mitglieder aller dieser Kassen für den Bereich eines Landes errechnet. Ab 1. Juli 1977 belaufen sie sich auf 11,7 % der Rentenbeträge, vermindert um die Summe der Beitragszuschüsse (§ 365 Abs. 2 RVO n.F.). Die vom Berufungsgericht in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Senatsurteile vom 21. Januar 1958 – VI ZR 295/56 = VersR 1958, 153 = NJW 1958, 462 und vom 8. Februar 1966 – VI ZR 200/64 = VersR 1966, 336 = NJW 1966, 1164) und die weiteren Rechtsprechungs- und Schrifttumszitate (OLG Schleswig VersR 1970, 1114 und Wussow, a.a.O. Rdnr. 1479) liefern aber für eine Anwendung der §§ 1542 Abs. 2, 1524 RVO auf diese Beiträge keine Stütze. Die in § 1542 Abs. 2 RVO enthaltene Regelung bezieht sich, ebenso wie die vom Berufungsgericht erwähnten Senatsurteile nur auf die Pauschalierung entstandener Aufwendungen zur Heilung oder Erkennung bereits eingetretener Krankheiten (einschl. der Vorsorgeuntersuchungen) bzw. auf Pflegekosten, deren genaue Berechnung im Einzelfall große Schwierigkeiten bereiten kann, nicht aber auf die reinen Vorsorgeaufwendungen für Krankenkassenbeiträge, die von vornherein beziffert sind. Die Ausnahmevorschrift des § 1524 RVO kann auch nicht analog für die hier in Rede stehenden Beitragszahlungen der Klägerin zur KVdR angewendet werden.

b) Auch mit anderer rechtlicher Begründung läßt sich der Regreßanspruch der Klägerin nicht in voller Höhe der von ihr geleisteten KVdR-Beiträge rechtfertigen.

aa) Allein daraus, daß der Schädiger (entsprechend der von ihm zu ersetzenden Schadensquote) den Hinterbliebenen denselben Versicherungsschutz wie vor dem Tod ihres Ernährers zu ermöglichen hat, folgt noch nicht, daß er (anteilig) die von dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger geleisteten KVdR-Beiträge in deren voller Höhe zu erstatten hat. Für die Höhe des von ihm geschuldeten Ersatzbetrages kommt es nicht kurzerhand auf diese Leistung und die damit dem Rentenversicherungsträger entstandenen Lasten an. Dessen Leistungen haben nur insofern Bedeutung, als bis zu ihrer Höhe der entstandene Schaden der Unfallgeschädigten vom Rechtsübergang erfaßt wird. Sie stellen, wie immer bei der Legalzession des § 1542 RVO, die äußerste Grenze der Schadensersatzverpflichtung des Schädigers dar. Wenn der Senat in seinem Urteil vom 26. Mai 1964 (VI ZR 52/63 = a.a.O.) ausgeführt hat, der Umfang des gemäß § 1542 RVO auf den Rentenversicherungsträger übergegangenen Ersatzanspruches der Hinterbliebenen aus § 844 Abs. 2 BGB sei unabhängig von der Höhe der von dem Getöteten und seinem Arbeitgeber entrichteten Krankenversicherungsbeiträge, so hat er damit deutlich gemacht, daß es allein auf den durch den Schadensfall entstandenen wirtschaftlichen Schaden der Hinterbliebenen ankommt. Die von der klagenden LVA gezahlten KVdR-Beiträge entsprechen aber nicht dem Schaden, den die Witwe bzw. die Kinder des Versicherten durch den Tod ihres Ehemannes bzw. Vaters in ihrem Sozialversicherungsschutz erlitten haben. Die Höhe der Beiträge zur KVdR wurde vielmehr, jedenfalls soweit die Klägerin Zahlung verlangt, unabhängig von dem tatsächlichen Wert, den der Verlust der Hinterbliebenen an Versicherungsschutz hat, im wesentlichen nur aufgrund der besonderen Gegebenheiten des Sozialversicherungsrechtes vom Gesetzgeber bestimmt. Dies ergibt sich schon daraus, daß für den einzelnen Rentner entgegen dem allgemeinen Finanzierungsprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung (Abs. 1 des § 385 RVO) der KVdR-Beitrag nicht aufgrund seines individuellen Renteneinkommens berechnet wurde und daß die Beiträge des § 385 Abs. 3 RVO seitheriger Fassung auch nicht dem durchschnittlichen Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung entsprachen. Vielmehr waren sie für alle Rentner, ohne Rücksicht darauf, ob sie Altersrentner mit hohem Krankheitsrisiko oder bloß Waisenrentner waren, und ohne Rücksicht auf die Höhe der Rente gleich hoch zu bemessen. Der an eine bestimmte Krankenkasse zu entrichtende Beitrag erhöhte sich gemäß § 385 Abs. 3 RVO seitheriger Fassung sogar dann, wenn bei ihr überdurchschnittlich viel Rentner versichert waren. Dadurch sollten diese Krankenkassen im Verhältnis zu anderen entlastet werden (vgl. Rauschenbach/Laufer, Der Rentner und seine Krankenversicherung, 4. Aufl. S. 56). Darüber hinaus werden nun gemäß Art. 2 § 13 des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes für die Jahre 1971 bis 1977 nicht mehr, wie in § 393 a Abs. 1 RVO seitheriger Fassung vorgesehen, KVdR-Beitragsbemessungsverordnungen erlassen, weil anderenfalls die Träger der Krankenversicherung rd. 17,4 Milliarden DM an die Träger der Rentenversicherung erstatten müßten, was ihnen aber wegen der befürchteten Störung ihrer Finanzgrundlage nicht zugemutet wird (vgl. BT-Drucks 8/166 v. 11. März 1977 S. 22). Das alles zeigt, daß die Beitragsbemessung in der KVdR keinen brauchbaren Anhaltspunkt für die wirklichen Kosten des Sozialversicherungsschutzes in einem bestimmten Renten- und damit Schadensfall geben kann, da es sich bei ihr in Wahrheit ihrem Wesen nach um die Zuteilung und den pauschalen Ausgleich von Lasten handelt, die den einzelnen Sozialversicherungsträgern mit der Zuweisung dieser öffentlichen Aufgabe der Krankenversicherung der Rentner entstehen (vgl. BGHZ 24, 302 ff).

