Leitsatz (amtlich)

a) Ein vertraglicher Anspruch der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aus §§ 675, 667 BGB auf Herausgabe der dem Verwalter zugeflossenen und von diesem nicht bestimmungsgemäß verbrauchten Wohngelder kommt auch dann in Betracht, wenn die Verwaltertätigkeit deshalb beendet wird, weil der Beschluß der Wohnungseigentümer über die Verwalterwahl rechtskräftig für ungültig erklärt wird.

b) Die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aus §§ 675, 667 BGB gegen den ausgeschiedenen Verwalter setzt nicht voraus, daß ein Beschluß der Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung (§ 28 Abs. 3 WEG) oder die Rechnungslegung (§ 28 Abs. 4 WEG) zustande kommt.

 

Normenkette

BGB § 675; WEG § 26 Abs. 1, § 28 Abs. 3-5; BGB § 667

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Entscheidung vom 22.09.1995; Aktenzeichen 3 U 1644/93)

KG Berlin (Urteil vom 24.09.1994; Aktenzeichen 3 U 1644/93)

LG Berlin (Urteil vom 18.01.1993; Aktenzeichen 23 O 522/90)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 3. Zivilsenats des Kammergerichts vom 22. September 1995 teilweise aufgehoben.

Das Versäumnisurteil des Berufungsgerichts vom 24. September 1994 wird insoweit aufrechterhalten, als die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 23 des Landgerichts Berlin vom 18. Januar 1993 hinsichtlich eines Betrages von 3.030,87 DM nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist.

Im übrigen wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin war eine von mehreren Wohnungseigentümern der Wohnanlage S.-Straße in Berlin; die Beklagte war als Verwalter dieser Wohnanlage tätig.

In der Versammlung vom 4. Juli 1985 wählten die Wohnungseigentümer die Beklagte zum Verwalter der Wohnanlage. Auf Antrag einiger Wohnungseigentümer wurde die Wahl der Beklagten durch Beschluß des Amtsgerichts W. vom 10. Oktober 1985 für unwirksam erklärt; gleichzeitig bestellte das Amtsgericht einen neuen Verwalter der Wohnanlage. Die gegen diesen Beschluß eingelegten Rechtsmittel (sofortige und sofortige weitere Beschwerde) wurden durch Beschluß des Landgerichts Berlin vom 17. Oktober 1986 und durch Beschluß des Kammergerichts vom 23. Dezember 1987 zurückgewiesen.

Am 17. Oktober 1985 überwies ein Wohnungseigentümer, die Firma S. Grundstückverwaltungs GmbH & Co. Betriebs KG (im folgenden: S.), 60.793,72 DM Wohngeld auf ein auf den Namen der Beklagten lautendes und auf ihre Rechnung geführtes Konto mit der Kontounterbezeichnung „S.-Str.”.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Herausgabe der von der Firma S. gezahlten 60.793,72 DM nebst Zinsen an die Wohnungseigentümer. Die Befugnis, den Anspruch der Wohnungseigentümer im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, gründet die Klägerin auf den – erfolglos angefochtenen – Beschluß des Amtsgerichts W. vom 16. Oktober 1989. In diesem Beschluß hat das Amtsgericht ausgesprochen, daß auch die einer solchen „Klageermächtigung” der Klägerin widerstrebenden Wohnungseigentümer, an denen die Herbeiführung eines entsprechenden Beschlusses in der Wohnungseigentümerversammlung gescheitert war, verpflichtet seien, der Klägerin die nachgesuchte Ermächtigung zu erteilen.

Die Klägerin hat ihr Zahlungsbegehren zunächst im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit verfolgt. Durch Beschluß vom 22. Oktober 1990 hat das Kammergericht als Gericht der weiteren Beschwerde die Sache an das Landgericht Berlin als Prozeßgericht abgegeben.

