Leitsatz (amtlich)

›Der Wert eines Akkreditivs bestimmt sich grundsätzlich nach seinem Betrag.‹

 

Tatbestand

Im Frühjahr 1988 beabsichtigte der Beklagte, in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker sechs gebrauchte Landungsboote sowie 20 Trailer zum Preis von 17,5 Mio US Dollar an einen Unternehmer in Indonesien zu verkaufen. Zur Durchführung des Geschäfts sollte ein Akkreditiv über den genannten Betrag eröffnet werden. Am 16. Mai 1988 erteilte der Beklagte den klagenden Rechtsanwälten eine schriftliche Vollmacht ›in Sachen B. Beratung wegen Erstellung des Akkreditivs über USD 17,50 Mio‹. In der Folgezeit führte der Kläger zu 1) wiederholt Gespräche mit dem Beklagten und verhandelte mit einem Vermittler in London. Am 16. August 1988 teilte der Beklagte dem Kläger zu 1) mit, das Geschäft sei gescheitert, und verlangte die Rückzahlung eines zuvor an die Kläger gezahlten Betrages von 150.000 DM. Die Kläger zahlten nur 66.741,44 DM zurück und beanspruchten den Restbetrag von 83.258,56 DM als Vergütung für ihre Tätigkeit.

Die Kläger haben zunächst die Feststellung begehrt, daß ihnen dieser Betrag als Honorar zustehe. Der Beklagte hielt nur ein Honorar von 558,60 DM für berechtigt und verlangte im Wege der Widerklage Zahlung von 82.699,96 DM. Daraufhin haben die Parteien die Feststellungsklage in Höhe dieses Betrages für erledigt erklärt. Das Landgericht hat der restlichen Feststellungsklage stattgegeben und die Widerklage bis auf einen Betrag von 30,81 DM abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Widerklage in Höhe von 73.313,77 DM stattgegeben. Mit der Revision erstreben die Kläger die volle Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Da der Revisionsbeklagte trotz rechtzeitiger Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, mußte auf Antrag der Revisionskläger durch Versäumnisurteil entschieden werden (BGHZ 37, 79, 81). Dieses Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf einer Säumnisfolge, sondern berücksichtigt den gesamten derzeitigen Sach- und Streitstand (vgl. BGHZ 37, 79, 82).

I.

Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts betraf das den Klägern erteilte anwaltliche Mandat eine andere Angelegenheit im Sinne des § 118 BRAGO. Die Kläger sollten die Interessen des Beklagten wahrnehmen bei seinem Bemühen, das zur Durchführung des geplanten Verkaufs benötigte Akkreditiv zu erhalten, und die hierzu erforderlichen Verhandlungen, vor allem mit dem Vermittler in London, führen. Bei der nach § 118 BRAGO vorzunehmenden Gebührenberechnung hält das Berufungsgericht im Gegensatz zum Landgericht den von den Klägern zugrunde gelegten Gegenstandswert von 17,5 Mio US-Dollar = 31,5 Mio DM nicht für gerechtfertigt, sondern nimmt einen Gegenstandswert von nur 1 Mio DM an. Die in § 8 Abs. 2 BRAGO angeführten Wertvorschriften der Kostenordnung seien hier nicht einschlägig. Da der Gegenstandswert auch sonst nicht feststehe, sei er nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BRAGO). In Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung sei hier der im Gesetz festgelegte Höchstbetrag von 1 Mio DM zugrunde zu legen.

II.

Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision mit Erfolg.

Nach § 7 BRAGO werden die Gebühren des Rechtsanwalts nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat. Wie dieser Wert zu bestimmen ist, regelt für Angelegenheiten außerhalb gerichtlicher Verfahren, um die es hier geht, § 8 Abs. 2 BRAGO. Danach gelten für den Gegenstandswert bestimmte Vorschriften der Kostenordnung sinngemäß. Zu diesen Vorschriften zählt unter anderem § 23 KostO. Hiernach bestimmt sich der Wert eines Pfandrechts oder der sonstigen Sicherstellung einer Forderung durch Bürgschaft, Sicherungsübereignung oder dergleichen nach dem Betrag der Forderung, sofern nicht der als Pfand oder Sicherung dienende Gegenstand einen geringeren Wert hat (§ 23 Abs. 1 KostO).