bb) Die vom Gesetz angeordnete einheitliche pauschale Beitragsbemessung ohne Rücksicht darauf, ob es sich um einen Altersrentner oder einen Bezieher einer vielleicht nur sehr geringen Waisenrente handelt, hat daher zunächst nur Auswirkungen auf die öffentlich-rechtlichen Leistungen der Rentenversicherungsträger.

Zum Zwecke der Bestimmung des den Hinterbliebenen entstandenen Schadens müssen diese Beiträge „individualisiert” werden. Das kann nur dadurch geschehen, daß sie um alle nur durch den pauschalen Lastenausgleich zwischen den Sozialversicherungsträgern bedingten – also fremdbestimmten – Anteile ermäßigt (unter Umständen – etwa bei Witwen mit sehr hoher Rente – auch erhöht) und damit bereinigt werden.

Die Höhe des Schadens der Hinterbliebenen ist vom Tatrichter nach § 287 ZPO zu schätzen. Bei der Bemessung dieses Schadens wird er vor allem in Betracht zu ziehen haben, was die Hinterbliebenen selbst als Beitrag zahlen müßten, wenn sie die Möglichkeit hätten, durch eigenen Beitritt zur sozialen Krankenversicherung denselben Versicherungsschutz zu erlangen. Einen brauchbaren Anhaltspunkt dafür kann es darstellen, was andere Personen, denen die Möglichkeit eingeräumt war, freiwillig einer gesetzlichen Krankenkasse einschließlich der Ersatzkassen als Mitglied beizutreten, bei entsprechendem Einkommen an Kosten aufwenden mußten, um Mitglied (freilich ohne die Leistung von Krankengeld) zu werden, etwa in den Fällen der freiwilligen Versicherung (§§ 176 ff RVO) vor allem auch in denen des § 176 b RVO, der u.a. die Weiterversicherung von Witwen und Kindern, für die der Anspruch auf Familienhilfe erloschen ist, betrifft. So wie allgemein bei der Bemessung von entgangenen Unterhaltsansprüchen wird dem Tatrichter auch hier ein gewisser Ermessensspielraum verbleiben.

III.

Da das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, welcher wirtschaftliche Schaden den Hinterbliebenen des verunglückten Arbeiters durch dessen Tod an Krankenversicherungsschutz entstanden ist, muß das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Der Senat kann im gegenwärtigen Zeitpunkt auch nicht teilweise das Vorderurteil bestätigen. Das Berufungsgericht weist zwar zutreffend darauf hin, daß die Beklagte bereits nach ihrer eigenen Rechtsansicht sich für verpflichtet ansieht, der Klägerin einen Teil der KVdR-Beiträge zu erstatten. Dieser Betrag läßt sich jedoch weder aufgrund des Vorbringens der Parteien noch aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen beziffern.

 

Unterschriften

Dr. Weber, Dunz, Dr. Steffen, Dr. Kullmann, Dr. Ankermann

 

Fundstellen

Haufe-Index 1742379

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