Das Landgericht hat, nachdem die Klägerin im Juli 1992 ihr Wohnungseigentum veräußert hatte, die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten durch Versäumnisurteil zurückgewiesen und dieses Versäumnisurteil auf den Einspruch der Beklagten hin aufrechterhalten. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg, soweit die Vorinstanzen die Beklagte zur Zahlung von mehr als 3.030,87 DM nebst Zinsen verurteilt haben.

I.

Das Berufungsgericht hat die Prozeßführungsbefugnis der Klägerin zu Recht bejaht.

1. Der geltend gemachte Herausgabeanspruch gegen die als Verwalter der Wohnanlage tätig gewordene Beklagte steht unabhängig von seiner rechtlichen Qualifizierung – Herausgabeanspruch nach § 667 BGB oder, wie das Berufungsgericht meint, nach § 816 Abs. 2 BGB – der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein einzelner Wohnungseigentümer einen der Gemeinschaft zustehenden Anspruch nicht ohne einen dahin gehenden Beschluß der Wohnungseigentümer gerichtlich geltend machen (BGHZ 106, 222; 111, 148; 116, 392; 121, 22). Dies folgt daraus, daß das Wohnungseigentumsgesetz Sonderregelungen enthält, die einen generellen Rückgriff auf die allgemeinen, eine Einzelklagebefugnis des Teilhabers einer Bruchteilsgemeinschaft begründenden Bestimmungen der §§ 432, 1011 BGB nicht erlauben. So steht nach § 21 Abs. 1 WEG die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu; zur Verwaltung im Sinne dieser Bestimmung gehören alle Maßnahmen, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht auf eine Änderung des bestehenden Zustands abzielen oder sich als Geschäftsführung zugunsten der Wohnungseigentümer in bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum darstellen (BGHZ 121, 22, 25 f). Durch § 28 Abs. 4 und 5 WEG ist darüber hinaus vor gezeichnet, daß, soweit es um die Tätigkeit des Verwalters geht, die Gemeinschaft und nicht der einzelne Wohnungseigentümer über hieraus sich ergebende Konsequenzen befinden soll (BGHZ 106, 222, 227). Soweit es generell um die Einleitung von gerichtlichen Verfahren geht, unterstreicht auch § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG, daß die Entscheidung hierüber allein bei der Gemeinschaft liegen soll. Der durch diese Vorschriften bezweckte Schutz der Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer macht es erforderlich, daß diese Bestimmungen nicht nur für das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer, sondern auch für das Außenverhältnis maßgebend sind (BGH aaO).

Kommt ein die Rechtsverfolgung durch einen einzelnen Wohnungseigentümer billigender Beschluß der Eigentümerversammlung nicht zustande, so kann die Prozeßführungsbefugnis im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit erstritten werden, wenn die Führung des Rechtsstreits durch den Wohnungseigentümer als Prozeßstandschafter dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht (§ 21 Abs. 4, § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG; vgl. auch BGHZ 106, 222, 228 f). Dies ist, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, vorliegend geschehen. Zwar hat das Amtsgericht W. in seinem Beschluß vom 16. Oktober 1989 der Klägerin nicht – wozu es in der Lage gewesen wäre – unmittelbar Prozeßführungsbefugnis erteilt (vgl. BayObLG NJW-RR 1994, 145; KG NJW-RR 1993, 468: Danach ist ein – hier gestellter – Antrag auf Ungültigerklärung des die gewünschte Maßnahme versagenden Eigentümerbeschlusses und auf Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft dahin zu verstehen, daß die gerichtliche Ersetzung der abgelehnten Entscheidung begehrt wird; vgl. auch Merle, in: Bärmann/Pick/Merle, WEG, 7. Aufl., § 21 Rn. 89; Lüke, in: Weitnauer, WEG, 8. Aufl., § 21 Rn. 23). Es hat lediglich auf Zustimmung derjenigen Wohnungseigentümer, die der Erteilung der Prozeßführungsbefugnis widersprochen hatten, also auf Abgabe einer Willenserklärung (vgl. § 894 ZPO), erkannt. Gleichwohl bestehen keine Bedenken dagegen, auf der Grundlage dieses – rechtskräftig gewordenen – Beschlusses der Klägerin die Prozeßführungsbefugnis zuzusprechen: Die Wirkung des Beschlusses geht dahin, daß die Rechtslage so anzusehen ist, als ob die Wohnungseigentümer einen entsprechenden Versammlungsbeschluß gefaßt hätten.

