Leitsatz (amtlich)

Die richterliche Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen – hier der Vorkenntnisklausel eines Maklervertrags – wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Parteien Kaufleute gewesen sind und die Geschäftsbedingungen vom Auftraggeber unterschrieben worden sind (Ergänzung von BGH, Urt. v. 10. Februar 1971 – IV ZR 85/69 – = LM Nr. 40 zu § 652 BGB).

 

Normenkette

BGB § 652

 

Verfahrensgang

OLG München (Urteil vom 24.09.1974)

LG München I

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 24. September 1974 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Revision.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger ist als selbständiger Makler für Immobilien, vor allem für gewerbliche Immobilien, in München tätig.

Adam B. (Beklagter zu 2) ist Komplementär und seine Söhne Helmut B. (Beklagter zu 3) und Gerhard B. (Beklagter zu 4) sind Kommanditisten der Fa. Adam B. KG, Strickwarenfabrik (Beklagte zu 1). Die Söhne Helmut und Gerhard B. sind außerdem Gesellschafter der Fa. Z.-Moden OHG, eines Trachten-Fachgeschäfts, das verschiedene Geschäftslokale, vier davon in München, betreibt.

Am 20. August 1969 erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger den Auftrag, ihr Ladenlokale nachzuweisen oder zu vermitteln; die Ladenlokale sollten sich in der allerersten Geschäftslage von München befinden. Der Kläger teilte daraufhin der Beklagten zu 1) seine Gebührensätze und Geschäftsbedingungen mit. Der Beklagte zu 2) unterschrieb dieses Blatt für die Beklagte zu 1) und gab es an den Kläger zurück.

In den Geschäftsbedingungen heißt es u.a.:

„… Die nachgewiesenen Gelegenheiten zum Vertragsabschluß gelten in jedem Fall als unbekannt nachgewiesen, falls der Auftraggeber nicht innerhalb von 3 Tagen per Einschreiben mitteilt, daß die durch die Firma G. nachgewiesene Gelegenheit zum Vertragsabschluß bereits früher bekannt war und Fotokopie des Erstangebotes beifügt, damit Firma G. Gelegenheit hat, Zeitpunkt und Ursprung überprüfen zu können …

Die Provision wird auch fällig, wenn Personen einen Vertrag abschließen, mit denen Auftraggeber in wirtschaftlichem oder verwandtschaftlichem Zusammenhang steht …”

Der Kläger bot in der Folgezeit der Beklagten zu 1) schriftlich einige Objekte an, auf die die Beklagte nicht reagierte. Etwa 1 Jahr nach Vertragsschluß sandte der Kläger der Beklagten zu 1) den damals gültigen Prospekt Nr. 73, in dem 13 Läden aufgeführt waren mit Größe und Preis, jedoch ohne genaue Adresse. Mit Schreiben vom 8. Dezember 1970 bat die Beklagte zu 1) den Kläger um nähere Auskünfte zu den Punkten „1, 2, 3, 6 und 13”. Der Kläger gab diese näheren Auskünfte mit Schreiben vom 9. Dezember 1970. Es heißt in dem Schreiben:

„… Auftragsgemäß gestatte ich mir, Ihnen unter ausdrücklicher Zugrundelegung unserer Provisionsvereinbarung, folgende Objekte unbekannt nachzuweisen:

  1. M., N. Straße …
  2. M., T. Straße …”

Darauf antwortete die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 11. Dezember 1970, daß sie an dem Laden in der T.straße … interessiert sei und um weitere Auskünfte bitte.

