Entscheidungsstichwort (Thema)

Tod eines zustimmungsberechtigten Ehegatten als maßgebendes Ereignis für die Wirksamkeit eines anfänglich schwebend unwirksamen Gesamtvermögensgeschäftes (sog. Konvaleszenz)

 

Leitsatz (amtlich)

  1. Zur Frage, ob die Verweigerung der Genehmigung nach § 1366 Abs. 4 BGB die Kenntnis des Erklärenden von dem Inhalt des Gesamtvermögensgeschäfts voraussetzt.
  2. Ein schwebend unwirksames Gesamtvermögensgeschäft wird durch den Tod des zustimmungsberechtigten Ehegatten wirksam (Konvaleszenz), unabhängig davon, ob der Zugewinnausgleich nach der sog. erbrechtlichen Lösung (§ 1371 Abs. 1 BGB) oder der sog. güterrechtlichen Lösung (§ 1371 Abs. 2 BGB) durchzuführen ist.
 

Normenkette

BGB § 1365 Abs. 1, § 1366 Abs. 1, 4, § 1371 Abs. 1-2, § 1375; BeurkG § 13 Abs. 3; ZPO § 286

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 3. November 1978 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

 

Tatbestand

Am 9. September 1974 verkaufte die Beklagte zu Urkunde des Notars N. in L. das ihr gehörige Hausgrundstück in V., Wi. zum Preis von 42 75o DM an die Kläger. Die Übergabe sollte am 1. Oktober 1976 gegen Zahlung des Restkaufpreises von 18 937,41 DM erfolgen. Der Ehemann der Beklagten, mit dem sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebte, verstarb am 8. Februar 1975. Die Beklagte weigerte sich, das Grundstück an die Kläger herauszugeben, weil sie den abgeschlossenen Vertrag für rechtsunwirksam ansah. Unter anderem berief sie sich darauf, dass ihr Ehemann der Veräußerung nicht zugestimmt habe.

Die Kläger haben Klage auf Räumung und Herausgabe des Hausgrundstücks Zug um Zug gegen Zahlung von noch ausstehenden 16 937,41 DM erhoben. Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1.

Soweit die Revision die Wirksamkeit des notariellen Vertrages vom 9. September 1974 - erstmals - mit der Begründung in Zweifel zieht, die Unterschrift des amtierenden Notars genüge nicht den Anforderungen des § 13 Abs. 3 BeurkG, kann sie keinen Erfolg haben. Dass der Schriftzug nur den Anfangsbuchstaben "N" und allenfalls die weiteren Buchstaben "p" und "u" erkennen lässt, hindert seine Bewertung als Unterschrift nicht; denn diese braucht nicht lesbar zu sein (BGH, Urteile vom 14. Mai 1964 - VII ZR 57/63 - LM ZPO § 13o Nr. 3 und vom 8. Dezember 1977 - II ZR 153/76 - LM BGB § 126 Nr. 14). Es genügt, dass sie ihre Entstehung aus der ursprünglichen Schrift in Buchstaben erkennen lässt und einen individuellen Charakter hat, der es erlaubt, sie von anderen Unterschriften zu unterscheiden, und der die Nachahmung durch Dritte erschwert (BGH, Urteile vom 14. Mai 1964 und 8. Dezember 1977 aaO, vom 1. Oktober 1969 - VIII ZR 83/69 - DNotZ 197o, 595 und vom 21. März 1974 - VII ZB 2/74 - NJW 1974, 1o9o; Jansen, FGG 2. Aufl. §13 BeurkG Rdn. 36). Diesen Anforderungen genügt die hier in Rede stehende Unterschrift. Um eine bloße Paraphe (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 1967 - I a ZB 1/67 - LM ZPO § 13o Nr. 5 = NJW 1967, 231o) handelt es sich fraglos nicht.

2.