2. Dem Berufungsgericht ist entgegen der Auffassung der Revision auch darin zuzustimmen, daß die Veräußerung des Wohnungseigentums nach Rechtshängigkeit auf die Prozeßführungsbefugnis der Klägerin ohne Einfluß geblieben ist.

Wegen des nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes notwendigen „Ermächtigungsakts” beurteilt sich die Einzelklagebefugnis eines Wohnungseigentümers nach den Grundsätzen der gewillkürten Prozeßstandschaft. Das danach erforderliche eigene schutzwürdige Interesse des Klägers liegt in der Teilhabe des Wohnungseigentümers am gemeinschaftlichen Eigentum (§ 1 Abs. 2 WEG) und der sich daraus ergebenden Teilhabe an der Verwaltung dieses gemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 Abs. 1 WEG; vgl. BGHZ 108, 156, 161). Da die Klägerin im Zeitpunkt der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens und des Eintritts der Rechtskraft des an die Stelle eines entsprechenden Beschlusses der Eigentümerversammlung tretenden Gerichtsentscheids (§ 45 Abs. 2 Satz 1 WEG) (noch) Eigentümerin einer Wohnung war, ist ihr eine Ermächtigung wirksam erteilt worden. Diese Ermächtigung bzw. die darauf gegründete Prozeßführungsbefugnis blieb von der späteren Veräußerung der Eigentumswohnung entsprechend § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO unberührt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 1988 – VII ZR 129/88 – NJW 1989, 1932, 1933 für den Fall der weiteren Abtretung einer vor dem Prozeß sicherungshalber abgetretenen Forderung; vgl. für das WEG-Verfahren: BayObLG NJW-RR 1995, 467).

II.

In der Sache rügt die Revision im Anschluß an die von der Beklagten bereits in den Vorinstanzen vertretene Rechtsauffassung vor allem, daß die Klägerin bzw. die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht „isoliert” die Rückzahlung der von der Firma S. geleisteten Wohngeldzahlung verlangen könne und deshalb der Gemeinschaft der geltend gemachte Herausgabeanspruch nicht zustehe. Obwohl die Revision hierbei den rechtlichen Ansatzpunkt des Berufungsgerichts – Herausgabeanspruch der Gemeinschaft nach §§ 816 Abs. 2, 818 Abs. 2 BGB – zutreffend als rechtsfehlerhaft angreift, dringt sie mit dieser Rüge im Ergebnis nicht durch.

1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Beklagte nach §§ 816 Abs. 2, 818 Abs. 2 BGB zur Zahlung verpflichtet, da die Firma S. an die Beklagte als Nichtberechtigte eine Leistung erbracht habe, die der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber wirksam gewesen sei. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt: Da die Beklagte in dem Zeitpunkt, in dem der Betrag von 60.793,72 DM dem auf ihren Namen lautenden und auf ihre Rechnung geführten Treuhandkonto gutgeschrieben worden sei, nicht Verwalter der Wohnanlage gewesen sei, sei sie auch nicht berechtigt gewesen, die Wohngeldzahlung der Firma S. entgegenzunehmen. Die Wirksamkeit der Zahlung der Firma S. an die Beklagte ergebe sich daraus, daß ein Antrag der Klägerin, die Firma S. zur (nochmaligen) Zahlung des Wohngeldes zu Händen des Verwalters mit der Begründung rechtskräftig zurückgewiesen worden sei, die Firma S. habe mit schuldbefreiender Wirkung an die Beklagte bezahlt; darüber hinaus liege in der Erhebung der vorliegenden Klage die Genehmigung der Zahlung.