Am 20. April 1971 rief der Kläger den Beklagten zu 2) wegen des Mietobjekts T.straße … fernmündlich an. Bei diesem Ferngespräch erfuhr der Kläger, daß die Beklagten bereits Verhandlungen bezüglich der Anmietung des Objekts N. Straße … führten. Der Beklagte zu 2) vertrat dabei die Ansicht, daß die Beklagte zu 1) zur Zahlung einer Provision an den Kläger nicht verpflichtet sei, das gehe den Kläger nichts an. Mit Schreiben vom 20. April 1971 widersprach der Kläger unter Hinweis auf seine Geschäftsbedingungen, er werde die vereinbarte Provision geltend machen. Am 30. April 1971 mietete die Fa. Z.-Moden-OHG den Laden N. Straße … von dem Hauseigentümer Dr. S.. Die Monatsmiete betrug 11.000,– DM.

Der Kläger begehrt von den Beklagten die Zahlung von 58.608,– DM Provision für den Laden N. Straße … den er den Beklagten als unbekannt nachgewiesen habe. Er habe das Objekt als Erster den Beklagten nachgewiesen. Auf eine Vorkenntnis könnten sich die Beklagten nicht berufen, da sie seinem Nachweis vom 9. Dezember 1970 nicht entsprechend seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen widersprochen hätten. Da zwischen der Beklagten zu 1) und der Mieterin, der Fa. Z.-Moden-OHG, eine weitgehende Personen- und Vermögensidentität bestehe, würden auch die Beklagten zu 3) und 4) die Provision schulden.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen, weil der Mietvertrag über den Laden in der N. Straße … von der Fa. Z.-Moden-OHG abgeschlossen worden sei. Diesen Vertragsabschluß habe nicht der Kläger, sondern allein das Immobilien-Kontor R. vermittelt. Bereits vor dem Angebot des Klägers an die Beklagte vom 9. Dezember 1970 habe die Fa. R. der Firma Z.-Moden-OHG den Laden zur Anmietung angeboten. Aufgrund dieses Angebotes sei die Fa. Z.-Moden-OHG in Verhandlungen mit dem Vermieter eingetreten, habe den Laden besichtigt und schließlich nach einiger Zeit den Laden angemietet.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt der Kläger weiter die Verurteilung der Beklagten. Die Beklagten bitten um Zurückweisung des Rechtsmittels.

 

Entscheidungsgründe

I. Mit dem Berufungsgericht ist davon auszugehen, daß die Beklagten durch Anerkennung der Geschäftsbedingungen des Klägers nicht das Recht verloren haben, sich noch später als drei Tage nach einem Angebot des Klägers darauf berufen zu können, daß sie das ihnen angebotene Objekt schon von anderer Seite angeboten bekommen haben und dieses andere Angebot zum Vertragsschluß geführt hat. Das Berufungsgericht hat sich der Entscheidung des erkennenden Senats vom 10. Februar 1971 (LM Nr. 40 zu § 652 BGB = NJW 1971, 1133 m. Anm. von Werner NJW 1971, 1924) angeschlossen. Hiernach kann der Makler nur durch eine Individualvereinbarung – nicht aber durch die Aufnahme einer Vorkenntnisklausel in die Geschäftsbedingungen oder in einen erweiterten Formularvertrag – erreichen, daß ihm eine Provision unabhängig von der Ursächlichkeit seiner Tätigkeit für das Zustandekommen eines Vertrages gezahlt wird.

Die Revision hält die angezogene Entscheidung nicht für anwendbar, weil sich daraus nicht ergebe, ob sie auch für Kaufleute gelte, und das Berufungsgericht nicht berücksichtigt habe, daß die Parteien des hier vorliegenden Rechtsstreites Kaufleute seien. Zunächst hat das Berufungsgericht festgestellt, daß die Parteien Kaufleute seien; es hat nur die Folgerungen des Klägers daraus nicht gezogen. Zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat es ausgeführt, daß darin zwar kein ausdrücklicher Hinweis auf die Kaufmannseigenschaft der Parteien enthalten sei, der Sachverhalt jedoch erkennen lasse, daß beide Parteien geschäftsgewandt gewesen seien. – Im übrigen handelte es sich um den Rechtsstreit einer GmbH und einer KG, also von Vollkaufleuten. – Als entscheidend hat das Berufungsgericht jedoch zutreffend angenommen, daß auch aus der sonstigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu entnehmen sei, daß Kaufleute in gleicher Weise wie Nichtkaufleute vor unbilligen Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu schützen seien.

