Leitsatz (amtlich)

Für die Entscheidung über eine im Kostenfestsetzungsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zugelassene sofortige weitere Beschwerde ist der BGH nur im Fall einer Vorlage durch das OLG bzw. das Bayerische Oberste LG zuständig (teilweise Aufgabe von BGH, Beschl. v. 24.7.2003 - V ZB 12/03, BGHReport 2003, 1311 = MDR 2003, 1317 = NJW 2003, 3133).

 

Normenkette

FGG § 13a Abs. 3; ZPO § 574 i.d.F. v. 2002

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 05.04.2004; Aktenzeichen 82 T 189/04)

AG Berlin-Spandau

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss der Zivilkammer 82 des LG Berlin v. 5.4.2004 wird als unzulässig verworfen.

Die Antragsgegner tragen die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 791,68 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer aus zwei Einheiten bestehenden Wohnungseigentumsanlage.

Nachdem es in dem zu ihrem Sondereigentum gehörenden Kellerraum zu Wasserschäden gekommen war, wurde auf Antrag der Antragsstellerin ein selbstständiges Beweisverfahren zwischen den Beteiligten angeordnet und ein schriftliches Sachverständigengutachten eingeholt. Im folgenden Hauptsacheverfahren hat das AG die Antragsgegner verpflichtet, zur Vorbereitung der Beseitigung der in dem Gutachten festgestellten Schadensursachen der Beauftragung eines Diplomingenieurs zuzustimmen. Diesen Beschluss haben die Antragsgegner ohne Erfolg angefochten.

Auf der Grundlage der Kostenentscheidung, nach der die Beteiligten die gerichtlichen Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte tragen, hat das AG im Kostenfestsetzungsverfahren die Hälfte der Gerichtskosten des selbstständigen Beweisverfahrens zu Lasten der Antragsgegner berücksichtigt. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss hat das LG zurückgewiesen. Es ist der Ansicht, die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens gehörten unter bestimmten, hier erfüllten Voraussetzungen zu den Kosten des nachfolgenden Rechtsstreits. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Rechtsbeschwerde der Antragsgegner.

II.

Die an den BGH gerichtete Rechtsbeschwerde der Antragsgegner ist nicht zulässig.

Gegen eine Beschwerdeentscheidung, die über einen Kostenfestsetzungsbeschluss im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergangen ist, ist - für den Fall einer Zulassung entsprechend § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO - allein die sofortige weitere Beschwerde an das OLG (§ 28 Abs. 1 FGG bzw. in Bayern nach § 199 Abs. 1 FGG, Art. 11 Abs. 3 Nr. 1 BayAGGVG an das Bayerische Oberste LG) statthaft. An der im Beschluß v. 24.7.2003 (BGH, Beschl. v. 24.7.2003 - V ZB 12/03, BGHReport 2003, 1311 = MDR 2003, 1317 = NJW 2003, 3133) zum Ausdruck gekommenen abweichenden Auffassung hält der Senat nicht fest. Mit Blick auf seine Entscheidung v. 19.11.2003 (BGH v. 19.11.2003 - IV ZB 20/03, MDR 2004, 466 = BGHReport 2004, 323 = NJW-RR 2004, 356) hat der IV. Zivilsenat auf Anfrage mitgeteilt, dass er, soweit diesem Beschluss entnommen werden könne, eine Rechtsbeschwerde zum BGH sei in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit statthaft, an einer solchen Auffassung ebenfalls nicht festhalte.