Diese Ausführungen sind von Rechtsfehlern beeinflußt. Nach dem festgestellten bzw. dem zugunsten der Beklagten im Revisionsverfahren zu unterstellenden Sachverhalt kommt in erster Linie ein Herausgabeanspruch nach §§ 675, 667 BGB, eventuell auch aus § 667 BGB i.V.m. § 681 Satz 2 BGB in Betracht.

Die Frage, ob und welche Herausgabeansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen die Beklagte im Zusammenhang mit der Überweisung des Wohngeldes durch die Firma S. auf das Treuhandkonto der Beklagten zustehen können, hängt – was vom Berufungsgericht und von der Revision nicht anders gesehen wird – entscheidend davon ab, welche Rechtsstellung die Beklagte zu diesem Zeitpunkt innehatte.

a) Die Beklagte wurde am 4. Juli 1985 von der Versammlung der Wohnungseigentümer zum Verwalter gewählt und übte aufgrund dieser Wahl noch im Jahre 1986 die Verwaltertätigkeit aus. Zwar ist der Beschluß der Wohnungseigentümer vom 4. Juli 1985 mit der späteren gerichtlichen Ungültigerklärung als von Anfang an ungültig anzusehen (vgl. BGHZ 106, 113, 116). Dies bedeutet aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht, daß die „Abwicklung” der aufgrund des ungültigen Bestellungsbeschlusses ausgeübten Verwaltertätigkeit nach Maßgabe des Bereicherungsrechts zu erfolgen hätte.

Wird eine Person zum Verwalter einer Wohnanlage gewählt, so ist zwischen dem Bestellungsbeschluß und dem Abschluß des Verwaltervertrags, der als ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag zu qualifizieren ist (BGH, Urteil vom 28. April 1993 – VIII ZR 109/92 – NJW-RR 1993, 1227, 1228), zu unterscheiden. Zwar trifft das Berufungsgericht – von seinem Rechts Standpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen zum Abschluß eines Verwaltervertrags. Da aber die Beklagte mit ihrer Wahl zum Verwalter einverstanden war und die Verwaltertätigkeit längere Zeit ausgeübt hat, liegt die Annahme eines zumindest konkludent geschlossenen Verwaltervertrags nahe (vgl. Merle, aaO, § 26 Rn. 25); jedenfalls ist dies zugunsten der Revision zu unterstellen.

Die spätere (rückwirkende) Aufhebung des Bestellungsbeschlusses hat nicht zur Folge, daß deshalb auch der Abschluß des Verwaltervertrags rückwirkend unwirksam wird. Dies stünde im Widerspruch zur Interessenlage. Da der Antrag auf Ungültigerklärung der Bestellung keine aufschiebende Wirkung hat, der angefochtene Beschluß vielmehr bis zur gerichtlichen Ungültigerklärung für die Wohnungseigentümer und den (zustimmenden) Verwalter bindend ist, muß der Verwalter während der „Schwebezeit” zumindest die in den §§ 27, 28 WEG niedergelegten gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse wahrnehmen, will er nicht Gefahr laufen, sich – falls der Antrag auf Ungültigerklärung der Wahl ohne Erfolg bleibt – wegen Verletzung seiner Verwalterpflichten schadensersatzpflichtig zu machen. Dem Verwalter kann dabei billigerweise nicht zugemutet werden, seine Verwalterpflichten ohne gesicherte vertragliche Grundlage, insbesondere ohne gesicherten Anspruch auf Zahlung der vereinbarten oder der üblichen (§ 612 Abs. 2 BGB) Vergütung zu erfüllen. Es ist daher davon auszugehen, daß nach dem Willen der Vertragschließenden der auf der Grundlage einer noch nicht bestandskräftigen Verwalterbestellung abgeschlossene Verwaltervertrag unabhängig vom Ausgang des gerichtlichen Verfahrens über die Gültigkeit der Bestellung für die Zwischenzeit rechtswirksam sein soll, die gerichtliche Ungültigerklärung also nur – im Wege der stillschweigend vereinbarten auflösenden Bedingung – die vertragliche Bindung für die Zukunft entfallen läßt. Wegen der späteren Ungültigerklärung des Bestellungsbeschlusses ist ein mit den genannten Maßgaben zustande gekommener Verwaltervertrag auch nicht als vollmachtlos geschlossen anzusehen, was sich zumindest aus dem Rechtsgedanken des § 32 FGG ergibt (KG NJW-RR 1990, 153; OLG Hamm WE 1996, 33, 35; vgl. auch Merle, aaO, § 26, Rn. 199; Seuß, in: Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 4. Aufl., B 328; Belz, Handbuch des Wohnungseigenturas, 3. Aufl., Rn. 221).