Der Bundesgerichtshof hat die von ihm entwickelten Grundsätze zur richterlichen Inhaltskontrolle grundsätzlich in gleicher Weise auf Kaufleute, Nichtkaufleute und Verbraucher angewandt. Die Urteile betreffen sogar häufiger Verträge zwischen Kaufleuten als zwischen Unternehmern und Verbrauchern (vgl. die Zahlenangaben bei Eith, NJW 1974, 16, 17 Anm. 12). Der entscheidende Grund für die verstärkte Inhaltskontrolle von Verträgen mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen liegt in der einseitigen Inanspruchnahme des Rechts, den Inhalt der Verträge zu gestalten. Derjenige, der Verträge nur nach seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen abschließt, ersetzt das dispositive Recht durch eine von ihm geschaffene Regelung und verkürzt damit die Möglichkeit seines Vertragspartners, seine Interessen wahrzunehmen und auf den Inhalt des Vertrages Einfluß zu nehmen. Ihm bleibt nur noch die Abschluß-, nicht aber die Gestaltungsfreiheit. Da das dispositive Recht für jeden Vertragstypus einen an der Gerechtigkeit orientierten Ausgleich der Interessen der Vertragspartner enthält, kann die gesetzliche Regelung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen wirksam nur ersetzt werden, wenn diese eine dem Gesetz vergleichbare Güterabwägung enthalten und keine der Billigkeit widersprechende mißbräuchliche Verfolgung einseitiger Interessen auf Kosten des Geschäftspartners bedeuten. Die Aufstellung einseitiger und unbilliger Geschäftsbedingungen hat ihren Grund häufig in der wirtschaftlichen Überlegenheit und größeren Geschäftserfahrung eines Vertragspartners. Die Ungleichheit der Geschäftspartner ist aber auch zwischen Kaufleuten anzutreffen. Es ist daher nicht sachgerecht, zwischen den Beteiligten zu differenzieren. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verzichtet deshalb bewußt darauf, ein wirtschaftliches oder intellektuelles Übergewicht auf Seiten des Aufstellers der AGB oder die Schutzbedürftigkeit des anderen Vertragspartners festzustellen (vgl. außer Eith a.a.O. Bastian/Böhm, BB 1974, 110 ff; ferner gegen eine Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereiches von AGB: Weber, DB 1974, 1801, 1804; Pinger, MDR 1974, 705, 708; Stötter, BB 1974, 434; Schmidt-Salzer, NJW 1971, 1010, 1014; Brandner, JZ 1973, 613, 616/17 sowie die Verhandlungen des 50. DJT, Gutachten von Kötz, 66/67 und in den Verhandlungen Ulmer, 24/25; Schmidt-Salzer, 74/75 und Kötz, 208/209).

In dem hier zu entscheidenden Fall hatte die Beklagte zu 1) dem Kläger einen Auftrag erteilt. Der Kläger hatte diesen Auftrag zu den für ihn geltenden Gebührensätzen und unter Hinweis auf seine Geschäftsbedingungen angenommen. Der Beklagte zu 2) hatte für die Beklagte zu 1) dem Wunsch des Klägers entsprochen und das Formular mit seinen Gebührensätzen und den Geschäftsbedingungen unterzeichnet.