1. Wie die Revision mit Recht geltend macht, ist diese Vorschrift hier einschlägig. Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit der Kläger war die Beratung und Unterstützung des Beklagten bei der Beschaffung eines Akkreditivs über 17,5 Mio US-Dollar. Das Akkreditiv ist ein selbständiges Schuldversprechen im Sinne von

§ 780 BGB, das eine Bank dem Verkäufer auf Anweisung des Käufers erteilt. Es dient einerseits der Zahlungsvermittlung im Außenhandel. Zugleich sichert es sowohl die Kaufpreisforderung des Verkäufers als auch den Verschaffungsanspruch des Käufers (vgl. Canaris, Bankvertragsrecht 4. Aufl. Rdnr. 917; Baumbach/Duden/Hopt, HGB 28. Aufl. Bankgeschäfte (7) VII 1). Die Sicherung der Kaufpreisforderung geschieht in erster Linie dadurch, daß der Verkäufer durch die Akkreditiveröffnung einen selbständigen, von den jeweiligen Kausalverhältnissen grundsätzlich unabhängigen Anspruch gegen die Bank erhält, wobei diese ihm auch das Risiko der Zahlungsfähigkeit des Käufers abnimmt (Canaris aaO.). Somit dient das Akkreditiv der Sicherstellung einer Forderung. Sein Wert bestimmt sich gemäß § 23 Abs. 1 KostO nach dem Betrag der Forderung. Daß der Kurswert der Forderung von 17,5 Mio US-Dollar im maßgeblichen Zeitpunkt 31,5 Mio DM betragen hat, wird von den Parteien übereinstimmend angenommen.

2. Selbst wenn man die Vorschrift des § 23 KostO nicht für anwendbar halten würde, wäre im vorliegenden Fall ein Gegenstandswert von 31,5 Mio DM anzunehmen. Soweit sich der Gegenstandswert nicht aus den in § 8 Abs. 2 Satz 1 BRAGO aufgezählten Bestimmungen der Kostenordnung ergibt, ist nach § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO zunächst zu prüfen, ob der Wert sonst feststeht. Das ist dann der Fall, wenn zwar keine besondere Wertvorschrift eingreift, sich der Gegenstandswert aber ohne weiteres aus seinem Begriff (§ 7 BRAGO) ableiten läßt (Riedel/Sußbauer/Fraunholz, BRAGO 6. Aufl. § 8 Rdnr. 44). So wird beispielsweise bei einem Darlehensvertrag über Geld der Gegenstandswert durch den Betrag des Darlehens bestimmt (Riedel/Sußbauer/Fraunholz aaO.). Folglich müßte sich im vorliegenden Fall der Wert des Akkreditivs nach dessen Betrag von 17,5 Mio USDollar bestimmen, wenn die Wertvorschrift des § 23 Abs. 1 KostO nicht einschlägig wäre. Eine Bestimmung nach billigem Ermessen oder die Zugrundelegung des hilfsweisen gesetzlichen Höchstbetrages von 1 Mio DM kommt damit auf keinen Fall in Betracht.

Aus den dargelegten Gründen kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Vielmehr ist das landgerichtliche Urteil in vollem Umfang wiederherzustellen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993121

DB 1993, 376

NJW 1992, 1900

BGHR BRAGO § 8 Abs. 2 Akkreditiv 1

BGHR KostO § 23 Abs. 1 Akkreditiv 1

BGHWarn 1992, 159

EWiR § 8 BRAGO 1/92, 469

WM 1992, 927

AnwBl 1992, 452

MDR 1992, 616

Rpfleger 1992, 407

ZBB 1992, 151

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