Wird eine mit ihrer Zustimmung zum Verwalter bestellte Person als solcher tätig, ohne daß ein Verwaltervertrag abgeschlossen worden ist, oder aufgrund eines geschlossenen Vertrags, der an einem eigenen Nichtigkeits- oder Unwirksamkeitsgrund leidet, so kommt eine Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 1989 – XI ZR 25/88 – ZMR 1989, 265, 266).

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die durch die Bestellung vom 4. Juli 1985 bzw. durch den Abschluß eines Verwaltervertrags begründete Rechtsstellung der Beklagten vor der am 17. Oktober 1985 erfolgten Wohngeldzahlung durch die Firma S. auch nicht dadurch eine Änderung erfahren, daß das Amtsgericht W. durch Beschluß vom 10. Oktober 1985 die Wahl der Beklagten für unwirksam erklärt und einen neuen Verwalter bestellt hat. Da dieser Beschluß mit der sofortigen Beschwerde angefochten wurde und darüber hinaus im Zeitpunkt der Zahlung durch die Firma S. die Beschwerdefrist noch nicht abgelaufen war, hätte es hierzu wegen § 45 Abs. 2 Satz 1 WEG einer einstweiligen Anordnung nach § 44 Abs. 3 Satz 1 WEG bedurft. Eine solche hat jedoch das Amtsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, nicht getroffen. Das Amtsgericht hat in dem Beschluß vom 10. Oktober 1985 ausgeführt, daß das Gericht aus Kostengründen bewußt davon absehe, den neuen Verwalter schon für die Dauer des laufenden Verfahrens zu bestellen, die Beklagte also bis zum Eintritt der Rechtskraft nach wie vor der Verwalter der Wohnanlage sei.

Der Rüge der Revision wird auch nicht durch die Feststellung des Berufungsgerichts der Boden entzogen, zwischen den Parteien sei unstreitig geworden, daß die Beklagte im Zeitpunkt der Gutschrift des Betrags von 60.793,72 DM nicht Verwalter der Wohnanlage gewesen war. Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen sind die Angaben der Beklagten im Schriftsatz vom 17. April 1991, denen das Berufungsgericht dies entnehmen will, nicht als Erklärungen über eine Tatsache, sondern als Ausdruck der – unzutreffenden – rechtlichen Bewertung der Wirkungen der ergangenen Gerichtsentscheidungen, insbesondere des Beschlusses vom 10. Oktober 1985, zu sehen. Von dieser Rechtsauffassung ist die Beklagte im übrigen, worauf die Revision zutreffend hinweist, in ihrer Einspruchsschrift mit eingehender Begründung wieder abgerückt.

2. Entgegen der Auffassung der Revision führt aber der aufgezeigte Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht dazu, daß der Klageanspruch als unschlüssig oder nicht fällig anzusehen und die Klage deshalb im Sinne der Beklagten abweisungsreif ist.