Die Geschäftsbedingungen des Klägers sahen noch eine Erweiterung der Vorkenntnisklausel insoweit vor, als „die Provision danach auch fällig wird, wenn Personen einen Vertrag abschließen, mit denen der Auftraggeber in wirtschaftlichem oder verwandtschaftlichem Zusammenhang steht”. Hierzu vertritt der Kläger die Ansicht, die Beklagte zu 1) sei aufgrund der Geschäftsbedingungen verpflichtet gewesen, sich im Kreise der mit ihr wirtschaftlich zusammenhängenden Unternehmen zu erkundigen, ob diese vielleicht Kenntnis von einem der angebotenen Objekte hätten. Treffe das zu, so müsse die Beklagte zu 1) auch „innerhalb von drei Tagen” diese Vorkenntnis anzeigen. Da sie das nicht getan habe, müsse sie die Provision für das von der Firma der Beklagten zu 3) und 4) geschlossene Geschäft zahlen.

Es kann dahinstehen, ob die vorgenannten Bestimmungen mit dem vom Kläger angenommenen Inhalt individuell vereinbart werden konnten. Nach der Feststellung des Berufungsgerichts haben die Parteien eine Individualvereinbarung nicht getroffen. Hierfür genügt es jedenfalls nicht, daß der Beklagte zu 2) das erhaltene Formular mit den Geschäftsbedingungen unterschrieben hat. Die angenommenen Geschäftsbedingungen stellen hier ein unangemessenes Abweichen vom dispositiven Recht und die Verdrängung des ausgewogenen Ausgleichs widerstreitender Interessen dar (vgl. Schulte, NJW 1974, 1217). Der Maklervertrag sieht eine Provisionspflicht des Auftraggebers nur bei erfolgreichem Nachweis vor. Nach dem gesetzlichen Leitbild ist der Auftraggeber nicht verpflichtet, bei einem Angebot den Makler darüber zu unterrichten, daß ihm ein angebotenes Objekt schon bekannt ist. Grundsätzlich hat der Makler zu beweisen, daß seine Tätigkeit für den Geschäftsabschluß ursächlich war. Demgegenüber muß der Auftraggeber seine Vorkenntnis darlegen und beweisen. Diese Verteilung der Beweislast berücksichtigt in angemessener Weise die beiderseitigen berechtigten Interessen. – Die formularmäßige Vorkenntnisklausel legt dem Auftraggeber dagegen die Obliegenheit auf, binnen kurzer Frist – hier waren es drei Tage – dem Makler anzuzeigen, daß ihm ein angebotenes Objekt bereits vorher bekannt war. Wird die Obliegenheit nicht erfüllt, so soll der Auftraggeber nicht mehr in der Lage sein, sich auf die Vorkenntnis zu berufen. Das zum gesetzlichen Typus des Maklervertrages gehörende Merkmal der Ursächlichkeit zwischen der Nachweistätigkeit des Maklers und dem vom Auftraggeber vorgenommenen Vertragsabschluß ist abbedungen. Bei Verletzung seiner Anzeigepflicht kann der Auftraggeber sogar dann zur Provisionszahlung herangezogen werden, wenn er zu beweisen vermag, daß ihm ein vom Makler nachgewiesenes Objekt schon vorher bekannt war, die Tätigkeit des Maklers also für ihn wertlos war. Die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsgestaltung führt hier zu einer vom gesetzlichen Vertragstypus stark abweichenden Regelung, die die mißbräuchliche Verfolgung einseitiger Interessen auf Kosten des Geschäftspartners bezweckt. Eine solche Regelung, die jede angemessene Abwägung der beiderseitigen Interessen vermissen läßt, widerspricht der Billigkeit und kann jedenfalls nicht durch Aufnahme in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und deren Annahme wirksam verwirklicht werden.

II. Weiter rügt die Revision die unzulängliche Würdigung des Schreibens, das die Beklagte zu 1) am 11. Dezember 1970 an den Kläger gerichtet habe. Mit diesem Schreiben hatte die Beklagte zu 1) ein Schreiben beantwortet, in dem der Kläger ihr am 9. Dezember 1970 „unter ausdrücklicher Zugrundelegung unserer Provisionsvereinbarung” nähere Auskünfte über angebotene Objekte, u.a. auch über die Ladenlokale in M., N. Straße … und T. Straße … erteilt hatte. Die Beklagte zu 1) hatte am 11. Dezember 1970 an den Kläger wie folgt geschrieben:

„Betr.: Laden in der T.straße …

Sehr geehrter Herr G.!