Auch die weitere Rüge, das Berufungsgericht habe entgegen § 286 ZPO den Vortrag der Beklagten nicht richtig gewürdigt, wenn es deren Geschäftsunfähigkeit bei Vertragsschluss nicht für schlüssig dargetan hielt, greift im Ergebnis nicht durch. Zwar hat das Oberlandesgericht sich nicht mit der Behauptung der Beklagten auseinander gesetzt, sie habe infolge der - vom Berufungsgericht gewürdigten - familiären Schwierigkeiten unter "schweren Depressionen" gelitten. Diese von den Beklagten bestrittene Behauptung war aber jedenfalls nicht unter Beweis gestellt. Ihren Beweisantrag in erster Instanz, den Nervenarzt Dr. Grösche als sachverständigen Zeugen zu vernehmen, hat die Beklagte im Berufungsrechtszug nicht wirksam wiederholt. Die allgemeine Bezugnahme ihrer Berufungsbegründung auf die früheren Beweisantritte genügte nicht den Anforderungen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO (vgl. BGHZ 35, 1o3, 1o6; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 4o. Aufl. § 519 Anm. 3 C a).

3.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Genehmigungserfordernis nach §§ 1365, 1366 BGB halten im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

a)

Da das Berufungsgericht offen lässt, ob das verkaufte Grundstück das gesamte Vermögen der Beklagten darstellte, ist zu deren Gunsten für das Revisionsverfahren von ihrer Darstellung auszugehen. Damit es sich um ein so genanntes Gesamtvermögensgeschäft im Sinne der genannten Vorschriften handelte, mussten die Kläger überdies gewusst haben, dass das veräußerte Grundstück (nahezu) das gesamte Vermögen der Beklagten darstellte (BGHZ 43, 174, 177; 77, 293, 295). Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass dies der Fall war. Ob die Revision schon deswegen erfolglos bleiben muss, kann jedoch dahinstehen, weil der Kaufvertrag vom 9. September 1974 auch dann wirksam ist, wenn es sich um ein Gesamtvermögensgeschäft handelte.

Da eine Zustimmung des früheren Ehemannes der Beklagten, deren es in diesem Fall bedurfte, unstreitig nicht erteilt worden ist, kommt es darauf an, ob die Genehmigung im Sinne von § 1366 Abs. 4 BGB verweigert worden ist oder der Vertrag schwebend unwirksam blieb und durch den Tod des Ehemannes der Beklagten am 9. Februar 1975 wirksam werden konnte (so genannte Konvaleszenz).

b)

Das Berufungsgericht hat eine Verweigerung der Genehmigung verneint und hierzu ausgeführt: Nach eigenem Vortrag der Beklagten habe ihr Ehemann keine Kenntnis von dem Abschluss des Vertrages vom 9. September 1974 gehabt. Ob er sich - aus welchem Anlass oder in welchem Zusammenhang immer - generell gegen den Verkauf des Hausgrundstücks ausgesprochen habe, sei unerheblich.

Die Beklagte rügt in diesem Zusammenhang (§ 286 ZPO), das Berufungsgericht habe sich nicht mit ihrem unter Beweis gestellten Vortrag auseinander gesetzt, sie habe nach Abschluss des Vertrages ihrem Ehemann mitgeteilt, sich verpflichtet zu haben, bei einem etwaigen Verkauf des Hauses ausschließlich an die Kläger zu veräußern. Daraufhin habe dieser ihr ausdrücklich erklärt, dass er mit einer derartigen Regelung nicht einverstanden sei und dass ein Verkauf des Hauses überhaupt nicht in Betracht komme.

c)

Auch wenn von der Richtigkeit dieses im angefochtenen Urteil nicht besonders gewürdigten Vertrags der Beklagten ausgegangen wird, ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Genehmigung sei nicht verweigert worden, nicht zu beanstanden.

aa)

Die Verweigerung der Genehmigung ist wie ihr Gegenstück, ihre Erteilung, eine einseitige, empfangsbedürftige, nicht an eine Form gebundene Willenserklärung, die darauf gerichtet ist, das vom Ehegatten ohne Einwilligung abgeschlossene Rechtsgeschäft unwirksam werden zu lassen (RGZ 139, 118). Sie kann im Falle des § 1366 Abs. 4 BGB gegenüber dem Ehegatten oder dem am Rechtsgeschäft beteiligten Dritten abgegeben werden. Dabei stellt sich die Frage, ob und wieweit der Erklärende das Rechtsgeschäft gekannt haben muss. Wenn die Erklärung auf einen bestimmten Erfolg gerichtet ist, muss der Erklärende wissen, dass dieser Erfolg im Bezug auf ein bestimmtes, ihm zur Einwilligung unterbreitetes Rechtsgeschäft eintreten soll. Dazu gehört in jedem Falle, dass das Rechtsgeschäft bereits abgeschlossen und diese Tatsache dem Erklärenden bekannt ist. Dazu muss weiter die Kenntnis wenigstens des wesentlichen Inhalts und der Art des Rechtsgeschäfts gehören, soweit diese Kenntnis für den Entschluss zur Ablehnung des Geschäfts von Bedeutung sein kann.