Die Revision hat hierzu ausgeführt: Die Beklagte sei aufgrund ihrer Wahl zum Verwalter der Wohnanlage im fraglichen Zeitraum nicht nur dazu berechtigt und verpflichtet gewesen, die Wohngeldzahlung der Firma S. entgegenzunehmen, sondern auch dazu, diese Zahlung bestimmungsgemäß zu verwenden, insbesondere die notwendigen und unaufschiebbaren Ausgaben für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu tätigen. Deshalb könne die Klägerin bzw. die Gemeinschaft nicht – wie begehrt – die Herausgabe einer einzelnen Wohngeldzahlung verlangen, sondern allenfalls den sich aus der nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes vom Verwalter zu erstellenden Abrechnung für die Gemeinschaft ergebenden Überschußbetrag.

a) Der Anspruch der Gemeinschaft auf Herausgabe der dem ausgeschiedenen Verwalter zur Erfüllung seiner Aufgaben überlassenen und nicht bestimmungsgemäß verbrauchten Wohngelder gemäß §§ 675, 667 BGB setzt nicht voraus, daß ein bestandskräftiger Beschluß der Wohnungseigentümer (§ 28 Abs. 5 WEG) über die Abrechnung (§ 28 Abs. 3 WEG) bzw. Rechnungslegung (§ 28 Abs. 4-WEG) des Verwalters vorliegt. Es ist daher vorliegend ohne Belang, daß der die Abrechnung der Beklagten für die Wirtschaftsjahre 1985 und 1986 betreffende Beschluß der Wohnungseigentümer rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist.

Nach allgemeinen Regeln ist der entgeltliche Geschäftsbesorger nach Beendigung seiner Tätigkeit nach §§ 675, 666 i.V.m. § 259 BGB rechenschaftspflichtig und nach §§ 675, 667 BGB zur Herausgabe des zur Durchführung des Geschäfts Erhaltenen bzw. des aus der Geschäftsbesorgung Erlangten verpflichtet. Der Anspruch auf Rechnungslegung dient dabei zwar der Geltendmachung von Ansprüchen nach § 667 BGB? die Geltendmachung eines solchen Herausgabeanspruchs ist aber nicht umgekehrt von der vorherigen Rechnungslegung des Geschäftsbesorgers abhängig (Staudinger/Wittmann, BGB, 13. Aufl., § 666 Rn. 10). Aus den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes, die in § 28 Abs. 3 und 4 WEG den Anspruch auf Rechnungslegung modifizieren, mag sich insofern etwas anderes ergeben, als dem ausgeschiedenen Verwalter vor Geltendmachung des Herausgabeanspruchs nach §§ 675, 667 BGB ausreichend Gelegenheit gegeben werden muß, eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Rechnungslegung zu erstellen und der Eigentümerversammlung zur Beschlußfassung vorzulegen. Darüber hinaus ist es jedoch nicht erforderlich, daß gemäß § 28 Abs. 5 WEG ein rechtsgültiger Beschluß über die vom Verwalter erstellte und vorgelegte Abrechnung oder Rechnungslegung zustande kommt.