Auf Ihr Schreiben vom 9.12.70 gy/e teilen wir Ihnen mit, daß wir an o.g. Laden interessiert sind. Die uns von Ihnen mitgeteilten Bedingungen haben wir zur Kenntnis genommen, möchten Sie aber bitten, uns noch weitere Auskünfte hierüber zu erteilen.”

Hierzu hatte das Berufungsgericht ausgeführt: Einem ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb auf Seiten der Beklagten hätte es entsprochen, wenn sie in dem Schreiben vom 11. Dezember 1970 klargestellt hätten, daß ihnen der Laden N. Straße … schon von anderer Seite nachgewiesen worden sei. Es gehe jedoch zu weit, in diesem Schreiben ein rechtliches oder als Indiz zu verwendendes Anerkenntnis des Erstnachweises des Ladens N. Straße … zu sehen.

Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe bei seinen Erörterungen nicht berücksichtigt, daß die Parteien Kaufleute seien und es sich um ein beiderseitiges Handelsgeschäft gehandelt habe. Sie ist deshalb der Ansicht, daß die Beklagte zu 1), auch wenn keine Geschäftsbedingungen vereinbart worden wären, dem Kläger hätte unverzüglich antworten und dabei mitteilen müssen, daß ihr das Objekt N. Straße … schon bekannt gewesen sei. Bei dem Schreiben vom 11. Dezember 1970, das diesen Hinweis nicht enthalte, sei entscheidend, wie die Erklärung von dem Erklärungsgegner verstanden werden konnte. In dem Antwortschreiben der Beklagten zu 1) sei ein eindeutiges Anerkenntnis des unbekannten Nachweises zu sehen. In gleicher Weise sei das Schreiben zu behandeln, wenn man darin nur die Willenserklärung eines Nichtkaufmanns erblicke. Nach objektiver Verkehrsauffassung könne es nur ein Anerkenntnis der unbekannten Nachweise sein. – Im übrigen sei ein etwaiges Recht, die Vorkenntnis von dem Objekt N. Straße … später noch nachzuweisen, durch den Inhalt des Briefes vom 11. Dezember 1970 verwirkt. Denn erst nach 2 1/4 Jahren habe man von dem angeblichen Recht Gebrauch gemacht, den Kläger davon in Kenntnis zu setzen, daß der unbekannte Nachweis vom 9. Dezember 1970 schon vorher bekannt gewesen sei. Hierin liege ein Verstoß gegen Treu und Glauben. Denn der Kläger habe nicht mehr mit der Geltendmachung dieses Rechts rechnen können; er habe damit nicht zu rechnen brauchen und habe auch damit nicht mehr gerechnet. Eine Verwirkung sei auch eingetreten, wenn die Beklagten nicht als Kaufleute, sondern als Privatleute für den Inhalt ihres Schreibens einzustehen hätten.

Diesen Ausführungen der Revision kann nicht gefolgt werden. Die Revision verkennt, daß dem Schriftwechsel der Parteien wegen der unwirksamen Vorkenntnisklausel nicht der hierdurch bestimmte, geänderte Maklervertrag, sondern der Maklervertrag des dispositiven Rechts zugrunde zu legen war. Hiernach bestand überhaupt keine Verpflichtung des Auftraggebers, den Makler darüber zu unterrichten, daß ihm ein angebotenes Objekt schon vorher bekannt war. Es gibt daher keine Grundlage für die angebliche kaufmännische Verpflichtung, das Schreiben des Klägers vom 9. Dezember 1970 in drei Tagen beantworten und auf die Vorkenntnis hinweisen zu müssen. Deswegen kann auch der Brief der Beklagten zu 1) vom 11. Dezember 1970 nicht als eindeutiges Anerkenntnis des unbekannten Nachweises – N. Straße … – ausgelegt werden.