1. Für das Kostenfestsetzungsverfahren gelten im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und damit auch in Wohnungseigentumssachen (§ 43 Abs. 1 WEG) nach § 13a Abs. 3 FGG die Vorschriften der §§ 103 bis 107 ZPO entsprechend (BayObLG JurBüro 1984, 285 [286]; WE 1995, 160; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 45 Rz. 74, § 47 Rz. 14, 65; Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 13a Rz. 2a). Dies gilt auch, soweit es um die Festsetzung von Kosten geht, die durch ein selbstständiges Beweisverfahren entstanden sind, zumal über § 15 FGG in Wohnungseigentumssachen als einem echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (BGH v. 21.12.2000 - V ZB 45/00, BGHZ 146, 241 [249] = BGHReport 2001, 148 = MDR 2001, 497) auch die Vorschriften der Zivilprozessordnung zum selbstständigen Beweisverfahren entsprechende Anwendung finden (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 44 Rz. 134; Keidel/Schmidt, FGG, 15. Aufl., § 15 Rz. 67). Zwar verweist § 13a Abs. 3 FGG auch auf die Regelungen zur Statthaftigkeit von Rechtsmitteln gegen gerichtliche Entscheidungen (BGH, Beschl. v. 11.3.2004 - V ZB 63/03, BGHReport 2004, 838 = MDR 2004, 959 = NJW-RR 2004, 1077 für § 14 FGG), so dass das Zulassungserfordernis nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zu beachten ist (BayObLGZ 2002, 274 [277]; BayObLG v. 13.6.2003 - 3Z BR 102/03, NJW-RR 2004, 72; OLG Frankfurt v. 26.3.2002 - 20 W 95/02, OLGReport Frankfurt 2002, 297; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 45 Rz. 74; Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 13a, Rz. 68a; Demharter, NZM 2002, 233 [235 f.]; Demharter, Rpfleger 2004, 439). Hingegen kann der Bestimmung nicht entnommen werden, dass die durch das Zivilprozessreformgesetz eingeführte Rechtsbeschwerde zum BGH (§ 574 ZPO, § 133 GVG) auch in Kostenfestsetzungsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gegeben sein soll (BayObLGZ 2002, 274 [277]; OLG Frankfurt v. 26.3.2002 - 20 W 95/02, OLGReport Frankfurt 2002, 297; Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 13a Rz. 68a; Demharter, NZM 2002, 233 [236]; Demharter, Rpfleger 2004, 439). Die begrenzte Verweisung in § 13a Abs. 3 FGG auf die §§ 103 bis 107 ZPO erfasst nämlich nicht die in § 133 GVG geregelte Zuständigkeit des BGH für Entscheidungen über Rechtsbeschwerden. Überdies sprechen auch die Gesetzesmaterialien dafür, dass eine Neuregelung der Zuständigkeiten in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht durch das Zivilprozessreformgesetz erfolgen, sondern einem gesonderten Gesetzgebungsverfahren vorbehalten sein sollte (BT-Drucks. 14/4722, 69). Es verbleibt mithin auch für die Rechtsmittel im Kostenfestsetzungsverfahren bei den eigenen und abschließenden (BGH, Beschl. v. 10.12.2003 - XII ZB 251/03, MDR 2004, 645 = BGHReport 2004, 692 = NJW-RR 2004, 726 [727]) Zuständigkeitsregelungen für die freiwillige Gerichtsbarkeit. Diese sehen in § 28 Abs. 3 FGG (§ 79 Abs. 3 GBO) eine Zuständigkeit des BGH nur im Fall einer Divergenzvorlage nach § 28 Abs. 2 FGG (§ 79 Abs. 2 GBO) vor. Durch diese Regelung lässt sich im Übrigen auch die mit der Einführung der Rechtsbeschwerde erstrebte Vereinheitlichung der Rechtsprechung insb. im Kostenrecht (BT-Drucks. 14/4722, 69) ohne weiteres für den Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit erreichen.

2. Diese Auffassung deckt sich mit der Rechtsprechung des Senats zur Maßgeblichkeit der Zuständigkeitsregelungen für die freiwillige Gerichtsbarkeit hinsichtlich der Rechtsmittel in Prozesskostenhilfeverfahren (BGH, Beschl. v. 11.3.2004 - V ZB 63/03, NJW-RR 2004, 1077 = MDR 2004, 959 = BGHReport 2004, 838 [840], m. zust. Anm. Demharter). Da der insoweit einschlägige § 14 FGG nicht anders als § 13a Abs. 3 FGG nur die entsprechende Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung anordnet, gibt es für eine unterschiedliche Behandlung von Prozesskostenhilfe- und Kostenfestsetzungsverfahren keine Grundlage (BayObLGZ 2002, 274 [276]). Nichts Anderes gilt zudem für das Verfahren der Richterablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit, auf das in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Regelungen der Zivilprozessordnung ebenfalls entsprechende Anwendung finden (BGHZ 46, 196 [197]). Auch hier ist nach der Rechtsprechung des BGH das Rechtsmittelsystem der freiwilligen Gerichtsbarkeit entscheidend und die Zuständigkeit des BGH nur im Fall einer Vorlage gegeben (BGH, Beschl. v. 10.12.2003 - XII ZB 251/03, MDR 2004, 645 = BGHReport 2004, 692 = NJW-RR 2004, 726 [727]).

3. Gegen die angefochtene Entscheidung ist mithin nicht die Rechtsbeschwerde zum BGH, sondern nach § 28 Abs. 1 FGG die sofortige weitere Beschwerde an das OLG - hier das KG - gegeben. Da die Antragsgegner dieses Gericht ebenfalls angerufen haben, kommt eine Umdeutung des vorliegenden Rechtsmittels in eine sofortige weitere Beschwerde an das OLG nicht Betracht.

4. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 13a Abs. 1 S. 2 KostO (Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 13a Rz. 33). Für die Gerichtskosten ergibt sich die Verpflichtung zur Kostentragung aus dem Gesetz (§ 2 Nr. 1, § 131 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KostO). Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 KostO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1248752

NJW 2004, 3412

BGHR 2005, 131

EBE/BGH 2004, 2

FamRZ 2004, 1964

NZM 2004, 875

ZMR 2005, 58

ZfIR 2004, 1027

MDR 2005, 56

Rpfleger 2005, 22

WuM 2004, 689

AGS 2005, 9

NJW-Spezial 2005, 50

RVGreport 2004, 476

JWO-MietR 2004, 363

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