Der Beschluß über die Jahresabrechnung legt bindend fest, welche Einnahmen zu verzeichnen und welche Ausgaben als Lasten und Kosten der Gemeinschaft zu behandeln sind. Dieser Beschluß ist Voraussetzung dafür, daß eine die geleisteten Vorschußzahlungen bzw. die noch offenen Vorschußforderungen übersteigende Zahlungsverpflichtung der einzelnen Wohnungseigentümer entstehen kann (vgl. BGHZ 131, 228, 230 ff). Eine solche, für das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander anzuerkennende „konstitutive” Bedeutung kommt dem Abrechnungsbeschluß der Wohnungseigentümer für das Verhältnis der Gemeinschaft zu dem Verwalter nicht zu. Dies wird schon daraus deutlich, daß in die Jahresabrechnung auch solche Ausgaben einzustellen sind – und daher keine Ungültigerklärung zu rechtfertigen vermögen –, die der Verwalter unberechtigterweise aus Mitteln der Gemeinschaft getätigt hat (BayObLG WE 1991, 75; 1991, 167, 168; KG NJW-RR 1992, 845; Merle, aaO, § 28 Rn. 72). Für die Rechtsbeziehungen der Gemeinschaft und des Verwalters ist allein von Bedeutung, ob letzterem im Zusammenhang mit der Beschlußfassung über die Jahresabrechnung Entlastung erteilt wird. Die Beschlußfassung darüber ist aber nicht Voraussetzung für die Geltendmachung von Schadensersatz- oder Herausgabeansprüchen gegenüber dem Verwalter, sondern vermag allenfalls – umgekehrt – der Geltendmachung solcher Ansprüche entgegenstehen: Wird dem Verwalter Entlastung erteilt, so liegt darin ein negatives Schuldanerkenntnis im Sinne von § 397 Abs. 2 BGB, d. h. ein Verzicht der Wohnungseigentümer auf etwa bestehende Ersatzansprüche gegen den Verwalter (Merle, aaO, § 28 Rn. 112). Dafür, daß der Beklagten für ihre Tätigkeit Entlastung erteilt wurde, besteht kein Anhalt. Sofern mit dem Beschluß über die Jahresabrechnungen 1985 und 1986 stillschweigend eine solche Entlastung verbunden gewesen sein sollte, wäre diese Entlastungswirkung mit der Ungültigerklärung dieses Beschlusses rückwirkend wieder entfallen (Merle, aaO, § 28 Rn. 109-111).

b) Verlangt ein Auftraggeber von dem Geschäftsbesorger nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nach §§ 675, 667 BGB Herausgabe des zur Durchführung der Geschäftsbesorgung Erhaltenen und nicht bestimmungsgemäß Verbrauchten, so kann er ohne weiteres auf Rückzahlung des dem Geschäftsbesorger überlassenen Geldbetrages klagen. Im Prozeß ist es dann Sache des in Anspruch genommenen Geschäftsbesorgers, im einzelnen darzulegen und zu beweisen, daß das Geld in Erledigung des Auftrags verbraucht worden ist (vgl. Senat, Urteil vom 13. Dezember 1990 – III ZR 336/89 – NJW-RR 1991, 575, 576; BGH, Urteil vom 4. Februar 1991 – II ZR 246/89 – NJW 1991, 1884; jeweils m.w.N. aus der Rechtsprechung). Der Beklagten sind in diesem Sinne alle ihr während der Zeit, in der sie aufgrund des Bestellungsbeschlusses als Verwalter tätig war, zugeflossenen Wohngelder zur Durchführung des Auftrags überlassen worden, so daß sich der Herausgabeanspruch der Gemeinschaft aus §§ 675, 667 BGB auf Herausgabe der gesamten Wohngelder – abzüglich der bestimmungsgemäß verwendeten Beträge – richtet. Es ist aber nicht zu beanstanden, wenn – was der Sache nach auf die Erhebung einer Teilklage hinausläuft – die Gemeinschaft oder der in ihrem Interesse auftretende Prozeßstandschafter nur die Herausgabe einer einzelnen Wohngeldzahlung verlangt. Die Klage ist daher nicht deshalb unschlüssig, weil die Klägerin „nur” die Herausgabe der Wohngeldzahlung der Firma S. begehrt.

III.

1. Die Revision rügt zutreffend, daß das Berufungsgericht das Vorbringen der Beklagten zu den hilfsweise von ihr zur Aufrechnung gestellten Aufwendungsersatzansprüchen als nicht schlüssig angesehen hat.