bb)

Soweit die Beklagte vorgetragen hat, ihr Ehemann habe zu Lebzeiten wiederholt geäußert, mit einer Veräußerung des Grundstücks unter keinen Umständen einverstanden zu sein, ist ihr Vortrag schon deswegen unerheblich weil nicht dargelegt ist, wann, aus welchem Anlass und wem gegenüber solche Erklärungen abgegeben worden sein sollen. Wenn derartige Äußerungen gegenüber der Beklagten vor Vertragsschluss gemacht worden wären, wären sie nur als Verweigerung der Einwilligung zu werten, die an dem Schwebezustand des trotzdem abgeschlossenen Vertrages nichts geändert hätten (MünchKomm/Gernhuber § 1365 Rdn. 86). Das Berufungsgericht hat derartige generelle Äußerungen zu Recht als unerheblich angesehen. Gleiches gilt für den Vortrag der Beklagten, den es nicht ausdrücklich gewürdigt hat. Er besagt, dass die Beklagte ihren Ehemann über den Vertragsschluss vom 9. September 1974 mündlich unterrichtet hat, sodass diesem die Tatsache des Abschlusses bekannt war. Andererseits wurden ihm dabei Art und Inhalt des Vertrages falsch mitgeteilt in der Weise, dass er davon ausgehen musste, die Kläger hätten lediglich eine Art Vorkaufsrecht bezüglich des Hausgrundstückes erlangt. Wenn der Ehemann der Beklagten eine "derartige Regelung" ablehnte, ging seine Erklärung ins Leere, weil eine solche Regelung, die überdies nicht genehmigungsbedürftig gewesen wäre (MünchKomm/Gernhuber § 1365 Rdn. 5A m.w.N..), tatsächlich nicht getroffen worden ist. Seine zusätzliche Äußerung, ein Verkauf des Hauses komme überhaupt nicht in Betracht, bezog sich nach seinem Kenntnisstand nicht auf den bereits abgeschlossenen Vertrag. Rechtlich kann sie nur als Verweigerung der Einwilligung in einen möglichen künftigen Verkauf gewertet werden, die, wie bereits ausgeführt, keinen endgültigen Charakter hat. Die Annahme, dass die Kenntnis von Art und Inhalt des tatsächlich abgeschlossenen Vertrages für die Willensentschließung des Ehemannes der Beklagten ohne Bedeutung gewesen ist, liegt schon wegen der erheblichen Unterschiede zwischen einem Verkauf und der bloßen Einräumung eines Vorkaufsrechts fern. Ohne Kenntnis der wahren Sachlage konnte er eingehendere Überlegungen, die insbesondere die Höhe des vereinbarten Kaufpreises einbezogen, nicht anstellen. Daher erscheint nicht gerechtfertigt, die ausgesprochene Ablehnung der Bestellung eines Vorkaufsrechts auf den tatsächlich abgeschlossenen Kaufvertrag zu beziehen.

d)

Ist somit der abgeschlossene Kaufvertrag schwebend unwirksam geblieben, konnte dieser durch den Tod des zustimmungsberechtigten Ehemannes der Beklagten wirksam werden, weil hierdurch das Zustimmungserfordernis entfiel. Im Schrifttum ist allerdings umstritten, ob die Konvaleszenz in derartigen Fällen davon abhängig ist, dass der Zugewinnausgleich nach der so genannten erbrechtlichen Lösung (§ 1371 Abs. 1 BGB) durchgeführt wird - im vorliegenden Fall ist nicht festgestellt, dass die Beklagte ihren Ehemann beerbt hat - oder ob sie auch dann eintritt, wenn der Zugewinnausgleich nach der so genannten güterrechtlichen Lösung (§ 1371 Abs. 2 BGB) durchzuführen war.