Was schließlich die angeblich eingetretene Verwirkung des Rechts betrifft, die Vorkenntnis des angebotenen Objektes geltend zu machen, so kann dafür nicht einfach der Zeitraum von 2 1/4 Jahren, d.h. bis zur Vernehmung der Zeugen L. und A., eingesetzt werden. Denn der Beklagte zu 2) hat nach einem am 20. April 1971 mit dem Kläger geführten Telefongespräch bereits am 17. Mai 1971, also nach fünf Monaten, in einem Schreiben seines Anwaltes, des Rechtsanwalts Dr. F., dem Kläger eindeutig erklärt, daß alle Provisionsansprüche des Klägers bezüglich N. Straße … wegen Vorkenntnis des Auftraggebers abgelehnt würden.

III. Das Berufungsgericht hat danach weder in der Vorkenntnisklausel noch in dem Schreiben der Beklagten zu 1) vom 11. Dezember 1970 einen Grund gesehen, der Beklagten zu 1) nicht mehr den Nachweis zu gestatten, daß ihr das vom Kläger nachgewiesene Objekt N. Straße … bereits vorher bekannt gewesen sei. Es hat diesen Nachweis aufgrund der Aussagen der Zeugen A., L. und H. als geführt angesehen und demgemäß die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Auf die Bedenken gegen die Passivlegitimation der Beklagten zu 3) und 4), die keinen Maklervertrag mit dem Kläger abgeschlossen haben, braucht danach nicht mehr eingegangen zu werden.

Die Revision hat gegen die Beweisaufnahme des Berufungsgerichts, insbesondere gegen die Würdigung der Zeugenaussagen, eine Reihe von Verfahrensrügen erhoben; diese sind aber unbegründet. So hat das Berufungsgericht bei den Zeugenaussagen L. und H. keine der angeblich widersprüchlichen Aussagen verwertet. Es hat fast allein die Aussage des Zeugen A. als streitentscheidend berücksichtigt. Gegen die Glaubwürdigkeit dieses in erster Instanz vernommenen Zeugen hatte der Kläger Bedenken geäußert. Das Berufungsgericht hatte deshalb die nochmalige Vernehmung des Zeugen angeordnet. Der inzwischen verzogene Zeuge ist aber zum Termin nicht erschienen, obwohl sich der Anwalt des Klägers 3 Wochen vor dem Termin bereit erklärt hatte, die ladungsfähige Anschrift des Zeugen beizubringen. Im Termin hat dann der Vertreter des Klägers auf die Vernehmung des Zeugen verzichtet. Hiermit war auch die später vom Anwalt des Klägers dafür angebotene Vernehmung, daß der von dem Zeugen A. als Gedächtnisstütze verwendete „Schmierzettel” verändert worden sei, gegenstandslos geworden, da hierfür notwendig eine nochmalige Vernehmung des Zeugen, auf die aber verzichtet worden war, erforderlich gewesen wäre. Schließlich kann sich die Revision auch nicht darauf berufen, daß dem in erster Instanz gestellten Beweisantrag, Rechtsanwalt Dr. F. zu vernehmen, nicht stattgegeben worden ist. Einer Vernehmung dieses Zeugen bedurfte es nicht, weil der Kläger seinen Beweisantrag in der zweiten Instanz nicht wiederholt hat.

IV. Nach alledem erweist sich die Revision des Klägers als unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Johannsen, Dr. Bukow, Knüfer, Rottmüller, Richter am Bundesgerichtshof Dehner ist beurlaubt und dadurch verhindert zu unterschreiben Johannsen

 

Fundstellen

Haufe-Index 542283

NJW 1976, 2345

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