a) Das Berufungsgericht meint, da die von der Beklagten geltend gemachten Aufwendungen alle aus Mitteln bestritten worden seien, die ihr von den Wohnungseigentümern in Form von Wohngeldzahlungen zur Verfügung gestellt worden seien, könne sie sich nunmehr nicht auf den Standpunkt stellen, sie habe diese Geldbeträge aus eigenem Vermögen auf gewendet; ein Aufwendungsersatzanspruch aus § 670 BGB oder § 683 Satz 1 BGB bzw. nach §§ 684, 812 ff BGB stehe ihr daher nicht zu. Diese Erwägungen des Berufungsgerichts belegen indes nur, daß es vorliegend einer Aufrechnung mit Aufwendungsersatzansprüchen der Beklagten gegen den eingeklagten Herausgabeanspruch gar nicht bedurfte. Die der Hilfsaufrechnung zugrunde gelegte Behauptung, daß alle mit Mitteln der Gemeinschaft getätigten Ausgaben ordnungsgemäß erfolgt seien, ist als (erhebliches) Bestreiten des von der Klägerin geltend gemachten Herausgabeanspruchs nach §§ 675, 667 BGB oder §§ 681 Satz 2, 667 BGB zu verstehen. Dies hat das Berufungsgericht verkannt. Daraus ergibt sich im übrigen ohne weiteres, daß – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – die Berücksichtigung dieses Vorbringens auch nicht daran scheitert, daß der Abrechnungsbeschluß für die Wirtschaftsjahre 1985 und 1986 rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist.

b) Soweit das Berufungsgericht Vortrag der Beklagten dazu vermißt, von wann bis wann sie wirksam, d. h. ohne Aufhebung des Bestellungsbeschlusses in einem gerichtlichen Verfahren, Verwalter gewesen war, liegt dem der bereits erwähnte (unter II 1) unzutreffende rechtliche Ansatz zugrunde, Herausgabeansprüche der Gemeinschaft nach § 667 BGB oder – was keinen Unterschied macht – Aufwendungsersatzansprüche des Verwalters nach § 670 BGB setzten voraus, daß die Bestellung des Verwalters nicht angefochten wird oder aber im Beschlußanfechtungsverfahren der rechtlichen Überprüfung standhält.

2. In dem Umfange, in dem das Berufungsgericht die von der Beklagten geltend gemachten Aufwendungen unberücksichtigt gelassen hat, ist das Berufungsurteil aufzuheben. Dem Senat ist eine Entscheidung in der Sache nicht möglich. Hierzu bedarf es weiterer Feststellungen des Berufungsgerichts. Die Parteien erhalten insoweit Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag.

IV.

Für die weitere Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgendes hin:

Falls das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen sollte, daß der Beklagten für die ausgeübte Verwaltertätigkeit eine Vergütung zusteht, wird es weiter zu prüfen haben, ob die Beklagte berechtigt war, die Verwaltervergütung dem Treuhandkonto zu entnehmen. Maßgebend hierfür sind die Vereinbarungen im Verwaltervertrag bzw. die Ausweisungen im Wirtschaftsplan (vgl. Seuß, aaO, B 401).

Wenn und soweit danach die Beklagte ihre Vergütung dem Treuhandkonto entnehmen durfte, führt dies – wie ausgeführt – ohne weiteres zu einer entsprechenden Herabsetzung des Herausgabeanspruchs der Gemeinschaft nach §§ 675, 667 BGB. Sollte demgegenüber die Entnahme der Verwaltervergütung unbefugt geschehen sein, kommt insoweit ein – aufrechenbarer – Vergütungsanspruch gemäß §§ 611 Abs. 1, 612 BGB oder auch ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 683 Satz 1 BGB in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 1989 aaO).

Im übrigen kann bei der Frage der Fälligkeit der Verwaltervergütung (vgl. § 614 Satz 1 BGB) der Umstand Bedeutung erlangen, ob die Beklagte für die Jahre 1985 und 1986 der Eigentümer Versammlung eine ordnungsgemäße Jahresabrechnung vorgelegt hat (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1993, 845).

 

Unterschriften

W, W, S, Sch, A

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 06.03.1997 durch Freitag Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 512423

NJW 1997, 2106

NWB 1997, 1538

BGHR

Nachschlagewerk BGH

MDR 1997, 537

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