aa)

Die herrschende Meinung bejaht eine Konvaleszenz in beiden Fällen (vgl. Reinicke BB 1957, 564, 567 f und ihm folgend Bärmann AcP 157, 145, 165; Dittmann DNotZ 1963, 7o7, 7o9 f; BGB-RGRK/Finke 12. Aufl. § 1366 Rdn. 22; Soergel/Lange BGB 11. Aufl. § 1366 Rdn. 19; Palandt/ Diederichsen BGB 4o. Aufl. § 1366 Anm. 2 a; Erman/Heckelmann BGB 7. Aufl. § 1366 Rdn. 8). Für eine Konvaleszenz nur im Falle des Zugewinnausgleichs nach der erbrechtlichen Lösung treten ein Gernhuber (Familienrecht 3. Aufl. § 35 IV 7 S. 491 f und MünchKomm § 1366 Rdn. 34) sowie Staudinger/ Thiele (BGB 12. Aufl. § 1365 Rdn. 1o7; ebenso Felgentraeger in der Vorauflage am gleichen Ort). Der Senat teilt die letztgenannte Auffassung nicht.

bb)

Die Konvaleszenz bei der erbrechtlichen Lösung beruht auf dem Gedanken, dass der Zugewinnausgleich nach dem Tode des zustimmungsberechtigten Ehegatten bei Wirksamkeit des Gesamtvermögensgeschäfts zu keinem anderen Ergebnis führt als bei dessen Unwirksamkeit. Der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten erhöht sich um 1/4, gleichgültig ob er oder der verstorbene Ehegatte einen Zugewinn erzielt hat. Der Normzweck des § 1365 BGB, die Sicherung der Ausgleichsforderung des zustimmungsberechtigten Ehegatten (vgl. BGHZ 35, 135, 136; 4o, 218, ?19; 43, 174 f; 77, 293, 297), fällt mit dessen Tode weg.

cc)

Auch bei der güterrechtlichen Lösung entfallen aber mit dem Tode des zustimmungsberechtigten Ehegatten Gläubigerinteressen in Bezug auf einen etwaigen Zugewinnausgleichsanspruch von seiner Seite. Wie anerkannt ist, können seine Erben von dem überlebenden Ehegatten keinen Zugewinnausgleich fordern, selbst wenn dieser den höheren Zugewinn erzielt hat (BGHZ 72, 85, 9o f; Reinicke BB 1957, 564, 568; Staudinger/Thiele aaO Vorbemerkung 14 zu § 1371; BGB-RGRK/Finke aaO 1371 Rdn. 22; Soergel/Lange aaO § 1371 Rdn. 9). Es verbleiben lediglich schutzwürdige Schuldnerinteressen der Erben des zustimmungsberechtigten Ehegatten, da durch das Wirksamwerden des Gesamtvermögensgeschäfts möglicherweise eine Ausgleichsforderung des überlebenden Ehegatten gegen sie begründet oder erhöht wird (Beispiel bei Reinicke aaO). Diese Schuldnerinteressen stehen aber außerhalb des Schutzbereichs der Norm des § 1365 BGB - insoweit folgt der Senat der herrschenden Meinung - und werden durch die speziellen Schuldnerschutzbestimmungen der §§ 1375 Abs. 2, 1381 BGB ausreichend gewährleistet. Das Zustimmungsrecht des Ehegatten nach § 1365 BGB muss als höchstpersönliches, unvererbliches Recht angesehen werden, das primär zur Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlage der Familie gewährt ist (BGHZ 77, 293, 296). Es erlischt mit dem Tode des Ehegatten und kann nicht, wie Staudinger/Thiele (aaO) und Staudinger/ Felgentraeger (aaO) annehmen, auf dessen Erben übergehen, die es allein zum Nutzen ihrer wirtschaftlichen Interessen ausüben würden.

 

Unterschriften

Lohmann

Portmann

Seidl

Blumenröhr

Zysk

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456039

NJW 1982, 1099

JZ 1982, 207

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